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Sechs Übernachtungen mit Vollpension, alle Mahlzeiten aufs Zimmer und dafür 1000 Dollar in der Tasche. Ein verlockendes Angebot. Doch wer sich darauf einließ, erlebte keinen Erholungsurlaub. Die Hotelgäste waren Teilnehmer eines Experiments von Schlafforschern in den USA.

Die Versuchspersonen inhalierten ein Nasenspray mit Schnupfenviren und verbrachten die folgenden fünf Tage abgeschirmt im Hotel. Erwartungsgemäß bekamen einige eine Erkältung. Doch wer nachts durchschnittlich weniger als sechs Stunden schlief, hatte ein 4,5-fach erhöhtes Risiko.

Schlummern stärkt das Immunsystem

Die Studie zeigt: Schlaf ist für die Abwehr von Erregern wichtig. Unser Immunsystem arbeitet nachts auf Hochtouren. Und davon profitiert offenbar auch der langfristige Immunschutz.

Das Team um Professor Jan Born von der Universität Tübingen konnte das am Beispiel von Hepatitis-Impfungen belegen. "Wer in der Nacht nach dem Pikser nicht schlief, hatte ein Jahr später nur halb so viele Immunzellen gegen Hepatitis-Viren wie die Vergleichspersonen", fasst der Wissenschaftler die Ergebnisse zusammen.

Schlafmythen gibt es viele – unser Erklärvideo räumt mit einigen auf:

Der Tag im Schnelldurchlauf

Selbst wenn wir davon nichts merken: Auch nachts passiert in unserem Körper sehr viel. Erst vor wenigen Jahren wurde etwa entdeckt, dass Gehirn und Rückenmark ein zusammenhängendes Entsorgungssystem haben. Es transportiert - vor allem im Schlaf - Schadstoffe ab, die sich tagsüber angesammelt haben.

Außerdem festigt sich das Gedächtnis. Tagsüber aktivierte Nervenverbindungen werden verstärkt, unbenutzte abgeschwächt. Dazu spielt das Gehirn wichtige Ereignisse des zurückliegenden Tages nochmals durch. Es feuern dieselben Nervenzellen in gleicher Abfolge - nur zehnmal schneller.

"Träume hingegen haben dasselbe Tempo, in dem wir die Dinge erleben", sagt Dr. Martin Dresler, Schlafforscher an der Radboud-Universität Nimwegen (Niederlande). Er hält es deshalb für unplausibel, dass sie wesentlich an der Gedächtnisbildung beteiligt sind.

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Videokurs „Besser schlafen“

Nur wer ausgeschlafen ist, kann bei Tag eine Top-Performance abliefern. Ein kostenpflichtiger Videokurs mit dem Schlafcoach Dr. Martin Schlott in fünf Lektionen. zum Artikel

Wer schlaflos ist, ist nicht allein: Rund zehn Prozent aller Erwachsenen kämpfen mit anhaltenden Schlafstörungen.

Was hilft gegen Schlafstörungen?

Viele Menschen schlafen schlecht: Sie können nicht einschlafen, wachen nachts auf, sind tagsüber müde. Was Schlafstörungen auslöst. Welche Therapien helfen. zum Artikel

Die Untersuchung im Schlaflabor

Eine Übernachtung im Schlaflabor hilft, Schlafstörungen zu erkennen, ihre Ursache festzustellen und eine geeignete Therapie einzuleiten. So läuft die Untersuchung ab zum Artikel

Träume: Raum zum Ausprobieren und Erleben

Manche Forscher erachten Träume ohnehin nur als Beiwerk von Hirn-Aktivität - ohne Bedeutung. Andererseits hat das nächtliche Kopfkino sehr wohl etwas mit der Person des Träumenden zu tun. Es ist oft surreal, emotionsgeladener und ereignisreicher als das tatsächlich Erlebte.

Träume bieten uns Raum, um neue Verhaltensweisen gefahrlos einzuüben, vermuten manche Experten. Dresler: "Wir können im Traum alles erproben, ohne unser Leben zu riskieren oder uns vor anderen lächerlich zu machen." Zum Beispiel Löwen bekämpfen oder Mitmenschen, die einen auf die Palme bringen, ünverblümt sagen, was man von Ihnen hält.

Doch warum verlieren wir eigentlich das Bewusstsein, sobald wir einschlafen? Echten Bedrohungen sind wir dann schutzlos ausgeliefert. "Vermutlich müssen wir von der Außenwelt abgekoppelt sein, sonst könnten bestimmte Schlafprozesse nicht stattfinden", sagt Dresler: der Gedächtnis-Aufbau, die Gehirn-Säuberung und das Traum-Erleben.

Schlechter Schlaf deutet auf Krankheiten hin

Fest steht: Wir brauchen Schlaf, er hält uns gesund. Ist er zu kurz oder nicht erholsam, fühlen wir uns am nächsten Tag müde, gereizt, sind unaufmerksam. Kommt das häufig vor, sinkt die Lebensqualität. Schlechter Schlaf kann zudem ein Anzeichen einer Erkrankung sein.

Umgekehrt begünstigt chronischer Schlafmangel etwa Bluthochdruck, Depressionen, Demenz, Typ-2-Diabetes und Übergewicht. Deshalb Schlafprobleme beim Hausarzt ansprechen! Ein Fragebogen kann helfen, die eigene Schlafqualität einzuschätzen.

Video: Tipps für einen guten Schlaf

Die Macht negativer Gedanken

Zu den größten Störenfrieden der Nachtruhe zählen negative Gedanken. "Es gibt sehr viele Menschen, die jede Nacht über ihren Schlaf grübeln, sodass sie nur schwer zur Ruhe kommen", sagt Professor Kai Spiegelhalder vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.

Doch damit verschlimmert sich das Problem in der Regel sogar. Ein Kreislauf beginnt: Die Betroffenen fürchten sich vor dem Zubettgehen, können erst recht nicht abschalten, schlafen noch schlechter ein, machen sich noch mehr Gedanken.

Psychotherapeut Spiegelhalder empfiehlt, sich nicht so viele Sorgen zu machen. Wer das Problem angeht, muss ernsthafte gesundheitliche Folgen nicht fürchten.

Geregelter Schlaf

Gewohnheiten spielen für die Schlafqualität eine große Rolle: "Das ist ja irre! Bei Ihnen bin ich besser eingeschlafen, denn hier ist es so langweilig!" – das oder Ähnliches bekommt Professor Kai Spiegelhalder immer wieder zu hören – von Menschen, die an Schlafstörungen leiden und deshalb zu ihm an die Uniklinik Freiburg kommen.

Professor Kai Spiegelhalder, Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und -medizin

Professor Kai Spiegelhalder, Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und -medizin

Dort verbringen sie dann ein oder zwei Nächte – angeschlossen an Geräte, die den Schlaf messen, doch abgekoppelt von Fernseher und Internet. Spiegelhalder: "Viele Patienten sind verblüfft, welchen Effekt das bei ihnen hat."

Oft genügen bereits kleine Ver­änderungen, um die Nachtruhe zu verbessern. (Kleine Anregungen gibt es in den Kästen unten.) Empfehlungen, die bei jedem funktionieren, gibt es allerdings nicht. "Jeder sollte ausprobieren, was ihm am besten hilft", rät Schlaf- und Gedächtnisforscher Dr. Martin Dresler von der Radboud-Universität in Nimwegen (Niederlande).

Von Kaffee, Alkohol und Schlafmitteln

Menschen reagieren unterschiedlich auf mögliche Auslöser von Schlafpro­­blemen. Zum Beispiel auf den Wachmacher Koffein. Manche schlafen besser ein, wenn sie ab Mittag auf Kaffee verzichten, andere spüren keinerlei Effekt.

Für Alkohol hingegen ist die Sachlage eindeutig. "Er hilft zwar beim Einschlafen, stört jedoch den Schlaf in der zweiten Nachthälfte", sagt Dresler. Man wacht wieder auf und findet dann nur noch schwer in den Schlaf zurück.

Störenfried

Handys lassen viele Menschen nicht zur Ruhe kommen. Das blaue Licht trägt dazu bei. Bei vielen Geräten kann man es dimmen. Besser: abschalten

Und wie ist das mit Schlafmitteln? Experten stimmen überein: Ärzte sollten ihren Patienten die Arzneien zurückhaltend verordnen – die meisten Substanzen auch nur für kurze Zeit.

Dresler erklärt, warum: "Bei sogenannten Benzodiazepinen und den ähnlich wirkenden Z-Substanzen zeigen sich sehr schnell Gewöhnungseffekte, bereits nach wenigen Tagen benötigt man eine höhere Dosis."

Und wer die Medikamente über einen längeren Zeitraum einnimmt, kommt nur schwer wieder von ihnen los. Dresler: "Sobald man sie absetzt, ist man mit seiner Schlafstörung schlimmer dran als vorher."

Natürliche Einschlafhilfen

Viele Menschen wenden sich mit ihrem Problem zunächst an eine Apotheke. Dort kann man mit rezeptfreien Mitteln helfen. Allerdings ist auch bei diesen einiges zu beachten, zum Beispiel bei pflanzlichen Arzneien mit Baldrianwurzel, Hopfenzapfen, Melissenblättern oder Passionsblumen.

Dieter Wohlert, Apotheker in Emden

Dieter Wohlert, Apotheker in Emden

"Pflanzliche Mittel brauchen einige Tage, bis sie wirken", sagt Dieter Wohlert, Apotheker in Emden. "Dafür kann man sie problemlos über einen längeren Zeitraum hinweg einnehmen." Doch die Präparate haben nur einen schwachen schlaffördernden Einfluss.

Nebenwirkungen beachten

Synthetische Antihistaminika, ebenfalls rezeptfrei erhältlich, wirken effektiver, haben jedoch einige Nebenwirkungen. Die häufigsten sind Schläfrigkeit, Benommenheit und Schwindel, Muskel- und Kopfschmerzen, Hautreaktionen und Magen-Darm-Probleme.

Wer die Medikamente nach längerem täglichen Gebrauch absetzt, muss anschließend wieder mit schlechterem Schlaf rechnen. "Aus diesen Gründen darf man sie maximal zwei Wochen lang einnehmen", sagt Wohlert. Zudem gibt es Erkrankungen wie Prostatavergrößerung, bei denen Antihistaminika nicht genommen werden sollten.

Ursachen beim Arzt abklären

Für Patienten, die immer wieder nach Schlafmitteln verlangen, hat der Apotheker vor allem den Rat: "Gehen Sie zum Arzt, um die Ursachen abzuklären zu lassen und gezielt zu behandeln." Denn Schlafstörungen können viele Gründe haben, und niemand sollte unnötig viel Zeit in Ungewissheit verbringen.

Erster Ansprechpartner ist meist der Hausarzt. Er überprüft zum Beispiel mit einem Bluttest, ob eine Schilddrüsenüberfunktion vorliegt, und über­­weist den Patienten gegebenenfalls für weitere Untersuchungen an einen Spezialisten.

Im Schlaflabor etwa überprüfen Mediziner, ob nächt­liche Atemaussetzer (Schlafapnoe) oder andere körperliche Ursachen vorliegen. Nach der Diagnose richtet sich anschließend die Therapie.

Das Schlafen neu erlernen

Doch nicht immer finden Ärzte ­eine Krankheit als Auslöser. Oder die Krankheit wird zwar erfolgreich behandelt, aber die Schlafprobleme bleiben. In diesen Fällen empfehlen die Behandlungsleitlinien eine kognitive Verhaltenstherapie bei einem Psychotherapeuten. "Das ist eigentlich ein alter Hut, jedoch ex­trem wirksam", sagt Spiegelhalder.

Tipps für den Tag

Der Therapeut vermittelt dabei Grundlegendes zum Thema Schlaf: zum Beispiel, dass das Bedürfnis danach von Person zu Person variiert und zwischen fünf und neun Stunden liegt. Die Patienten erlernen zudem Methoden, die ihnen helfen, sich zu entspannen, den Schlaf-wach-Rhythmus besser zu strukturieren und im Bett weniger zu grübeln. Vorgesehen sind ingesamt vier bis acht Sitzungen.

Doch leider gibt es viel zu wenige Therapieplätze. Das hat auch der Gemeinsame Bundesausschuss erkannt. Das Gremium fördert derzeit die Entwicklung eines Online-Angebots, das die Versorgungslücke schließen soll. Wenn es sich als hilfreich erweist, könnte es im Jahr 2024 allgemein verfügbar sein. Jeder Betroffene mit Internetzugang könnte es dann nutzen.

Später schlafen, früher aufstehen

Wer genug Motivation und Durchhaltewillen aufbringt, kann auch in Eigenregie versuchen, seine Schlafqualität zu steigern. Spiegelhalder: "Es ist kein Hexenwerk, was in der kognitiven Verhaltenstherapie passiert. Vieles fällt in den Bereich Tipps und Tricks."

Eine wichtige, besonders effektive Maßnahme hat sich seiner Ansicht nach bislang viel zu wenig herumgesprochen: abends eine halbe Stunde später ins Bett oder morgens eine halbe Stunde früher aufstehen ­– für eine Woche.

Das führt zwar dazu, dass man tagsüber müder ist, doch man schläft abends leichter ein und fühlt sich dann auch tagsüber besser. Spiegelhalder: "Die wenigsten haben das konsequent ausprobiert. Viele sind sehr überrascht, dass sie dadurch eine gewisse Kontrolle über ihren Schlaf zurückgewinnen."

Tipps für Abend und Nacht

  • Die Müdigkeit abwarten und nur ins Bett gehen, wenn das Schlafbedürfnis akut ist.
  • Das Schlafzimmer sollte ruhig, abgedunkelt, kühl und gut durchlüftet sein.
  • Auf bequeme Matratze, Bettdecke und Kissen achten.
  • Die Reizflut stoppen. Fernseher, Computer und Smartphone rechtzeitig abschalten und außerhalb des Schlafzimmers deponieren. Geistige und emotionale Reize halten wach.
  • Rituale helfen beim Runterkommen und Einschlafen, zum Beispiel ein warmes Bad oder eine Tasse Frucht- oder Kräutertee.
  • Entspannungstechniken wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder ­Meditieren sind ebenfalls sinnvoll und lassen sich erlernen.
  • Schlaftabletten eher meiden und sehr sparsam einsetzen.
  • Alkoholische Getränke eignen sich nicht als Schlummertrunk. Am besten ganz meiden, auch tagsüber. Vor allem in Kombination mit Schlafmitteln ist kompletter Verzicht unbedingt angezeigt.

Wer schlaflos ist, ist nicht allein: Rund zehn Prozent aller Erwachsenen kämpfen mit anhaltenden Schlafstörungen.

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Schlaflos? Bis zu zwei Drittel aller Erwachsenen leiden gelegentlich an der Schlafstörung Insomnie.

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Thema Schlaf