Schwindel – was hilft?
Wann zum Arzt oder zur Ärztin?
Oft hat Schwindel ungefährliche Ursachen. Hinter Schwindel können aber auch Krankheiten stecken, die rasch behandelt werden müssen – etwa Herzkrankheiten oder ein Schlaganfall.
Schwindel sollte grundsätzlich ärztlich abgeklärt werden. Das gilt vor allem, wenn zusätzliche Beschwerden auftreten, chronische Krankheiten bekannt sind oder ein Unfall vorausging.
Welche Arten von Schwindel gibt es?
Etwa 15 bis 35 Prozent der Menschen leiden irgendwann in ihrem Leben einmal an Schwindel[1]. Betroffene beschreiben unterschiedliche Arten:
- Drehschwindel: Die Umgebung oder man selbst scheint sich zu drehen, wie in einem Karussell.
- Schwankschwindel: Der Boden scheint zu schwanken, wie auf einem Schiff.
- Liftschwindel: Man fühlt sich nach unten oder oben gezogen, wie in einem Aufzug.
- Gangunsicherheit: Manche Menschen spüren Schwindel vor allem beim Gehen, haben das Gefühl umzufallen.
- Benommenheit: Schwindel kann sich als diffuse Benommenheit zeigen, etwa mit Schwarzwerden oder Flimmern vor den Augen oder verschwommenem Sehen.
Mögliche Begleiterscheinungen von Schwindel sind:
- Übelkeit, Erbrechen
- Fallneigung, Stürze
- Angstgefühle, Herzklopfen
- Ohrgeräusche, Hörstörungen
Schwindel kann ohne erkennbare Auslöser einsetzen oder in bestimmten Situationen, zum Beispiel nach Kopfbewegungen.
Der Schwindel hält – je nach Ursache – Sekunden, Stunden oder Tage an, manchmal auch dauerhaft. Er kann wiederholt auftreten oder über längere Zeit bestehen.
Welche Ursachen hat Schwindel?
Schwindel kann viele Gründe haben, einige Beispiele:
- Gutartiger Lagerungsschwindel: Er setzt oft nach Änderung der Körperlage ein – etwa nach dem Aufsetzen oder Umdrehen im Bett. Typisch sind sekunden- oder maximal minutenlange Drehschwindelattacken mit Übelkeit.
Ursache sind Kalksteinchen im Innenohr. Sie verirren sich in die Bogengänge des Innenohrs und führen dort zu Irritationen. Behandelt wird mit einfachen Übungen. Diese Lagerungsmanöver sollten unter fachkundiger Anleitung erlernt werden. Sie helfen, die Kalksteinchen aus den Bogengängen zu befördern. - Menière-Krankheit: Typisch sind plötzliche, Minuten bis Stunden dauernde Schwindelattacken, oft mit Hörminderung, Ohrgeräuschen und Übelkeit. Ursache ist eine Krankheit des Innenohrs. Behandelt werden in erster Linie die Symptome, etwa mit Medikamenten.
- Entzündung des Gleichgewichtsnervs (Neuritis vestibularis): Häufig kommt es zu heftigem Drehschwindel, Übelkeit, Erbrechen über Tage. Behandelt wird meist mit Medikamenten gegen Schwindel und Übelkeit, bis sich die Beschwerden bessern.
- Migräne (vestibuläre Migräne): Schwindelanfälle treten zusammen mit Migräne-Kopfschmerzen, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit auf. Der Schwindel kann einem Migräneanfall auch vorausgehen oder völlig unabhängig davon auftreten.
- Herz-Kreislauf-Störungen: Der Schwindel zeigt sich dabei oft als Benommenheit oder Schwäche, mit Sehstörungen oder Schwarzwerden vor den Augen wie bei einer drohenden Ohnmacht.
Ursache kann zum Beispiel ein niedriger Blutdruck sein, vor allem direkt nach dem Aufstehen oder bei längerem Stehen. Auch hoher Blutdruck, Herzrhythmusstörungen oder Herzklappenerkrankungen können zum Beispiel Schwindel auslösen. - Schlaganfall: Schwindel kann Alarmzeichen eines Schlaganfalls sein. Weitere mögliche Symptome sind Seh-, Sprach-, Schluckstörungen, Taubheitsgefühle oder Lähmungen auf einer Körperseite, Benommenheit.
- Funktioneller Schwindel: Eindeutige körperliche Ursachen sind hier nicht feststellbar. Der Schwindel tritt eventuell in bestimmten Situationen auf, zum Beispiel in einer Menschenmenge. Er kann unter anderem mit Angsterkrankungen wie einer Phobie verbunden sein, phobischer Schwindel genannt.
- Sehprobleme: Eine neue Brille, vor allem eine Gleitsichtbrille, kann anfangs Schwindelgefühle hervorrufen.
- Große Höhe: Auf hohen Bauwerken oder ausgesetzten Bergwegen befällt Menschen eventuell Höhenschwindel.
- Reisekrankheit: Schwindel und Übelkeit entstehen durch Bewegungen im Auto, Flugzeug oder Schiff.
- Medikamente können als Nebenwirkung Schwindel hervorrufen. Wer den Verdacht hat, sollte mit seiner Ärztin oder seinem Arzt sprechen.
Ursachen können sich überschneiden. Die beschriebenen Symptome können auch andere Auslöser haben.
Wie untersucht der Arzt oder die Ärztin Schwindel?
Außer in Notfällen ist die hausärztliche Praxis die übliche Anlaufstelle. Bei Bedarf wird sie in eine fachärztliche Praxis überweisen. An manchen Kliniken gibt es eine Schwindelambulanz oder ein Schwindelzentrum.
Die Ärztin oder der Arzt spricht mit den Betroffenen über die Beschwerden, die Krankengeschichte und Krankheiten in der Familie. Oft geben Art, Dauer und Auslöser des Schwindels schon Hinweise auf die Ursache.
Es folgt die körperliche Untersuchung. Technische Diagnoseverfahren können sich anschließen, zum Beispiel Tests des Gleichgewichtsorgans. Manche Schwindelformen sind mit unwillkürlichen, ruckartigen Augenbewegungen, dem Nystagmus, verbunden. Sichtbar wird er oft mit einer Spezialbrille.
Eventuell empfiehlt die Ärztin oder der Arzt Betroffenen, den Schwindel und die möglichen Auslöser eine Zeit lang selbst zu beobachten und in einem Schwindeltagebuch oder Schwindelkalender zu dokumentieren, um die Ursache einzugrenzen.
Wie wird Schwindel behandelt?
Es gibt viele Gründe für Schwindel – von Erkrankungen des Innenohrs bis hin zur Kreislaufstörung. Die Behandlung richtet sich danach, welche Auslöser der Schwindel hat.
Bei schwerem, dauerhaften Schwindel kommen anfangs eventuell Medikamente gegen Symptome wie Übelkeit zum Einsatz.
In einigen Fällen rät die Ärztin oder der Arzt, möglichst bald mit einem Gleichgewichtstraining zu beginnen. Spezielle Übungen trainieren den Gleichgewichtssinn. Sie werden idealerweise unter physiotherapeutischer Anleitung erlernt und dann selbstständig fortgesetzt.
Das Training hilft dem Körper, die Störung im Geichgewichtssystem allmählich auszugleichen. Er gewöhnt sich an die veränderte Situation und kann Ausfälle nach und nach kompensieren. Die Schwindelgefühle lassen nach.
Für ältere Menschen mit Schwindel ist es besonders wichtig, Stürzen vorzubeugen, zum Beispiel Stolperfallen in der Wohnung zu beseitigen.
Übungen: Was tun, wenn mir schwindelig ist?
Bitte zuerst im Sitzen üben, später erst im Stehen!
Hintergrund: Wie funktioniert der Gleichgewichtssinn?
Damit wir im Gleichgewicht bleiben, arbeiten verschiedene Sinne zusammen:
- Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr
- Die Augen
- Fühler an Haut, Gelenken, Muskeln und Sehnen
Die Sinnessysteme melden unserem Gehirn fortwährend unsere Position im Raum sowie die Richtung, in die wir uns bewegen. Das Gehirn verarbeitet die Informationen und stimmt unsere Körperhaltung darauf ab. So bleiben wir in Balance.
Kommt es in diesem Gleichgewichtssystem zu Störungen, oder treffen widersprüchliche Informationen ein, spüren wir das als Schwindel – uns wird schwindelig, oft auch übel.
Sitzen wir zum Beispiel auf einem Schiff und lesen ein Buch, registriert das Innenohr, dass wir uns mit dem Seegang auf und ab bewegen. Unsere Augen melden dagegen Stillstand. Dieser Widerspruch kann Schwindel und Übelkeit auslösen. Der medizinische Ausdruck für Schwindel lautet Vertigo.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.
Quellen:
- [1] Neuhauser HK: The epidemiology of dizziness and vertigo. Handb Clin Neurol. 2016;137:67-82.: https://www.sciencedirect.com/... (Abgerufen am 17.01.2024)
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM): S3-Leitlinie Schwindel, akut in der Hausarztpraxis. Leitlinie: 2006. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 02.01.2024)
- Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. : S2k-Leitlinie Vestibuläre Funktionsstörungen. Leitlinie: 2021. https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 02.01.2024)
- Strupp M, Dlugaiczyk J et al.: Schwindelsyndrome – Diagnose, neue Klassifikation und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 300–10.: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 16.01.2024)
- Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. https://www.uptodate.com : Vertigo (a type of dizziness) (The Basics). https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 02.01.2024)
- Furman J M, MD, PhD: Vertigo (Beyond the Basics). Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. https://www.uptodate.com : https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 02.01.2024)
- Branch W T, Jr, MD, Barton J JS, MD, PhD, FRCPC: Approach to the patient with dizziness. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. https://www.uptodate.com: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 16.01.2024)
- Furman J M, MD, PhD, Barton J JS, MD, PhD, FRCPC: Evaluation of the patient with vertigo. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. https://www.uptodate.com: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 16.01.2024)
- Furman J M, MD, PhD, Barton J JS, MD, PhD, FRCPC: Treatment of vertigo. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. https://www.uptodate.com: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 17.01.2024)