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Bestimmte Abkömmlinge der Omikron-Sublinie BA.5 werden laut Robert Koch-Institut (RKI) zunehmend in Deutschland nachgewiesen. Seit Ende August/Anfang September verzeichne man einen deutlichen Anstieg des Anteils der Erreger BQ.1 und BQ.1.1 in Stichproben, heißt es im RKI-Wochenbericht von Donnerstagabend. Es geht bisher um Anstiege auf niedrigem Niveau: BQ.1 kommt auf gut zwei Prozent, BQ.1.1 auf knapp drei. Laut RKI nimmt mit BF.7 noch eine weitere BA.5-Sublinie stärker zu, auf einen Anteil von über 16 Prozent. Die RKI-Daten zu Varianten beziehen sich bereits auf vorvergangene Woche. Es wird grundsätzlich nur ein sehr kleiner Teil der positiven Corona-Proben dahingehend untersucht.

Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC warnte kürzlich vor BQ.1 und deren Abkömmling BQ.1.1: Diese Erreger ließen wahrscheinlich in der nächsten Zeit die Fallzahlen weiter steigen. Bereits bis Mitte November/Anfang Dezember könnten sie laut ECDC vorherrschend werden. Für die Woche ab 3. Oktober zählten Frankreich, Belgien, Irland, die Niederlande und Italien zu den Ländern mit den bisher höchsten Anteilen dieser Erreger. Manche Fachleute hatten schon vor Wochen gesagt, dass die Herbstwelle etwa durch Sublinien wie BQ.1.1 einen Schub bekommen dürfte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schuf kürzlich eine neue Kategorie: Omikron-Subvarianten unter Beobachtung.

Verdopplung des Anteils alle 10 Tage

Bedenken muss man die Verzögerung bei den Zahlen: «Die RKI-Daten hängen der tatsächlichen Entwicklung hinterher. Der Anteil derzeit liegt unseren Berechnungen zufolge bei circa sechs Prozent für BQ.1 und bei sieben Prozent für BQ.1.1», sagte Moritz Gerstung vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg der dpa. Der Professor forscht dort zur Evolution von Tumorzellen und widmet sich Sars-CoV-2 in einem Nebenprojekt. Für BQ.1.1 spricht er von einer Verdopplung des Anteils alle zehn Tage, dies werde sich sehr wahrscheinlich in den nächsten Wochen auch so fortsetzen.

Welche Folgen werden erwartet? Vorläufige Laborstudien in Asien deuteten darauf hin, dass BQ.1 die Fähigkeit besitze, sich der Immunreaktion in beachtlichem Maße zu entziehen, hieß es vom ECDC. Allerdings gebe es bisher keine Hinweise auf schwerere Verläufe im Vergleich zu BA.4 und BA.5. Bislang sind aber auch nur sehr begrenzt Daten dazu verfügbar.

BQ.1.1 habe im Vergleich zu BQ.1 eine bestimmte Mutation, die zu zusätzlicher Immunflucht führe, teilte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel, auf Anfrage mit.

Wer ist vor BQ.1 geschützt?

«Mehr Menschen könnten sich wieder infizieren, aber wie bei den früheren Omikron-Wellen sollte es nicht zu einer erhöhten Krankheitsschwere kommen», meint Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. «Auch wenn BQ.1.1 eine gewisse Immunflucht hat, es kann der Immunität nie ganz entkommen.» Neben den Antikörpern verfügt das Immunsystem noch über T-Zellen, die wichtig sind für den Schutz vor schwerer Erkrankung. Watzl zufolge sehen die verschiedenen Omikron-Sublinien für sie noch zum Großteil so aus wie das Ursprungsvirus. Auch Richard Neher hält eher das Potenzial hoher Fallzahlen für relevant und nicht so sehr die Schwere der individuellen Fälle.

Wer mit den ursprünglichen Corona-Impfstoffen geimpft sei oder eine Infektion mit Varianten vor Omikron durchgemacht habe, sei vor einer Ansteckung mit BQ.1.1 noch schlechter geschützt als vor einer Infektion mit BA.5, schildert Watzl. Die meisten Antikörper würden nicht mehr an das Spike-Protein von BQ1.1 binden. Bei Menschen mit einem der neuen angepassten Booster oder Omikron-Durchbruchinfektion - idealerweise BA.5 - erwartet der Immunologe aber einen «gewissen Schutz». Auch wenn die Namen anders klingen: BQ.1 und BQ.1.1 stammen von Nachkommen von BA.5 ab. «Aber man hat sich darauf geeinigt, dass es nicht mehr als drei Zahlen hinter dem Buchstaben geben soll. Daher wurde der Buchstabe von BA nach BQ geändert», erläutert Watzl.