Ergänzung vom 10. Dezember: Das bayerische Gesundheitsministerium hat seine Anforderungen an Mund-Nasen-Bedeckungen geändert. Künftig sind in Bayern nur noch textile Masken zulässig, so wie in den meisten anderen Bundesländern auch.

Wenn man dieser Tage das Haus verlässt, denkt man an den Mund-Nasen-Schutz ebenso wie an das Portemonnaie und den Schlüssel. Das Virus ist gekommen, um zu bleiben, so scheint es – und der Mensch hat sich teilweise mit erstaunlicher Flexibilität darauf eingestellt. Die neue Normalität fühlt sich für manche schon gar nicht mehr so neu an. Nun geht es darum, sie angenehmer zu gestalten.

Eine der drängendsten Herausforderungen: Man sieht von seinem Gegenüber nur die Augen, der Mund-Nasen-Schutz verdeckt Mund und Mimik. Darunter leiden nicht nur Schwerhörige und Gehörlose, sondern jedermann. Man fragt sich: Lächelt sie gerade dahinter? Verzieht er spöttisch den Mund? Schaut sie grimmig? Laut Dr. Ute-Regina Roeder vom Berufsverband Deutscher Psychologen und Psychologinnen ist die Mimik enorm wichtig bei der Kommunikation. Zum Beispiel verfügten wir im Gehirn über sogenannte Spiegelneurone, mit denen wir uns in andere hineinversetzen und gewissermaßen ihre Gefühle empfinden können. Die seien besonders dann aktiv, wenn wir bestimmte Gesichtsausdrücke sehen. Das aber falle durch einen Mund-Nasen-Schutz weg.

Visiere: Nur Ergänzung, kein Ersatz

Die naheliegendste Lösung – und womöglich der nächste Schritt in der Verbesserung der neuen Normalität – wäre ein transparenter Mund-Nasen-Schutz. Schon seit Beginn der Pandemie sieht man ab und an Menschen mit Visieren. Das sind im Grunde Plexiglasscheiben, die entweder oben an einem Stirnband befestigt sind und nach unten bis zum Kinn ragen und das Gesicht bedecken. Oder sie sind an einem Band befestigt, das man sich ähnlich wie eine Maske um die Ohren schnallt. Die Plexiglasscheibe ragt dann vom Kinn aus nach oben. Weil seitlich viel Luft reinkommt, sind Visiere besonders unter Brillenträgern beliebt.

"Der entscheidende Nachteil aller Visiere ist jedoch, dass sie keinen vergleichbar sicheren Schutz wie Mund-Nasen-Schutz bieten – und zwar weder vor einer Ansteckung des Trägers, noch vor einer Übertragung auf den Gegenüber", sagt der Infektiologe Dr. Peter Walger, Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Zwar werden in Kliniken Visiere eingesetzt, um Angestellte zu schützen, insbesondere die Augen – aber die Visiere werden eben nur als Ergänzung genommen zu einem Mund-Nasen-Schutz, weil sie denselben nicht vollständig ersetzen können.

Der geringere Schutz der Visiere ist kein Wunder: Sind sie doch an den Seiten und – je nach Ausführung – oben oder unten offene Systeme, die die Ausbreitung der virushaltigen Tröpfchenwolke allenfalls nach vorne blockieren. Die Ausbreitung nach oben oder unten und zu den Seiten wird nicht verhindert. 

Kombimasken: Bringt's das kleine Sichtfenster aus Plexiglas?

Doch es gibt mittlerweile auch zwei andere Arten von transparentem Mund-Nasen-Schutz, bei denen man unter Umständen besser geschützt ist. Da ist zunächst der normale Mund-Nasen-Schutz aus Stoff, in dessen Mitte, in Höhe des Mundes, ein kleines Sichtfenster aus Klarsichtfolie oder Plexiglas eingenäht ist. Doch auch diese Variante birgt Probleme: "Man kann durch das Sichtfenster nicht atmen. Klar, die Luft strömt durch den Stoff, der sich drumherum befindet, ein und aus. Aber das ist weniger Fläche – und das kann die Atmung spürbar erschweren", sagt Walger. Um dies auszugleichen, könne man den Stoff zwar dünner und durchlässiger machen – aber dann würde auch die Filterwirkung verringert werden, Viren würden noch leichter hindurchgelangen.

Hinzu dürften Probleme beim Reinigen kommen: Es ist davon auszugehen, dass die meisten Folien im Laufe von mehreren Waschgängen langsam blind werden und auch Falten die Sichtbarkeit einschränken. Auch diese Variante ist also nur sehr bedingt praktikabel. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum man bis heute sehr gut suchen muss, um überhaupt einen Mundschutz mit Fenster zu finden.

Masken mit Filtern – eher nichts für die Waschmaschine

Eine andere Lösung besteht aus einer durchsichtigen Maske, in die eine oder mehrere Öffnungen mit Filtern eingelassen sind. Durch die Filter strömt die Atemluft ein und aus, die virushaltigen Tröpfchengemische werden jedoch aufgefangen. "Bevor eine derartige Maske aber als Medizinprodukt zugelassen werden kann, müssen die Filter geprüft und zertifiziert werden", sagt Walger. Dann erst wäre ein wirksamer Schutz sichergestellt.

Allerdings sei auch hier davon auszugehen, dass der Tragekomfort schlechter ist als bei einem Mund-Nasen-Schutz, und zwar insbesondere durch die Verkleinerung der Filterfläche. "Man muss mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Atmung rechnen, diese Masken ähneln damit eher den sogenannten FFP-Masken, die vor allem in der Klinik und Praxis eingesetzt werden. Und bei diesen Masken ist es schon recht unangenehm, sie lange am Stück zu tragen."

Außerdem lässt sich die Maske nicht einfach in die Tasche stopfen, in der Regel braucht es zusätzlich noch einen Tragebehälter. Hinzu kommt die Frage nach der Desinfektion: Man kann die Masken, die aus nicht ganz weichem Plastik bestehen, nicht mal eben in die Waschmaschine stecken. Erst muss der Filter entfernt werden, den man ohnehin mindestens einmal im Monat wechseln muss. Natürlich kann man die Maske auch mit Desinfektionsmittel abwischen. Aber das kostet Zeit – und jedes Mal, wenn man die Maske in die Hand nimmt, ist auch ein gewisses Risiko da, dass man die Außenseite berührt.

Ein bedecktes Gesicht erschwert die Kommunikation

Wer die durchsichtige Maske trotzdem benutzen will und bereit ist, all diesen Aufwand in Kauf zu nehmen, findet mittlerweile für knapp 20 Euro solche Masken. Für Professor Claus-Christian Carbon, Wahrnehmungspsychologe an der Uni Bamberg, erscheint das fast wie ein Schnäppchen – im Vergleich zu dem, was im Mai erhältlich war. "Damals hatte ich schon einmal im Internet nach einer transparenten Maske gesucht. Das Billigste, was ich gefunden hatte, kostet über 200 Euro."

Auch Carbon glaubt, dass ein transparenter Mund-Nasen-Schutz eine enorme Verbesserung des neuen Alltags wäre. Denn erst vor kurzem konnte er in einer experimentellen Studie zeigen, dass bei konventionellen Mund-Nasen-Schutzmasken Emotionen nur sehr schwer zu erkennen sind:

In seiner Studie hatten die Probanden insgesamt 144 Gesichtsabbildungen bewerten müssen; dabei waren die Gesichter entweder vollständig sichtbar oder mit einer Mund-Nasen-Schutzmaske bedeckt. Mit der Studie konnte auch gezeigt werden, dass es zu charakteristischen Verwechslungen von Emotionen kam, beispielsweise wurde Ekel öfter als Wut interpretiert. Zusätzlich waren die Testteilnehmer viel unsicherer, welche Emotion das Gegenüber gerade zeigt. Carbon fasst zusammen: "Das Bedecken des Gesichts erschwert die Kommunikation erheblich."

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Es braucht auch Vorbilder

Doch er glaubt, dass das, was auf dem Markt erhältlich ist bisher, sich noch nicht durchsetzen werde. "Leider sind 20 Euro, die zusätzlichen Kosten, die entstehen können und die Arbeit die man damit hat, die Maske zu desinfizieren und den Filter auszutauschen, summa summarum immer noch sehr viel", sagt Carbon. Das werde es fast unmöglich machen, dass sich der transparente Mund-Nasenschutz weitflächig durchsetze.

"Es bräuchte vor allem am Anfang auch Vorbilder, die den Anfang machten, die das Ganze zum Trend werden lassen. Denn der Mensch tut sich teilweise schwer damit, etwas anders zu machen als alle anderen Menschen." Und dann bräuchte es eben auch noch eine bessere Praktikabilität: ein transparenter Mund-Nasen-Schutz, der schützt und sich dabei auch noch ohne großen Aufwand anwenden und reinigen lässt. Das ist derzeit aber nicht in Sicht.