Sie versprechen Gesundheit "to go". Smoothies und Wellnessdrinks sollen die Verdauung verbessern, beim Abnehmen helfen, die Abwehrkräfte stärken. Sie sind pürierte Alleskönner – glaubt man der Werbung. Die Trendgetränke erobern die Kühlregale.

Doch sie können nicht mit frischem Obst und Gemüse mithalten, besonders nicht die indus­triell hergestellten. "Für die Zusammensetzung der Produkte gibt es keine speziellen lebensmittelrechtlichen Vorschriften", sagt Yvonne Knips, Ernährungsexpertin von der Verbraucherzen­trale Nordrhein-Westfalen.

Exotik für mehr Umsatz

Mitunter bestünden sie nur aus 100 Prozent Saftkonzen­trat, anstelle von püriertem Obst und Gemüse enthielten sie manchmal nur Fruchtfleischstückchen. Der Anteil an ganzem Obst oder Gemüse sollte aber mindestens 50 Prozent betragen.

Süßen das Getränk: Frische Äpfel. Wichtig ist aber mehr Gemüse, weniger Obst

Süßen das Getränk: Frische Äpfel. Wichtig ist aber mehr Gemüse, weniger Obst

"Um den Verkauf der Smoothies anzukurbeln, ­drucken Hersteller gerne exotische Früchte­namen auf die Flasche, deren Anteil am Produkt manchmal aber weniger als fünf Prozent ausmacht", sagt Knips. Wer auf grüne Smoothies setzt, hat es noch schwerer, den Durchblick zu behalten.

60 Prozent sollten es schon sein

Grüne Smoothies enthalten oft Blattsalate oder anderes grünes Gemüse. Der grüne Pflanzenstoff soll Krebs vorbeugen, ist geschmacklich aber wenig überzeugend. "Grundlage auch vieler grüner Smoothies sind oft zu mehr als einem Drittel Früchte oder Fruchtsäfte", sagt Dr. Stefanie Gerlach von der Deutschen Diabetes-Hilfe.

Einen Gemüseanteil von mindestens 60 Prozent hält die Expertin für wünschenswert. Wie viel Gemüse tatsächlich hinter den Prozentzahlen auf der Verpackung steckt, ist meist schwer nachvollziehbar. Wenige Hersteller geben eine genaue Menge an.

"Wellnessdrinks sind keine Arzneimittel"

Ein Blick auf die Inhaltsangaben lohnt sich immer: "Kritisch zu bewerten sind die Zugabe von Nährstoffen oder Zusatzstoffen", sagt Janina Willers von der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Grundsätzlich gilt: Finger weg, wenn Zucker zugesetzt ist! Aufgrund des geringen Gemüseanteils würden manchmal färbende Pflanzenextrakte beigegeben. "Diese färbenden Extrakte suggerieren eine höhere Qualität."

Matcha, Acerola, Ginseng oder Aktivkohle: Viele Hersteller setzen oft auch auf die Wellnessschiene und werben mit Superfood und Heilkräutern mit Zusatznutzen für die Gesundheit. "Wellnessdrinks sind keine Arznei­mittel", erläutert Stefanie Gerlach.

Die sogenannte Health-Claims-Verordnung besagt, dass wissenschaftlich nicht nachgewiesene Gesundheitsversprechen unzulässig sind. Bei Wirkungsversprechen wie "entgiftend" und "entschlackend" handelt es sich um Unfug: "Für solche Aussagen gibt es keine wissenschaftlichen Beweise", sagt Verbraucherschützerin Knips. Der Begriff "Detox" ist gesetzlich nicht definiert.

Mehr Zucker als in Cola

Auch grüne Püreesäfte sind oft Zuckerfallen. "Je höher der Saftanteil, desto mehr natürlichen Zucker enthält ein Smoothie", sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Oft wird günstiger Apfelsaft oder Bananenmark eingesetzt. Beide enthalten Frucht­zucker, der in größeren Mengen besonders ungesund ist.

Junger Spinat: Gut geeignet für grüne Smoothies

Junger Spinat: Gut geeignet für grüne Smoothies

Im Jahr 2016 testeten britische Wissenschaftler verschiedene Smoothies – mit niederschmetterndem Ergebnis: Sie ­fanden durchschnittlich 13 Gramm Zucker je 100 Milliliter Getränk. Dieselbe Menge Cola enthält 10,6 Gramm Süße.

"Wie sehr sich ein Smoothie auf den Blutzucker auswirkt, hängt aber auch ­davon ab, wie viele Ballaststoffe er durch seinen Gemüse- und Obstanteil enthält", so Gahl. Ein hoher Ballaststoffgehalt ist günstig für den Blutzucker­spiegel und hält ihn in Schach. Die Zugabe von Haferflocken, Chia­­samen oder gemahlenen Nüssen erhöht den Ballaststoffgehalt, das Sättigungsgefühl wird gesteigert.

Kein Durstlöscher

"Ein Smoothie ist kein Getränk zum Durst­löschen", sagt Stefanie Gerlach. Weil Smoothies mit hohem Saftanteil oft recht flüssig sind, besteht die Gefahr, in kurzer Zeit sehr viele Kalorien in Form von Frucht- und Traubenzucker aufzunehmen.

Werden ganze Früchte oder Gemüse verwendet, mit Schale, Fruchtfleisch und Blattgrün, ist die Beschaffenheit dicker und der Smoothie sättigender. In vorgefertigten Produkten ist das aber nicht immer der Fall. Deshalb lieber selber machen.

Was es bei Selbstgemachtem zu beachten gibt

Um sich an den Geschmack zu gewöhnen, empfiehlt Ernährungsexpertin Gerlach zarte Blattsalate, wie Babyspinat, Feldsalat oder jungen Grünkohl. Ein Hoch­leistungsmixer erhitzt die Zutaten beim Zerkleinern nicht – so bleiben die Nährstoffe erhalten. "Am besten die Smoothies gut gekühlt trinken und innerhalb weniger Stunden verbrauchen", sagt Gerlach.

Blatt­gemüse wie Spinat, Kopfsalat, Feldsalat oder Rucola können je nach Jahreszeit und Anbau­gebiet viel Nitrat enthalten. Manche Gemüsesorten und Kräuter, etwa Spinat, Spargel, Mangold, Rote Bete, Rhabarber und Sauerampfer, sind reich an Oxalsäure. Sie kann die Aufnahme von Kalzium, Magnesium oder Eisen im Darm behindern.

Ingwer: Bringt angenehme Schärfe ins Getränk

Ingwer: Bringt angenehme Schärfe ins Getränk

"Wer nicht literweise Smoothies mit oxalreichem Gemüse trinkt, muss aber keine Bedenken haben", sagt Gerlach. Nicht alle Wildkräuter sind dazu geeignet, in großen Mengen verzehrt zu werden, und nicht jedes Gemüse kann man roh essen. Beispielsweise müssen Kartoffeln, Bohnen, Auberginen, Rabarber oder Holunder vor dem Verzehr ­erhitzt werden.

Frische Kost ist die bessere Wahl

Ein selbst hergestellter Smoothie kann Abwechslung auf den Speiseplan bringen und hin und wieder Obst oder Gemüse ­ersetzen. Doch für die Experten steht fest: ­Frisches Obst und Gemüse als Rohkost auf dem Teller ist eindeutig die bessere Wahl.

"Smoothies sind nicht nur teurer, sie enthalten häufig weniger Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Vitamine, da das Obst und Gemüse oft geschält verarbeitet wird", sagt Antje Gahl von der DGE. Durch das Kauen von frischem Obst und Gemüse ergibt sich außerdem ein besserer Sättigungs­effekt, und die Mund- und Kaumuskulatur wird gestärkt.

Falsche Werbeversprechen deckt die Verbraucherzentrale unter www.lebensmittelklarheit.de auf. (Suchbegriff: "Smoothies")