Logo der Apotheken Umschau

Endlich richtig auf die Beine kommen, das ist der größte Wunsch von vielen, die an Long Covid leiden. Manche setzen dann ihre Hoffnung auf einen Reha-Aufenthalt. Allerdings warnen Experten auch, dass gerade Long Covid-Patienten, die von chronischer Erschöpfung betroffen sind, sich keinesfalls überfordern sollen. Denn bei diesen Patienten können schon leichte Alltagsbelastungen die Beschwerden langanhaltend verschlimmern. Man spricht dann auch von einer Belastungsintoleranz oder PEM (Post-Exertional Malaise). Dann ist es wichtig, mit den eigenen Kräften hauszuhalten mit einem sogenannten Pacing.

Wann und bei wem eine Rundumversorgung im Sinne einer Reha für einige Wochen Erfolg versprechend sein könnte und keinen Schaden verursacht, sollte mit den behandelnden Ärzten besprochen werden.

Wann ist eine Reha nach Long Covid sinnvoll?

Je nach Zustand des Patienten raten viele Ärzte, zunächst ambulante Angebote auszuschöpfen, etwa eine Atem- oder Physiotherapie vor Ort. Und nicht für jeden Betroffenen ist eine Reha geeignet (siehe einleitender Absatz oben). „Manchmal ist aber auch von Anfang an eine Reha das Beste“, meint Professor Thomas Platz. „Beispielsweise für Menschen, die eher abgelegen wohnen, wo es weit und breit keinen Physiotherapeuten gibt.“ Der Neurologe leitet das Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung der Universität Greifswald.

Ist meine Reha eine Anschlussbehandlung?

Nur: Wie kommt man überhaupt an einen Reha-Platz? Am einfachsten ist das für die, die es zuvor am schwersten hatten: Corona-Erkrankte, die auf die Intensivstation mussten, bekommen eine Rehabilitation meist als direkte Anschlussbehandlung vermittelt.

Wer nach einem eigentlich milden Verlauf Long Covid hat, muss eine Reha selbst beantragen. Berufstätige wenden sich dafür an die Deutsche Rentenversicherung. Sie können den Antrag online auf der Website der Versicherung oder per Post stellen. Dafür brauchen sie den Befundbericht der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes sowie das entsprechende Formular. Bei Fragen ist die Rentenversicherung unter der Telefonnummer 0800-10 00 48 00 erreichbar.

In manchen Fällen gilt Covid als Arbeitsunfall, etwa bei Krankenpflegerinnen und -pflegern, die sich im Job angesteckt haben. Dann ist die Deutsche Unfallversicherung die richtige Ansprechpartnerin. Sie ist
unter der Telefonnummer 0800-605 04 04 zu erreichen. Rentnerinnen und Pensionäre stellen den Antrag über ihre Krankenversicherung. Dafür brauchen sie eine Verordnung von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt.

Wie lange muss ich auf einen Reha-Platz warten?

Eine knifflige Frage ist, ob man eine Wunschklinik auf dem Antrag angeben sollte. Je beliebter die Einrichtung, desto länger werden die Wartezeiten, ein halbes Jahr ist dann keine Seltenheit. „Zu erkennen, welche Klinik gut geeignet ist, ist für Laien ohnehin sehr schwer“, sagt Thomas Platz. „Nicht überall, wo Long-Covid-Reha draufsteht, ist auch wirklich Long-Covid-Reha drin“, meint Dr. Jördis Frommhold, Ärztin für Innere Medizin und Pneumologie. „Wer sich auf einmal alles damit auskennt, das ist zum Haareraufen.“

Wie finde ich eine gute Reha-Klinik für Long Covid?

Einige Kliniken hätten sich recht voreilig das Label „Long Covid“ gegeben, aber keine stimmigen Therapiekonzepte entwickelt. „Besonders schwierig ist es, wenn Kliniken nicht auf die Erschöpfbarkeit ihrer Patienten achten und sie überfordern“, fügt Expertin Frommhold an. Dann könne es sein, dass die Reha nicht hilft oder im schlimmsten Fall sogar schadet – gerade bei Vorliegen eines chronischen Erschöpfungssydroms mit PEM ist das gefährlich.

Frommhold hat in den ersten beiden Corona-Jahren in der Rehaklinik Heiligendamm Betroffene behandelt. Anschließend gründete sie das Institut Long Covid, das Patientinnen und Patienten unter anderem dabei hilft, die richtige Behandlung zu finden. Sie rät Erkrankten, vor einer Kur die Warnsignale ihres Körpers kennenzulernen. So können sie ihre Grenzen auch in einer stationären Therapie gut wahren. Ein paar Anhaltspunkte für gute Einrichtungen gibt es. „Man kann auf Erfahrungen anderer Betroffener zurückgreifen, etwa über Selbsthilfegruppen“, rät Thomas Platz.

Seit Ausbruch der Pandemie haben sich mehr und mehr Kliniken auf Patientinnen und Patienten mit Long Covid eingestellt. Auch die Website www.longcoviddeutschland.org listet Reha-Einrichtungen auf, die sich auf Long Covid spezialisiert haben. Unter den eigenen Einrichtungen der Deutschen Rentenversicherung Bund bieten aktuell sieben Kliniken ein spezielles Behandlungskonzept beim Long-
Covid-Syndrom an.

Der Bedarf ist groß. Nach Auswertung der Daten, die der Rentenversicherung vorliegen, wurden im Jahr 2021 insgesamt 14 000 Reha-Leistungen im Zusammenhang mit Covid-19 durchgeführt, davon 10 000 Rehabilitationen für „Folgezustände nach Covid-19“, also Long Covid im weiteren Sinne. Für das Jahr 2022 liegen noch keine Zahlen vor.

Was sollte eine Reha nach Long Covid beinhalten?

Tendenziell ist es gut, wenn das Reha-Konzept verschiedene Therapien vereint, also etwa Bewegungs- und Physiotherapie mit geistigem Training und einer psychologischen Begleitung. Denn Long-Covid-Betroffene haben häufig mannigfaltige Beschwerden. „Historisch gewachsen haben wir allerdings in Deutschland vor allem Kliniken, die einen bestimmten Fokus haben“, gibt Thomas Platz zu bedenken. Dieser Fokus spielt eine Rolle bei der Wahl der Klinik; er sollte zu den zentralen Beschwerden der Betroffenen passen.

Nach einem schweren Verlauf sind das oft Schäden der Atemwege oder Nerven. Diese werden am besten in einer pulmologischen beziehungsweise neurologischen Reha behandelt. Manchmal hat auch das Herz am meisten gelitten: Dann ist man in einer kardiologischen Einrichtung gut aufgehoben. Steht ein seelisches Trauma im Vordergrund, bietet sich eine psychosomatische Klinik an. Noch gibt es nicht die eine, perfekt ausgeklügelte Therapie für Long-Covid-Betroffene. Kliniken nutzen Erfahrungen aus verwandten Krankheitsbildern. Gut ist, wenn sie ihr Konzept stetig prüfen und verbessern.

Wie wirksam ist eine Reha nach Long Covid?

Erste Evaluationen weisen darauf hin, dass Reha-Aufenthalte bestimmte Betroffene stärken können. Positive Ergebnisse zeigt beispielsweise eine aktuelle Studie, die in Teltow, Berlin und Regensburg durchgeführt wurde. Ein Team um den Psychosomatiker Professor Volker Köllner verglich Betroffene von Long Covid mit kardiologischen und psychosomatischen Patientinnen und Patienten. Alle drei Gruppen profitierten von den jeweiligen Therapiemaßnahmen. Die Long-Covid-Erkrankten konnten im Laufe einer multimodalen Rehabilitation ihre Aktivität, Teilhabe und Gehdistanz stark verbessern.

Allerdings gibt es auch Patienten, die nach ihrer Reha von einer Verschlechterung ihres Zustandes berichten oder die Reha deshalb vorzeitig abgebrochen haben.

Bisherige Studien sind oft recht klein – weitere Forschung ist nötig, um die optimale Behandlung zu entwickeln. Und so positiv die Ergebnisse mancher Studien klingen, so unbefriedigend sind sie sicher für viele. In der Auswertung einer Studie zeigte sich, dass ein gutes Drittel der Erkrankten direkt nach der Maßnahme wieder arbeitsfähig war. Ein paar Wochen später war es knapp die Hälfte. Das heißt jedoch, dass die andere Hälfte noch nicht imstande war, wieder in den Beruf zurückzukehren.

Volker Köllner macht diesen Menschen Hoffnung: „Oft braucht es leider viel Geduld. Aber wir sehen, dass es Menschen nach einem, zwei oder gar drei Jahren oft noch einmal deutlich besser geht.“

42807091_adc4426321.IRWUBPROD_RAV4.jpeg

Long Covid / Post Covid

Viele Menschen haben längerfristig mit den Nachwehen einer Covid-19-Infektion zu kämpfen. Experten fassen die vielfältigen Beschwerden unter dem Sammelbegriff Long Covid oder Post Covid zusammen. Die neue Leitlinie vom Juli 2021 soll dazu beitragen, die Betroffenen angemessen zu behandeln zum Artikel


Quellen:

  • Kupferschmitt A, Langheim E, Tüter H et al.: First results from post-COVID inpatient rehabilitation. In: Front Rehabil Sci: 23.01.2023, https://doi.org/...
  • Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation e.V. (DGNR): S2k-LL SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation (“Living Guideline”) . Leitlinie: 2022. Leitlinien für die Neurorehabilitation: https://www.awmf.org/... (Abgerufen am 25.05.2023)