Der Hexenschuss (Lumbago) ist ein akuter Kreuzschmerz. Meist klingt er von selbst wieder ab. Einfache Mittel können helfen, die Schmerzen im Kreuz zu lindern
von Dr. med. Claudia Osthoff, aktualisiert am 18.06.2018
Heftige Schmerzen im Kreuz, urplötzlich und gnadenlos. Jede weitere Bewegung eine Tortur. War da vorher was?
Vielleicht kürzlich ein bisschen zu schwer gehoben, eine unglückliche Drehbewegung, ungewohntes Bücken? Ansonsten vermutlich der übliche Satz morgens aus dem Bett. In den letzten Tagen womöglich aber auch pausenlos am PC gesessen?
Etwas in der Art kann herauskommen, wenn der Arzt Patienten mit einem Hexenschuss danach befragt, was vorher alles so los war. Man sieht: Wenig kann genügen, damit es zu der unsäglichen Pein im Kreuz kommt.
Letztendlich können alle möglichen und "unmöglichen" Körperhaltungen oder Bewegungen einen Hexenschuss nach sich ziehen. Auch das Klima, etwa ungewohnte feuchte Kälte, machen Betroffene oftmals dafür verantwortlich. Häufig begünstigen auch psychische Faktoren Schmerzen im Rücken oder Kreuz.
Nicht immer lässt sich also ein konkreter Auslöser finden. Häufig summieren sich einfach viele kleine Schieflagen und Belastungen des Rückgrats, bis man die "Quittung" in Form einer Lumbago bekommt.
Bei vielen Betroffenen ist die Rückenmuskulatur schon eine Weile geschwächt. Der Grund: Bewegungsmangel. Die Strukturen, die für Beweglichkeit im Kreuz sorgen, harmonieren nicht so, wie sie sollten: Muskeln sind verkürzt oder verhärtet, Bänder strapaziert, an den Wirbelgelenken läuft es nicht rund, Nervenfasern werden gereizt.
In der Folge kann es bei bestimmten Bewegungen plötzlich zu einer höchst schmerzhaften "Blockade" an einer Stelle dieses Gefüges kommen. Das kommt vor allem in Höhe der Lendenwirbelsäule vor.
Auch unterhalb davon, an den Kreuzbein-Darmbeingelenken – genannt Iliosakralgelenke –, kann das Zusammenspiel von Muskeln, Bändern & Co. bei Überbelastung gestört sein.
Bei einem Hexenschuss schmerzt der untere Rücken plötzlich so sehr, dass man sich kaum noch bewegen kann. Was Sie dann tun können, sagt Ihnen unser Video.
Zwischen einem Auslöser (falls vorhanden) und dem Schmerzereignis können Stunden oder Tage liegen. Der Schmerz beim Hexenschuss sitzt meist auf einer Körperseite, zwischen Gesäß und Lende. Er wird im Allgemeinen als unerträglich bohrend, ziehend oder stechend empfunden.
Die Betroffenen können sich wegen der Schmerzen nur mehr schlecht als recht bewegen und nehmen eine Schonhaltung ein, etwa leicht nach vorne gebeugt. Sich stärker vorbeugen oder aufrichten geht kaum noch. Gelingt es schließlich, sich rücklings oder auf die Seite zu legen und die Beine anzuwinkeln (in Rückenlage: Stufenlagerung), kann das etwas Linderung bringen.
Abgesehen davon, dass man vorübergehend so gut wie außer Gefecht gesetzt ist, gibt es bei einem unkomplizierten akuten Kreuzschmerz aber keine weiteren Beeinträchtigungen.
Bis die Pein wieder weg ist, kann es durchaus ein paar Tage dauern: Die Selbstheilungstendenz beim Hexenschuss, unterstützt durch einfache Therapiemaßnahmen, ist hoch (siehe unten, Abschnitt "Therapie & Tipps").
Wegen einer akuten Lumbago bei sonst gutem Befinden muss man sich nicht gleich zum Arzt "quälen". Wegen der Schmerzen geht es aber oft nicht ohne ihn. Bitte beachten Sie:
Wer wegen eines Hexenschusses den Arzt konsultiert, dem wird dieser meistens schon anhand der auf bestimmte Fragen hin geschilderten Beschwerden und einer körperlichen Untersuchung die Diagnose sagen können. Mehrheitlich wird sie "unspezifischer (oder nicht-spezifischer) akuter Kreuzschmerz" lauten. Weitere Diagnosemaßnahmen erübrigen sich in diesen harmlosen Fällen zunächst einmal.
Rücken- und Kreuzschmerzen, denen eine Erkrankung zugrunde liegt, werden als spezifisch bezeichnet. Bei länger als vier Wochen anhaltenden Schmerzen oder akuten Komplikationen im Zuge eines Hexenschusses könnte dies zutreffen.
Dann sind weiterführende Diagnoseschritte notwendig, zum Beispiel Röntgen-Aufnahmen, eventuell eine Kernspintomografie oder ein anderes bildgebendes Verfahren, eine neurologische Untersuchung, vielleicht Labortests.
Gegebenenfalls überweist der erstbehandelnde Arzt den Patienten zur genauen Diagnose und Therapie umgehend in eine Klinik oder zeitnah an einen speziellen Facharzt. Mehr Informationen im Beitrag "Rückenschmerzen".
Einen Versuch wert kann vorübergehende Stufenlagerung sein: Rücken und Kopf liegen gestreckt auf einer stabilen, nicht zu harten Unterlage, Hals und Kreuz werden durch eine flache, handbreite Erhöhung, zum Beispiel ein zusammengerolltes Handtuch, abgestützt. Knie und Unterschenkel ruhen auf einem Polster. Seine Höhe ist so, dass die Knie nahezu einen rechten Winkel einnehmen können.
Das heißt: Die Oberschenkel legen sich dem Polster in etwa senkrecht an und zeigen nach oben, Knie und Unterschenkel ruhen waagrecht auf dem Polster. Die Rumpfmuskeln können sich entspannen. Diese Stufenlagerung kann man nach Bedarf einnehmen, anfangs ruhig mehrmals am Tag.
! Achtung: Dies bedeutet jedoch nicht, sich jetzt konsequent ins Bett zu verfügen. Vielmehr sollte man sich zwischendurch häufiger bewegen und die gewohnten Tätigkeiten so gut es geht beibehalten. Schonende Bewegung führt nachweislich zur schnelleren Genesung.
Wichtig: Gehen ist besser als langes Sitzen oder Stehen. Wenn die Schmerzen vorbei sind, können Sie nach und nach ein paar sanfte Übungen machen, um den Rücken zu stärken.
Kurzfristig kann ein einfaches Schmerzmittel wie ein nicht steroidales Antirheumatikum (NSAR) für Linderung sorgen. Anzuraten ist die niedrigst wirksame Dosierung. Wie gesagt: Normalerweise ist der Spuk bald wieder von selbst vorbei.
Wärmeanwendungen am Kreuz können die Durchblutung verbessern und möglicherweise zur Schmerzlinderung beitragen. Sinnvoll sein dürfte das aber nur in dem Maße, wie ein Betroffener gleichzeitig für leichte Bewegung sorgt.
Die Verordnung von Physiotherapie (Krankengymnastik) ist beim akuten Kreuzschmerz normalerweise nicht notwendig. Das gilt auch für manualtherapeutische Maßnahmen (früher: Chirotherapie).
Gerade auch für Bewegungsmuffel heißt es, fortan rückenfreundlicher zu leben, um chronischen Rückenschmerzen vorzubeugen. Dazu gehören regelmäßige körperliche Aktivität, Vermeiden akuter Belastungen der Wirbelsäule und Nomalgewicht.
Es ist sicher nicht verkehrt, Rückgrat und Bauch durch etwas Gymnastik, eventuell auch eine Haltungsschulung (Rückenschule), zu stärken. Kurse mit Wirbelsäulengymnastik werden zum Beispiel von Volkshochschulen angeboten.
Eine rückenfreundliche Gestaltung des Arbeitsplatzes ist eigentlich selbstverständlich. Für die Sportbegeisterten gilt, es nicht zu übertreiben und die Muskeln – auch die am Rücken – vor jeder sportlichen Aktion aufzuwärmen und zu dehnen. Auch zu lernen, wie man auf Dauer besser mit Stress umgeht, ist empfehlenswert.
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Kurzfassung, 2. Auflage. Version 1. 2017. DOI:10.6101/AZQ/000377. Online: https://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/kreuzschmerz/kreuzschmerz-2aufl-vers1-kurz.pdf (Abgerufen am 18.06.2018)
Schmidt CO, Raspe H, Pfingsten M, et al. Back pain in the German adult population: prevalence, severity, and sociodemographic correlates in a multiregional survey. Spine 2007;32(18):2005-1. Online: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17700449 (Abgerufen am 18.06.2018)