Was ist eine koronare Herzkrankheit (KHK)?
Definition: Was ist eine koronare Herzkrankheit?
Eine koronare Herzerkrankung ist verursacht durch eine Verkalkung (Arteriosklerose) der Herzkranzgefäße. Die Herzkranzgefäße oder Koronararterien sind die Blutgefäße, die das Herz mit sauerstoffreichem Blut und energieliefernden Nährstoffen versorgen. Entstehen durch die Verkalkung Engstellen oder Verschlüsse in den Herzkranzgefäßen, kann der für die Versorgung mit Sauerstoff notwendige Blutfluss behindert sein. Die Folge können Herzschmerzen bis hin zum Herzinfarkt sein.
Symptome der koronaren Herzerkrankung
Das Beschwerdebild der koronaren Herzkrankheit kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein:
Beschwerdefreie (asymptomatische) KHK
Sie liegt bei meist leichter bis mäßiger Verengung der Herzkranzgefäße (Koronarsklerose) vor. Wichtig: Erfolgte bereits eine erfolgreiche revaskularisierende Therapie (Ballondilatation und Stentimplantation, Bypassoperation, siehe Kapitel Therapie), besteht die KHK weiterhin – auch bei Beschwerdefreiheit. Gleiches gilt für einen symptomlosen Zustand nach Infarkt, der auch zur beschwerdefreien KHK zählt.
Stabile KHK oder stabile Angina pectoris
Bei einer stabilen (aber symptomatischen) KHK oder einer stabilen Angina pectoris, treten die typischen Beschwerden (Angina pectoris-Anfälle) bei immer gleicher Belastungsstufe (zum Beispiel wenn drei Stockwerke Treppe gestiegen wird) auf. Sie sprechen auf eine medikamentöse Therapie gut an.
Akutes Koronarsyndrom
Man versteht hierunter die potenziell lebensbedrohlichen Erscheinungsformen der KHK.
Dies sind:
a) die instabile Angina pectoris oder KHK: Die KHK ist instabil geworden, wenn die Angina pectoris Beschwerden schon bei geringster Anstrengung oder gar aus körperlicher Ruhe heraus auftreten – ohne Infarkt-typische EKG-Veränderungen und ohne auffällige Erhöhung der Herzenzyme im Blut (Troponin, Creatinkinase-MB). (Mehr dazu weiter unten)
b) der akute Herzinfarkt ohne typische EKG-Veränderungen (Nicht-ST-Hebungsinfarkt), aber mit nachweisbaren Herzenzymwerten im Blut
c) der akute Herzinfarkt mit typischen EKG-Veränderungen (ST-Hebungsinfarkt) und mit nachweisbaren Herzenzymen im Blut
Wie äußert sich eine Angina pectoris?
Die sogenannte Angina pectoris (wörtlich übersetzt heißt das: Brustenge) ist das häufigste und charakteristischste Symptom einer KHK. Definitionsgemäß handelt es sich bei der stabilen Angina pectoris um einen durch körperliche oder psychische Belastung auslösbaren Brustschmerz. Um sie von anderen Brustschmerzen zu unterscheiden, spielen folgende Punkte eine wichtige Rolle:
- Ort des Auftreten: Typischerweise Schmerzen hinter dem Brustbein oder im Brustbereich. Der Schmerz kann auch zum Hals, Nacken, Unterkiefer, ferner in den linken Oberarm, aber auch zum Oberbauch hin ausstrahlen.
- Schmerzdauer: Im Gegensatz zum Herzinfarkt, bei dem die Schmerzen meist plötzlich aus der Ruhe heraus auftreten und anhaltend sind, verschwinden die Symptome bei einem klassischen Angina pectoris Anfall relativ schnell mit Ende der Belastung (Besserung in Ruhe). Die Gabe von Nitrogylcerin lindert die Beschwerden ebenfalls. Typischerweise hören sie nach spätestens zehn Minuten auf.
- auslösende Ursachen: Angina pectoris wird durch körperliche oder emotionale Belastung ausgelöst.
Nicht vom Herz ausgehende Brustschmerzen erfüllen eines oder keines der oben genannten drei Kriterien. Sie werden überwiegend als punktförmige, nur Sekunden anhaltende Stiche oder Schmerzen beschrieben.
Bei der Angina pectoris handelt es sich typischerweise um einen brennenden oder schneidenden Schmerz, häufiger auch als ein bandförmiges Engegefühl über der ganzen Brust angegeben – als ob ein schweres Gewicht auf die Brust oder ein Ring um den Brustkorb gelegt würde. Der Schmerz kann von Luftnot, Herzrhythmusstörungen, Angst und einem Schweißausbruch begleitet sein.
Was ist eine atypische Angina pectoris?
Bei der atypischen Angina pectoris nimmt der Schmerz oft aus der Ruhe heraus langsam zu, bis zu einem Maximum nach 15 Minuten. Dann lässt die Intensität langsam wieder nach. Auslöser ist allerdings keine Verengung der Herzkranzgefäße durch Arteriosklerose, sondern hinter einer atypischen Angina pectoris stecken andere Ursachen, wie zum Beispiel ein Krampf der Koronargefäße (Spasmus) oder ein Einriss der selbigen (Dissektion). Eine andere atypische Angina pectoris-Symptomatik ist der erst nach beendeter körperlicher Belastung auftretende Brustschmerz. Er ist wahrscheinlich ein Zeichen für eine mikrovaskuläre, also winzige Blutgefäße betreffende, Durchblutungsstörung.
Diagnose: Wie stellt der Arzt eine KHK fest?
Um einer koronaren Herzkrankheit vorzubeugen, sollte man sich auch ohne Beschwerden regelmäßig ärztlich durchchecken lassen – zum Beispiel beim Check-up 35, der gesetzlich Versicherten ab einem Alter von 35 Jahren alle drei Jahre kostenfrei zusteht. Dies gilt insbesondere für diejenigen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Herz- und Kreislaufkrankheiten vorliegt, das heißt bei erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutfetten, Übergewicht, Diabetes (Zuckerkrankheit) und Zigarettenrauchen.
Mit Fragen nach Herzerkrankungen in der Familie – insbesondere bei Eltern und Geschwistern – informiert sich der Arzt im Patientengespräch über eine mögliche erbliche Belastung für eine KHK. Regelmäßige ärztliche Untersuchungen sind auch besonders wichtig bei schon bekannter KHK (nach Herzinfarkt, nach Ballondilatation / Stent oder Bypassoperation), um ein Fortschreiten der Erkrankung frühzeitig zu erkennen und möglichst zu verhindern.
Körperliche Untersuchung
Vor der eigentlichen körperlichen Untersuchung werden Körpergröße und Gewicht, möglichst auch der Bauchumfang in Zentimetern und der Bodymass Index (BMI) registriert. Sehr wichtige Untersuchungsdaten sind auch Blutdruck und Pulsfrequenz. Wenn der Arzt mit seinem Stethoskop das Herz abhört, erhält er Informationen über Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus und über eventuell vorhandene Herzklappenfehler.
Mit dem Stethoskop können oft auch durch eine Atherosklerose verursachte Gefäßgeräusche an den Halsschlagadern oder den großen Beinarterien festgestellt werden. Schließlich gibt das Abhören der Lungen Auskunft darüber, ob sie normal belüftet sind oder ob Zeichen einer Entzündung oder Lungenstauung bestehen. Bei einer Herzschwäche ist im Bauchraum eventuell eine vergrößerte Leber zu tasten oder es sind an den Beinen Wassereinlagerungen (Ödeme) zu finden.
Laboruntersuchungen
Die laborchemischen Untersuchungen geben bei Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung wichtige Informationen zu den Risikofaktoren, insbesondere zum Fett- und Zuckerstoffwechsel. Die Bestimmung der Herzenzyme spielt vor allem eine wichtige Rolle, wenn möglicherweise ein akutes Koronarsyndrom oder eine Herzschwäche vorliegt.
Ruhe-EKG
Bei allen Patienten, bei denen der Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung besteht, sollte ein Ruhe-EKG mit zwölf Ableitungen aufgezeichnet werden. Ein normal aussehendes Ruhe-EKG ist zwar auch bei Patienten mit typischer Angina pectoris-Anamnese nicht untypisch. Es kann jedoch darüber informieren, ob die aufgetretenen Brustschmerzen auf einen akuten Herzinfarkt oder eine akute Durchblutungsstörung zurückzuführen sind, ob Zeichen eines früher durchgemachten Herzinfarktes festzustellen sind oder ob Herzrhythmusstörungen bestehen.
Belastungs-EKG
Das Belastungs-EKG (Fahrradergometer, Laufband) ist die am häufigsten angewandte Erstuntersuchung beim Verdacht auf eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße. Der Test erfolgt zur Abklärung von Brustschmerzen, insbesondere bei Patienten, bei denen Risikofaktoren für eine koronare Herzerkrankung bestehen. Nach einem Herzinfarkt, einer Stentimplantation oder Bypassoperation, dient der Belastungstest als wichtige Verlaufskontrolle. Anhand der erzielten Leistung und möglicher EKG-Veränderungen kann der Arzt den langfristigen Behandlungserfolg beurteilen. Darüber hinaus liefert der Test Informationen über das Blutdruckverhalten und das Auftreten von Herzrhythmusstörungen.
Bei diesem Test wird die Intensität stufenweise alle zwei oder drei Minuten gesteigert, bis die individuelle Belastungsgrenze (85 Prozent der maximalen Herzfrequenz und/oder Blutdruck) erreicht ist. Treten Beschwerden (Angina pectoris, Kurzatmigkeit) oder bestimmte EKG-Veränderungen und/oder Herzrhythmusstörungen auf, wird der Test vorzeitig abgebrochen. Brustenge und EKG-Veränderungen, die auf eine koronare Herzkrankheit hinweisen, treten in der Regel dann auf, wenn durch die Belastung der Sauerstoffbedarf des Herzens nicht mehr ausreichend gedeckt werden kann.
Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Belastungstest eine Durchblutungsstörung im Herz festzustellen, ist jedoch begrenzt. Sie beträgt nicht viel mehr als 50 Prozent.
Echokardiografie
Die Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie) ist eine der wichtigsten nichtinvasiven (nicht eingreifenden) bildgebenden Verfahren in der Diagnostik von Herzerkrankungen. Sie ermöglicht es, Größe, Struktur und Funktion der Herzkammern zu analysieren und eventuelle Bewegungsstörungen der Herzwand als Hinweis auf eine KHK zu erkennen. Sie ist nicht dazu geeignet, Herzkranzgefäße abzubilden.
Weitere Belastungstests und bildgebende Verfahren
Die Auswahl der weiteren Tests und/oder bildgebenden Verfahren richtet sich nach dem Risiko eines Patienten und danach, wie wahrscheinlich bei ihm eine koronare Herzerkrankung tatsächlich ist.
Stress-Echokardiografie
Die Stress–Echokardiografie kann indirekt Hinweise auf eine gestörte Herzkranzgefäßdurchblutung geben, wenn unter Belastung (Stress) Wandbewegungsstörungen nachzuweisen sind.
Myokardszintigrafie oder Myokard-Perfusions-SPECT (= single photon emission computed tomography)
Bei diesem nuklearmedizinischen Untersuchungsverfahren wird gegen Ende eines Belastungstests ein radioaktiver Stoff (zum Beispiel 99m-Technetium) in eine Armvene injiziert. Dieser Stoff – das Isotop – wird in Abhängigkeit von der Durchblutung in die Herzmuskelzellen aufgenommen.
Ist ein Herzmuskelareal unter Belastung nicht ausreichend mit Blut versorgt, weil ein Herzkranzgefäß verengt ist, kommt es in diesem Bereich nicht zur Aufnahme des Isotops. Das Szintigramm zeigt im entsprechenden Wandabschnitt einen sogenannten Speicherdefekt. Mit der Myokardszintigrafie können somit Aussagen zu Ort und Ausmaß von Durchblutungsstörungen und Vernarbungen gemacht werden.
MRT
Zur Unterscheidung zwischen anderen Herzerkrankungen und einer koronaren Herzerkrankung wird manchmal auch das MRT eingesetzt. Bildqualität und diagnostische Genauigkeit lassen sich noch verbessern, wenn eine Stress-Perfusions-Magnetresonanztomografie oder Dobutamin-Stress-MRT eingesetzt werden.
Koronar-CT-Angiografie
Bei der Koronar-CT-Angiografie werden die Herzkranzgefäße mit einem in die Vene injizierten Kontrastmittel dargestellt. Die technischen Möglichkeiten, mit dieser Methode Engstellen an den Herzkranzgefäßen nachzuweisen oder auch auszuschließen, wurden in den letzten Jahren erheblich verbessert. Die diagnostische Genauigkeit beim Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit beträgt heute über 95 Prozent. Die exakte Beurteilung des Schweregrades einer Engstelle und deren klinischer Bedeutung kann jedoch schwierig sein. Die Koronar-CT-Angiografie ist bei einem nicht zu hohem Risiko für eine KHK eine Alternative zu (oben genannten) Stresstests. Sie dient hauptsächlich zum Ausschluss einer KHK, wenn die Beschwerden eher untypisch sind. Die Koronar-CT-Angiografie sollte nicht als Screening-Methode bei Patienten eingesetzt werden, bei denen kein begründeter Verdacht auf eine KHK vorliegt.
Invasive Koronardiagnostik (Koronarangiografie)
Die Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiografie) ermöglicht es dem Arzt zu sehen, wo genau die Engstellen in den Herzkranzgefäßen liegen und wie viele der großen Koronargefäße betroffen sind. Nach örtlicher Betäubung wird unter Röntgenkontrolle über eine Pulsader (Arterie) in der Leiste oder eine Unterarmarterie (A.radialis) ein Katheter in der großen Körperschlagader (Aorta) bis zum Herz vorgeschoben.
Durch Injektion eines Röntgenkontrastmittels werden die Herzkranzgefäße auf einem Bildschirm sehr detailliert (bis zu den kleinsten Verzweigungen) dargestellt. Findet der Arzt eine oder mehrere Engstellen in den Herzkranzgefäßen, welche die Beschwerden des Patienten verursachen können, wird er über das weitere therapeutische Vorgehen entscheiden. In Betracht kommen zum Beispiel eine Ballondilatation mit Stentimplantation oder eine Bypassoperation, aber auch eine weitere medikamentöse Therapie.
Eine Koronarangiografie ist sinnvoll:
• bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (siehe Kapitel "Symptome")
• bei Patienten, die trotz medikamentöser Therapie oder nach Eingriff an den Herzkranzgefäßen (Koronarintervention) weiter Angina pectoris haben
• bei Patienten mit eindeutig auffälligen Untersuchungsbefunden und erhöhtem Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten
• bei Patienten, die eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung überlebt haben
• bei Patienten mit stabiler KHK vor einer größeren Operation
Behandlung der KHK
Die wesentlichen Ziele in der Therapie der KHK sind:
- die Beschwerden lindern und
- den Verlauf der Krankheit positiv beeinflussen.
Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen unter anderem:
- eine Änderung des Lebensstils,
- die Kontrolle von Risikofaktoren
- die Einnahme von Medikamenten
- Maßnahmen, um den Blutfluss in den Herzkranzgefäßen wieder zu verbessern
Auch ist es wichtig zu unterscheiden, ob Patienten eine stabile koronare Herzerkrankung oder ein akutes Koronarsyndrom haben. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Erscheinungsbilder der KHK, die jeweils verschiedene Behandlungsstrategien erfordern.
Alle Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit sollten – soweit möglich – ausgeschaltet werden. So lässt sich das Fortschreiten der atherosklerotischen Gefäßerkrankung aufhalten und damit die Gefahr von ernsten Komplikationen wie einem Herzinfarkt, lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen sowie einer Herzschwäche vermindern.
Besonders wichtig ist es, seinen Lebensstil zu ändern:
- Wer übergewichtig ist, sollte darauf achten, nicht weiter zuzunehmen.
- Wer raucht, sollte damit aufhören.
- Wer sich eher ungesund ernährt, sollte auf eine "herzgesunde", fettarme und ballastoffreiche Ernährung mit viel Gemüse und Obst achten.
- Männer sollten nicht mehr als 20 Gramm Alkohol pro Tag konsumieren, Frauen nur halb so viel. Das entspricht knapp zwei kleinen (0,3 Liter) Gläsern Bier bei Männern oder einem bei Frauen.
- Regelmäßige Bewegung ist ebenfalls wichtig. Der Arzt sollte zuvor die individuelle Belastbarkeit überprüfen und mit dem Patienten ein geeignetes Bewegungsprogramm besprechen.
- Zum Stressabbau können unter anderem Entspannungsverfahren beitragen.
- Daneben gilt es, Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie konsequent zu behandeln.
Medikamente zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit
Für einige Medikamente ist nachgewiesen, dass sie bei koronarer Herzkrankheit die Zukunftsaussichten verbessern können. Hierzu gehören: die Plättchenhemmer oder Thrombozytenaggregationshemmer (zum Beispiel ASS, Clopidogrel) sowie die Statine (Cholesterinsenker) und unter bestimmten Bedingungen auch ACE–Hemmer und Betablocker. Davon zu unterscheiden sind Medikamente, die die Angina pectoris-Beschwerden – also die Symptome der KHK – lindern. Dazu zählen unter anderem Nitrate, Kalziumantagonisten, Betablocker und neuere Substanzen wie Ranolazin und Ivabradin.
Plättchenhemmer (Thrombozytenaggregationshemmer)
- Acetylsalicylsäure (ASS): Alle Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung sollten 100 Milligramm Acetylsalicylsäure (ASS) pro Tag von Ihrem Arzt verordnet bekommen. ASS ist für Patienten mit einer KHK ein sehr wichtiges Medikament, um Thrombosen in arteriellen Gefäßen zu verhindern. Denn es hemmt das Verklumpen der Blutplättchen. Besonders wichtig ist ASS für Patienten nach Herzinfarkt, nach Ballondilatation mit Stentimplantation oder nach Bypassoperation. Allerdings geht die Einnahme mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher. Bei einer ASS-Allergie, -Unverträglichkeit oder anderen Kontraindikationen wird der Arzt ASS durch 75 Milligramm Clopidogrel täglich ersetzen.
- Clopidogrel: Der Wirkstoff hemmt ebenfalls das Verklumpen der Blutplättchen. Er hilft Patienten, die zum Beispiel einen Herzinfarkt oder Schlaganfall hatten oder an einer peripheren Durchblutungsstörung (PAVK) leiden, ebenso gut wie ASS. Clopidogrel dient der Vorbeugung von weiteren Herz-Kreislauf-Krankheiten bei diesen Patienten. Clopidogrel kommt bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit zum Einsatz, wenn ASS nicht vertragen wird.
Nach Stentimplantation in einem Herzkranzgefäß findet eine sogenannte duale Thrombozytenaggregation mit Acetylsalicylsäure (ASS) und Clopidogrel statt. Wie lange Patienten die Medikamente in Kombination einnehmen sollen, legt der Arzt für den Einzelfall genau fest. Meist sind es mehrere Monate.
Neuere Thrombozytenfunktionshemmer sind die Arzneistoffe Prasugrel und Ticagrelor. Ärzte setzen sie – unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen und Kontraindkationen – bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom zusätzlich zu ASS ein.
Statine
Statine sind cholesterinsenkende Medikamente, die bei nachgewiesener koronarer Herzkrankheit den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und die Prognose verbessern. Im Normalfall profitieren alle Patienten mit koronarer Herzkrankheit von der Behandlung mit Statinen – unabhängig von der Höhe der LDL-Cholesterinwerte und dem Alter.
Es kommt vor, dass ein Patient ein Statin nicht verträgt, zum Beispiel unter Muskelschmerzen leidet. In solchen Fällen prüft der Arzt zunächst, ob ein anderes Statin weniger oder keine Muskelschmerzen verursacht. Sonst kommen als Alternative sogenannte Cholesterinresorptionshemmer, Fibrate sowie einige andere Präparate in Betracht. Diese Mittel gelten jedoch als schwächer wirksam und ihre Effekte sind wissenschaftlich weniger gut belegt. Daher sind sie Medikamente zweiter Wahl.
Betablocker
Betablocker (genauer Betarezeptorenblocker) gehören seit langer Zeit zur Basistherapie der (chronischen) koronaren Herzkrankheit. Sie senken den Sauerstoffbedarf des Herzens durch Hemmung der Adrenalin-Wirkung auf die Herzfrequenz und den Blutdruck. Sie eignen sich daher besonders zur Therapie und Vorbegung der Angina pectoris (siehe Kapitel "Symptome").
Bei Patienten, die einen Herzinfarkt hatten, kann sich durch die Einnahme eines Betablockers möglicherweise das Risiko für eine erneute Herzattacke oder einen Herztod verringern. Dies gilt insbesondere für die frühe Phase nach einem Infarkt. Auch Patienten, die nach diesem Ereignis eine Herschwäche entwickeln, profitieren von der Therapie mit einem Betablocker. Dennoch sind Ärzte davon abgekommen, grundsätzlich alle Patienten nach einem Herzinfarkt mit diesen Mitteln zu behandeln.
Betablocker bekommen vor allem Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit, die unter einem hohen Blutdruck oder den typischen Symptomen einer Angina pectoris leiden. Ebenso alle diejenigen, die neben der KHK auch eine Herzschwäche haben.
ACE-Hemmer
ACE-Hemmer blockieren das Angiotensin-Converting-Enzym und heißen auch Renin-Angiotensin-Aldosteron-System-Blocker. Der therapeutische Nutzen von ACE-Hemmern ist bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, eingeschränkter Pumpfunktion des Herzens und/oder Bluthochdruck belegt. Diese Medikamente können den Verlauf der KHK günstig beeinflussen.
Kommt es nach einem Herzinfarkt zu einer Herzschwäche, verschreibt der Arzt üblicherweise einen ACE-Hemmer. Dieser ist auch Mittel der Wahl, um bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und Bluthochdruck den Blutdruck zu senken und die Angina pectoris-Anfälle zu behandeln. Manche Patienten vertragen ACE-Hemmer nicht, leiden zum Beispiel unter Reizhusten. Dann kann der Arzt alternativ einen AT1-(Angiotensin 1)-Rezeptorantagonisten verordnen.
Wie wirken ACE-Hemmer?
Nitrate
Nitrate dienen der Behandlung des akuten Angina pectoris Anfalls. Bei Anwendung in Form eines Sprays oder einer Zerbeißkapel sind sie in kürzester Zeit wirksam. Zur Vorbeugung einer belastungsabhängigen Angina pectoris werden länger wirksame Präparate eingesetzt. Voraussetzung für deren Wirkung ist ein tägliches Nitrat-freies Intervall von mindestens acht bis zehn Stunden. Nitrate haben keinen Einfluss auf die Prognose der koronaren Herzerkrankung.
Kalziumkanalblocker
Kalziumantagonisten sind eine unterschiedlich wirksame Medikamentengruppe. Sie lassen sich in zwei Typen unterteilen: Die sogenannten Kalziumantagonisten vom Dihydropyridintyp besitzen eine stark gefäßerweiternde Wirkung. Die Kalziumantagonisten vom Nicht-Dihydropyridintyp verlangsamen vor allem die Herzfrequenz. Je nach vermuteter Ursache des Angina pectoris Anfalls (zum Beispiel hoher Blutdruck, schneller Pulsschlag, Gefäßverkrampfung, chronische Angina pectoris), kommt der für die jeweilige Situation geeignete Kalziumantagonist zum Einsatz. Auch diese Substanzen können die Prognose der koronaren Herzkrankheit nicht verbessern.
Weitere Medikamente zur Behandlung der Angina pectoris
Ivabradin senkt bei Personen mit einem normalen Herzrhythmus (Sinusrhythmus) ebenfalls die Herzfrequenz, allerdings ohne den Blutdruck oder die Muskelkraft des Herzens zu beeinflussen. Ranolazin ist ein neues Medikament, mit dem sich die Symptome der Angina pectoris behandeln lassen und das die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert. Ivabradin und Ranolazin kommen vor allem dann zur Behandlung der Angina pectoris infrage, wenn etwas gegen den Einsatz von Betablockern, Nitraten oder Kalziumantagonisten spricht oder diese nicht ausreichen.
Revaskularisierende Maßnahmen: Perkutane Koronarintervention (PCI) oder Bypassoperation
Mehrere Langzeitstudien, bei denen die Effekte einer medikamentösen Behandlung der KHK und revaskularisierenden Maßnahmen verglichen wurden, haben gezeigt: Nur Hochrisikopatienten profitieren von einer revaskularisierenden Therapie. Dieser Begriff bedeutet, dass durch eine Ballondilatation und Stentimplantation (PCI, siehe Abschnitt unten) oder durch eine Bypass-Operation der Blutfluss in einem oder mehreren verengten Herzkranzgefäßen wieder hergestellt wurde.
Im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Behandlung lässt sich durch eine PCI oder Bypass-OP schneller und anhaltender eine Beschwerdefreiheit erreichen.
Welches Therapieverfahren (PCI oder Bypass) bei den jeweiligen Indikationen in Betracht kommt, sollten Kardiologen, Herzchirurgen und Patient gemeinsam entscheiden.
Für Patienten mit einer Mehrgefäßerkrankung und Diabetes mellitus eignet sich eher ein Bypass, ebenso für Patienten mit einer Hauptstammstenose und Verengung weiterer Teile der Herzkranzgefäße.
Beim akuten Herzinfarkt sollte eine PCI mit Stentimplantation innerhalb der ersten ein bis zwei Stunden nach Schmerzbeginn erfolgen. Nur durch die sofortige Wiedereröffnung eines verschlossenen Herzkranzgefäßes kann Herzmuskelgewebe gerettet und die Prognose des Patienten damit verbessert werden.
Wie funktioniert die perkutane Koronarintervention (PCI)?
Entdeckt der Arzt während einer Koronarangiografie (Darstellung der Herzkranzgefäße mit Kontrastmittel) eine Gefäßverengung, die eine PCI nötig macht, kann diese im unmittelbaren Anschluss durchgeführt werden. Durch einen im Eingang (Ostium) des Herzkranzgefäßes liegenden Führungskatheter schiebt der Arzt über einen, in das Koronargefäß eingeführten dünnen Draht den Ballonkatheter mit Stent (Gittergerüst aus Edelstahl) zur Engstelle vor.
Dort wird nun der Ballon bei kontrolliertem Druck mit Kontrastmittel gefüllt. Der Ballon und der darauf befindliche Stent entfalten sich und beseitigen damit die Engstelle im Gefäß. Während der Stent dort verbleibt, wird der Ballon wieder entleert und aus dem Gefäß zurückgezogen.
Seit längerer Zeit werden mit speziellen Medikamenten beschichtete Stents (Drug eluting stents) verwendet. Sie sollen verhindern, dass sich das betreffende Gefäß durch Gewebewucherung erneut verengt (Restenose).
Nach der PCI bei stabiler koronarer Herzerkrankung muss der Patient für zirka sechs bis zwölf Monate zwei Thrombozytenaggregationshemmer (zum Beispiel ASS und Clopidogrel) einnehmen, um Thromben (Blutgerinnsel) am Gittergerüst des Stents zu vermeiden. Bei einem akutem Koronarsyndrom, das mit einer PCI behandelt wurde, kommen statt Clopidogrel meist Prasugrel oder Ticagrelor für sechs bis zwölf Monate zum Einsatz.
Wie funktioniert eine Bypass-Operation?
Bei der Bypassoperation wird am geöffneten Brustkorb oder – wenn möglich – in minimal invasiver Technik (Minithorakotomie= MIDCAB) eine hochgradige Engstelle oder der Verschluss eines Koronargefäßes mit einer Vene oder Arterie (Arteria mammaria interna) überbrückt.
Risikofaktoren
Zu den wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten einer koronaren Herzkrankheit zählen:
• Ungünstige Blutfette: hohes LDL-Cholesterin, niedriges HDL-Cholesterin, erhöhte Triglyzeride, erhöhtes Lipoprotein (a)
• Bluthochdruck (arterielle Hypertonie)
• Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
• Rauchen
• Koronare Herzkrankheit (KHK) bei Eltern oder Geschwistern: Männliche Angehörige mit Herzinfarkt, Bypass oder Koronargefäßstent vor dem 55. Lebensjahr, weibliche vor dem 65. Lebensjahr
Weitere Risikofaktoren für die KHK sind:
• Alter und (männliches) Geschlecht
• Übergewicht, insbesondere wenn sie mit viel Bauchfett verbunden ist
• Bewegungsmangel
• Psychosozialer Stress
• Ungesunde Ernährung (viel Fett; viel rotes, fettes Fleisch; wenig Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und andere Ballaststoffe)
Beratender Experte
Professor Dr. med. Wolfram Delius ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Er habilitierte sich an der medizinischen Universitäsklinik Uppsala, Schweden, und hatte anschließend eine außerordentliche Professur für Medizin an der Technischen Universität München inne. Der Herzspezialist war lange Zeit als Chefarzt tätig, zuletzt zwei Jahrzehnte an der Abteilung Kardiologie/Pneumologie am Städtischen Krankenhaus München-Bogenhausen (Akademisches Lehrkrankenhaus). Inzwischen führt er eine eigene Praxis.
Professor Delius wirkt seit Jahren aktiv bei Fortbildungsveranstaltungen der Bayerischen Ärztekammer mit und wurde mit der Ernst von Bergmann Plakette der Bundesärztekammer ausgezeichnet.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.