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Schlafmangel ist ein verbreitetes Phänomen. So ergab eine Umfrage des Statista Research Departments, dass 68 Prozent der Befragten an Wochentagen durchschnittlich fünf bis sieben Stunden pro Nacht schlafen.

Manchen reicht das, um den Tag fit zu überstehen. Für andere ist das deutlich zu wenig. Sie entwickeln zunehmend Symptome, die für einen Schlafmangel sprechen: Die reichen von wenig Energie, Reizbarkeit und Konzentrationsproblemen über häufiges Gähnen, dunkle Augenringe, Kälteempfindlichkeit bis hin zu Sekundenschlaf am Steuer.

Nur 15 Prozent der Befragten kommen auf sieben bis acht Stunden Schlaf[1]. Empfehlenswert gelten sieben bis neun Stunden. Hinzu kommt: Viele Menschen haben Probleme beim Einschlafen oder beim Durchschlafen, sie wachen häufig zu früh auf und liegen wach, bis der Wecker klingelt.

Schlafmangel: 1001 Ursache

Dr. Martin Schlott ist Anästhesist und Schlafexperte

Dr. Martin Schlott ist Anästhesist und Schlafexperte

Schlafstörungen sind ein häufiger Grund für Schlafmangel. „Ein gestörter Schlaf kann viele Ursachen haben“, sagt Schlafexperte Dr. Martin Schlott aus Bad Tölz. „Manche sind psychischer Natur, etwa Sorgen und Ängste. Aber auch körperliche wie eine Erkrankung oder Schmerzen können zu Schlafstörungen und Schlafmangel führen.“ Oder aber Schnarchen und Atemaussetzer – entweder bei sich selbst oder beim Partner im Bett nebenan.

„Eine der Hauptursache ist jedoch, dass wir zu weit von unserer ursprünglichen Lebensweise entfernt sind. Wir haben noch immer ein Steinzeit-Gehirn und brauchen Tageslicht und Bewegung, um eine wohlige Bettschwere zu entwickeln“, erklärt Dr. Schlott. Entsprechend oft liegen Schlafprobleme deshalb einfach an schlechten Schlafgewohnheiten. Vor allem wenn TV, Tablet und Smartphone bis spät in die Nacht genutzt werden, hindert das viele Menschen am Schlafen. Denn das Licht der Displays kann die Melatonin-Produktion hemmen. Und dieses körpereigene Hormon ist enorm wichtig für die nötige Schlafbereitschaft.

„Auch Alkohol, Koffein, Nikotin und üppiges Essen vor dem Schlafengehen verursachen Probleme. Die Folge: Manche schlummern zwar schnell ein, wachen aber nach ein paar Stunden wieder auf und liegen dann lange wach“, erklärt Schlott, der auch Chefarzt für Anästhesie und Intensivmedizin ist. „Andere brauchen – obwohl hundemüde – einige Stunden, bis der Schlaf endlich kommt.“ Insgesamt 66 verschiedene schlafmedizinische Diagnosen kennt die Schlafforschung. Die drei häufigsten sind: Insomnie, Schlafapnoe und ruhelose Beine.

Stress, lass nach!

Eine Hauptursache für Schlafmangel ist Stress: Termin- und Leistungsdruck, Überstunden sowie Nachtschichten und die ständige Erreichbarkeit sind Risikofaktoren. Viele Menschen entwickeln Strategien, um die Folgen zu kompensieren und sich am nächsten Tag wach zu halten: kurze Mittagsschläfchen, hoher Kaffeekonsum oder auch Zigaretten. „Doch manche wirken sich wiederum negativ auf den Schlaf aus“, warnt Schlott, „vor allem, wenn etwa Nickerchen zu spät abgehalten werden oder Kaffee nach 16 Uhr getrunken wird.“ Helfen können stattdessen Anti-Stress-Techniken wie Yoga, Progressive Muskelentspannung, Achtsamkeit oder Meditation oder allgemein mehr Bewegung tagsüber. Was am besten wirkt, ist allerdings höchst individuell.

Sind vier Stunden Schlaf zu wenig?

„Das Schlafbedürfnis ist sehr individuell“, sagt Schlott. Braucht der eine unbedingt neun Stunden Schlaf, um am nächsten Tag funktionieren zu können, genügen dem anderen locker sechs Stunden, um am Morgen fit und leistungsfähig zu sein. Und in Ausnahmefällen reichen kurzfristig auch mal vier bis fünf Stunden Schlaf bei Menschen, die ein nicht so großes Schlafbedürfnis haben, ohne dass es zu massivem und bedenklichem Schlafmangel führt.

Aber: Auf Dauer sind vier Stunden Schlaf für die meisten Menschen zu wenig. Im Durchschnitt empfehlen Experten und auch die WHO sieben bis neun Stunden Schlaf pro Nacht.

An welchen Symptomen man Schlafmangel erkennt

Woran aber merke ich eigentlich, dass mir Schlaf fehlt? Die Symptome von Schlafmangel sind vielfältig. Oft ist eine starke Tagesmüdigkeit das Resultat. Wer schlecht oder zu wenig schläft, ist am nächsten Morgen leicht reizbar, weniger konzentriert und auch körperlich weniger leistungsfähig. Außerdem kann sich Schlafmangel in Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen und körperlichen Symptomen wie Kopfweh zeigen.

„Schon ein Defizit von nur ein bis zwei Stunden pro Nacht kann sich bemerkbar machen“, warnt Martin Schlott: Ständiges Gähnen, Wegdösen, Benommenheit – und Müdigkeit beim Aufwachen sind typisch. Während Erwachsene eher mit Müdigkeit und Schläfrigkeit auf ein Schlafdefizit reagieren, fahren Kinder dann oft eher hoch. Sie werden aktiver und impulsiver, aber ebenfalls reizbarer.

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Was passiert mit dem Körper, wenn man chronisch zu wenig schläft?

Ausreichend zu schlafen ist enorm wichtig für unser körperliches und seelisches Wohlbefinden. Denn im Schlaf finden wichtige Regenerationsprozesse statt. Schlaf unterstützt das Gedächtnis und das Lernen, er hilft, das Gehirn zu „sortieren“ und gesund zu halten. Er unterstützt zudem das Immunsystem. Im Gegenzug gilt: Schlechter Schlaf kann die Immunantwort verringern und eine größere Anfälligkeit für Infektionen verursachen.

Eine durchwachte Nacht hin und wieder ist kein Problem, dauerhaft schlechter Schlaf aber kann gravierende Folgen haben, warnen Experten von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und Angststörungen stehen mit chronischem Schlafmangel in Zusammenhang.

Die Sache wird ernst: Wann wird zu wenig Schlaf gefährlich?

Wenn Schlafmangel den Alltag, die Arbeit und das soziale Leben beeinträchtigt, ist das ungesund. „Generell sollten Menschen bei häufiger Tagesmüdigkeit ihren Arzt oder ihre Ärztin aufsuchen, da sich dahinter auch eine Schlafapnoe verbergen kann – mit dem Risiko erheblicher Folgeerkrankungen“, erklärt Mediziner Schlott.

Wenn die Müdigkeit am Tag die Leistungsfähigkeit stark einschränkt, ist außerdem das Unfallrisiko erhöht. Verlängerte Reaktionszeiten sowie das Urteilsvermögen beeinträchtigen das sichere Fahren. Schlafmangel kann zum Sekundenschlaf führen – das sind sehr kurze, unkontrollierbare Momente des Schlafens beim Fahren. Bei vielen tödlichen Autounfällen ist Müdigkeit im Spiel. Weniger als sechs Stunden Schlaf treiben das Risiko für einen Verkehrsunfall eklatant nach oben.

Abhilfe – ganz einfach!

Wer merkt, dass ihm öfter die Konzentration für Studium, Schule oder Arbeit fehlt, sollte sein Schlafverhalten analysieren und dokumentieren, am besten in einem Schlaftagebuch. Das verschafft Überblick. Sobald der Schlafmangel die Lebensqualität beeinflusst, sollte man mit dem Hausarzt oder der Hausärztin eine entsprechende Diagnostik besprechen, ob zum Beispiel der Besuch eines Schlaflabors sinnvoll ist. Je nach gefundener Ursache werden dann Therapiemöglichkeiten besprochen.

Behandlungsbedürftig wird eine Schlafstörung, wenn sie an mehr als drei Tagen pro Woche auftritt und länger als vier Wochen am Stück anhält. Schlafstörungen können Ein- und Durchschlafprobleme sowie zu frühes Erwachen in den Morgenstunden sein.

So individuell wie die Ursachen, so individuell sind auch die Abhilfen – von Entspannungstechniken über pflanzliche und pharmakologische Schlafmittel bis hin zu technischen Helfern wie Schlaftrackern, digitalen Schlafprogrammen, Rauschgeräten oder sogar Schlafrobotern. Im Falle einer Schlafapnoe können Atemmasken, Zahnschienen und Zungenschrittmacher helfen.

Die Erfahrung vieler Schlafmediziner zeigt: Häufig liegen die Ursachen von Schlafmangel im Verhalten und lassen sich schon mit einfachen Mitteln beheben. „Vor allem ist eine gute Schlafhygiene wichtig: Abend- und Schlafroutinen, regelmäßige Zubettgeh-Zeiten und eine gute, ruhige, kühle Schlafumgebung“, sagt der Schlafcoach. Auf die Nutzung von technischen Geräten mit Bildschirmen wie Handy, Fernseher, Computer und Co. vor dem Schlafen sollte man möglichst verzichten, ebenso auf schwere Mahlzeiten am Abend, Nikotin und Alkohol. Und für stressige Phasen des Lebens am besten schon frühzeitig Entspannungstechniken lernen und regelmäßig üben. Das ist eine gute Vorsorge und beugt Schlafmangel vor, der den Stress nur noch erhöhen würde.


Quellen:

  • [1] Stastista: Schlafdauer der Deutschen in 2021. https://de.statista.com/... (Abgerufen am 17.11.2023)
  • Li Y, Sahakian B, Kang J et al.: The brain structure and genetic mechanisms underlying the nonlinear association between sleep duration, cognition and mental health. Nature Aging: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 21.11.2023)
  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): Digitaler Ratgeber rund um guten Schlaf. Online: https://www.dgsm.de/... (Abgerufen am 14.11.2023)