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Kennen Sie das? Die Stunden nachmittags im Büro ziehen sich wie Kaugummi, weil die Augen einfach nicht offenbleiben wollen. Und abends wird man schon vor dem Fernseher vom Schlaf übermannt, nur um morgens wieder – wie jeden Tag – völlig gerädert aufzuwachen …

Manchmal fühlt sich Müdesein ganz schön belastend an. Vor allem, wenn die Erschöpfung anfängt, normale Alltagstätigkeiten zu erschweren. Der Blick in die Statistik zeigt: So geht es vielen. Müdigkeit und Konzentrationsschwächen kennen 96 Prozent der Deutschen, 60 Prozent klagen mehrmals pro Woche über dieses Problem[1]. Aber was macht uns eigentlich so müde – und wie können wir gegensteuern?

Ständig müde? Sie sind nicht alleine!

Dr. Martin Schlott ist Anästhesist und Schlafexperte

Dr. Martin Schlott ist Anästhesist und Schlafexperte

„Müde und schlapp fühlen wir uns in erster Linie dann, wenn wir zu wenig geschlafen haben“, erklärt der Anästhesist und Schlafcoach Dr. Martin Schlott aus Bad Tölz. „Was fehlt mir bloß?“ Die Frage, die sich früher oder später jeder Chronisch-Müde stellt, weist bereits den Weg. Martin Schlott: „Häufig ist es so, dass unser Körper von irgendetwas einfach zu wenig bekommt – und darauf mit Müdigkeit reagiert. In den allermeisten Fällen ist die Antwort denkbar einfach: Schlaf.“

Ursachen: Welcher Mangel macht uns müde?

Schlafmangel

Sieben bis acht Stunden sind im Durchschnitt die ideale Schlafdauer für erwachsene Menschen, wobei das individuelle Schlafbedürfnis stark variieren kann. Aber: Gut ein Drittel aller Deutschen schläft zu wenig[2]. Schlafmangel kann viele Ursachen haben – einen zu stressigen Alltag oder schlechte Gewohnheiten etwa, auch Schlafapnoen kommen infrage.

Lichtmangel

Vor allem im Herbst und Winter sind viele Menschen vorübergehend deutlich müder als gewohnt. Der Grund dafür: Der generelle Lichtmangel in der kalten Jahreszeit. Bei Dunkelheit schüttet der Körper das Hormon Melatonin aus. Das „Schlafhormon“ hilft uns dabei, einzuschlafen und ist eigentlich ein wertvoller Regulator für unseren natürlichen Biorhythmus.

Das Problem dabei: Oft führt unser Lebenswandel dazu, dass wir zu wenig Tageslicht bekommen. Und genau das benötigt der Körper, um die Ausschüttung von Melatonin tagsüber wieder herunterzufahren. Die Folge: Unser Körper produziert Melatonin im Dauermodus und wir sind ständig müde. Eine Option, Lichtmangel auszugleichen, könnte ein Lichttherapie sein.

Flüssigkeitsmangel

Bereits ein geringer Flüssigkeitsmangel kann dazu führen, dass wir uns müde fühlen, uns schlecht konzentrieren können oder Kopfschmerzen bekommen. Erwachsene sollten daher regelmäßig über den Tag verteilt 1,5 bis 2,5 Liter Wasser trinken. Aber Achtung: Vorsicht ist geboten bei Erkrankungen, bei denen man nur eine begrenzte Flüssigkeitsmenge am Tag zu sich nehmen sollte, zum Beispiel bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz.

Nährstoffmangel

Ausgewogene Ernährung ist einerseits ein wichtiger Baustein für guten Schlaf, andererseits auch für die Bereitstellung von ausreichender Energie für den Tag. Fehlen dem Körper bestimmte Nährstoffe, z.B. aufgrund von einseitiger Ernährung oder einem erhöhten Verbrauch wegen Stress, Krankheit oder Schwangerschaft, macht uns das müde. Die typischen Verdächtigen sind Eisen, Vitamin B1 und B12, Vitamin D, Magnesium und Folsäure. Grundsätzlich sollte man bei Schlafstörungen beachten, große, schwere und fettreiche Mahlzeiten vor dem Zubettgehen besser zu vermeiden.

Bewegungsmangel

Sport, aber auch moderate Bewegung, am besten an der frischen Luft, ist die beste Methode, den Kreislauf anzukurbeln und dem dauerschlappen Gefühl entgegenzuwirken. Außerdem kann regelmäßiges Training den Schlaf positiv beeinflussen. Und wer besser schläft, fühlt sich tagsüber fitter.

Ursachen: Welche Erkrankungen machen uns müde?

Müdigkeit kann auch ein vorübergehender oder dauerhafter Nebeneffekt vieler Arzneistoffe sein. Aber was, wenn man ausreichend schläft und sich trotzdem immer müde fühlt?

„Hierfür kommen auch körperliche Erkrankungen als Ursache in Frage“, so der Anästhesist und Intensivmediziner Martin Schlott. „Deshalb sollte man bei anhaltender unerklärlicher Schlappheit oder, wenn neben der Müdigkeit noch weitere Symptome auftreten, immer einen Arzt aufsuchen.“ Mögliche Auslöser können zum Beispiel sein:

Ständig müde: Welchen Einfluss hat die Psyche?

Das Gefühl, ständig müde zu sein, ist außerdem typisch für verschiedene psychische Erkrankungen, allen voran Depressionen und Burn-Out. Wer sich nicht nur ständig müde fühlt, sondern auch emotional erschöpft, wer an innerer Unruhe und einem Gefühl der Hilflosigkeit leidet, sollte beim Arzt unbedingt alle Symptome ansprechen, das macht die Diagnose leichter. „Auch das Gegenteil, also ein unausgefülltes Leben und Langeweile, sowie ein Leben im inneren Widerstand, wenn wir zum Beispiel beruflich oder privat nicht nach unseren Werten leben, können uns müde machen“, stellt Schlaf-Experte Martin Schlott fest.

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Lebensstil: Wie beeinflusst der Lifestyle die Erschöpfung?

„Dauerstress, schlechte Schlafhygiene, Alkohol- und Nikotinkonsum, Home-Office-Überdruss: Unser moderner Lebenswandel ist in vielerlei Hinsicht nicht unbedingt förderlich für einen gesunden Schlaf“, sagt Martin Schlott. Viele von uns bringen sich selbst um die wertvollen Stunden der Regeneration, indem sie etwa Handy oder Tablet mit ins Bett nehmen. „Keine gute Idee“, warnt der Schlafcoach. „Denn das blaue Licht des Smartphones unterdrückt die Produktion des Schlafhormons Melatonin und beeinflusst so den Schlaf-Wach-Rhythmus.“

Blaulichtfilter scheinen den Effekt zwar abzumildern, aber nicht komplett zu eliminieren. Interessant: Mittlerweile gilt es als erwiesen, dass regelmäßige Videokonferenzen, wie sie in Zeiten des Home-Office an der Tagesordnung sind, zu einer Art Erschöpfungssyndrom führen können. Man nennt das „Zoom-Fatigue[3]“. Warum das virtuelle „Meeten“ so erschöpfend auf uns wirkt, wird noch erforscht. Vermutet wird aber, dass unter anderem die fehlende nonverbale Kommunikation dafür verantwortlich ist, weil unser Gehirn Gesprächsinhalte so schwerer deuten kann.

Wann ist Müdigkeit nicht mehr normal?

In seltenen Fällen schränkt die Müdigkeit im Alltag so stark ein, dass sie als Krankheit definiert wird. Fachleute nennen dieses Syndrom „Chronic Fatigue Syndrome“ oder auch Myalgische Enzephalomyelitis. Typisch für dieses Krankheitsbild: Die Erschöpfung ist so stark, dass einfachste Alltagstätigkeiten nicht mehr bewältigt werden können .


Quellen:

  • [1] Statista: Müdigkeit der Deutschen. https://de.statista.com/... (Abgerufen am 17.11.2023)
  • [2] Stastista: Schlafdauer der Deutschen in 2021. https://de.statista.com/... (Abgerufen am 17.11.2023)
  • [3] Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung: Zoom-Fatigue, Symptome, Ursachen und Maßnahmen. https://publikationen.dguv.de/... (Abgerufen am 17.11.2023)
  • Maisel P; Baum E; Donner-Banzhoff N: Leitsymptom Müdigkeit, Epidemiologie, Ursachen, Diagnostik und therapeutisches Vorgehen. Deutsches Ärzteblatt: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 17.11.2023)