Kleine Kinder vegan ernähren?

Weder Fleisch noch Fisch, weder Milch noch Ei – sich rein pflanzlich zu ernähren, ist auch für immer mehr Familien ein Thema. Viele, die vegan essen, wollen damit Umwelt und Klima schützen. Aber was bedeutet es, wenn kleine Kinder vegan ernährt werden?

Vegane Ernährung für Kinder

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bezieht klar Position: „Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche wird eine vegane Ernährung nicht empfohlen.“ Bei einer rein pflanz­lichen Kost sei eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich.

Zahlreiche internationale Fachgesellschaften, etwa in den USA, Kanada, Australien und Skandinavien, sind weniger strikt: „Sie halten eine gut geplante vegane Ernährung in jedem Alter ohne Gesundheitsrisiken für möglich“, sagt Ernährungs­wissen- ­schaftlerin Dr. Ute Alexy von der Universität Bonn. Dabei liegt die Betonung auf „gut geplant“.

Die Expertin findet den Vergleich verschiedener Ernährungsformen grundsätzlich schwierig: „Vielmehr zählt das, was die Kinder tatsächlich essen – unabhängig davon, ob sie mit Mischkost, vegetarisch oder vegan ernährt werden.“ Kommt in der Familie also üblicherweise Fleisch und Wurst und immer nur Weißbrot, aber weder Gemüse noch Vollkorn auf den Tisch, mag die Eisenversorgung gesichert sein. Ausgewogen ist das aber nicht. Und es macht auf lange Sicht krank.

Ein Muss: extra Vitamin B₁₂

Oberstes Gebot für vegan ernährte Kinder: „Vitamin B₁₂ muss gewissenhaft durch ein Nahrungsergänzungs­mittel zugeführt werden“, betont Alexy. „Ein Mangel an diesem Vitamin kann unter anderem zu schweren neurologischen Störungen führen.“ Besonders gravierend daran: „Diese können nicht immer rückgängig gemacht werden.“ Vitamin B₁₂ kommt vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Milch und Eiern vor.

„Die VeChi-Diet-Studie hat aber gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Eltern sich dieser Verantwortung bewusst ist und ausreichend supplementiert“, so Alexy. Die Studie untersuchte die Nährstoffversorgung von vegan, vegetarisch und mit Misch­kost ernährten Ein- bis Dreijährigen. Als kritische Nährstoffe entpuppten sich vor allem Jod und Omega-3-­Fettsäuren – und zwar bei allen Kindern. Bei vegan ernährten Kindern können auch Vitamin B₂, Eisen und Kalzium kritisch sein.

Ersetzen statt weglassen

Eltern, die ihr Kind rein pflanzlich ernähren wollen, rät Monika Cremer vom Netzwerk „Gesund ins Leben“ daher zu einer qualifizierten Ernährungsberatung. (Empfohlene Adressen finden Sie hier.)

Auch mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt sollte man sich besprechen. „Entscheidend ist, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen“, so Cremer. „Denn wenn ein kleines Kind vegan ernährt wird, entsteht leicht ein Mangel an Nährstoffen, der dem Kind schadet. Eine gute Versorgung von Kindern ist durch das schnelle und kräftige Wachstum von zentraler Bedeutung.“

Daher müssten die Mahlzeiten besonders sorgfältig geplant sein. Tierische Lebensmittel deshalb nicht einfach vom Speiseplan streichen, sondern bewusst ersetzen, ­etwa durch Hülsenfrüchte, Vollkorn, Kohl und Nüsse. Zu Nüssen rät auch Alexy ausdrücklich: „Sie enthalten ­neben Proteinen und Ballaststoffen viele der sogenannten kritischen Nährstoffe. Dazu zählen vor allem ­Eisen, Omega-3-Fettsäuren und Zink.“ Kleine Kinder erhalten Nüsse in gemahlener Form, damit sie sich nicht daran verschlucken.

Mit einfachen Tricks lässt sich die Nährstoffaufnahme bei veganer Kost verbessern. Monika Cremer: „Pflanz­liches Eisen aus Getreide kann der Körper besser in Kombination mit Vitamin C aufnehmen. Ins Müsli sollte daher etwas Obst.“ Ute Alexy kennt noch einen Trick: „Achten Sie bei jeder Mahlzeit auf das Prinzip ,A grain, a green, a bean‘, also: ein Getreide, ein Ge­müse oder Obst und ­eine Hülsenfrucht oder eine andere pflanz­liche Proteinquelle.“ Außerdem für eine ausreichende Zufuhr an guten pflanzlichen Ölen sorgen – etwa Oliven-, Raps-, Walnuss- und Leinöl.

Klug kombinieren

Was gilt für Babys im Beikost­alter? In dieser sensiblen Phase ist es noch wichtiger, sich vorab ärztlich beraten zu lassen. Alexy: „Ernährt sich die Mutter bereits vegan, sollte sie bei sich und dem Säugling auf ­eine gute Vitamin B₁₂-Ergänzung achten, etwa in Tropfenform.“

Fleisch oder Fisch für den ersten Gemüse-Kartoffel-Brei kann durch Vollkorngetreide ersetzt werden, am besten Hafer- oder Hirseflocken. Etwas Saft hinzufügen, das verbessert die Eisenaufnahme. Bitte keine Milch in diesen Brei, sie mindert die Eisenverfügbarkeit. Einen Monat später sieht das Beikost-Schema vor, Milch-­Getrei­de­brei einzuführen. „Diesen kann man mit Muttermilch anrühren. Darin sind alle wichtigen Nährstoffe enthalten“, so Alexy. Vorausgesetzt, die Mutter ist selbst gut versorgt damit. Alternativ geht eine spezielle Säuglingsnahrung auf Sojabasis.

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