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Herr Professor Dr. Prof. Spiegelhalder, wo setzt die kognitive Verhaltenstherapie an?

Wer zu uns kommt, hat oft einen jahrelangen Weg hinter sich. Viele haben die Hoffnung aufgegeben, wieder gut schlafen zu können. Die Behandlung setzt einerseits daran an, wann Menschen zu Bett gehen und wann sie aufstehen. Andererseits versuchen wir, übertriebene Befürchtungen und Sorgen, die den Schlaf betreffen, abzumildern.

Wie funktioniert das?

Zuerst vermitteln wir Wissen zum Thema Schlaf und Schlafhygiene und geben Entspannungsübungen an die Hand. Dann wird das eigene Schlafverhalten beleuchtet und gegebenenfalls verändert. Wichtig ist zudem, was Betroffene über das Thema Schlaf denken. Dabei ist es gut und schlecht zugleich, dass das Bewusstsein dafür zunimmt, dass Schlaf wichtig für die Gesundheit ist. Viele sorgen sich um die negativen Folgen des Schlafmangels. Therapeutinnen und Therapeuten klären auf, ohne Ängste zu schüren.

Wie gewöhnt man seinen Schlaf um?

Das funktioniert oft gut mit der Bettzeit­restriktion. Im ersten Schritt notieren die Betroffenen für eine Woche, wie lange sie schlafen. Dann bleiben sie für eine Woche nur so lange im Bett, wie sie in der Vorwoche im Durchschnitt geschlafen haben, mindestens aber für fünf Stunden.

Prof. Dr. Kai Spiegelhalder, Psychotherapeut und Schlafforscher an der Universität Freiburg.

Prof. Dr. Kai Spiegelhalder, Psychotherapeut und Schlafforscher an der Universität Freiburg.

Sie suchen sich dabei selbst aus, ob sie später zu Bett gehen oder früher aufstehen. Dann wird jeweils nach einer Woche die Bettzeit angepasst. Diese wird um 15 bis 30 Minuten verlängert, wenn in der Vorwoche sehr gut ein- und durchgeschlafen wurde, und um 15 bis 30 Minuten verkürzt, wenn der Schlaf sehr schlecht war. So ändert sich Schritt für Schritt das Schlafverhalten.

Wie schnell hat das Erfolg?

Meist nach rund einem Monat. Zuerst müssen Patientinnen und Patienten aber damit rechnen, dass die Tagesmüdigkeit vorübergehend schlimmer wird. Daher fällt einigen das Durchhalten enorm schwer. Hinterher sind etwa zwei Drittel der Behandelten geheilt oder spüren eine deutliche Besserung. Im Gegensatz zu Schlafmedikamenten zeigt diese Behandlung keinerlei dauerhafte Nebenwirkungen.

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Das klingt vielversprechend.

Ja, das ist es auch. Deshalb ist die kognitive Verhaltenstherapie das erste Mittel der Wahl. Leider ist die Behandlungsform für viele Patientinnen und Patienten nicht ­zugänglich. Häufig werden zuerst Medikamente verschrieben.

Helfen Apps gegen die Unterversorgung?

Seit drei Jahren gibt es in Deutschland eine zugelassene digitale Gesundheitsanwendung, die auf der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie basiert. Es macht aber vermutlich einen Unterschied, ob ich mein Schlafverhalten unter Anleitung verändere oder allein durch die schwierige Phase der Umstellung finden muss. Der Erfolg ist größer, wenn Apps durch geschulte Therapeutinnen oder Therapeuten begleitet werden.