Müdigkeit

Müde, schlapp, kraftlos: Dafür gibt es harmlose bis ernsthafte Ursachen
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Meist kennen wir den Grund, warum wir müde sind: zu wenig geschlafen. Kurze oder unruhige Nächte sind die einfachste und häufigste Ursache für Müdigkeit am Tage. Doch auch wer morgens ausgeruht startet, kennt untertags Phasen, in denen ihn jenes bleierne Gefühl überkommt, das schwer auf den Augen lastet, Denken und Bewegungen verlangsamt, nach einer Ruhepause verlangt. Das kann ein kurzes Mittagstief sein, das durch eine üppige Mahlzeit noch verstärkt wird. Den gleichen Effekt hat es, wenn wir zu wenig essen und vor allem zu wenig trinken. Längeres Sitzen in einem schlecht gelüfteten Raum lässt ebenfalls Hirn und Beine schlapp werden.
Menschen, die lange intensiv ohne Pause durcharbeiten, überfällt irgendwann akute Müdigkeit, aber auch diejenigen, die den ganzen Tag untätig auf dem Sofa verbracht haben. Daumendrehen macht genauso müde wie anhaltende Stressbelastung, zu wenig körperliche Bewegung ebenso wie überzogenes Training. Und schließlich kündigt sich ein beginnender Infekt, eine Erkältung etwa, nicht nur durch eine juckende Nase, sondern auch durch ein unbestimmtes Müdigkeitsgefühl an.
Was Müdigkeit bedeutet
Müdigkeit ist also in der Regel ein Hinweis dafür, dass uns etwas fehlt – Schlaf, Sauerstoff, Flüssigkeit, Bewegung. Manchmal zeigt der bleierne Zustand zudem an, dass unser Körper sich aktiv gegen etwas wehrt – gegen Krankheitskeime zum Beispiel – und deshalb verstärkt Abwehrkräfte mobilisiert. Das macht müde. Sehr häufig trüben Alltagsprobleme, die auf Geist und Körper lasten, die Stimmung, den inneren Antrieb und die Leistungsfähigkeit.
Ein Trost ist es, dass solche oft als unangenehm empfundenen Müdigkeitsphasen wieder vergehen oder sich rasch beheben lassen: Das geöffnete Fenster, der kurze Spaziergang an der frischen Luft, ein Glas Mineralwasser oder Entspannungsübungen vertreiben belastende Durchhänger. Der tiefe Gesundheitsschlaf bei einer Erkältung oder Grippe unterstützt den Organismus in seiner Genesungsarbeit.
In bestimmten Situationen erleben wir Müdesein sogar als angenehm, etwa nach einer ausgedehnten Wanderung in schöner Landschaft oder nach konzentrierter, erfolgreicher Arbeit am Schreibtisch. Die Glieder fühlen sich zwar schwer an, der Kopf ist wie ausgepumpt, aber eine beruhigende Zufriedenheit breitet sich aus. Wer dann ausreichend schläft, die nötige Erholungspause einlegt, fühlt sich danach wieder wach, fit und leistungsstark.
Anhaltende Müdigkeit ernst nehmen
Ungewohnte, hartnäckige oder ständige Müdigkeit dagegen ist oft das erste Zeichen dafür, dass etwas im Körper oder in der psychischen Verfassung nicht stimmt. Müdigkeit ist dann ein allgemeines Krankheitssymptom, wie Fieber, Abgeschlagenheit oder Schwitzen. Es kündigt Krankheitsprozesse unterschiedlichster Art an oder begleitet sie mehr oder minder ausgeprägt. Oft wirkt Müdigkeit aber auch später noch nach, wenn zum Beispiel die Infektion überstanden, die Erkrankung schon ausgeheilt ist.
Müdigkeit: Wann sollten Sie aufmerksam werden?
Hier sind Rat und Hilfe vom Arzt angesagt:
- Der Schlaf ist längere Zeit nicht erholsam
- Eine Phase der Müdigkeit wird nicht durch wache, aktive Zeiten abgelöst
- Schlaf, Erholung und körperliche Bewegung beheben die innere Schwere nicht
- Die Müdigkeit hält länger an als Sie es im normalen Rahmen kennen
- Sie werden plötzlich extrem müde, ohne sich übermäßig angestrengt zu haben
- Das Müdesein belastet Ihren Alltag spürbar
- Die Leistungen fallen dadurch deutlich ab
- Andere Beschwerden kommen dazu, zum Beispiel Fieber, Abgeschlagenheit, Schmerzen, Schwellungen, Übelkeit, Schwindel, nächtliches Schwitzen, Muskelschwäche, Atemnot, depressive Verstimmtheit, Ängstlichkeit, Gedächtnisstörungen
Hängt die Müdigkeit zum Beispiel mit ausgeprägten Schlafstörungen zusammen, ist es wichtig, mit dem Arzt darüber zu sprechen, um deren Ursache gezielt anzugehen. Mehr Informationen hierzu finden Sie im Ratgeber "Schlafstörungen".
Der erste Ansprechpartner ist in der Regel der Hausarzt, der üblicherweise die Krankengeschichte und das Lebensumfeld des Betroffenen kennt. Der Hausarzt stellt die Diagnose entweder selbst oder zieht für weiterführende Untersuchungen einen Spezialisten hinzu (siehe dazu Kapitel Diagnose).
Auf der Suche nach den Ursachen von Müdigkeit
Die Frage, warum wir müde werden, ist letztlich noch nicht geklärt. Die Abfolge von Wachheit, Müdesein und Schlafen folgt einem körpereigenen Rhythmus, der inneren Uhr. Unter ihrer Regie werden bestimmte Nervenbotenstoffe im Gehirn, bestimmte Hormone sowie Eiweißstoffe des Immunsystems je nach Bedarf in unterschiedlicher Menge produziert und ausgeschüttet. Auch die Körpertemperatur verändert sich im Laufe des Tages und der Nacht, um Wach- oder Müdesein anzuregen. Die Tageszeiten, Licht und Dunkelheit sind hierbei wesentliche äußere Taktgeber, ebenso soziale Vorgaben im Alltag. Der persönliche Lebensstil, die berufliche und private Situation können Unruhe und Verschiebungen in die inneren Abläufe bringen, die oft unpassende Müdigkeit zur Folge haben.
Im Körperinneren wirken eine ganze Reihe von Faktoren auf das Auf und Ab von Wachheit und Müdigkeit ein. Grundsätzlich müssen das Gehirn und andere Organe ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, also gut durchblutet sein. Blutkreislauf, Herzfunktion, Stoffwechsel, Hormonproduktion, Nervenaktivitäten und Immunabwehr müssen reibungslos ineinandergreifen. Störungen und Krankheiten in all diesen Bereichen können den Wachheitsgrad am Tage beeinträchtigen und zu verstärktem Müdesein führen. Sie verringern zudem unmittelbar die Schlafqualität.
Ebenso beeinflusst die Psyche Nervenfunktionen, Hormone und Körperabwehr. Psychische Störungen wie Depressionen und Ängste spielen eine wichtige Rolle bei andauernder, belastender Müdigkeit.
Müdigkeit ist eine unerwünschte Nebenwirkung einer Reihe von Medikamenten, die auf den Blutdruck, den Gehirnstoffwechsel und unterschiedliche Nervenfunktionen wirken. Weitreichende Folgen haben zudem Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum. Sich erschöpft und müde fühlen ist nur ein Ausdruck unter vielen für die Schäden, die Süchte im Körper anrichten. Das gilt auch für Essstörungen wie Magersucht oder krankhaftes Übergewicht.
Ein oft angeführtes, aber aus ärztlicher Sicht eher seltenes Krankheitsbild ist das chronische Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrom, CFS). Die Betroffenen fühlen sich aus noch ungeklärter Ursache über Monate ständig müde und erschöpft. Dazu kommen meist weitere charakteristische Beschwerden wie Konzentrationsstörungen, Muskel- und/oder Gelenkschmerzen, Hals- und Kopfschmerzen, Schlafstörungen.
Ungewöhnliche Müdigkeit kann zudem ein frühes Symptom einiger Tumore und Bluterkrankungen sein, wie Lymphome oder Leukämien. Krebspatienten erleben mitunter anhaltende Erschöpfungszustände (Fatigue) – zum einen durch den Krankheitsprozess selbst, zum anderen als Folge der Behandlung.

Zu viel Sonne kann anstrengend und ermüdend sein
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Überblick über mögliche Ursachen von Müdigkeit
Lebensumstände
- Schlafmangel (auch aufgrund von krankheitsbedingten Schlafstörungen, von Schlafapnoe, Narkolepsie oder anderen Ursachen)
- Bewegungsmangel
- Fett- und kalorienreiches Essen, Schlankheitsdiäten
- Flüssigkeitsmangel
- Übergewicht, Untergewicht
- Magnesiummangel
- Witterungseinflüsse, starke Sonneneinwirkung (bis hin zum Hitzschlag), Unterkühlung
- Stress, Überarbeitung, Unterforderung
- Kummer, Sorgen in Beruf und Privatleben
- Wachstum, körperliche Entwicklungsphasen bei Kindern und Jugendlichen, prämenstruelles Syndrom bei Frauen, Wechseljahre
Schadstoffe, Umweltfaktoren
- Aufenthalt in schlecht gelüfteten Räumen, zu trockene Luft
- Arbeiten mit Giftstoffen (Holzschutzmittel, Insektizide, Blei, Anilin, Benzol)
Mehr Informationen zu Lebensumständen und Umweltfaktoren im Kapitel Lebensstil, Umwelt.

Alkohol: Schaden auf Raten
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Psychische Erkrankungen, Nervenstörungen
- Burnout-Syndrom
- Depressionen
- Angststörungen
- Essstörungen (Magersucht, Esssucht)
- Psychovegetative, somatoforme Störungen (Störungsbilder mit vielfältigen körperlichen Symptomen, für die es keine nachweisbaren organischen Auslöser gibt)
- Alkoholmissbrauch, Alkoholentzug, Drogenkonsum, Drogenentzug, Medikamentensucht
- Neurologische Erkrankungen (Erkrankungen des zentralen Nervensystems im Gehirn mit Störungen im vegetativen Nervensystem: Parkinson, multiple Sklerose, Demenz, Migräne)
Mehr Informationen dazu im Kapitel Psyche, Nerven.

Auch das Herz redet bei Müdigkeit ein Wörtchen mit
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Akute und chronische innere Erkrankungen
- Erkältung, Grippe
- Pfeiffersches Drüsenfieber (Müdigkeitssymptome halten manchmal noch lange nach überstandener Krankheit an)
- Chronische Nasennebenhöhlenentzündungen
- Gesichtsrose (Herpes-zoster-Infektion)
- Blutarmut: Vitamin-B12-Mangelanämie und andere Anämieformen
- Schwankungen und Veränderungen des Blutdrucks: niedriger Blutdruck, Bluthochdruck
- Herzerkrankungen: Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen Herzmuskelentzündungen, AV-Block
- Lungenerkrankungen: Chronische Bronchitis, COPD, exogen allergische Alveolitis (Lungenerkrankung durch regelmäßiges Einatmen organischer, allergieauslösender Stoffe und Kleinstpartikel), Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie)
- Nierenerkrankungen: Nierenentzündungen, chronische Niereninsuffizienz
- Lebererkrankungen: Hepatitis A, B, C, Alkoholhepatitis, alkoholische Fettleber, Meulengracht-Krankheit (familiär bedingte Gelbsucht)
- Magen-Darm-Erkrankungen: Reizmagen, Magengeschwüre, Nahrungsmittelunverträglichkeiten; Malassimilationssyndrome (gestörte Aufnahme von Nährstoffen über den Darm mit Mangelerscheinungen) Morbus Crohn
- Hormonstörungen: Schilddrüsenunterfunktion, Nebenschilddrüsenüberfunktion, Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison)
- Diabetes mellitus Typ 1, Typ 2 und Folgeerkrankungen wie diabetische Nephropathie (Schäden an Nierengefäßen, die bis zum Nierenversagen mit entsprechenden Symptomen führen können)
- Autoimmunerkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, Lupus erythematodes, Allergien
Mehr Informationen zu Krankheitsbildern und typischen Symptomen im Kapitel Innere Krankheiten.

Bösartige Blutkrankheiten: Eher selten, bei Müdigkeit aber beachten
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Tumore, Krebserkrankungen, Fatigue
- Lymphome (Krebserkrankungen des Lymphsystems, Lymphdrüsenkrebs): Hodgkin-Krankheit, Non-Hodgkin-Lymphom, chronische lymphatische Leukämie)
- Akute Leukämie, chronische myeloische Leukämie ("Blutkrebs")
- Dickdarmkrebs und Mastdarmkrebs (Kolon- und Rektumkarzinom)
- Fatigue bei vielen Krebsformen im fortgeschrittenen Stadium, bei und nach Krebsbehandlungen
Mehr Informationen zu Krankheitsbildern und typischen Symptomen im Kapitel Krebs, Fatigue.

Ein Medikament als Ursache von Müdigkeit? Durchaus möglich
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Medikamente
- Auswahl: blutdrucksenkende Medikamente, Schlaf- und Beruhigungsmittel, Psychopharmaka, Antidepressiva, Migränemittel wie Triptane, Aknemittel, Mittel gegen Allergien wie Antihistaminika, Schmerzmittel (Opiate), immunstimulierende Medikamente (Interferone), Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika), Krebsmedikamente
Mehr Informationen dazu im Kapitel Medikamente.

Beim chronischen Müdigkeitssyndrom sind vielfältige Schmerzen möglich
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Chronisches Erschöpfungssyndrom, Fibromyalgie
- Chronisches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom (cronic fatigue syndrom, CFS)
- Fibromyalgiesyndrom (noch weitgehendungeklärtes Krankheitsbild mit Schmerzen in unterschiedlichen Körperbereichen sowie körperlichen und seelischen Beschwerden)
Mehr Informationen zu Krankheitsbildern und typischen Symptomen im Kapitel Chronische Erschöpfung, Fibromyalgie.

Yoga & Co.: Sich bewusst bewegen kann Körper und Geist stärken
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Therapie: Was gegen häufiges Müdesein hilft
Lebensstil verbessern
Alle, die Alltagsbelastungen und ungünstige Lebensumstände als Ursache für häufiges, ausgeprägtes Müdesein ausgemacht haben, sollten auch hier konsequent ansetzen. Eingefahrene Gewohnheiten und Verhaltensmuster zu verändern erweist sich häufig als schwierig, aber für tiefgehendes Wohlbefinden ist es absolut lohnenswert. Für gesunde Menschen, die sich oft schlapp und müde fühlen, bedeutet das meist:
- sich mehr körperlich bewegen,
- zu einem gesunden Normalgewicht finden,
- den Schlaf verbessern,
- Stress abbauen,
- regelmäßig entspannen.
Manchmal geht das nur mit fachlicher Hilfe. Oft können der Hausarzt, Gesundheitszentren oder Psychotherapeuten konkreten Rat geben beziehungsweise entsprechende Hilfseinrichtungen nennen.
Arbeits- und Umweltmediziner sowie Berufsgenossenschaften sind die Ansprechpartner, wenn es um Gift- und Schadstoffbelastungen im Beruf geht.
Bestehende Grunderkrankungen nachhaltig behandeln
Liegt der Müdigkeit eine bestimmte Erkrankung zugrunde, richtet sich die Behandlung danach. Der Krankheit angepasste Bewegungstherapien unterstützen in der Regel die medizinischen Maßnahmen. Denn bei verschiedenen Herzerkrankungen etwa oder während und nach einer Krebstherapie hilft körperliche Aktivität in der richtigen Form, sich wieder frischer und leistungsfähiger zu fühlen. Das gilt auch bei psychischen Leiden.
Maßvolles körperliches Training und ein wohl dosierter Einsatz vorhandener Energien stellen ebenfalls wirkungsvolle Maßnahmen dar, um die Dauermüdigkeit bei einem chronischen Erschöpfungssyndrom zu überwinden. Neben einem allgemein gesunden Lebensstil kommt hier psychotherapeutischer Unterstützung, zum Beispiel mit Verhaltenstherapie, eine wichtige Rolle zu.
In den folgenden Kapiteln (siehe auch Übersicht oben am Anfang des Textes) finden Sie weitere Information zur Diagnose von Müdigkeit sowie zu den wichtigsten allgemeinen und krankhaften Ursachen. Entsprechende Links leiten Sie jeweils zu ausführlichen Krankheitsratgebern weiter.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.