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Der Tag des amerikanischen Schauspielers Mark Wahlberg beginnt um 2.30 Uhr. Um 3.30 Uhr zieht der vierfache Familienvater ein 90-Minuten-Power-Work-out mit seinem ­Personal Trainer durch. Danach spielt er ­eine Runde Golf und erfrischt sich bei ­einem Eisbad. Bevor der Tag eines Normalsterblichen überhaupt beginnt, hat der 52-jährige Hollywood-Star sein Soll an Bewegung erfüllt – wow. Doch wie schafft man es ohne hauseigenes Fitnessstudio und Trainer, Tag für Tag genügend in Bewegung zu bleiben? Wie passt körperliche Aktivität in einen vollgepackten Alltag? Wie schafft es selbst ein Sportmuffel ohne klassisches Training, aktiver durch die Woche zu kommen?

Wichtig: Ausgleich zum stundenlangen Sitzen

Menschen in Industrieländern wie Deutschland sind wenig aktiv – viel zu wenig. „Im Schnitt bewegen wir uns am Tag in Summe nur 500 Meter“, sagt Professor Dr. Rüdiger Reer, er leitet den Arbeitsbereich Sport- und ­Bewegungsmedizin an der Universität Hamburg. Stattdessen beliebt: das Sitzen. Wer einen klassischen Bürojob hat, ­verbringt pro Tag etwa acht bis zehn Stunden auf dem Stuhl. „Das hat gravierende Auswirkungen auf die Herz- und Rücken­gesundheit. Sitzen ist tatsächlich das neue Rauchen“, sagt Reer.

Auch Professorin Dr. Annika Jahn weiß, wie wichtig jede noch so kleine Bewegung im Alltag ist. Jahn ist Professorin für Physiotherapie in Heidelberg mit den Schwerpunkten Gesundheitsförderung und Trainingslehre. Sie berichtet aus der Praxis: „Ich hatte so oft den Gedanken: Wenn sich die Patientin oder der Patient mehr bewegt hätte, säße sie oder er jetzt nicht hier bei mir in der Physio.“ Während der ­Physiotherapie, zum Beispiel nach einer Verletzung oder Operation, spielt körperliche Aktivität ebenfalls eine entscheidende Rolle. „In der Regel erreichen auch sonst aktivere ­Patienten deutlich schneller ihre Ziele. Der Körper braucht ab einem gewissen Punkt Bewegung, um wieder normal zu funktionieren“, so Jahn.

Aktive Routinen entwickeln

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt Erwachsenen 150 bis 300 Minuten Ausdauertraining pro Woche. Doch neben Familie und Beruf bis zu fünf Stunden Bewegung in den Alltag zu quetschen – das ist extrem herausfordernd. Der nett gemeinte Ratschlag „Machen Sie doch einfach mehr Sport“ ist von der Lebensrealität vieler weit entfernt. Im Jahr 2021 gaben lediglich 14 Millionen Deutsche an, mehrmals die ­Woche sportlich aktiv zu sein.

Doch: Mehr Bewegung muss nicht automatisch mehr Sport bedeuten. „Viele Menschen verknüpfen körperliche Aktivität gleich mit Sport. Aber das heißt ja nicht, dass ich im Anschluss komplett verschwitzt sein muss“, sagt Annika Jahn. Es geht auch zeitsparender und ohne klassischen Sportbezug: ­indem man Bewegung in den Alltag integriert und so Routinen innerhalb der Routinen entwickelt.

„Wenn ich mir vornehme, zum Sport ins Fitnessstudio zu gehen, kostet mich das zusätzlich Zeit“, so Rüdiger Reer. „Wenn ich sage: Ich putze mir die Zähne und trainiere dabei meine Waden, habe ich einen Zeitverlust von null.“ Zweimal am Tag drei Minuten Zähne putzen und dabei auf den Zehenspitzen wippen – prompt hat man sich fast 45 Minuten pro Woche mehr bewegt. Oder wie Rüdiger Reer es formuliert: „Kleinvieh macht auch Mist.“

Körper und Gehirn profitieren

Forschende der Universität Sydney fanden heraus: Bereits kurze Bewegungsspitzen im Alltag wie eine Kissenschlacht mit den Kindern, der Gang über die Treppen zum Briefkasten oder ein Sprint zum Bus senken das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Schon wer drei bis vier einminütige intensive Bewegungsphasen pro Tag hat, tut ­seinem Körper etwas Gutes – und nicht nur das: Auch der Kopf spielt eine Rolle.

Besonders Gehirnareale, die viel Sauerstoff benötigen, profitieren von kleinen Einheiten, wie zum Beispiel einem 15-minütigen Spaziergang in der Mittagspause. Durch Bewegung zirkuliert das Blut im Gehirn gut, Nervenzellen bilden und verknüpfen sich besser. Die goldene Regel lautet also: ­Bewegt gestalten, was man ohnehin schon tut – zum Beispiel beim Warten: Menschen warten in ihrem Leben ganze 374 Tage lang! Warum also nicht Kniebeugen machen, während der Kaffee durchläuft, oder am Bahnhof abwechselnd auf einem Bein ­stehen, bis der verspätete Zug kommt?

Eine weitere wichtige Stellschraube ist der Weg zur Arbeit. Besonders in der Großstadt ist man mit dem Fahrrad oft schneller im Büro als mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer eine halbe Stunde mit dem Fahrrad zum Job fährt, kommt mit Hin- und Rückweg in einer Arbeitswoche auf stolze 300 Minuten – das Soll der WHO wäre erfüllt und Fahrtgeld gespart.

Herausfinden, was in den eigenen Alltag passt

Natürlich geht diese Rechnung je nach Lebenssituation nicht für jede und ­jeden auf. „Deshalb sollte man sich fragen: Wann passt Bewegung in meinen persön­lichen Tagesablauf?“, rät Annika Jahn. „Denn das Wichtigste ist, die Übungen langfristig und regelmäßig durchzuführen.“ Ganz egal also, ob Sie den Weg zur Arbeit in persönlicher Bestzeit zurücklegen oder einen neuen Kniebeugen-Rekord aufstellen, während der Kaffee durchläuft – bauen Sie sich Ihre eigenen Alltags-Bewegungsroutinen. Werden Sie kreativ. Es lohnt sich.

Schauspieler Mark Wahlberg startet um 16 Uhr übrigens in sein zweites Training. Eine Stunde pumpt er sich an seinen Fitnessgeräten auf, duscht und isst zu Abend. Pünktlich nach dem Sandmännchen mit den Kindern geht er um 19.30 Uhr ins Bett. Und während Wahlberg tief schläft, wippen Sie beim abendlichen Zähneputzen einfach entspannt auf den Zehenspitzen. Auch nicht schlecht.

Mit diesen einfachen Übungen gelingt es Ihnen, mehr Bewegung in den Alltag einzubauen:

Der Kaffee-Kniebeuger

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So geht’s: Wer nicht warten möchte, bis das Koffein als Wachmacher seine Wirkung entfaltet, kann sich mit ein paar Kniebeugen aufwecken. Die Füße zeigen schulterbreit nach vorne und der Rücken bleibt gerade. Nun die Knie beugen und im Anschluss wieder nach oben drücken.

Was bringt’s? Ob mit oder ohne Kind auf dem Rücken — Kniebeugen sind super für die Bein- und Gesäßmuskulatur. Auch um im Alter Stürze zu ­vermeiden, hilft es, diese Übung in den Alltag zu integrieren. Mit trainierten Beinen steht man stabil und kommt sicher durch den Tag.

So wird es zur Challenge: Kaffee-Fans können bei jedem Gang zur Maschine in die Knie gehen. Sobald der erste Tropfen Kaffee in der Tasse landet, geht es los. Wie viele Wiederholungen schaffen Sie, bis der Kaffee durchgelaufen ist? Toppen Sie Ihren Bestwert bei der nächsten Portion.

Die Zahnputz-Zehenwipperin

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So geht’s: Beim Putzen mit den Füßen wippen – sogenannte Wadenheber. Im aufrechten, schulterbreiten Stand auf die Zehenspitzen gehen und die Füße kontrolliert wieder absenken. Pro Woche putzt man fast 45 Minuten Zähne. Lohnt sich also.

Was bringt’s? Nicht nur die Zähne werden poliert, sondern auch die Waden und die Fußmuskulatur. Eine neue Studie weist darauf hin, dass die Übung sogar die Fettverbrennung ankurbeln könnte.

So wird es zur Challenge: Zahnputzzeit gleich Bewegungszeit! Wie lange können Sie die Übung während des Putzens durchhalten? Wichtig: nicht die Putzzeit verkürzen, nur weil die Waden brennen oder die Puste ausgeht. Hier gilt der Grundsatz: saubere Zähne vor knackigen Waden.

Die Spazier-Springerin

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So geht’s: Machen Sie es wie in Ihrer Kindheit, als Pfützen zu Krokodilsschluchten wurden oder Pflastersteine zu rettenden ­Felsen, die vor dem Sturz in die Lava schützten – aktivieren Sie Ihre Fantasie, hüpfen und springen Sie, wo Sie sonst gemütlich spazieren oder zielstrebig gehen.

Was bringt’s? Regelmäßiges Springen füttert die Knochen und verbessert die Balance. Man sollte sich am Anfang nur keine zu großen Pfützen aussuchen und erst einmal kleinere Hüpfer einbauen. Generell sind Spaziergänge genauso gut, wenn ­einem ­gerade nicht nach Hüpfen ist.

So wird es zur Challenge: Wagen Sie den großen Sprung in die Vergangenheit und bauen Sie kleine Wettbewerbe in den Spaziergang oder Arbeitsweg ein. Ein kurzer Slalom um die Pfosten wird zum ­Koordinations-Check, der Sprint zum Zug ein 100-Meter-Wettrennen und die Bank zum Hindernis im Hürdenlauf. Fast alles ist erlaubt.

Der Ablagen-Armstützer

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So geht’s: ein Dip aus der Küche, lecker! Aber nein, hier sind Dips für die Oberarme gemeint. Neben dem Spaghetti-Wasser werden auch die Oberarme warm: immer wieder mit den Armen von der Arbeitsplatte nach oben drücken. Der Körper ist ­gestreckt und von der Platte weg ausgerichtet.

Was bringt’s? Der ganze Körper ist angespannt und der hintere Oberarmmuskel, der Trizeps, wird gefordert.

So wird es zur Challenge: Wie schnell Wasser kocht, hängt vom Herd ab. Vielleicht schaffen Sie dreimal zehn bis fünfzehn Wiederholungen, bis das Wasser ­brodelt?

Der Ast-Abschneider

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So geht’s: Die Hecke wuchert, das Unkraut sprießt – Zeit für Garten­arbeit. Bücken, strecken, schneiden, ­hacken, ohne dabei die Haltung zu ­vernachlässigen. Jede kleine Bewegung zählt. Dabei immer auf einen ­geraden Rücken achten.

Was bringt’s? Gartenarbeit ist nicht nur körperliche Aktivität – die Zeit im Grünen reduziert auch Ängste und reduziert das Stresslevel.

So wird es zur Challenge: Die kleinen anfallenden Arbeiten ­bieten viel Raum für Herausforderungen, zum Beispiel: Wie viele Zweige kann ich eigentlich am Stück ­abschneiden, ohne die Arme ­zwischendurch herunterzunehmen? Oder Sie gehen für jedes Stück Unkraut erneut in die Knie.

Der Treppen-Turbo

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So geht’s: Gebot Nummer eins für mehr Alltagsbewegung – Treppe statt Aufzug. Wer es sich ­zutraut, kann auch die Abstände variieren und mehrere Stufen auf einmal erklimmen.

Was bringt’s? Beim Treppensteigen braucht man 80 Prozent der Bein-Maximalkraft. Zudem gibt es mehrere Studien, die zeigen, dass der Ruhepuls sinkt, wenn man mehrere Wochen lang die Treppe nimmt.

So wird es zur Challenge: Der Aufzug oder die Rolltreppe ist der Gegner. Zeigen Sie es den ­bequemen Kolleginnen und Kollegen, indem Sie das nächste Stockwerk schneller erreichen.

Die Wäsche-Wedlerin

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So geht’s: Wäsche aufhängen gehört eher nicht zu den vergnügungssteuerpflichtigen Tätigkeiten. Aber: Wer die Wäsche zu guter Musik schön energisch ausschüttelt, bringt dabei den Körper in Schwung. Also: Trockner auslassen, Energie sparen und Kalorien verbrauchen.

Was bringt’s? Vor allem der Schultergürtel und die Arme werden richtig warm durch das Schütteln. Und: An so einem nassen Pulli kann man bei Bedarf auch ganz gut Wut und Stress abbauen.

So wird es zur Challenge: Ein großer Korb mit frisch gewaschener Wäsche kann zu einer kleinen Ausdauereinheit werden. Wichtig: Übertreiben Sie es bei den ersten Kleidungsstücken nicht, sondern steigern Sie gemächlich die Schüttelfrequenz. Sie können sich auch vornehmen, den Wäscheberg innerhalb von zwei, drei Lieblingsliedern aufzuhängen.

Die Rad-Raserin

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So geht’s: Auf dem Drahtesel zur Arbeit oder zum Einkaufen, das spart Fahrtgeld und verbraucht ­Kalorien. Aber Achtung: keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährden!

Was bringt’s? Im Gegensatz zum Laufen ist Radeln sehr gelenkschonend, fördert aber gleichermaßen die Ausdauer. Wichtig: Helm nicht vergessen.

So wird es zur Challenge: Starten Sie Ihre ­persönliche „Tour de France“-Etappe. Bauen Sie kurze Sprints von einem Straßenschild zum nächsten ein. Werden Sie zum Sportreporter und ­kommentieren Sie sich zum Etappensieg.

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Wieder in Bewegung kommen

Bewegung tut Körper und Seele gut. Hier finden Sie Anregungen und wertvolle Tipps für mehr Aktivität im Alltag zum Artikel


Quellen:

  • Statista Research Department: Bevölkerung in Deutschland nach Häufigkeit des Sporttreibens in der Freizeit von 2017 bis 2021 . https://de.statista.com/... (Abgerufen am 13.07.2023)
  • Fox FAU, Liu D, Breteler MMB et al.: Physical activity is associated with slower epigenetic ageing-Findings from the Rhineland study . Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 13.07.2023)
  • Stamatakis E, Ahmadi MN, Gill JMR et al.: Association of wearable device-measured vigorous intermittent lifestyle physical activity with mortality. Online: https://www.sydney.edu.au/... (Abgerufen am 13.07.2023)
  • Litt JS, Alaimo K, Harrall KK et al. : Effects of a community gardening intervention on diet, physical activity, and anthropometry outcomes in the USA (CAPS): an observer-blind, randomised controlled trial. Online: https://www.thelancet.com/... (Abgerufen am 13.07.2023)
  • Hamilton MT, Hamilton DG, Zderic TW: A potent physiological method to magnify and sustain soleus oxidative metabolism improves glucose and lipid regulation. Online: https://www.sciencedirect.com/... (Abgerufen am 13.07.2023)
  • Donath L, Faude O, Roth R et al. : Effects of stair-climbing on balance, gait, strength, resting heart rate, and submaximal endurance in healthy seniors. Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 13.07.2023)