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Verglichen mit anderen Körperteilen ist es um die Leiste eher still. Doch der Schein trügt. Mehr als 200.000 mal pro Jahr reparieren Chirurgen Schwachstellen, die einem Leistenbruch den Weg bahnten. Damit gehören Operationen von Leistenbrüchen zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen in Deutschland.

Gleich vorweg: Leistenbrüche sind im Allgemeinen anhand einer plötzlich auftretenden, schmerzlosen Vorwölbung im Stehen oder beim Pressen in der Leiste sicht- und tastbar. Mitunter verursachen sie ein Ziehen oder Druckgefühl in der Leiste. Ein schmerzhafter Leistenbruch ist ein Alarmzeichen: In den Bruchsack geratenes Gewebe aus dem Bauchraum hat sich mutmaßlich eingeklemmt und kann abgeschnürt werden (Notoperation erforderlich!). Andere Ursachen für Leistenschmerzen sind beispielsweise Sportverletzungen, Harnsteinleiden oder Probleme am Hüftgelenk.

Unterschiedliche Lage: Leistenbruch und Schenkelbruch. Letzter tritt bei Männern mitunter nach einer Leistenbruch-OP auf

Unterschiedliche Lage: Leistenbruch und Schenkelbruch. Letzter tritt bei Männern mitunter nach einer Leistenbruch-OP auf

Leistenbrüche gehören also zu den potenziell gefährlichen und damit sehr bedeutsamen Ursachen von Leistenschmerzen.

Leistenschmerzen – Leiden der Männer?

Einen Leistenbruch (Fachbegriff: Hernia inguinalis) haben Männer acht- bis neunmal häufiger als Frauen. Dass die Leiste bei Männern besonders anfällig ist, liegt am Leistenkanal in der unteren Bauchwand. Bleibt er nach der Geburt, wenn die Hoden schon hindurchgetreten sind, offen, entsteht eine natürliche Schwachstelle. Dies kann einen angeborenen Leistenbruch zur Folge haben. Erweitert sich die Bruchlücke in der Bauchwand im späteren Leben, wofür verschiedene Gründe infrage kommen, kann es ebenfalls zu einem Leistenbruch kommen. Er wird dann als "erworben" bezeichnet.

Bei älteren Männern begünstigt zudem eine Bauchwandschwäche Leistenbrüche. Gibt die Bauchwand zu wenig Halt, genügen manchmal schon viel Husten oder gewohnheitsmäßiges Pressen bei Verstopfung, und schon ist es passiert.

Es besteht immer eine gewisse Gefahr, dass sich durch die "Bruchpforte" Gewebe aus dem Bauchraum nach außen unter der Haut vorstülpt: Bauchfell und Darm oder – in den selteneren Fällen, bei denen Mädchen oder Frauen betroffen sind – auch ein Teil des Eierstocks.

Wird das eingeklemmte Gewebe abgeschnürt und nicht mehr durchblutet, entwickelt sich der zunächst harmlose Bruchsack schnell zur gefährlichen "Falle".

Dennoch: Ärzte sehen heute bei Erwachsenen nicht mehr zwangsläufig eine sofortige Notwendigkeit für eine Operation, wenn sie bei einem Patienten erstmals einen kleineren Leistenbruch ohne weitere Besonderheiten diagnostizieren.

Und: Wenn Athleten, etwa Fußballspieler, miteinander reden, geht es bisweilen auch um Probleme wie "Sportlerleiste" oder "weiche Leiste" – allerdings ein umstrittenes Beschwerdebild. Möglicherweise liegen Männer auch hier vorne, denn bei leistenkritischen Sportarten wie Fußball oder Eishockey dominieren sie weiterhin.

Mehr zum Thnema Leistenbruch, insbesondere zur Behandlung, im Kapitel "Leistenbruch, Schenkelbruch" in diesem Beitrag.

Mit Harnsteinleiden – sie schicken gelegentlich heftige Schmerzsignale in Richtung Leiste – plagen sich Männer immerhin doppelt so oft herum wie Frauen.

Auch eine Hüftkopfnekrose, eine Art Infarkt des Hüftgelenkes, betrifft häufiger Männer als Frauen. Ähnlich das sogenannte Impingement der Hüfte, bei dem Bewegungen im Hüftgelenk nicht rund laufen, sodass das Gelenk vorzeitig verschleißen kann. Sport wie Fußball oder Hockey, besonders als Leistungssport, begünstigt das Hüftproblem. In beiden Fällen gehören Schmerzen in der Leiste zu den führenden Symtomen.

Bei Hodenschmerzen stellt sich die Frage, um welches Geschlecht es geht, erst gar nicht. Zudem lassen sich Schmerzen in so sensiblen Bereichen wie Leiste und Hoden nicht immer scharf voneinander trennen. Sind Leistenbeschwerden also ausgemachte Männersache?

Die Antwort lautet Jein: Denn Schmerzen in der Leiste betreffen auch Frauen, meist aber anders und seltener.

Auch Frauen haben mit Leistenschmerzen zu tun, aber anders

Ältere Frauen erleiden mitunter einen Schenkelbruch in der Leistengegend im weitesten Sinne (Schenkelhernie, ebenfalls ein Eingeweidebruch, nicht zu verwechseln mit einem Bruch des Oberschenkelknochens). Zu einem solchen Schenkelbruch kann es gelegentlich auch in der Schwangerschaft kommen. Auch bei Männern tritt mitunter eine Schenkelhernie auf. Die Unterscheidung zwischen Leisten- und Schenkelhernie ist nicht immer auf Anhieb zu treffen.

Die schmerzvolle Beckenringlockerung im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft betrifft natürlich nur Frauen. Demgegenüber kommen die seltenen Stress- oder Überlastungsbrüche des vorderen Beckenringes, etwa infolge einer Knochenerkrankung namens Osteomalazie, bei beiden Geschlechtern vor.

Einigermaßen ausgeglichen sieht die Geschlechterverteilung bei der Hüftarthrose aus, einer weiteren zentralen Ursache von Leistenschmerzen. Ab etwa 50 Jahren tritt sie zunehmend häufig auf.

Damit stehen bereits wichtige Auslöser von Schmerzen in der Leiste fest – und die Mehrheitsverhältnisse auch: Die Leiste lahmt lieber beim Mann.

Leistenschmerzen – Was kann es sonst noch sein?

Geschwollene Lymphknoten

Normalerweise fühlt man Lymphknoten nicht oder höchstens mal vereinzelt als erbsgroße Knötchen in der Leiste. Lymphknoten sind zentrale Abwehrstationen des Immunsystems. Werden sie vermehrt beansprucht, nehmen sie an Größe zu. Bei Infektionen oder bei Entzündungen am Bein zum Beispiel können Leistenlymphknoten anschwellen und mitunter auch schmerzhaft sein (Lymphadenitis, Lymphadenopathie).

Ursachen in der Umgebung der Leiste

Nicht selten sind Probleme mit den Gelenken der Grund für Schmerzen in der Leiste und / oder Hüfte. Infrage kommen neben der schon genannten Hüftarthrose, die außer normalem Verschleiß noch andere Ursachen haben kann, Abnutzungen an der Lendenwirbelsäule oder Fehlstellungen der Füße und Knie.

Auch Verletzungen oder Überbelastungen von Muskeln und Sehnen im Bereich des Beckens, der Hüften und Oberschenkel bei sportlich Aktiven ziehen häufig Schmerzen nach sich, die in die Leistengegend ausstrahlen können.

Selten stößt der Arzt bei einem Patienten, der Beschwerden in der Leiste hat, auf Gefäßveränderungen, etwa eine knotig erweiterte Krampfader (Varixknoten) oder die Aussackung einer Schlagader (Aneurysma).

Leistenschmerzen: Wann zum Arzt?

Schmerzen in der Leiste, auch wenn sie zunächst nur zeitweise da sind, sollte ein Arzt rechtzeitig abklären. Je stärker und akuter die Beschwerden sind, desto dringlicher ist es. Bei Verdacht auf einen eingeklemmten Leisten-, Hodensack- oder Schenkelbruch den Notarzt rufen (Notruf Rettungsdienst: 112) oder sich umgehend in eine chirurgische Notaufnahme bringen lassen.

Das heißt: Auch bei einem akut schmerzhaften Hoden ist medizinische Hilfe gefragt. Die Schmerzen strahlen häufig in die Leiste oder den Unterbauch aus. Wichtigste Ursache, abgesehen von einem Hodensackbruch (mehr dazu im Kapitel "Ursachen von Leistenschmerzen: Leistenbruch, Schenkelbruch" in diesem Beitrag): die Hodenstieldrehung, auch Hodentorsion genannt.

Sie betrifft einerseits häufig jugendliche und junge Männer im Alter von 13 bis 20 Jahren, andererseits Säuglinge im ersten Lebensjahr. Der geschwollene und gerötete, eventuell auch dunkel verfärbte Hoden lässt ahnen, wo die Schmerzursache liegt. Wird eine Hodentorsion sofort in einer (kinder-)chirurgischen Klinik behandelt, bleibt der Hoden in der Regel erhalten.

Kolikschmerzen bei einem Harnleiter- oder Blasenstein können geradezu als "vernichtend" erlebt werden. Anlaufstelle hier: eine urologische Klinik.

Notfallcharakter haben zudem akute Schmerzen im Unterbauch oder Bauch mit Ausstrahlung in die Leiste. Infrage kommen hier zahlreiche Ursachen – von der Eileiterschwangerschaft mit Platzen des Eilters oder einer Stiehldrehung des Eileiters (Notaufnahme in der Frauenklinik) über eine akute Darminfektion bis zur akuten Blinddarmentzündung (Chirurgie, Kinderchirurgie).

Auch bei einem Kreislaufkollaps ist sofort der Rettungsdienst zu alarmieren (siehe oben). Bis er eintrifft, Erste Hilfe leisten.

Verletzungen der Leistengegend stellen je nach Art und Ausmaß ebenfalls medizinische Akut- oder Notfälle dar, die umgehend in die Hand des Arztes gehören.

Checkliste Leistenschmerzen

Die nachfolgende Liste gibt Ihnen eine Übersicht über mögliche Ursachen von Leistenschmerzen. Weitere Informationen zu den genannten Krankheiten, Diagnose und Therapie finden Sie in den entsprechenden Kapiteln.

Leistenbruch, Schenkelbruch (siehe Kapitel)

  • Leistenbruch (Hernia inguinalis): vor allem bei Männern; einschließlich "weicher Leiste", "Sportlerleiste"; siehe auch unten: "Muskeln, Sehnen..."
  • Schenkelbruch (Hernia femoralis): vor allem bei Frauen, am ehesten in der Schwangerschaft oder im höheren Lebensalter

Geschwollene (Lymphadenopathie) oder schmerzhafte Lymphknoten (Lymphadenitis) (mehr dazu im Kapitel "Lymphknoten")

  • Infektionen
  • Andere Erkrankungen, zum Beispiel des Lymphsystems

Muskeln, Sehnen, Gelenke (weitere Informationen im Kapitel "Muskeln, Sehnen, Gelenke")

  • Probleme mit der Körperstatik: Muskelungleichgewichte, Fuß- und Beinachsenfehlstellungen, Beinlängenunterschiede, "X-Hüfte", Hüftdysplasie, Impingement der Hüfte
  • Hüftkopfnekrose bei Erwachsenen
  • Arthrose des Hüftgelenkes
  • Bruch des Sitz- und Schambeins bei Osteomalazie
  • Sportlerleiste (Pubalgia) und Leistenzerrung (Sehnenansatzreizungen im Bereich der Oberschenkelmuskeln (der Heranzieher, auch Adduktoren), Entzündung im Schambeinbereich (Osteitis pubis, auch Symphysitis), Kapselreizung des Hüftgelenkes
  • Geschwulsterkrankungen des Knochen- oder Weichteilgewebes

Harnsteine, Hoden & Co. (nachzulesen im Kapitel "Harnsteine, Hoden & Co.")

Leistenschmerzen und Schwangerschaft: Beckenlockerung und andere Ursachen

(mehr dazu im Kapitel "Leistenschmerzen in der Schwangerschaft")

Abszess, Gefäße (darüber informiert Sie das Kapitel "Abszess, Gefäße")

  • Psoasabszess
  • Krampfaderknoten
  • Aussackung (Aneurysma) der Oberschenkelarterie

Diagnose und Therapie bei Leistenschmerzen

Die genauen Schritte zur Diagnose richten sich nach dem Beschwerdebild und den mutmaßlichen Ursachen im Einzelfall. Mehr dazu im Diagnose-Kapitel und bei den jeweiligen Krankheitsbildern in den anderen Kapiteln dieses Beitrags. Sie enthalten auch Informationen über mögliche Behandlungswege und weiterführende Links.

Wichtig:
Dieser Artikel informiert nur allgemein und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.