Nackenschmerzen, steifer Hals
Wenn der Nacken schmerzt: Ein Zeichen der Überlastung?
Bis der Nacken streikt, hat er oft schon viel weggesteckt – mehr jedenfalls, als uns bewusst ist. Die unangenehm ziehenden oder bohrenden Schmerzen: Vielleicht nur die Spitze des Eisbergs? Auch wenn der kalte Luftzug tags zuvor auf der Reise oder die Sonderschicht am Computer plausible Auslöser sein mögen: Vermutlich haben wir uns schon lange überfordert, und zwar von Kopf bis Fuß.
Denn: Hauptursachen für Nackenschmerzen sind Haltungsprobleme und überlastete Muskeln im Rücken-, Nacken- und Schulterbereich. Auf Dauer verkürzen und verhärten sie sich, sind bei Druck auf typische Stellen äußerst schmerzhaft.
Schon eine geringfügige Zusatzbelastung, auch Stress, kann genügen, und die mühsam beibehaltene Balance kippt. Schmerzen können Fehlhaltungen verstärken und diese wiederum den Schmerz verfestigen – ein Teufelskreis entsteht. Eine Blockade wie der akute Schiefhals kann sogar zum Innehalten zwingen.
Teufelskreis: Überlastung und Schmerz
Schmerzen gehören behandelt. Auch um zu vermeiden, dass sie zu Nervenveränderungen führen und dabei eine Art Schmerzgedächtnis entsteht (siehe Grafik). Es gibt viele Möglichkeiten, um einzugreifen. Was Sie selbst dazu beitragen können, lesen Sie am Ende dieses Beitrags.

Wenn Schmerzen sich verselbstständigen, wird es schwieriger, sie in den Griff zu bekommen. Sie können chronisch werden
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Kurzüberblick Nackenschmerzen
So viele Ursachen Nackenschmerzen auch haben können: Ein ernster Hintergrund ist mit unter ein Prozent die Ausnahme.
- Hauptursache: Verspannte Muskeln und Verschleiß
Bei weitem an erster Stelle der Ursachen stehen überlastete, verspannte Muskeln – lästig, aber überwiegend harmlos. Mitunter können die Verspannungen auch einen psychischen Hintergrund haben. Darauf kann, muss aber nicht, zum Beispiel eine begleitende depressive Verstimmung hinweisen (siehe weiter unten).
Mit zunehmendem Alter kommt es zu Verschleiß – fachsprachlich: degenerativen Veränderungen – an der Halsiwrbelsäule. Dann sind ebenfalls oder erstmals Beschwerden wie Schmerzen und Einschränkungen bei Bewegungen des Halses möglich.
Einschränkend muss aber hinzugefügt werden, dass ein gewisser Verschleiß im Laufe des Lebens normal ist. Würde man zum Beispiel bei allen Menschen über fünfzig Jahren die Halswirbelsäule röntgen, käme eine Menge auf den ersten Blick Krankhaftes dabei heraus – auch bei jenen, die sich wohlfühlen oder keine Beschwerden haben. Verschleiß am Skelett ist also keineswegs immer gleichbedeutend mit Schmerzen.
- Selten: Ernste körperliche Erkrankungen als Auslöser von Nackenschmerzen
Mit vermehrter Muskelanspannung können beispielsweise neurologische Krankheitsbilder wie die sogenannten zervikalen Dystonien einhergehen. Dystonie bedeutet so viel wie "Fehl-Anspannung". Sind einzelne Körperbereiche betroffen, handelt es sich um fokale Dystonien. Durch krankhaft überaktive Hals- und Nackenmuskeln etwa kommt es zu unwillkürlich ausgelösten ungewöhnlichen Kopfstellungen. Je nach Art und Richtung der Bewegungen lassen sich verschiedene Formen unterscheiden. Die Ursachen dieser Dystonien sind ganz unterschiedlich. Mehr dazu weiter unten im Abschnitt "Schiefhals".
Nackenschmerzen: Fibromyalgie, Rheuma, Infektionen & Co.
Ein Fibromyalgiesyndrom geht mit erheblichen (Muskel-) Schmerzen einher. Der Nacken ist hier nur eine von mehreren Schmerzzonen am Körper. Die Ursachen sind noch unklar (siehe unten).
Infektionen im Kopf- und Halsbereich, rheumatische Krankheiten sowie einige Tumor- und Knochenerkrankungen zählen wiederum zu den seltenen Ursachen von Nackenschmerzen. In der Folge kann es zu akuten oder chronischen Beschwerden kommen. Je nach Ursache treten neben Nackenschmerzen meist weitere Symptome auf, etwa Fieber, eingeschränkte Beweglichkeit des Kopfes, ein Gefühl der Steifigkeit oder aber Instabilität der Halswirbelsäule, Schmerzen in anderen Bereichen des Bewegungssystems, Schluckbeschwerden und anderes mehr.
Akute Nackenschmerzen: Ein Notfall?
Akute starke Schmerzen im Kiefer, Arm, Rücken oder Nacken können mitunter auch Anzeichen für einen Herzinfarkt oder eine akute Erkrankung der Hauptschlagader (akutes Aortensyndrom) sein. Eine spezielle Form des Schlaganfalls, die das Kleinhirn betrifft (Kleinhirninfarkt), kann unter anderem mit Nackenschmerzen, starken Schwindelanfällen und erheblichen Gangstörungen einhergehen. Wichtig: Alarmieren Sie bei solchen Symptomen wie auch bei hohem Fieber, Benommenheit oder nach einer plötzlichen Ohnmacht mit ungewöhnlichen Schmerzen im Kopf oder Oberkörper umgehend den Notarzt (Notruf Rettungsleitstelle: 112). Dies gilt natürlich auch bei Verletzungen des Kopfes und der (Hals-)Wirbelsäule.
- Verletzungen
Tatsächlich sind bei Nackenschmerzen Verletzungen der Halswirbelsäule recht häufig im Spiel. An den Kopf-Hals-Gelenken, an den unterhalb davon liegenden Halswirbeln und ihren Gelenken, an Bändern und Bandscheiben sind komplizierte Schäden, teils auch mit schwerwiegenden neurologischen Folgen, möglich.
Dagegen gehört das unkomplizierte Schleudertrauma am Hals (auch Dezelerationstrauma oder Distorsion) in der Regel – trotz anfangs oft starker Schmerzen – zu denjenigen Verletzungen, die nicht schwerwiegend sind und zudem eine sehr gute Prognose haben.
Mehr Informationen zu den Auslösern von Nackenschmerzen weiter unten im Abschnitt "Nackenschmerzen: Mögliche Ursachen" und im daran sich anschließenden Text.
- Eng verknüpft: Nacken und Psyche
Dass anhaltende Nackenschmerzen auf die Stimmung schlagen können, ist nicht verwunderlich. Dennoch: Vielfach zeigen sich Depressionen auch mit körperlichen Symptomen, etwa Schmerzen des Bewegungssystems, eben auch Nackenschmerzen, sodann Schlafstörungen, Müdigkeit und vieles mehr. Wichtig: Gehen Sie bei einer mutmaßlichen Depression unbedingt zum Arzt Ihres Vertrauens, denn es gibt Hilfen.
Vorab: Wer übernimmt Diagnose und Therapie?
Erster Ansprechpartner bei Nackenschmerzen ist in der Regel der Hausarzt. Strahlen die Schmerzen in den Arm aus, kribbelt es dort, sind auch das Berührungsempfinden und die Beweglichkeit am Arm, Hand oder Fingern, am Fuß oder Bein beeinträchtigt, ist unverzüglich ein Neurologe gefragt. Bei Bedarf wird er einen Orthopäden hinzuziehen. Die zuständigen Fachärzte entscheiden dann über weitere Diagnoseschritte.
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. So weh ein "nur gestresster" Nacken mit akut verspannten Muskeln tun kann, so absehbar erholt er sich auch wieder. Ein kurzzeitig eingenommenes Schmerzmittel (siehe auch unten: Abschnitt "Nackenschmerzen: Therapie") kann die Schmerzen lindern helfen. Lassen Sie sich dazu auch in der Apotheke beraten und beachten Sie die Hinweise in der Packungsbeilage. Ärzte empfehlen oft, bald mit sanften Bewegungsübungen unter physiotherapeutischer Anleitung zu beginnen. Unbedingt anzuraten ist eine Arbeitsplatzgestaltung nach ergonomischen Gesichtspunkten.

Die großen Rückenmuskeln reichen bis zum Nacken (Schemazeichnung)
© W&B/Jörg Neisel
Teilweise können Entspannungsverfahren hilfreich sein, etwa bei stressbedingten Muskelverspannungen oder bei Spannungskopfschmerzen, die häufig im Nacken beginnen (siehe unten, Abschnitt: "Nackenschmerzen: Therapie").
Anhaltende Schmerzen trotz umfangreicher Schmerzbehandlung und / oder Anzeichen einer Nervenschädigung am Hals, etwa durch einen – hier eher seltenen – Bandscheibenvofall oder eine Verengung des Wirbelkanals im Bereich der Halswirbelsäule (Spinalkanalstenose), machen eine Operation häufig unumgänglich. Das gilt auch bei Instabilität der Halswirbelsäule beziehungsweise an den Kopfgelenken, zum Beispiel infolge einer rheumatischen Erkrankung oder Verletzung.

Regelmäßige Lockerungsübungen können Muskelverspannungen vorbeugen
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Nackenschmerzen: Ursachen auf einen Blick
Zu möglichen Ursachen oder Krankheitsbildern bei Nackenschmerzen gehören:
Sehr häufig oder recht häufig:
- Muskelverspannungen (mit Abstand häufigste Ursache!), etwa der "Handynacken"
- Degenerative Erkrankungen des Bewegungssystems: Schäden der Bandscheiben und Wirbelkörper (Chondrose und Osteochondrose) der Halswirbelsäule, Bandscheibenvorfall, degenerative Instabilität, Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke (Arthrose, auch Facettengelenkarthrose), Bildung knöcherner Sporne an den Wirbeln (Spondylose) oder Verkalkung von Bändern, dadurch Einengung des Wirbelkanals oder von Zwischenwirbellöchern
- Psychische Faktoren
- Krankheiten innerer Organe: Herzkranzgefäßerkrankung, auch koronare Herzkrankheit (Angina pectoris, Herzinfarkt), Erkrankungen der Hauptschlagader des Körpers (Aorta), der Speiseröhre, der Lungen
- Fibromyalgiesyndrom (chronische Schmerzkrankheit)
- Verletzungen: Muskelzerrungen, Beschleunigungsverletzungen wie das Schleuder- oder sogenannte Dezelerationstrauma der Halswirbelsäule; Wirbelbrüche oder -verrenkungen, Bänderrisse, Schädigungen / Verlagerungen der Bandscheiben, traumatisch bedingte Instabilität
Seltener oder sehr selten:
- Fokale zervikale Dystonien (seltene Bewegungsstörung mit unwillkürlichen Kopfbewegungen durch länger anhaltende Muskelkontraktionen, die auch schmerzhaft sein können)
- Nacken-Zungen-Syndrom (selten; ausgelöst durch verschleißbedingte Veränderungen an der Halswirbelsäule: Schmerzen am Nacken und Hinterkopf, Missempfindungen und vorübergehendes Pelzigkeitsgefühl einer Zungenhälfte bei plötzlichem Kopfdrehen)
- Infektionen: der Wirbel, Bandscheiben, der Halsweichteile (Abszess) oder der Gehirnhaut
- Rheuma und andere entzündliche Erkrankungen des Bewegungssystems wie die Bechterew-Krankheit (ankylosierende oder axiale Spondyloarthritis), eine Polymyalgia rheumatica, Knochenstoffwechselkrankheiten wie beispielsweise Osteoporose
- Geschwulst- und Tumorerkrankungen
- Gehirnblutung (Subarachnoidalblutung; Notfall: extrem starke Kopf- und Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit, eventuell Bewusstlosigkeit bei Anstieg des Hirndrucks), Kleinhirninfarkt
- Nackenschmerzen als Teilsymptom des sogenannten Spannungs-Kopfschmerzes; mitunter auch in zeitlichem Zusammenhang mit einem Migräneanfall möglich

Dauernd auf Sendung? Auch das Handy kann die Nackenmuskeln überfordern
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Mechanisch ausgelöste Nackenschmerzen
Diese große Gruppe von Nackenschmerzarten ist die häufigste, und Schmerzen im Nacken durch Muskelverspannungen stehen hier an erster Stelle. Zum anderen sind Verschleiß und Verletzungen der Halswirbelsäule, etwa das Schleudertrauma, sowie der Schiefhals (Torticollis) bedeutsame Ursachen. Allerdings ist Verschleiß bis zu einem gewissen Grad eine normale Entwicklung. Er erklärt längst nicht alles, was den Nacken plagt. Mehr dazu unten im Abschnitt "Weitere Ursachen mechanisch bedingter Nackenschmerzen".
Vorsichtig geschätzt hat mindestens zehn Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben mit verspannungsbedingten Nackenschmerzen zu tun, viele Betroffene mehrmals oder anhaltend. Dabei kommt es mitunter auch zu einem mehr oder weniger steifen Nacken. Denn in ihrer Funktion gestörte Muskeln verkürzen sich und können die Mechanik am Hals empfindlich beeinträchtigen. Die Rede ist hier hier auch von myofaszialen oder funktionellen, unspezifischen Beschwerden. Die Schmerzen sind meist auf einer Seite zu spüren. Häufig strahlen sie auch in den Hinterkopf, in die Schulter oder den oberen Rücken aus. Fehlhaltungen können begünstigend sein, die Muskeln verspannen sich noch mehr. So entsteht leicht ein Teufelskreis.
Beispiel Handynacken: Die typische, nach vorne geneigte Haltung bei Handy- oder Tabletnutzung belastet die Halswirbelsäule bis zu fünfmal mehr als normale Körperpositionen mit erhobenem Haupt. Da kommen nämlich schnell bis zu 30 Kilogramm Extralast zum Tragen. Bei einer durchschnittlichen Handynutzung von etwa vier Stunden täglich bedeutet das Schwerstarbeit für die Wirbelsäule. Verschleiß ist programmiert.
Der Arzt stellt die Diagnose in der Regel klinisch, also aufgrund der Krankengeschichte (Anamnese) und des körperlichen Untersuchungsbefundes. Die Schmerzen klingen nach einfachen Maßnahmen (siehe Abschnitt "Nackenschmerzen: Therapie" weiter unten) meist wieder ab. Andernfalls wird der Arzt die Diagnose überprüfen.
Früher oder später kommen Verschleißerscheinungen (degenerative Veränderungen, teilweise Verkalkungen) an der Halswirbelsäule hinzu. Sie können, müssen aber nicht, ihrerseits Muskelverspannungen auslösen oder diese verstärken. Der Verschleiß betrifft häufig harte, knöcherne Strukturen, vor allem Wirbel und die kleinen Zwischenwirbelgelenke, wie auch weiche Anteile des Bewegungssystems: vor allem die Bandscheiben – sie beginnen übrigens schon in jungen Jahren zu "altern" –, Bänder, Sehnen, Gelenkkapseln.
Verschleißprobleme am Hals
Mit dem Älterwerden summieren sich oft haltungsbedingte Beschwerden, etwa durch jahrelange Schreibtisch- (PC-) oder Überkopftätigkeit (etwa Malerarbeit), sodann Muskelverspannungen sowie Verschleiß an Bandscheiben (Chondrose und Osteochondrose) und Wirbeln (Spondylose). Die Bandscheiben verlieren an Elastizität und Höhe. Dadurch kann es zu einer latenten Instabilität kommen. Im Gegenzug können sich Wirbelkanten vermehrt aufwerfen oder Sporne bilden – der neu angesetzte Knochen ist ein Versuch der Stabilisierung.
Allerdings sind der Folge auch entzündliche Veränderungen an den verschiedenen Kontaktstellen innerhalb der Wirbelsäule möglich: etwa zwischen Bandscheiben und Wirbeln (aktivierte Osteochondrose) oder an den kleinen Gelenken zwischen den Wirbeln, den sogenannten Facettengelenken. Nach Ruhephasen wird dann zum Beispiel häufig ein Steifigkeitsgefühl im Nacken verspürt. Wichtig: Hält das Gefühl der Versteifung im Rücken / Nacken morgens länger als 30 Minuten an, sollten man sich beim Arzt genauer untersuchen lassen.
Zudem treten häufig Nackenschmerzen auf, die auch in die Schulter ausstrahlen können. Der Arzt nennt das pseudoradikulär. Dies bedeutet, dass die Beschwerden nicht von gereizten Nervenwurzeln am Rückenmark ausgehen, was eher noch die günstige Variante ist. Dazu Folgendes: Die Nervenwurzeln treten paarig auf beiden Seiten im Wirbelkanal aus dem Rückenmark aus. Eine Wurzel (motorisch) liegt weiter vorne und schickt auszuführende Befehle an Organe, etwa Muskeln. Die andere Wurzel (sensibel) liegt weiter hinten und leitet Empfindungen aus dem Körper ans Gehirn weiter. Beide Wurzeln einer Seite vereinigen sich zum Rückenmarksnerv (Spinalnerv). Am Hals bilden Spinalnerven die Reihe C 5 bis C 8 für Schulter, Brust, Hand und Arm. C steht für cervikal (auch zervikal) und bezieht sich auf die entsprechenden Etagen oder Segmente des Halsmarks. Jeder dieser C-Nerven ist also in einem bestimmten Bereich an Schulter, Arm und Hand für die Motorik und für Gefühlsempfindungen (Sensibilität) zuständig.
Manchmal engen knöcherne Veränderungen an Wirbeln den Wirbelkanal seitlich ein. Dann entstehende Symptome – Gefühlsstörungen wie Taubheitsgefühle, Kältegefühl, Muskelschwächen oder Lähmungen, also neurologische Defizite oder Ausfälle – beruhen auf beengten Nervenwurzeln (= radikulär). Der Arzt kann bei der Untersuchung in etwa feststellen, ob ein radikuläres Symptombild vorliegt (bei solchen Einengungen im Halswirbelbereich können die Schmerzen auch geringer ausgeprägt sein als die anderen Symptome). Doch können Gefühlsstörungen wie Kribbeln manchmal auch pseudoradikuläre Schmerzen begleiten.
Die Unterscheidung des Arztes zwischen pseudoradikulär und radikulär ist wichtig, da insbesondere bei Verdacht auf ein radikuläres Symptombild genauere Untersuchungen erfolgen müssen (siehe unten: "Nackenschmerzen: Diagnose").
Verschleiß kann verschiedene Probleme nach sich ziehen. Häufig sind es sogenannte Syndrome, das heißt mehrere Symptome gleichzeitig. Drei Beispiele:
- 1. Akutes oder chronisches Nacken-Arm- oder Schulter-Arm-Syndrom (Radikulopathie = Nervenwurzelleiden, auch Halswirbelsäulensyndrom, zervikobrachiales Syndrom oder zervikales Wurzelsyndrom): Es löst einen "Nackenschuss" (Zervikalgie oder Zervikobrachialgie), den Hexenschuss am Hals, aus. Dieser kann relativ schnell wieder vergehen, manchmal aber auch für längere Zeit ein unangenehmer Begleiter sein. Falls verlagertes Bandscheibengewebe der Auslöser ist, findet dieses sich meist seitlich und bedrängt so Nervenwurzeln ab C 5. Bandscheibenvorfälle kommen jedoch an der Halswirbelsäule insgesamt deutlich seltener vor als an der Lendenwirbelsäule.
Symptome: Neben heftigen Nackenschmerzen mit erheblicher Muskelverspannung sind Schmerzausstrahlungen in Richtung Schulter und Arm möglich. Schmerzen können auch fehlen. Verdächtige Anzeichen für eine Nervenwurzelreizung sind vor allem auch Muskelschwäche, Gefühlsstörungen und Kältegefühl an bestimmten Stellen am Arm – von der Schulter bis zu einzelnen Fingerspitzen kann jede Etage betroffen sein. Die Beschwerden können zeitweise wieder vergehen und dann erneut, eventuell auch verstärkt auftreten. Manchmal stellen sie sich nach besonders intensiven Arbeitsphasen am Computer ein oder nach anderen übermäßigen – auch plötzlichen – Belastungen der Halswirbelsäule. In der Nacht können sie sich verstärken, eventuell auch bei Husten und Niesen oder Wenden des Kopfes zur betroffenen Seite. Die Betroffenen versuchen mitunter, dem Schmerz durch bestimmte Kopfhaltungen auszuweichen. - 2. Hals-Kopf-Syndrom (zervikozephales Syndrom): Dabei verursachen verschiedene Veränderungen an der Halswirbelsäule positionsabhängig Nackenschmerzen bis in den Hinterkopf sowie Durchblutungsstörungen im hinteren Kopfbereich. Diese können sich beispielsweise als Schwindel, Ohrensausen oder Augenflimmern äußern. Auch vegetative Symptome wie etwa Schwitzen an der Handinnenfläche sind möglich.
Nur selten entwickelt sich ein sogenanntes Nacken-Zunge-Syndrom. Kennzeichnend sind hier anfallsartige Schmerzen am Hinterkopf und im Nacken bei plötzlichem Kopfdrehen. Dazu entsteht ein Gefühl, als ob eine Zungenhälfte "eingeschlafen" ist. Zugrunde liegt vermutlich eine Veränderung im Bereich des Kopfgelenkes, wodurch die obere Nervenwurzel C 2 gereizt wird. - 3. Halsmark-Syndrom (zervikomedulläres Syndrom, Myelopathie = Rückenmarksleiden): Dieses eher seltene Krankheitsbild geht mit unterschiedlichen Schädigungen bis hin zu Quetschungen des Rückenmarks im Halsbereich einher. Es entsteht entweder dadurch, dass Bandscheibengewebe sich in der Mittellinie zum Wirbelkanal hin etwas vorwölbt (Protrusion) oder vorfällt (Prolaps) und das Halsmark bedrängt. Oder wenn Knochenvorsprünge an den Wirbeln den Wirbelkanal immer mehr einengen (Fachbegriff: zervikale Spinalkanalstenose). Das kann auch durch das Zusammenwirken von verlagertem Bandscheibengewebe, verdickten Bändern an der Wirbelsäule und angebauten Knochen geschehen.
Symptome: Eine akute Quetschung führt zur mehr oder minder ausgeprägten Querschnittlähmung an Armen und Beinen. Sie ist ein Notfall und muss innerhalb weniger Stunden operativ behoben werden. Langsamer sich entwickelnde Schäden können Funktionsstörungen der Beine, etwa Gangstörungen, sodann der Hände verursachen, etwa beim Greifen, Schreiben und anderen feinmotorischen Bewegungen. Nach und nach können aber ebenfalls ernste Probleme wie eine Querschnittlähmung entstehen. Achtung: Nächtliche Schmerzen und eine Muskelschwäche im Schulter-Arm-Bereich sind auch bei Reizzuständen und Entzündungen in der Umgebung des Schultergelenks möglich (insbesondere, wenn man auf der entsprechenden Seite liegt).
! Achtung: Kurzfristiges Kribbeln und Taubheitsgefühle am Arm, die bald wieder abklingen, können mitunter nur eine Frage der Schlafposition sein. Wenn es ständig auftritt, sollte ein Arzt das überprüfen.
Schleudertrauma der Halswirbelsäule
Verletzungen der Halswirbelsäule gehören ebenfalls zu den Ursachen für mechanisch ausgelöste Nackenschmerzen. Wegen des großen Bewegungsspielraums der Halswirbelsäule kommen hier Beschleunigungsverletzungen häufig vor.
- Ein Beispiel ist das Schleudertrauma, auch Dezelerationstrauma der Halswirbelsäule genannt: Verletzung durch abrupten Stopp einer schnellen Bewegung. Sofern keine größeren Verletzungen, etwa von Wirbeln oder Bandscheiben vorliegen, entspricht es praktisch einer Zerrung an der Halswirbelsäule. Die indirekt einwirkenden Kräfte, die den Kopf erst nach hinten und dann nach vorne werfen, sind zum Beispiel typisch für Auffahrunfälle.
Symptome: Stunden oder Tage nach dem Ereignis entwickeln bei einem (einfachen) Schleudertrauma meist sehr starke Nackenschmerzen, eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule (steifer Hals), häufig auch Kopfschmerzen. Die Nackenschmerzen können in Schulter oder Arme ausstrahlen. Bei Bewegungen können sie sich verstärken.Daher nehmen viele Patienten eine Ausweich- oder Schonhaltung ein ("Schiefhals", siehe unten). Manche Betroffenen verspüren in der akuten Phase Übelkeit und Schwindel. Letzterer hält manchmal noch längere Zeit an.
Etwa ein Fünftel der Betroffenen hat nach einem Jahr immer noch Probleme mit dem Hals, meistens wegen Muskelverspannungen. Verschleiß kann, muss aber nicht – als Verletzungsfolge – vorzeitig einsetzen oder sich verstärken. Umgekehrt können Verletzungen bestehende Verschleißprobleme verschärfen, sodass es beispielsweise in der Folge zu einem Nacken-Arm-Syndrom (siehe oben) kommt. Oft ist es unmöglich, Ursache und Wirkung voneinander zu trennen und die Beschwerden zu objektivieren. Die gute Nachricht: Studien haben gezeigt, dass zum Beispiel Betroffene, die angemessen von der Harmlosigkeit des Beschwerdebildes informiert wurden und sich schnelle Besserung versprachen, sich tatsächlich früher erholten als jene, die in der Folge mit chronischen Schmerzen rechneten.
Akuter Schiefhals und unwillkürliche Bewegungsstörungen (Dystonien)
- Ein akuter schmerzhafter Schiefhals kann eine Extremform der Muskelverspannung am Nacken sein. Bei Erwachsenen kann es zum Beispiel ganz plötzlich durch eine Fehlbeanspruchung, "Zug" oder infolge eines Schleudertraumas am Hals (siehe oben) dazu kommen.
- Auch Seh-, Hör- oder Gleichgewichtsprobleme können zu einer verdrehten oder schiefen Kopfhaltung führen. Auf Dauer sind dann ebenfalls verspannungsbedingt Schmerzen möglich.
! Info: Zeichnet sich bei einem akuten Schiefhals unklarer Ursache nach höchstens drei Tagen keine Besserung ab, sollte ein Arzt hinzugezogen werden, bei weiteren akuten Beschwerden natürlich umgehend.
- Andere mögliche, wenn auch seltene Ursachen des Schiefhalses sind neurologische Störungen, zum Beispiel sogenannte fokale zervikale Dystonien, früher Torticollis spasmodicus genannt. Fokale Dystonien bezeichnen Bewegungs- und Haltungsstörungen eines Körperbereiches, hier am Hals (zervikal). Bei einem Teil der Dystonien ist die Ursache unbekannt (Fachbegriff: idiopathisch oder primär), es wird aber eine genetische Komponente angenommen. Vermutlich liegt die Störung in einem bestimmen Gehirnbereich, wo die Motorik gesteuert wird. Die zervikale Form die häufigste.
Symptome fokale zervikale Dystonie: Sie zeigt sich erstmals im mittleren Erwachsenenalter, meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Zu Beginn kommt es häufiger zu starken Muskelverspannungsschmerzen. Die unwillkürliche Bewegungsstörung entsteht dadurch, dass Muskeln sich wiederholt und langsam zusammenziehen. Manchmal treten aber auch rascher wechselnde Muskelaktionen, sogenannte Myoklonien oder Zuckungen, auf. Auch Zittern gehört häufiger zu den Begleitsymptomen. Bei den oft sehr bizarr anmutenden Bewegungen des Halses / Kopfes gibt es beispielsweise solche mit einer Dreh-, einer Rückwärts (Retro-) und einer Seitwärtskomponente.
Prognose, Therapie: Das Krankheitsbild wird als vergleichsweise günstig eingeschätzt. Neurologen können nach Diagnosestellung mit örtlichen Injektionen von Botulinum-Toxin helfen. - Mitunter können auch bestimmte Medikamente, zum Beispiel Phenothiazine (einige werden als Psychopharmaka eingesetzt), eine Dystonie auslösen.
Weitere Ursachen mechanisch bedingter Nackenschmerzen
- Die Nackensteifigkeit bei einer Hirnhautentzündung (Meningitis) entsteht durch reflexhafte Anspannung der Nackenmuskeln. Sie ist hier jedoch eine zwanghafte "Schonhaltung" infolge der erheblichen Schmerzen, die von der empfindlichen Hirnhaut ausgehen.
- Auch bei einem Abszess im hinteren Rachenraum (Retropharyngealabszess, siehe unter "Schwellung am Hals", Kapitel "Abszesse") kann es aufgrund von Schmerzen reflexartig zu einem steifen Hals kommen.
- Schilddrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium kann dazu führen, dass umliegendes Gewebe geschädigt oder bedrängt wird und es dann, mechanisch bedingt, zu Schmerzen im Hals- und Nackenbereich kommt. Zusätzlich können vergrößerte Lymphknoten im Halsbereich schuld daran sein. Sie können wiederum zahlreiche Ursachen haben.
Nicht mechanisch ausgelöste Nackenschmerzen
Für diese Nackenschmerzart kommen verschiedene Ursachen infrage, die das Bewegungssystem (mit-)betreffen. Dabei geht es in erster Linie um Erkrankungen innerer Organe oder des Bewegungssystems selbst.
Rheuma: Sammelbegriff für vielfältige Krankheiten
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind systemische Krankheitsbilder, bei denen der Nacken meist nur eine der mitbetroffenen Körpergegenden ist: Systemisch bedeutet, dass mehrere Organe erkranken können.
Beispiele hier: die rheumatoide Arthritis (auch Rheuma; entzündliche Schädigung von Anteilen der oberen Halswirbelsäule, eventuell Instabilität) oder auch die Bechterew-Krankheit und verwandte Krankheitsbilder mit Verknöcherungen und Versteifungen an der Wirbelsäule. Dabei geht es um sogenannte ankylosierende oder axiale Spondyloarthritis beziehungsweise seronegative Spondylarthropathien (kurz: SPA, mehr dazu im Kapitel "Bechterew & Co." im Beitrag "Schmerzen im Gesäß/Kreuz").
Zum anderen kommen bei Systemkrankheiten entzündliche Muskelschmerzen vor, zum Beispiel bei der sogenannten Polymyalgia rheumatica. Diese Erkrankung tritt hauptsächlich nach dem 50. Lebensjahr auf und betrifft Frauen deutlich häufiger als Männer.
Außer den Muskelschmerzen im Nacken-, Schulter- oder Hüftbereich und auffallender Morgensteifigkeit kann es zu schmerzhaften Entzündungen an den Schultergelenken, ferner an den Brustbein-Schlüsselbeingelenken sowie an den Handgelenken kommen. Damit sind jeweils entsprechend lokalisierbare Schmerzen verbunden. Zugleich liegt als systemische Komponente oft eine entzündliche Gefäßerkrankung (Vaskulitis, hier: sogenannte Riesenzellarteriitis) vor.
Weitere Erkrankungen des Bewegungssystems, die den Nacken mitbetreffen können
Bei Nackenschmerzen sonst noch mögliche Ursachen reichen von Erkrankungen des Skeletts wie zum Beispiel der Osteoporose und eigenständigen (nicht rheumatischen) Muskelkrankheiten über bakterielle Entzündungen der Bandscheiben (Diszitis) oder Wirbel (Spondylitis; beides eher selten) bis hin zu bösartigen Veränderungen.
Insgesamt fügen sich die Nackenschmerzen dann meist in eine Reihe ernster Symptome ein, etwa deutliche Schmerzen am Rücken oder an den Schläfen (Schläfen-Kopfschmerz), Fieber, ungewollter Gewichtsverlust, Beschwerden an mehreren Gelenken und Skelettverformungen (eventuell auch durch spontane Brüche bedingt).
Nackenschmerzen bei Migräne und anderen Kopfschmerzarten
Schließlich können Nackenschmerzen mitunter auch bei Spannungskopfschmerzen oder in zeitlichem Zusammenhang mit einer Migräne-Attacke auftreten. Nicht immer lassen sich diese Kopfschmerzarten genau voneinander abgrenzen.
Der Spezialist kann hier jedoch anhand der Schmerzbeeinflussung durch verschiedene Faktoren und Medikamente weiteren Aufschluss erhalten.
Übertragungsschmerzen am Nacken?
Dabei spielen unter anderem sogenannte Triggerpunkte, schmerzhafte Stellen in verspannten und verhärteten Muskeln, eine Rolle. Das Konzept: Triggerpunkte senden Signale an nahe gelegene Schmerzempfänger (Nozizeptoren). Deren Meldungen erreichen auch Schaltstellen im Rückenmark, die noch andere Schmerzquellen registrieren, etwa innere Organe "in Not". Da die Signale gebündelt im zentralen Nervensystem (Rückenmark, Gehirn) nach bestimmten Prinzipien weiterverarbeitet werden, "verschwimmt" teilweise die genaue Quelle.
Übertragungsschmerzen werden also durch bestimmte Nervenverschaltungen nicht direkt am Ursprung, sondern weiter weg im Körper wahrgenammen.
Durch anhaltend aktive Schmerzempfänger ständig im Bewusstsein aufrechterhalten, kann der wahrgenommene Schmerz sich verändern und festsetzen. Teilweise wird so aus einem zunächst nozizeptiven ein neuropathischer, gewissermaßen von "leidenden Nerven" ausgehender Schmerz.
Ein anderes Beispiel für Übertragungsschmerzen ist die Möglichkeit, dass bei krankhaften Vorgängen in einigen inneren Organen Schmerzen am Rücken, zwischen den Schulterblättern oder im Nacken auftreten. Dazu kann es etwa bei einem Herzinfarkt kommen.
Neben anderen Warnsymptomen – häufig handelt es sich ja um Akutsituationen bis hin zu Notfällen – mag der Umstand, dass solche Schmerzen nicht von Bewegungen zum Beispiel des Halses abhängen, ein Hinweis in die richtige Richtung sein.
Schmerzkrankheit Fibromyalgiesyndrom
Leitsymptom sind oft peinigende (Muskel-)Schmerzen in verschiedenen Körperbereichen, darunter im Nacken. Die Betroffenen leiden zudem unter verschiedenen anderen Symptomen, zum Beispiel nicht erholsamer Schlaf, Müdigkeit, körperliche und seelische Erschöpfung. Auch über Morgensteifigkeit, Konzentrations- und Antriebsschwäche, Wetterfühligkeit oder Schwellungen von Händen, Füßen und im Gesicht klagen sie häufiger.
Die Ursache ist noch nicht bekannt. Diskutiert werden Zusammenhänge mit einer genetischen Veranlagung. Offenbar kommt es zu einer Schädigung kleiner Nervenfasern. Ärzte sprechen dann von neuropathischen Schmerzen. Manchmal entwickelt sich ein Fibromyalgiesyndrom im Anschluss an eine andere Erkrankung, beispielsweise eine körperliche Verletzung oder ein seelisches Trauma, eine Operation oder ein orthopädisches Krankheitsbild.

Eine Depression ist komplex die Depression gibt es nicht
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Nackenschmerzen mit psychischem Hintergrund
Nacken-, Rücken- und Kreuzschmerzen wurzeln auch oft in der Psyche, oder die Psyche greift irgendwann in das Schmerzgeschehen ein. So fördert zum Beispiel starker Stress im Beruf oder auch in der Partnerschaft Verspannungen, die sich unter anderem leicht auf den Nacken niederschlagen können.
Wie auch immer: Psychisch verstärkt können sich Schmerzen verändern, leider aber auch im Körper oder Kopf festsetzen. Dass seelische oder sogenannte psychosoziale Faktoren – man könnte auch sagen: die individuelle Persönlichkeit – mit darüber entscheiden, ob ein Rücken- oder Nackenschmerz chronisch wird, ist seit langem bekannt.
Das soll nicht heißen, dass hier immer bewusste Gedanken und Reaktionen Einfluss nehmen. Bei psychischen Erkrankungen nämlich, etwa bei Depressionen, können Schmerzen am Bewegungsapparat sogar das einzige Symptom sein, während die psychische Grundstörung selbst verborgen bleibt und sich auch dem Betroffenen selbst nicht erschließt.
Sodann gibt es auch psychisch geprägte (psychogene) Weichgewebeschmerzen. Es sind subjektiv sehr stark erlebte Schmerzen im Bereich von Sehnen, Muskeln, Nerven (Neuralgien) und Bindegewebe. Krankhafte Veränderungen des Bewegungssystems sind zwar oft vorhanden, erklären aber nicht das Ausmaß der emotional verstärkten Beschwerden. Auch hier spielen psychosoziale Faktoren oft eine wichtige Rolle.

Röntgenaufnahmen & Co.: Halswirbelsäule im Fokus
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Nackenschmerzen: Diagnose
Grundsätzlich zuständig ist zunächst einmal der Hausarzt oder Orthopäde. Wenn nötig, werden Ärzte anderer Fachrichtungen hinzugezogen, etwa ein Neurologe oder Internist, eventuell mit weiterer Spezialisierung als Rheumatologe oder Endokrinologe (also ein Facharzt für innere Erkrankungen sowie Rheuma oder für hormonelle Störungen). Wenn organische Ursachen ausgeschlossen sind, ist eventuell auch ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (beziehungsweise für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder ein ärztlicher oder psychologischer Psychotherapeut) der richtige Ansprechpartner.
Unkomplizierte Nackenschmerzen mit vorwiegender Muskelverspannung diagnostiziert der Arzt klinisch. Das heißt, dass ihm das Beschwerdebild, die Krankengeschichte und der körperliche Befund bei fehlenden weiteren Symptomen vorerst aussagekräftig genug erscheinen. Bei der körperlichen Untersuchung stehen der Körperbau, die Beweglichkeit des Kopfes, Halses, der Schultern, Arme und der übrigen Gelenke im Mittelpunkt.
Der Arzt beurteilt den Spannungszustand der Muskeln, die Muskelkraft, die Muskelreflexe, die Berührungsempfindlichkeit. Er prüft, ob bestimmte Bewegungen des Kopfes oder Armes schmerzauslösend sind. Außerdem kontrolliert er, ob die Wirbelsäule beim Beklopfen irgendwo schmerzt oder ob sich bestimmte Punkte finden lassen, von denen bei sanftem Tastdruck Schmerzen ausgehen. Sodann kontrolliert er auch Mund und Rachen und erkundigt sich (sofern er den Patienten nicht selbst betreut) nach eingenommenen Medikamenten, etwa auch Kortison. Außerdem aufschlussreich: ein Schmerzfragebogen, den der Patient vom Arzt erhält und ausfüllt.
Bei Auffälligkeiten oder Komplikationen und je nach Ausprägung der dann vorhandenen Symptome werden mehr oder weniger dringlich weitere Schritte notwendig sein. Dies gilt vor allem bei:
- Von Anfang an sehr starken Schmerzen, nicht abklingenden oder zunehmenden Schmerzen
- Weiteren dringend abklärungs- und behandlungsbedürftigen Situationen wie Muskelschwäche, Gefühlsstörungen, Schwindel, Sehstörungen
- Notfällen wie Lähmungen, Bewusstseinsstörungen, hohes Fieber, Krämpfe, Verdacht auf Herzinfarkt, Kollaps oder Schock
- Verletzungen
Die weiterführende Diagnostik umfasst dann bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen, eine Computertomografie oder Magnetresonanztomografie zur Schichtbilddarstellung der (Hals-)Wirbelsäule, gegebenenfalls auch des Halses oder Kopfes, eventuell Untersuchungen der Gefäße am Hals mit dem Farbdoppler (Duplexsonografie), ferner Blutuntersuchungen, kardiologische Diagnoseverfahren und eine Untersuchung beim Neurologen. Wer dann letztlich die Therapie in die Hand nimmt, hängt von den jeweiligen Untersuchungsergebnissen ab. Geht es um eine Operation an der Wirbelsäule, fällt diese Aufgabe je nach Krankheitsgeschehen einem Neurochirurgen, orthopädischen Chirurgen oder Unfallchirurgen zu.
Beim Fibromyalgiesyndrom (siehe Abschnitt "Fibromyalgiesyndrom: Neuropathisch?" weiter oben) sind objektivierbare Zeichen noch nicht für die Diagnose etabliert. Daher ist diese nicht einfach zu stellen und bedarf des Experten, etwa eines Schmerztherapeuten. Angesichts der Symptomenvielfalt sind aber zunächst meist Fachärzte für Innere Medizin, Orthopädie und Neurologie gefragt, um andere Krankheiten auszuschließen.
Dies gilt auch für psychisch bedingte oder mitverursachte Weichgewebeschmerzen.

Brücke zum Üben: Manchmal hilft vorab etwas Wärme gegen verspannte Muskeln
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Nackenschmerzen: Therapie
Verspannungsbedingte Nackenschmerzen klingen meist von alleine nach wenigen Tagen bis Wochen wieder ab. Ein kurze Zeit eingenommenes einfaches Schmerzmittel wie zum Beispiel ein entzündungshemmendes Medikament in niedriger Dosierung (nicht steroidales Antiarheumatikum), sodann Auflegen von Wärmepackungen bei nicht entzündlichen Schmerzursachen können die Genesung beschleunigen. Andere in Entzündungsprozesse eingreifende Arzneimittel setzt der Arzt als Behandlung ein, wenn er eine entzündlich-systemische Krankheitsursache der Beschwerden feststellt. Die Wahl der Medikamente hängt jeweils von der genauen Diagnose ab.
Physikalische Anwendungen wie Strom- oder Ultraschallbehandlungen (Elektrotherapie) und Massagen verordnen Ärzte heute zurückhaltend. Die genannten Anwendungen können die Durchblutung und Stoffwechselprozesse im Gewebe fördern und entspannend wirken. Gelockerte Muskeln werden besser durchblutet, was Schmerzen lindern helfen kann. Aussagekräftige Studienergebnisse zur gründlichen Nutzenbewertung fehlen allerdings.
Halskrawatten (Zervikalstützen, Cervicalorthesen) gibt es zu verschiedenen Zwecken: Ruhigstellung, Mobilisierung, Stabilisierung der Halswirbelsäule (HWS). Nach einem einfachen Schleudertrauma beispielsweise ist man von entsprechenden Modellen zur Stabilisierung weitgehend abgekommen, da inaktive Muskeln nur weiter geschwächt werden. Mögliche Einsatzgebiete zur Ruhigstellung (Immobilisierung) sind bestimmte Arten von Instabilitäten an der HWS, etwa bei entzündlichen Schädigungen im Rahmen axialer Spondyloarthropathien wie der Bechterew-Krankheit oder bei andersartigen Entzündungen von Wirbeln. Ausführungen, bei denen schrittweise auch eine Mobilisierung möglich ist, können bei bestimmten Verletzungen der HWS, etwa stärkeren Distorsionen, hilfreich sein.
Physiotherapie (Übungsbehandlung) wird der Arzt vor allem bei subakuten oder chronischen Schmerzen verordnen, etwa für Patienten, die mehr als vier Wochen unter Nackenschmerzen leiden. Verspannte Muskeln sind verkürzt und sollten daher gedehnt und gekräftigt werden. Dann sind sie bald auch wieder beweglicher. Durch passende Übungen ist dies sanft, aber gezielt möglich. Überhaupt ist in die Therapie wörtlich viel aktive Bewegung gekommen. Die Physiotherapie ist nicht nur bei unspezifischen, funktionellen Nackenschmerzen wichtig, sondern zum Beispiel auch bei Krankheitsbildern, die in die Gruppe der Arthrosen oder aber Spondyloarthropathien gehören wie etwa die Bechterew-Erkrankung. Nebenbei kann man lernen, die Haltung zu optimieren. Auch meditative Bewegungstherapien eignen sich teilweise gut, zum Beispiel bei Fibromyalgiesyndrom.
Zu den Entspannungsverfahren gehört auch die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Mit Anspannungs- und Entspannungsübungen soll der Betroffene Tiefenentspannung erfahren und so zu mehr Ruhe zu kommen. Biofeedback ermöglicht es, den Spannungszustand von Muskeln und die Hauttemperatur zu messen und die Daten zur Erfolgskontrolle beim bewussten Entspannen einzusetzen.
Bei einer überlagernden Depression können psychotherapeutische Therapieansätze, eventuell kombiniert mit einem Antidepressivum, zum Einsatz kommen. Dies sollten Sie mit Ihrem Hausarzt, Orthopäden oder einem Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie klären.
Chirotherapie oder Manuelle Medizin findet im Halsbereich eher zurückhaltend Anwendung. Chiro- oder Manualtherapeuten setzen Weichteiltechniken, Manipulation und Mobilisation, außerdem eine sogenannte neuromuskuläre Therapie ein. Vor einer Manipulation am Hals müssen auf jeden Fall kritische Veränderungen an der Wirbelsäule und eine Reihe weiterer Gegenanzeigen ausgeschlossen werden. Man sollte immer nur den kundigen Arzt oder Physiotherapeuten nach ärztlicher Verordnung an den Hals heranlassen.
Bei einer Bechterew-Erkrankung der Wirbelsäule soll zum Beispiel keine Manipulationstechnik angewandt werden. Ein sinnvolles Einsatzgebiet kann zum Beispiel eine schmerzhafte Muskelverspannung sein, etwa als "akuter Schiefhals" ohne bestehende Schäden der Halswirbelsäule. Vorsichtig-mobilisierende Verfahren, möglichst immer in Verbindung mit einer Übungsbehandlung, sollen gemäß einer Leitlinie (siehe Abschnitt "Fachliteratur") manipulierenden Maßnahmen vorgezogen werden.
Zu den mobilisierenden Techniken gehört unter anderem die sogenannte postisometrische Relaxation. Dabei dehnt der Physio- oder Manualtherapeut zu behandelnde Muskeln im Zustand der Entspannung, die auf eine Anspannung gegen gezielten Widerstand folgt.
Liegt den Nackenschmerzen eine andere Erkrankung zugrunde, so behandelt der Arzt diese so gezielt wie möglich.

Verspannungen am Hals lösen: Sanft mit dem Kopf Widerstand gegen den Druck der Hand ausüben, dann die Seite wechseln
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Tipps für einen entspannteren Nacken
- Finden Sie innerlich Abstand zum "kranken" Nacken, nehmen Sie ihn an und richten Sie den Blick zuversichtlich nach vorne.
- Wärmeanwendungen, etwa mithilfe von Rotlicht, durchblutungsfördernden Salben oder Wärme-Pflastern (Wirkstoffe sind beispielsweise Nonivamid, Cayenne-Pfeffer; Beratung in der Apotheke empfehlenswert) können unter anderem bei schmerzhaften Muskelverspannungen und -zerrungen hilfreich sein. Fragen Sie dazu auch Ihren Arzt und Apotheker.
- Vermeiden Sie Überlastungen, aber auch übertriebene Schonung wie etwa Bettruhe.
- Beginnen Sie langsam mit leichten Übungen zur Muskeldehnung unter Anleitung eines/r Physiotherapeuten/in, die Sie dann regelmäßig fortführen und steigern.
- Korrigieren Sie gegebenenfalls Ihre Haltung unter Anleitung eines/r Physiotherapeuten/in, und lernen Sie, wie Sie Ihren Hals entspannen können.
- Stress sollten Sie so gut wie möglich meiden, abbauen oder ausgleichen.
- Arbeiten Sie in einer wirbelsäulenfreundlichen Sitzposition (ergonomischer Arbeitsplatz, regelmäßige Entspannungs- und Bewegungspausen nicht vergessen).
- Meiden Sie Zugluft und Feuchtigkeit, schützen Sie Nacken und Hals vor Kälte.
- Wählen Sie eine optimale Matratze, und sorgen Sie eventuell auch für einen flachen Ausgleich der Nackenwölbung.
- Eine Fehlsichtigkeit (siehe unter Spezial: "Augen") sollten Sie korrigieren lassen.
Weitere Informationen zu Ursachen, Diagnose und Therapie von Nackenschmerzen finden Sie außerdem im Beitrag "Rückenschmerzen" in den Kapiteln "Andere Ursachen: spezifisch", "Therapie: spezifisch" und "Selbsthilfe".