Schwere Entzündungen erhöhen das Risiko für eine Thrombose. Und die kann besonders dann zum Problem werden, wenn Patienten bettlägerig sind. Nach einer Operation bekommt man deshalb wenn nötig "Thrombosespitzen" (Gerinnungshemmer), denn unbehandelt könnte sich ein Gerinnsel lösen und in ein anderes Gefäß geschwemmt werden. Die möglichen Folgen: Blockiert der Blutpfropf eine Lungenarterie, führt dies zu einer Lungenembolie.

"Die Venenthrombose ist nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste zum Tode führende Herz-Kreislauf-Erkrankung", betont Michael Wagner, Präsident der Deutschen Venen-Liga. Ärzte beobachten bei vielen Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf eine verstärkte Blutgerinnung. Die Betroffenen haben damit auch ein erhöhtes Thromboserisiko; tiefe Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien treten häufiger auf.

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Ungewöhnlich viele Blutgerinnsel bei Covid-19-Patienten

Die aktuellen Meldungen sind alarmierend: Rund 30 Prozent der in Kliniken behandelten Covid-19-Patienten erleiden demnach gravierende Gerinnungsstörungen. Bei vielen Erkrankten mit einem schweren oder gar tödlichen Verlauf treten Gefäßverschlüsse als Begleiterkrankung auf. In einer niederländischen Studie erlitten zum Beispiel von 184 auf Intensivstationen behandelten Covid-19-Patienten 31 Prozent solche Blutgerinnsel. Und das, obwohl sie zuvor zur Vorbeugung gezielt Gerinnungshemmer bekommen hatten.

Angesichts der vorbeugenden Maßnahmen sei das eine ungewöhnlich hohe Zahl, betonte Studienleiter Frederikus Klok von der Universität Leiden. Von ähnlichen Erfahrungen berichten Mediziner der Universitätsklinik in Straßburg. Und auch eine Obduktionsstudie von Forschern um Dominic Wichmann, Oberarzt der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), kam zu ähnlichen Ergebnissen: Bei Autopsien von an Covid-19 verstorbenen Patienten entdeckten die Forscher auffällig viele tiefe Beinvenenthrombosen sowie Lungenembolien.  

Gerinnselbildung bei Bluthochdruck und Diabetes gefährlich

Als Ursache der gefährlichen Gerinnsel gilt die übermäßige Aktivierung von Gerinnungsfaktoren, die sogenannte Hyperkoagulabilität. Ob die starke Immunreaktion des Körpers oder das Virus selbst für die übermäßige Blutgerinnung verantwortlich ist und was diesen Prozess im Detail auslöst, ist noch unklar. Das müssen weitere Studien erst klären.

Fest steht jedoch, für wen der blutverklumpende Effekt besonders gefährlich sein kann, nämlich für Patienten, die ohnehin eine höhere Gefahr für Beinvenenthrombosen, Lungenembolien, Herzinfarkt oder Schlaganfall haben. Und zu dieser Gruppe zählen in Deutschland sehr viele Menschen: in der Regel all jene, die Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck haben – und deswegen ein erhöhtes Risiko für Gefäßerkrankungen.   

Die Ärzte ziehen aus dem neuen Wissen längst Konsequenzen: "Im klinischen Alltag geben wir sehr viel mehr Acht auf Vorzeichen für Lungenembolien oder Thrombosen", sagt Dominic Wichmann vom UKE. "Das heißt, wir untersuchen die Patienten regelmäßig auf kleine Anzeichen von Thrombosen und wir versuchen, die Vorsichtsmaßnahmen noch intensiver durchzuführen als es bei Standard-Intensivpatienten der Fall ist."  

Gerinnungshemmer unbedingt weiternehmen

Für Patienten, die Blutgerinnungshemmer für die Infarkt-Prophylaxe nehmen, ist es zu Zeiten von Corona also besonders wichtig, diese Medikamente weiter wie gewohnt einzunehmen. Auch Patienten, denen gerinnungshemmende Medikamente wie ASS, Clopidogrel, Prasugrel, Phenprocoumon (Marcumar) und Ticagrelor verschrieben wurden, sollen diese weiterhin nehmen.

Sollten sie sich mit dem neuartigen Coronavirus infizieren und in die Klinik kommen, ist es wichtig, die Klinikärzte darüber zu informieren, dass sie gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, um eine Doppelbehandlung mit Gerinnungshemmern zu vermeiden. Um hier ganz sicher zu gehen, empfiehlt die Herzstiftung außerdem den Notfallausweis für Herzpatienten. Dieser kann bei der Stiftung kostenfrei bestellt werden und informiert Ärzte über Angaben zur Herzerkrankung und den eingenommenen Medikamenten. 

Aktiv vorbeugen mit gesunder Ernährung und Bewegung

Herzkreislauf-Spezialisten weisen zudem darauf hin, dass ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung gerade jetzt wichtig sei, um das Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 zu verringern. Langes Sitzen oder Stehen mit fehlender Bewegung der Beine und Füße erhöht das Thrombose-Risiko.

Mediziner empfehlen zur Vorbeugung vor allem Sportarten wie Laufen oder Radfahren sowie Gymnastik. Bewegung fördert nämlich sowohl die Durchblutung als auch die Gefäßelastizität und hält das Herz fit. Um bei Corona-Betroffenen mit mildem Verlauf Thrombosen vorzubeugen, ist es wichtig, Flüssigkeitsmangel zu vermeiden, also gerade im Sommer auf sein Durstgefühl zu hören.