Was ist das Immunsystem?
Tag und Nacht versuchen Infektions-Erreger in den menschlichen Körper einzudringen – fast immer vergeblich. Denn meist arbeitet die körpereigene Abwehr des Menschen so effektiv, dass es nicht dazu kommt. Doch wie funktioniert das?
Aufbau des Immunsystems: Welche Bestandteile gibt es?
Zum Immunsystem gehören ganze Organe und Organteile, aber auch einzelne Zellen. Daneben sind eine Menge Botenstoffe beteiligt.
Wichtige Bestandteile sind zum Beispiel:
- Die Haut und Schleimhäute, zum Beispiel von Nase, Rachen und Darm: Diese sind oft Eintrittspforte für die Erreger, hier finden aber auch bereits erste Abwehrreaktionen statt.
- Die Lymphknoten und Lymphbahnen: Sie sind Sammelstelle und Transportwege für Abwehrzellen
- Die Milz: Sie speichert Abwehrzellen.
- Das Knochenmark: Es bildet die meisten Vorstufen und einige reife Abwehrzellen.
- Der Thymus: Hier reifen einige Abwehzellen (T-Zellen) vollständig aus.
- Die Mandeln: Sie enthalten ebenfalls Abwehrzellen, die spezielle Abwehrstoffe, die Antikörper, bilden können.
Die wichtigsten Zellen des Abwehrsystems sind die verschiedenen weißen Blutkörperchen. Dazu zählen unter anderem:
- Granulozyten
- Monozyten und Makrophagen
- B-und T-Lymphozyten
Wie funktioniert das Immunsystem?
Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten – das sind Beispiele für die ungebetenen Gäste, die unser Immunsystem täglich auf Trab halten. Manche davon stellen eine Bedrohung für unsere Gesundheit dar und müssen bekämpft werden. Der menschliche Körper hält dafür eine ganze Reihe komplexer Verteidigungssysteme bereit, die sich in drei Bereiche gliedern.
Anatomische Barrieren
Was für den Krieger die Rüstung ist, sind beim Körper die anatomischen Grenzen nach außen: Ob Haut, Schleimhäute, Nasenhaare oder die Flimmerhärchen auf der Bronchialschleimhaut – als erste Instanz der Abwehr halten sie Angriffe von außen ab. Auch die Magensäure gehört zu diesem System. Sie macht Keime unschädlich, die über die Nahrung in den Körper gelangen. "Wenn Haut oder Schleimhäute verletzt oder entzündet und so vermehrt durchlässig sind, ist das natürlich ungünstig", erklärt Professor Volker Wahn, ehemaliger Leiter der Sektion Infektionsimmunologie der Kinderklinik der Charité am Campus Virchow-Klinikum in Berlin. Denn durch derart geschwächte anatomische Barrieren können Erreger vergleichsweise leicht eindringen.
Die angeborene Abwehr
Um Keime, die die anatomischen Barrieren überwunden haben, kümmern sich im Körper weitere Komponenten des Immunsystems – zum einen die sogenannte angeborene Abwehr, häufig auch als natürliche Abwehr bezeichnet. "Die natürliche Abwehr besteht aus Fresszellen, zu denen Makrophagen, Monozyten und neutrophile Granulozyten gehören. Aber auch im Blut gelöste Eiweiße mit eigener Abwehrfunktion, zum Beispiel das sogenannte Komplementsystem, zählen dazu", erläutert Volker Wahn. Die Abwehrzellen werden über chemische Botenstoffe angelockt und sind auch bei einer Wunde oder einem Infektionsherd am Ort des Geschehens.
Nicht ohne Grund wird diese Form der körpereigenen Abwehr auch "unspezifische Abwehr" genannt. Um welche Art Angreifer es sich genau handelt, ist für sie eigentlich egal. Körperfremde Eindringlinge werden zum Beispiel einfach von den Fresszellen umschlossen und nach und nach abgebaut.
Die erworbene Abwehr
Um schneller auf wiederkehrende Bedrohungen reagieren zu können, gibt es die erworbene oder spezifische Abwehr. Wichtigster Bestandteil sind bestimmte weiße Blutkörperchen, die B-Lymphozyten. Sie entstehen im Knochenmark. Sie sammeln sich später in den Lymphknoten und der Milz. B-Lymphozyten bilden genau passende Abwehrstoffe gegen eine bestimmte Art von Erregern – die sogenannten Antikörper. Diese Antikörper binden an den jeweiligen Erreger und markieren ihn damit, sodass er schneller von den Fresszellen unschädlich gemacht wird. Das Besondere: Wurden B-Zellen einmal genutzt, vermehren sie sich und bleiben im Körper vorhanden. Sie bilden damit eine Art Gedächtnis: Bei einer erneuten Infektion mit demselben Erreger kann der Körper dann ganz schnell passende Antikörper produzieren, um sich zu verteidigen. Diese Form der Abwehr steht aber nicht sofort zur Verfügung. Sie muss erst gebildet werden. "In der Regel dauert es ein paar Tage, bis die spezifische Abwehr voll einsatzbereit ist. Der Schutz bleibt dann aber durch das immunologische Gedächtnis über viele Jahre bestehen", so Experte Wahn.
Bei einigen Erregern braucht das Immunsystem allerdings länger, bis die Eindringlinge ausgeschaltet sind. Völlig ohne Beschwerden läuft der Prozess dann nicht mehr ab. Wir Menschen leiden in solchen Fällen zum Beispiel an Husten, Schnupfen, Heiserkeit oder sogar Fieber. So lästig diese Symptome sind: Sie sind Teil des Abwehrmechanismus und dienen dazu, den Körper von Erregern wieder zu befreien.
Krankheiten des Immunsystems
Leider funktioniert selbst bei der "Körperpolizei" nicht alles reibungslos. Die körpereigene Abwehr kann auf verschiedenste Weise gestört sein:
Geschwächtes Immunsystem
Ein geschwächtes Immunsystem kann verschiedenste Ursachen haben, unter anderem:
- angeborene Immundefekte
- Krankheiten wie Diabetes, HIV-Infektion, Masern und viele mehr
- Medikamente (zum Beispiel immunsuppressive Therapie nach Transplantationen, Therapie bei Krebserkrankungen oder Rheuma)
Allergien
Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem übertrieben. Es verteidigt den Körper gegen Stoffe, die eigentlich nicht bedrohlich sind. So bilden Allergiker sogenannte IgE-Antikörper beispielsweise gegen Baum- oder Gräserpollen, Kuhmilch- oder Hühnereiweiß, andere Lebensmittel, aber auch Medikamente.
Autoimmunkrankheiten
Zusätzlich gibt es noch die sogenannten Autoimmunkrankheiten. Dabei richtet sich die Immunabwehr gegen Strukturen des eigenen Körpers. Ein Beispiel ist der Morbus Basedow, bei dem Antikörper gebildet werden, die sich gegen einen Bestandteil der Schilddrüsenzellen, den TSH-Rezeptor richten. Dies treibt die Schilddrüse dazu an, mehr Hormone zu bilden. Auch die rheumatoide Polyarthritis oder der Lupus erythematodes zählen zu den Autoimmunkrankheiten.
Wie kann ich mein Immunsystem stärken?
Die gute Nachricht: Man kann zumindest dazu beitragen, dass das Immunsystem in seiner Funktion nicht gestört wird. Volker Wahn empfiehlt vor allem eine ausgewogene Ernährung. "Die Deutschen sparen meist am frischen Obst und Gemüse. Dabei sind gerade hier die für das Immunsystem essenziellen Vitamine A, C und E enthalten. Auch sollte der Bedarf an Eisen und Zink mit der normalen Ernährung abgedeckt sein", so der Immunologe. Ausreichend Schlaf ist ebenfalls wichtig.
Wird das Immunsystem nach einem Infekt stärker?
Das trifft nicht auf jeden Infekt zu, aber in gewisser Weise trainieren überstandene Infekte das Immunsystem. Denn wie bereits erklärt, kann sich die spezifische Abwehr bestimmte Keime quasi merken und ist dann in Zukunft besser auf sie vorbereitet. Nach dem Prinzip funktionieren übrigens auch Impfungen. Bei einer Impfung wird dem Körper eine Infektion mit einem bestimmten Keim vorgegaukelt. Der Impfstoff sieht dem eigentlichen Erreger äußerlich sehr ähnlich, ist aber so konzipiert, dass er nicht krank macht. Für die Körperabwehr reicht das Vorgaukeln allerdings aus, um Abwehrstoffe zu bilden – und diese dann vorrätig zu haben. Befällt später einmal der echte Erreger den Körper, verfügt dieser bereits über passende Antikörper und ist somit im besten Fall komplett gegen die Krankheit geschützt.