Sportverletzungen: Die Kehrseite der Medaille
Sport gilt als gesundheitsfördernd. Insofern ist es erfreulich, dass viele Menschen in Deutschland regelmäßig Sport treiben. So vielfältig wie die Belastungen der verschiedenen Sportarten sind auch die Wirkungen: Sport und Bewegung beugen Herz-Kreislauferkrankungen vor, halten den Stoffwechsel auf Trab, kräftigen Muskeln und Knochen, hellen die Psyche auf und sorgen nicht zuletzt für Wohlbefinden.
Doch die Medaille hat eine Kehrseite, denn bisweilen schadet Sport. Jedes Jahr ziehen sich Sportler Verletzungen zu, die sie von Ärzten behandeln lassen. Der Orthopäde Dr. Ingo Tusk, Chefarzt der Abteilung Sportorthopädie und Endoprothetik der Frankfurter Rotkreuz-Krankenhäuser und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), relativiert allerdings: "Angesichts von etwa 30 Millionen Sportlern in Deutschland, von denen viele noch dazu mehrmals pro Woche trainieren, ist das Risiko einer Sportverletzung sehr überschaubar." Außerdem kann jeder seine Gefahr mindern, indem er sich nicht überfordert, die richtigen Sportutensilien einsetzt und sich richtig vorbereitet.
Die "PECH"-Regel
Wer sich trotzdem weh tut, dem rät Orthopäde Tusk, Schmerzen immer ernst zu nehmen: "Sie sind ein Alarmsignal und zeigen an, dass etwas nicht stimmt." Für das Bündel an Sofort-Maßnahmen, die Sportärzte grundsätzlich bei Sportverletzungen empfehlen, haben sie die einprägsame Abkürzung "PECH" gewählt. P steht für Pausieren, E für Eis und Kühlen (Eis aber nicht direkt auf die Haut legen!), C für das englische Wort für Kompression und H für Hochlagern. "Wer diese Maßnahmen sofort anwendet, mindert nicht nur die Schmerzen, sondern trägt auch dazu bei, das Ausmaß des Schadens zu begrenzen", sagt Tusk.
Da Sportverletzungen oft die Folge von zu hohen oder falschen Belastungen sind, empfehlen Experten wie Tusk, Sport-Neulingen und -Wiedereinsteigern ihre Pläne zuvor mit einem Arzt zu besprechen: "Eine sportärztliche Untersuchung dient dazu, mögliche Risiken abzuklopfen und die Intensität der Belastung grob festzulegen. Wer es genauer wissen will, muss zusätzlich eine Leistungsdiagnostik machen lassen." Einige, aber nicht alle Krankenkassen übernehmen zumindest anteilsmäßig die Kosten für die Untersuchung. Es empfiehlt sich deshalb, vorher beim Versicherer nachzufragen.
Unfälle im Breitensport häufige Verletzungsursache
Im Breitensport gelten Unfälle als die häufigste Ursache von Sportverletzungen. Während bei Kontaktsportarten wie zum Beispiel Volleyball vor allem Zusammenstöße mit anderen Spielern ein hohes Verletzungsrisiko bergen, stehen bei anderen Sportarten Stürze oder Missgeschicke im Vordergrund – beispielsweise dann, wenn ein Sportler in ein Loch tritt und umknickt.
Unfallverletzungen können so gut wie alle Gewebe und Körperregionen betreffen, auch die Haut. So ereignen sich harmlose Schürf-, aber auch klaffende Platzwunden beim Sport. Je nach Ausmaß, Tiefe und Verschmutzung der Wunde – sowie den begleitenden Verletzungen – kann es nötig sein, die Wunde von einem Arzt versorgen zu lassen.
Bei direkten Gewalteinwirkungen, zum Beispiel einem Sturz auf Asphalt – platzen mitunter kleine Blutgefäße im Muskelgewebe. Solche Prellungen beruhen auf schmerzhaften Blutergüssen (Hämatomen), die die Haut blau – später auch grün, gelb und violett – färben. In den meisten Fällen verschwinden diese im Laufe einiger Tage wieder von selbst. Bei Patienten, die blutverdünnende Mittel einnehmen, können Hämatome allerdings rasch anwachsen und ärztlichen Rat erforderlich machen.
Bei Bänderverletzungen reicht oft eine Schiene
Knochen sind zwar robust, aber bisweilen halten auch sie den Kräften beim Sport nicht Stand. Knochenbrüche müssen immer von einem Arzt versorgt werden. Unverschobene Brüche erfordern üblicherweise nur eine Ruhigstellung in Gips oder Schiene, verschobene Knochenenden dagegen müssen meist per Operation versorgt werden.
Bänder stabilisieren die Gelenke. Bandverletzungen treten vor allem an Knie, Sprunggelenk und Schulter auf. Schwellung, Schmerzen und Bluterguss begleiten diese Art von Verletzung. Ein Riss der Außenbänder am Sprunggelenk – typischerweise knickt der Betroffene um – macht meistens eine Behandlung per Schiene erforderlich. Das gilt auch für die seitlichen Bänder am Knie. Reißt eines der Kreuzbänder im Inneren des Gelenks, führt manchmal an einer Operation kein Weg vorbei. Ähnliches gilt für Meniskusverletzungen. Denn: Schäden der zwei halbmondförmigen Knorpelscheiben im Inneren des Knies verheilen nicht von alleine.
Überlastung kann zu chronischen Schmerzen führen
Sportler, die sich entsprechend ihrem Körperzustand belasten, machen es richtig. Wer sich hingegen überfordert, schadet sich. Sehr häufig erwischt es die Muskeln an Oberschenkel und Wade, denn die sind bei den meisten Sportarten im Einsatz. "Schnelle Bewegungen können Folgen haben, wenn die Muskulatur dafür nicht ausreichend trainiert ist", erklärt Orthopäde Tusk. Ein plötzlich einschießender Schmerz deutet eine Muskelverletzung an. Sind nur wenige Muskelfasern betroffen, verheilt die Verletzung in wenigen Wochen. Reißt dagegen ein Muskelbündel oder gar der ganze Muskel, erwartet den Sportler nicht selten eine lange Trainingspause.
Zu große Belastungen können zu Entzündungen der Sehnenansätze führen. Golfer- und Tennisellenbogen sind typische Beispiele. Viele Breitensportler kämpfen aber auch an den Ansätzen der Knie- oder Achillessehne mit anhaltenden Schmerzen und Entzündungen. Vorsicht ist vor allem an der Ferse geboten, denn eine vorgeschädigte Achillessehne kann schon bei geringer Belastung reißen. Zu den Überlastungsschäden zählen auch Schleimbeutelentzündungen. Die Behandlung dieser wertvollen Puffer aus Bindegewebe, die normalerweise ein reibungsloses Gleiten der Sehnen ermöglichen, erfordert mitunter die Gabe von Kortison.
Risiko Ermüdungsbruch
Nicht nur Muskeln und Sehnen, auch Gelenke können überlastet werden. Zu lange, zu intensive Anstrengungen – oftmals verbunden mit Übergewicht – können für anhaltende Schmerzen in Knie, Hüfte, Sprunggelenk oder einem anderen Gelenk führen. Spätestens dann wird es Zeit, das Trainingsprogramm zu überdenken, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Knorpelschicht der Gelenke dauerhaft Schaden nimmt.
Sportler, die maßlos übertreiben oder sich über einen sehr langen Zeitraum immer wieder überlasten, riskieren Ermüdungsbrüche. Solche Stressfrakturen, wie Ärzte die feinen Risse nennen, kommen vor allem an Schienbein, Knöchel und Fuß vor.