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Verengungen der Herzkranzgefäße, Durchblutungsstörungen an den Beinen, Fehlbildungen der Hirnarterien, Schlaganfall, Krampfadern – die Liste der Krankheiten, bei denen Ärzte eine Angiografie erwägen, ist lang. Der Begriff bezeichnet ganz allgemein die Darstellung von Gefäßen im menschlichen Körper mit Hilfe von bildgebenden Verfahren.

Arteriografie, Phlebografie und Lymphografie

Je nachdem, um welche Gefäße es sich handelt, unterscheiden Ärzte drei Formen. Am häufigsten stellen sie arterielle Blutgefäße dar. Diese Untersuchung heißt auch Arteriografie. Werden Venen sichtbar gemacht, spricht man von einer Phlebografie, bei den Lymphbahnen von einer Lymphografie.

In erster Linie dient die Angiografie dazu, krankhafte Veränderungen an Blut- beziehungsweise Lymphgefäßen nachzuweisen und zu beurteilen, wie ausgeprägt diese sind. Aber auch als Grundlage für radiologische Interventionen (Eingriffe) ist sie unabdingbar.

Die nicht-invasiven Techniken der MR-Angiografie und der CT-Angiografie werden zudem in der Krebsdiagnostik und bei der Planung von chirurgischen Eingriffen angewendet.

Unterarten nach Untersuchungstechnik

Bei der herkömmlichen Vorgehensweise stellt der Radiologe das zu untersuchende Gefäß mit Hilfe von Röntgenaufnahmen oder einer dynamischen Röntgendurchleuchtung dar. Daneben nutzen Radiologen bei der Angiografie die Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT) zur Bildgebung. Die MRT-Angiografie hat den Vorteil, dass der Patient keiner Röntgenstrahlung ausgesetzt ist.

Wie funktioniert die klassische Angiografie?

Bei der klassischen Form der Angiografie verabreicht der Arzt dem Patienten ein Röntgen-Kontrastmittel in die Blutbahn (oder für die nur noch sehr selten verwendete Lymphografie in ein Lymphgefäß). Während der Passage des Kontrastmittels wird das zu untersuchende Organ beziehungsweise die entsprechende Körperregion geröntgt. Für eine Röntgenaufnahme schickt man Röntgenstrahlen durch den Körper. Die Schwärzung des Röntgenfilms zeigt, wie viele Strahlen den Körper durchdrungen haben. Auf dem so gewonnenen Bild – in der medizinischen Fachsprache nennt man es Angiogramm – erscheinen die Gefäße und ihre Nebenäste im Unterschied zum umliegenden Gewebe weiß gefärbt. Das kommt daher, weil das Kontrastmittel die Dichte der Gefäße für Röntgenstrahlen erhöht hat. Dadurch kommen an den Stellen, wo Gefäße sind, weniger Strahlen beim Röntgenfilm an. (Zum Teil benutzt man auch eine inverse Darstellung, dann sind die Gefäße dunkel und die Umgebung heller.)

Somit lassen sich die Gefäße vom Arzt erkennen und auf krankhafte Veränderungen hin beurteilen. Die klassische Angiographie besitzt nur noch historische Bedeutung. Heute wird stattdessen eine Weiterentwicklung verwendet, die sogenannte digitale Subtraktionsangiographie (DSA):

Wie funktioniert die digitale Subtraktionsangiografie (DSA)?

Anders als bei der klassischen Angiografie wird hier zuerst ein Kontrollbild ohne Kontrastmittel gemacht. Ein spezielles Computerprogramm legt dieses so genannte Maskenbild und die anschließend angefertigte Aufnahme mit Kontrastmittel übereinander. Dann zieht der Computer die gemessenen Dichtewerte des Maskenbilds vom anderen Bild ab. Durch diese Subtraktion werden störende Strukturen wie Weichteile und Knochen "unsichtbar", sie verschwinden also vom berechneten Bild. Auf dem Angiogramm bleiben nur die Anteile der Bilder übrig, die sich unterscheiden – also die Gefäße, in denen sich das Kontrastmittel befindet. In der Regel werden diese dann schwarz dargestellt. Indem mehrere Kontrastmittelaufnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten erstellt werden, kann der Computer auch filmähnliche Bildsequenzen errechnen. Sie zeigen, wie sich das Kontrastmittel in der untersuchten Gefäßregion verteilt. Eine farbige Darstellung ist mit den modernen DSA-Geräten ebenfalls möglich. Inzwischen werden alle konventionellen Angiographien als DSA durchgeführt.

Wie funktioniert die CT-Angiografie?

Auch bei der CT-Angiografie (CTA) bekommt der Patient ein Kontrastmittel gespritzt. Als bildgebendes Verfahren setzt der Arzt hier aber nicht das klassische Röntgen ein, sondern die Computertomografie. Moderne Mehrzeilen-CT-Geräte können die computertomografischen Schichtbilder zu frei drehbaren, dreidimensionalen Darstellungen der untersuchten Gefäße verrechnen. Sogar Bilder vom schlagenden Herzen lassen sich mit den schnellen Scannern von heute erzeugen. Allerdings ist die Detailauflösung der CT-Angiografie immer noch etwas geringer als bei der konventionellen Röntgen-Angiografie.

Wie funktioniert die MRT-Angiografie?

Mit der Magnetresonanzangiografie (MRA) kann der Radiologe auch kleine Gefäße gut sichtbar machen. Anders als bei den beiden anderen Verfahren werden die Bilder nicht mit Röntgenstrahlen, sondern mit starken Magnetfeldern und Radiowellen erzeugt. Das hat den Vorteil, dass der Patient bei der MRA keiner potenziell schädlichen ionisierenden Strahlung ausgesetzt ist. Ja nach Fragestellung kann die Magnetresonanzangiografie mit oder ohne Kontrastmittelgabe erfolgen.

Wann wird eine Angiografie durchgeführt?

Hat der Arzt den Verdacht, dass sein Patient unter Gefäßveränderungen wie Verengungen, Verschlüssen oder Fehlbildungen leidet, wird er eine Angiografie in Erwägung ziehen. Das Diagnoseverfahren liefert ihm dann wertvolle Informationen über Art, Ausdehnung und Lokalisation einer möglicherweise vorliegenden Gefäßerkrankung. Zu den häufigen angiografischen Untersuchungen gehören dabei:

  • Koronar-Angiografie

Die auch Herzkatheter-Untersuchung genannte Koronarangiografie macht die Herzkranzgefäße (Koronararterien) und die Herzkammern sichtbar. Eingesetzt wird sie beispielsweise zur Diagnose von Veränderungen der Herzkranzgefäße oder eines Herzinfarkts. Mittlerweile kann in einigen Fällen auch eine CT-Angiografie der Herzkranzgefäße den Herzkatheter ersetzen.

  • Arteriografie der Bein- und Beckenarterien

Die Untersuchung wird vor allem bei Verdacht auf eine periphere arterielle Verschlusskrankheit durchgeführt – also bei Verengungen der Beinarterien, die zum Beispiel bei Zuckerkrankheit oder langjährigem starken Rauchen auftreten können. Typisches Symptom einer Veränderung der Beinarterien ist die sogenannte "Schaufensterkrankheit", bei der die Betroffenen wie bei einem Schaufensterbummel alle paar Meter stehen bleiben müssen, weil die Beinmuskulatur schmerzt.

  • Phlebografie der Bein- und Beckenvenen

Hier stellt der Arzt nicht die Arterien, sondern die Venen im Bereich von Becken und Beinen dar, etwa bei Verdacht auf eine Thrombose oder zur Diagnose von Krampfadern.

  • Zerebrale Angiografie

Mit dieser Untersuchung beurteilt der Arzt die Blutgefäße im Gehirn selbst sowie die zuführenden Arterien im Halsbereich – die so genannten Karotiden und Vertebralarterien. Angewendet wird die zerebrale Angiografie zum Beispiel bei Verdacht auf einen Schlaganfall oder eine Hirnblutung.

  • Lymphografie

Die Darstellung der Lymphgefäße kommt nur noch äußerst selten zum Einsatz, beispielsweise bei Lymphabflussstörungen zur Operationsplanung.

Auch Veränderungen der Nierenarterien und der den Darm versorgenden Gefäße lassen sich mit einer Angiografie diagnostizieren. Veränderungen der Nierenarterien können ein Grund für die Entstehung von Bluthochdruck sein.

Zudem ist die Angiographie auch wichtig, um radiologisch-interventionelle Eingriffe zu planen. So kann sie als Grundlage dienen, um zum Beispiel gezielt Medikamente zur Krebsbehandlung direkt in Tumorgefäße einzuspritzen, oder um verengte Gefäße zu erweitern bzw. mit sogenannten Stents zu schienen, oder auch um Gefäßaussackungen (Aneurysmen) mit kleinen Spiralen zu verschließen.

Was muss vor einer Angiografie gemacht werden?

Vor einer Angiografie findet immer ein ausführliches Aufklärungsgespräch statt. Hier erhält der Patient alle wichtigen Informationen über den Ablauf der Untersuchung, die möglichen Risiken und alternative Methoden. Der Arzt erkundigt sich bei dieser sogenannten Anamnese auch nach der Krankengeschichte seines Patienten. Dabei fragt er gezielt nach Vorerkrankungen, die insbesondere bei Angiografien mit Kontrastmitteln von Bedeutung sind und die Untersuchung unter Umständen sogar unmöglich machen können: Dazu gehören beispielsweise eine Neigung zu Allergien, bestimmte Schilddrüsenerkrankungen oder eine Niereninsuffizienz.

Um die letzten beiden Erkrankungen sicher auszuschließen, werden vorab in der Regel die dazugehörigen Blutwerte im Labor bestimmt. Insbesondere vor einer konventionellen Angiografie muss der Arzt zudem im Labor prüfen lassen, ob die Blutgerinnung seines Patienten in Ordnung ist.

Wie läuft eine Angiografie ab?

Um die Gefäße optimal darstellen zu können, bekommt der Patient bei der Angiografie in der Regel ein Kontrastmittel verabreicht. Auf welche Weise er das Mittel erhält, hängt von der Untersuchungsform und von der zu untersuchenden Körperregion ab. Bei einer Phlebografie punktiert der Arzt eine Beinvene mit einer Hohlnadel (Kanüle), über die er dann direkt das Kontrastmittel spritzt.

Eine herkömmliche Arteriografie erfolgt zumeist mit der so genannten Seldinger-Technik. Dabei legt der Arzt zunächst eine spezielle Kanüle in eine große Arterie, meist in die Leistenarterie oder seltener in eine Armaterie in der Ellenbeuge. In diese so genannte Schleuse wird dann ein dünner, biegsamer Kunststoffschlauch (Katheter) eingeführt. Unter Röntgenkontrolle schiebt der Arzt den Katheter mit Hilfe eines Führungsdrahts bis zu der zu untersuchenden Gefäßregion vor. Über den Katheter spritzt er dann das Kontrastmittel. Die Stelle, an der er die Kanüle einsticht, wird vorab örtlich betäubt.

Ist die Angiografie abgeschlossen, zieht der Arzt Kanüle und Katheter wieder heraus. Um Nachblutungen zu vermeiden, legt er anschließend an der Punktionsstelle einen Druckverband an. Der Verband muss meist zwischen 12 und 24 Stunden dort bleiben. Bei der CT- und der MR-Angiografie wird das Kontrastmittel in der Regel einfach in eine Armvene gespritzt. Eine selektive Katheterisierung der Gefäße wie bei der konventionellen Angiographie ist hierbei nicht notwendig. Bei der MR-Angiographie gibt es auch Techniken, bei denen gar kein Kontrastmittel benötigt wird. Es hängt aber von der Fragestellung ab, ob diese zur Anwendung kommen können.

Bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen ist Versicht geboten mit dem Einsatz jodhaltiger Kontrastmittel

Bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen ist Versicht geboten mit dem Einsatz jodhaltiger Kontrastmittel

Welche Risiken und Nebenwirkungen hat die Angiografie?

Die bei der Angiografie eingesetzten Kontrastmittel können eine allergische Reaktion auslösen, die schlimmstenfalls sogar zu einem lebensbedrohlichen Kreislaufschock führen kann. Bei den heute verwendeten Mitteln treten solche schweren Überempfindlichkeitsreaktionen aber nur sehr selten auf. Nach der Injektion des Kontrastmittels verspüren die Patienten relativ häufig ein Wärmegefühl oder haben einen unangenehmen Geschmack im Mund. Diese Begleiterscheinungen sind aber harmlos und verschwinden nach kurzer Zeit wieder.

Jodhaltige Kontrastmittel  - wie sie bei der konventionellen Angiographie oder bei der CTA verwendet werden - können bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen eine Überfunktion des Organs – eine so genannte Hyperthyreose – hervorrufen oder verstärken. Bevor solche Kontrastmittel gegeben werden, ist es deshalb wichtig, eine noch nicht bekannte (latente) Schilddrüsenüberfunktion auszuschließen. Darüber hinaus besteht eine gewisse Gefahr, dass sich bereits bestehende Funktionsstörungen der Nieren (Niereninsuffizienz) durch die Kontrastmittelgabe verschlimmern. Zudem können Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten auftreten – beispielsweise mit dem zur Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes) eingesetzten Wirkstoff Metformin. Deshalb sollte der Patient den Arzt vor einer Angiografie unbedingt über eventuelle vorliegende Grunderkrankungen und Medikamenteneinnahmen informieren.

Bei Arteriografien nach der herkömmlichen Methode kommt es an der Stelle, an der der Katheter eingeführt wurde, relativ häufig zu kleinen Nachblutungen oder einem Hämatom ("blauer Fleck"). Weitere mögliche Komplikationen einer Angiografie sind:

  • Verletzungen, Einrisse und Aussackungen der Gefäße
  • Bildung von Blutgerinnseln (Thromben / Embolien)
  • Entzündungen und Infektionen, vor allem an der Einstichstelle
  • Bildung einer arteriovenösen Fistel – das ist eine Verbindung zwischen Arterie und benachbarter Vene

Gut vorbereitet und von erfahrenen Ärzten durchgeführt, gilt die Angiografie aber als sichere und komplikationsarme Untersuchungsmethode. Nichtsdestotrotz müssen Nutzen und Risiken sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Anders gesagt: Eine Angiografie sollte nur durchgeführt werden, wenn es wirklich notwendig ist – etwa weil die Aussagekraft risikofreier Untersuchungen wie der Doppler-Sonografie nicht ausreicht.
Dies gilt auch, weil sowohl die klassische Röntgen-Angiografie als auch die CT-Angiografie mit einer Strahlenbelastung des Patienten einhergehen. Die Gefahr, dass es dadurch zu gesundheitlichen Folgeerscheinungen kommt – z.B. zum Auftreten einer Krebserkrankung – stufen Experten aber als sehr gering ein.

Prof. Dr. Birgit Ertl-Wagner

Prof. Dr. Birgit Ertl-Wagner

Beratende Expertin: Prof. Dr. med. M.H.B.A. Birgit  Ertl-Wagner, Fachärztin für diagnostische Radiologie,  Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie, Zusatzbezeichnung Ärztliches  Qualitätsmanagement.
Oberärztin und Leiterin des Bereichs Magnetresonanztomographie, Institut für
Klinische Radiologie, Klinikum Großhadern, LMU

Quellen:
1. Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Röntgendiagnostik - Angiografie. 22.6.2006 Online:
http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.121.1042.1045.1087
(Abgerufen am 11. 9. 2013)
2. Reiser M, Kuhn F-P, Debus J: Duale Reihe Radiologie, 3. Auflage, Thieme Verlag 2011
3. Herold G: Innere Medizin 2013, Köln Selbstverlag

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.