Durchblutungsstörungen der Beine (PAVK)
Kleines Gedankenspiel: Eine mehrspurige Autobahn ist gesperrt. Erst nur der Standstreifen. Das behindert den Verkehr kaum. Dann kommen aber weitere Spuren hinzu. Lieferwagen müssen auf schmale Nebenstraßen ausweichen, die dadurch überlastet werden. Die transportierten Waren erreichen ihr Ziel viel zu spät.
Mit diesem Vergleich verdeutlicht Professorin Christine Espinola-Klein ihren Patienten, was in deren Beinen oder Armen geschieht, wenn diese nicht ausreichend durchblutet sind. „Auf den Körper übertragen sind die mehrspurigen Autobahnen die großen Gefäße“, sagt Espinola-Klein, Leiterin der Abteilung Angiologie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. Kommt es in deren Wänden zu Ablagerungen, werden sie enger, bis sie sich womöglich komplett verschließen. Weniger Blut kommt in Muskeln und Organen an, die mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden müssen – also bildlich mit den Waren aus dem Autobahnvergleich.
Lange Zeit spüren die Betroffenen oft nichts von den „verengten Autobahnen“ in ihrem Inneren. Erste Beschwerden können dann Schmerzen beim Gehen sein, die zu einer Pause zwingen. Diesem Stopp, in einem weiteren Bild zum Beispiel beim Bummeln vor einem Ladengeschäft, verdankt die „Schaufensterkrankheit“ ihren Namen. Fachleute sprechen eher von der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, kurz PAVK.
Ursachen: Vor allem Rauchen erhöht das Risiko
Diese ist eine häufige Form der Arteriosklerose, bei der sich Ablagerungen aus Kalk und Fett meist in den Beinen ansammeln – seltener auch in den Armen. Tabakkonsum zählt zu den größten Risikofaktoren. „Langjährige Raucher entwickeln manchmal schon mit 45 Jahren eine Schaufensterkrankheit“, sagt Armin Imhof, Professor an der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum Ulm. Gewöhnlich machen sich die ersten Beschwerden erst ab einem Alter von ungefähr 60 bemerkbar.
Erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck und eine Diabeteserkrankung steigern ebenfalls das Risiko. „Oft sind bei Diabetes auch Nerven geschädigt. Schmerzen nimmt man dann als Warnzeichen für einen Versorgungsengpass eventuell weniger wahr“, sagt Imhof. Bei Diabetikern sind langsam und schlecht heilende Wunden oft das erste Anzeichen, mit dem sie sich an ihren Arzt wenden. Dann ist es häufig schon sehr spät – und gefährlich, denn die PAVK kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Gefäß verschließt und das Gewebe dahinter abstirbt, weil es nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird. Dann hilft oft nur noch eine Amputation. So weit sollte es nicht kommen. Schon erste Beschwerden sollten Anlass genug sein, sich an die Hausärztin oder den Hausarzt zu wenden.
Therapie mit Medikamenten
Die PAVK lässt sich nicht heilen. Doch Medikamente können verhindern, dass sich der Zustand der Gefäße weiter verschlechtert. Zur Therapie gehören in der Regel Cholesterinsenker, sogenannte Statine, und Arzneimittel, die den Blutfluss verbessern. Dazu zählen etwa Acetylsalicylsäure und Clopidogrel. Daneben sollten begleitend auch Bluthochdruck und Diabetes immer angemessen behandelt werden. Die medikamentöse Therapie hat einen weiteren wichtigen Effekt. Sie senkt das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
Von der richtigen Therapie profitieren aber noch zu wenige Patienten. Laut einer Auswertung der Barmer Krankenkasse erhielten im Jahr 2018 nur 37 Prozent der Frauen und 43 Prozent der Männer jene medikamentöse Therapie, wie sie die medizinischen Leitlinien bei einer PAVK vorsehen. „Leider werden Menschen, die an der Schaufensterkrankheit leiden, im Vergleich zu Patienten mit einer Erkrankung der Herzkranzgefäße eher stiefmütterlich behandelt“, sagt Internist Armin Imhof.
Risiken senken, Gehtraining unter Anleitung
Betroffene können aber auch selbst viel Gutes für ihre Gefäße tun: Sich gesund ernähren, Übergewicht abbauen, sich regelmäßig bewegen. Für Raucher ist der Rauchstopp die wichtigste Maßnahme. Das strukturierte Gehtraining hilft, die Durchblutung wiederherzustellen. Es erfolgt unter Aufsicht und Anleitung in einer Gefäßsportgruppe. „Oft benutzte Nebenstrecken werden entsprechend ausgebaut“, beschreibt Espinola-Klein die Anpassungen im Gefäßsystem mit dem Autobahnbild.
Neue Wege bei einem Verschluss
Verschließen Ablagerungen ein Blutgefäß, können sich Gefäße anpassen und die Versorgung mit Blut verbessern. Die Grafik zeigt im Detail, wie dies funktioniert:
PAVK: Neue Wege bei einem Verschluss
Eingriffe an den Gefäßen
Das Gefäßsystem kann der Körper aber nur begrenzt selbst anpassen. Ist die Krankheit zu weit fortgeschritten, müssen Gefäßspezialisten ran. Während eines Kathetereingriffs erweitern sie verengte Gefäße mit einem Ballon. Oft bauen sie noch eine röhrenförmige Stütze, einen Stent, ein, der das Gefäß offen hält. Verschlüsse werden entweder ausgeschält oder überbrückt. Letzteres erfolgt mithilfe einer Vene des Patienten oder einem Schlauch aus Kunststoff. So entsteht eine Umgehungsstraße, die sich sicher ihren Weg um die Totalsperrung herum bahnt.
Infografik: Es wird eng in den Gefäßen
Bei der Schaufensterkrankheit verengen sich Blutgefäße, meist in den Beinen. Als Symptom machen sich häufig zuerst Schmerzen beim Gehen bemerkbar. Für mehr Informationen bitte auf die schwarzen Kreise klicken / tippen:
Der Arzt kann Patienten dabei unterstützen, eine Gefäßsportgruppe zu finden. Auch die Deutsche Gefäßliga nennt gute Adressen: www.deutsche-gefaessliga.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten