Hodenkrebs
Was ist Hodenkrebs?
Insgesamt gehört Hodenkrebs zu den eher seltenen Tumoren. Dennoch ist er bei Männern zwischen 25 und 44 Jahren die häufigste Krebsart. Gut 90 Prozent aller Hodentumore entstehen aus entartetem Keimzellgewebe (germinale Tumore) und lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
1) Seminome
Reine Seminome bestehen nur aus einer Gewebeart. Dies trifft auf 60 Prozent der Hodentumoren zu. Mit im Schnitt 41 Jahren liegt hier das Erkrankungsalter ungefähr zehn Jahre über dem durchschnittlichen Erkrankungsalter der restlichen Hodentumoren.
2) Nicht-Seminome
Nicht-Seminome sind bösartige Hodentumoren, die nicht zu den reinen Seminomen zählen, also aus verschiedenen Gewebearten bestehen können. Zu diesen gehören:
• embryonales Karzinom • Chorionkarzinom • Dottersacktumor • undifferenziertes Teratom • eine Kombination dieser Gewebearten (auch mit Seminomanteilen).
Symptome
Kleine Hodentumore bereiten normalerweise keine Beschwerden. Eine tastbare, nicht schmerzende Verhärtung im Hodensack kann jedoch auf Hodenkrebs hinweisen. Auch wenn sich ein Hoden vergrößert beziehungsweise anschwillt, kann das ein Anzeichen für einen Tumor sein.
Schmerzen treten – wie gesagt – eher selten auf. Einige Betroffene klagen allerdings über ziehende Schmerzen in einem Hoden. Dieser fühlt sich manchmal auch schwerer an als der andere Hoden. Dies kann durch den Tumor selbst, aber auch durch eine Flüssigkeitsansammlung im Hodensack bedingt sein.
Selbstuntersuchung: Hodenkrebs ertasten
Wer regelmäßig seine Hoden selbst untersucht, erhöht die Chance, den Hodenkrebs in einem frühen und gut behandelbaren Stadium zu erkennen. Urologen empfehlen Jungen und Männern zwischen 14 und 45 Jahren, ihre Hoden einmal monatlich abzutasten. Am besten im Stehen unter der warmen Dusche, damit die Haut des Hodens entspannt ist.
So geht die Selbstuntersuchung der Hoden:
- Betrachten Sie zunächst Ihre Hoden mithilfe eines Spiegels: Haben sich diese oder einer von ihnen in Größe, Form oder Aussehen verändert?
- Tasten Sie Ihre Hoden anschließend vorsichtig ab: Zuerst die Handfläche der leicht geöffneten Hand von unten an den Hodensack legen. Die Hoden von dort vorsichtig abtasten und leicht auf und ab bewegen. Fühlt sich einer schwerer an als der andere? Spüren Sie Schmerzen?
- Dann erst den einen und anschließend den anderen Hoden zwischen Daumen und Zeige- sowie Mittelfinger abtasten. Dabei leicht hin und her rollen und auf Unebenheiten, Knoten und Verhärtungen achten.
Oben auf den Hoden können Sie auch den etwas weicheren Nebenhoden ertasten (siehe Bild). Mehr Informationen zur Selbstuntersuchung und weitere Tipps finden sich auf https://www.hodencheck.de/.
Ursachen und Risikofaktoren
Welche Ursachen dieser Tumor hat, wissen Experten momentan noch nicht genau. Vermutlich spielen sowohl erbliche Faktoren als auch Umwelteinflüsse eine Rolle bei der Entstehung von Hodenkrebs.
Einige gesicherte Risikofaktoren sind jedoch bekannt:
- Hodenhochstand: Männer mit angeborenem Hodenhochstand haben ein erhöhtes Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken. Dieses Risiko verringert sich, wenn der Hodenhochstand frühzeitig, nämlich vor Ende des ersten Lebensjahres, korrigiert wurde.
- Hodenkrebs in der Familie: Hodenkrebs kommt familiär gehäuft vor, was für eine genetische Veranlagung spricht. Ist ein Bruder oder der Vater betroffen, so ist das Hodenkrebs-Risiko für den entsprechenden Verwandten deutlich erhöht.
- Krebsvorläuferzellen im Hoden, Hodenkrebs an einem Hoden: die frühe Form des Hodenkrebs wird seit 2016 als Keimzellneoplasie in situ, oder auf englisch Germ cell neoplasia in situ (GCNIS) bezeichnet. Sie ist immer die Vorstufe von einem Keimzelltumor und ist dann oft im ganzen Hoden nachweisbar. Gut zweieinhalb bis fünf Prozent der Betroffenen, welche schon einmal einseitig Hodenkrebs hatten, erkranken auf der anderen Seite erneut daran.
- Unfruchtbarkeit: kann ebenso Hodenkrebs begünstigen. Studien sprechen dafür, dass das Risiko für einen Tumor umso höher ist, je geringer die Anzahl der zeugungsfähigen Spermien ist.
- Das Klinefelter-Syndrom ist eine genetische Veränderung, bei welcher ein doppeltes X-Chromosom beim Mann vorliegt. Die Betroffenen haben insgesamt niedrigere Testosteronspiegel und sind häufig unfruchtbar. Hodenkrebs ist eine gehäuft bei diesem Syndrom vorkommende Krebsart.
Diagnose
Liegt ein Verdacht auf Hodenkrebs vor, untersucht der Urologe zunächst die Hoden und klärt mögliche Risikofaktoren des Patienten ab. Zusätzlich werden die Lymphknoten in der Leiste und über dem Schlüsselbein untersucht, und der Bauch wird abgetastet.
Daran schließt sich eine schmerzlose Ultraschall-Untersuchung des Hodens und der Bauchorgane an, mit der der Arzt einen möglichen Tumor bildlich darstellen kann.
Eine Blutabnahme kann unter anderem Auskunft über sogenannte Tumormarker geben, viele Hodenkrebsarten produzieren sie verstärkt. Untersucht werden
• das Eiweiß Alpha-Fetoprotein (AFP) • das Hormon Beta-Humanes Chorion-Gonadotropin (ß-HCG) • die Laktatdehydrogenase (LDH)
Nicht alle Betroffene bilden solche Tumormarker und nicht jede Erhöhung dieser Werte weist tatsächlich auf einen Hodentumor hin. Trotzdem sind Tumormarker bei Hodentumoren ein wichtiges Instrument zur Diagnosestellung und Verlaufskontrolle. Nur eine Gewebeprobe kann die Diagnose Hodenkrebs eindeutig bestätigen oder ausschließen. Meist erfolgt die Gewebeentnahme im Rahmen eines operativen Eingriffes. Bestätigt sich der Verdacht auf Hodenkrebs, wird der Arzt dann direkt den betroffenen Hoden einschließlich des Samenstrangs entfernen.
Um eine Ausbreitung der Erkrankung in andere Organe (Metastasenbildung) zu bestätigen oder auszuschließen, sind weitere bildgebende Verfahren (zum Beispiel CT, MRT), häufig mit Kontrastmittelgabe, erforderlich. Diese finden meistens vor der Operation statt.
Kurzfassung der Stadieneinteilung
Auf Basis der TNM-Klassifikation und der Entwicklung der Tumormarker nach der Operation erfolgt eine Einteilung in sogenannte klinische Stadien – benannt nach dem englischen "Clinical Stage" = CS.
CS I |
kein Hinweis auf Lymphknotenmetastasen oder Absiedelung in andere Organe (Fernmetastasen) und Normalisierung der Tumormarker im Blut nach der Hodenentfernung |
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CS IIA |
Lymphknotenmetastasen, die hinter dem Bauchfell liegen bis maximal zwei Zentimeter im größten Durchmesser
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CS IIB
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Lymphknotenmetastasen, die hinter dem Bauchfell liegen und im größten Durchmesser zwischen zwei und fünf Zentimter messen
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CS IIC - CS IIIC |
Lymphknotenmetastasen über fünf Zentimeter Durchmesser und/oder Fernmetastasen |
Es gibt auch noch die Stadieneinteilung der IGCCCG (International Germ Cell Cancer Collaborative Group), beide finden weltweit Verwendung.
Therapie
Um das bösartige Gewebe zu entfernen, muss ein Chirurg in der Regel den kompletten Hoden durch eine Operation entnehmen. Diesen Eingriff bezeichnet man als Orchiektomie.
Welche Therapiemethoden sich an die Operation anschließen, hängt zum einen von der Art des Hodentumors ab, also davon, ob es sich also um ein Seminom oder Nicht-Seminom handelt. Zum anderen davon, wie weit die Krebserkrankung fortgeschritten ist. In jedem Fall sollte ein entsprechender Spezialist den Behandlungsplan erstellen. Zusätzliche Sicherheit kann die Einholung einer Zweitmeinung geben. Bitten Sie Ihren behandelnden Arzt darum oder wenden Sie sich an Ihre Krankenkasse oder entsprechende Zweitmeinungszentren.
Prinzipiell kommen als Nachbehandlung bei Seminomen eine Chemotherapie oder eine Bestrahlung infrage. Manchmal kann man auch erst einmal noch unter genauer ärztlicher Kontrolle abwarten, ob überhaupt eine weitere Therapie angezeigt ist. Bei Nicht-Seminomen ist die übliche Nachbehandlung eine Chemotherapie. Aber auch hier gibt es Fälle, in denen erst einmal unter ärztlicher Kontrolle abgewartet werden kann, ob eine solche Maßnahme überhaupt notwendig ist.
Fruchtbarkeit und Hodenkrebs
Bei der Hälfte der Hodenkrebspatienten liegt zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit vor, die durch Operation und Chemotherapie, eventuell auch durch Strahlentherapie noch weiter eingeschränkt werden kann. Deshalb sollte jeder Patient vor der Behandlung darauf hingewiesen werden, dass die Möglichkeit besteht, den eigenen Samen in einer Samenbank tiefgefroren zu konservieren (Kryokonservierung). Gut zwölf Monate nach abgeschlossener Therapie kann ein Spermiogramm erstellt werden. Diese Analyse zeigt, ob genügend zeugungsfähige Spermien im Ejakulat vorhanden sind. Ist das der Fall, kann das Kryopedot aufgelöst werden. Zur Zeit wird das Einfrieren der Spermien noch von den Erkrankten selbst gezahlt. Es ist aber bereits ein Gesetz in Arbeit, dass die Kosten dafür zukünftig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Man sollte in jedem Falle bei der eigenen Kasse anfragen, sobald eine keimzellschädigende Therapie wie zum Beispiel beim Hodenkrebs ansteht.
Manchmal kann es – bedingt durch den Krebs – zu einer erniedrigten Testosteronproduktion kommen, die im Einzelfall die Lebensqualität einschränken und zu weiteren gesundheitlichen Störungen führen kann. In diesen Fällen kommt eine Testosterongabe infrage.
Prognose
Je früher Hodenkrebs erkannt und behandelt wird, umso besser ist die Prognose. Wird ein Seminom in frühem Stadium entdeckt, liegen die Heilungschancen bei nahezu 100 Prozent. Auch fortgeschrittene Seminome haben normalerweise eine gute Prognose. Bei zeitig erkannten Nicht-Seminomen ist die Chance auf Heilung ebenfalls sehr gut, sie beträgt insgesamt über alle Tumorarten und -stadien hinweg mehr als 90 Prozent.
Nachsorge
Die Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Urologie empfiehlt auch regelmäßige Kontrollen nach der abgeschlossenen Therapie, die sogenannte Nachsorge. Sie soll helfen Rezidive, also Wiederauftreten des Krebses, frühzeitig zu erkennen. Je nach Tumorstadium unterscheiden sich die Abstände der Untersuchungen und auch diese selbst. Ein Nachsorgeschema wird nach Operation und vorliegender Untersuchung des Tumorgewebes festgelegt.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.