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Kurz zusammengefasst - Bänderriss am Sprunggelenk

Bei einer Bandverletzung am Sprunggelenk ist am häufigsten das Außenband betroffen. Verletzungen der anderen Bänder sind vergleichsweise selten. Der klassische Verletzungsmechanismus ist das Umknicken des Fußes nach innen. Nach einem Bänderriss kommt es unmittelbar zu starken Schmerzen begleitet von einer Schwellung und gegebenenfalls einer Blutergussbildung (Hämatom). Neben der Untersuchung des Sprunggelenkes erfolgt eine Röntgenaufnahme, um eine Verletzung des Knochens auszuschließen. Eine Kernspintomografie (MRT) stellt die Bänder genau dar. Sie ist aber in der Regel nur bei komplizierten Verläufen zum Ausschluss von Begleitverletzungen (beispielsweise des Knorpels) oder zur Operationsplanung notwendig. Meist behandelt man einen Bänderriss konservativ – also ohne Operation. Spezielle Gehschienen (Orthesen) erlauben eine Bewegung im Fuß ohne Gefährdung der verletzten Stelle. Sind mehrere Bänder verletzt oder ist ein Leistungssportler betroffen, raten Ärzte häufiger zur Operation. Auch hier schließt sich eine Nachbehandlung mit einer Orthese für mehrere Wochen an.

Was ist ein Bänderriss am Sprunggelenk?

Bandverletzungen des oberen Sprunggelenkes gehören zu den häufigsten Verletzungen überhaupt. Sie machen allein etwa 25 Prozent aller Sportverletzungen aus. Sie treten vor allem bei Sportarten mit schnellen Richtungswechseln und Gegnerkontakt (Ballsportarten) auf.[1]

Das obere Sprunggelenk verbindet den Unterschenkel und Fuß miteinander. Mehrere Bänder stabilisieren dieses Gelenk: Das Außenband besteht aus drei Teilen. Es zieht vom Wadenbein zum Sprungbein und zum Fersenbein. Daneben gibt es ein Band am Innenknöchel und eines, das Schienbein und Wadenbein verbindet, die sogenannte Syndesmose (siehe auch Box: Hintergrundinformation). Alle diese Bänder können durch ein Trauma reißen, mit weitem Abstand aber am häufigsten betroffen ist das Außenband.

Übersicht über die Bänder und Knochen des oberen Sprunggelenks

Übersicht über die Bänder und Knochen des oberen Sprunggelenks

Hintergrundinformation - Aufbau des Sprunggelenkes

Das Sprunggelenk wird medizinisch in ein oberes und in ein unteres Sprunggelenk eingeteilt. Bei Verletzungen des Sprunggelenkes ist meist das obere Sprunggelenk betroffen.

Das obere Sprunggelenk wird dabei gebildet von Schienbein (Tibia), Wadenbein (Fibula) und Sprungbein (Talus). Das obere Sprunggelenk ist für die Fußhebung und -senkung verantwortlich. Neben der relativ dünnen Gelenkkapsel sorgt ein komplexer Bandapparat für die nötige Stabilität im Sprunggelenk und wird gebildet durch Außenband, Innenband sowie vorderer und hinterer Syndesmose. Die Syndesmose ist eine feste Bandverbindung zwischen Schienbein und Wadenbein.

Das Außenband wird von drei Teilen gebildet: Ligamentum (Band) talofibulare anterius (häufig auch Lig. fibulotalare anterius genannt), Ligamentum talofibulare posterius (auch Lig. fibulotalare post.) und Ligamentum calcaneofibulare. Am häufigsten betroffen ist das Lig. talofibulare anterius (über 85 Prozent der Fälle) gefolgt vom Ligamentum calcaneofibulare (50 - 75 Prozent). Das Ligamentum talofibulare posterius ist am seltensten betroffen (unter zehn Prozent der Fälle).

Das Innenband (Ligamentum collaterale mediale) besteht aus vier Teilen und verläuft fächerförmig vom Innenknöchel (Malleolus medialis) zu mehreren Fußwurzelknochen.

Die Achillessehne verbindet Wadenmuskel und Ferse. Sind die Wadenmuskeln verkürzt, knickt der Fuß leichter um

Die Achillessehne verbindet Wadenmuskel und Ferse. Sind die Wadenmuskeln verkürzt, knickt der Fuß leichter um

Wie kommt es zu einem Bänderriss am Sprunggelenk?

Ursache des Bänderrisses ist eine akute, über das physiologische Ausmaß hinaus gehende Aufklappung des Sprunggelenkes. Der typische Verletzungsmechanismus ist das Umknicken des Fußes nach innen. Hierdurch kommt es zu einer Überlastung des Außenbandes.

Prädisponierend sind Sportarten mit schnellen Richtungswechseln wie Basketball oder Fußball.

Knickt der Fuß nach außen um, wird das Innenband überdehnt oder es reißt. Die sogenannte Syndesmose verbindet das Schienbein mit dem Wadenbein. Sie kann zum Beispiel zerreißen, wenn man einen kräftigen Tritt von vorne auf das Sprunggelenk bekommt. Diese Verletzungen kommen aber vergleichsweise selten vor. Daher beziehen sich die weiteren Ausführungen vor allem auf Verletzungen des Außenbandes.

Erste Hilfe bei Bänderriss: Was kann man tun?

Der Knöchel tut weh, wird dick und blau – diese Symptome können auf einen Bänderriss am Sprunggelenk hindeuten

Der Knöchel tut weh, wird dick und blau – diese Symptome können auf einen Bänderriss am Sprunggelenk hindeuten

Welche Beschwerden bereitet ein Bänderriss?

Sowohl eine Zerrung als auch ein Riss zeigen sich in der Akutphase zunächst durch einen starken Schmerz in dem betroffenen Gelenk. Der Knöchel schwillt schnell und stark an. Wenn Hautgefäße einreißen entsteht ein Bluterguss (Hämatom), welcher bis in den Sohlenbereich auslaufen kann. Es tut weh auf den betroffenen Fuß aufzutreten, aber es ist dennoch möglich.

Für den Betroffenen ist es kaum möglich, zwischen Riss und Zerrung zu unterscheiden. Die Stärke der Schmerzen sagt nicht unbedingt etwas über die Schwere der Verletzung aus. Ein gezerrtes Band kann manchmal sogar mehr wehtun als ein Riss. Charakteristisch für den Riss ist die veränderte Beweglichkeit des Gelenks. Möglicherweise wird es instabil und der Betroffene fühlt sich auf dem verletzten Fuß unsicher.

Wie wird ein Bänderriss festgestellt?

Anamnese und klinische Untersuchung

Zunächst wird der Unfallmechanismus und die Krankengeschichte erfragt. Auch ob es bereits mehrfach vorgekommen sei und damit eine mögliche Bandinstabilität bereits existiert. In der klinischen Untersuchung wird auf Blutergüsse und eine Schwellung geachtet sowie das Gelenk sowie angrenzende Teile des Fußes und Unterschenkels abgetastet. Weitere Tests (zum Beispiel, ob eine vermehrte Aufklappbarkeit besteht oder ein Schubladentest mit vermehrter Beweglichkeit) können ergänzt werden, allerdings sind diese aufgrund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik in der Akutsituation häufig nicht möglich und dürfen auch erst nach einer Röntgenuntersuchung erfolgen, wenn ein Bruch (Fraktur) sicher ausgeschlossen wurde. Besser ist es, nach der bildgebenden Diagnositk und der Erstversorgung eine erneute Untersuchung nach fünf bis sieben Tagen durchzuführen. Hierbei lassen sich Bandverletzungen in über 80 Prozent der Fälle erkennen[1].

Nachdem die normale Beweglichkeit im Kapselband-Apparat bei jedem Menschen unterschiedlich ist, untersucht der Arzt zum Vergleich immer die unverletzte Seite mit.

Bildgebende Verfahren

  • Röntgen

Eine normale Röntgenaufnahme des Sprunggelenkes von vorne und seitlich ist Standard, um knöcherne Begleitverletzungen und Brüche auszuschließen (siehe oben). Zusätzliche sogenannte gehaltene Röntgenaufnahmen werden nur bei speziellen Fragestellungen angefertigt, beispielsweise bei Verdacht auf eine chronische Instabilität. Ergänzende Röntgenaufnahmen, zum Beispiel auch des Fußes werden je nach vermuteter Begleitverletzung angeschlossen.

  • Ultraschall-Untersuchung

In einer Ultraschalluntersuchungen (Sonographie) können Bandstrukturen und Blutergüsse gesehen werden, setzt aber eine ausreichende Erfahrung des Untersuchers voraus.

  • Magnetresonanztomgraphie (MRT)

Mit Hilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) kann man die Bandstrukturen und Begleitverletzungen genau darstellen. Es ist aber nur indiziert, wenn sich die Beschwerden unzureichend bessern oder aufgrund des Unfallmechanismus und des Traumas eine schwerwiegendere Verletzung vermutet wird. Zur Standarddiagnostik wird es nicht eingesetzt.

Wie wird ein Bänderriss behandelt?

Prinzipell kann man einen Bänderriss am Sprunggelenk konservativ (also ohne Operation) oder operativ versorgen. In Studien konnte kein Vorteil einer operativen gegenüber einer konservativen Behandlung festgestellt werden. Allerdings ist immer eine individuelle Entscheidung notwendig, welche auch von Ausmaß und Schwere der Verletzung abhängt. Auch bei Leistungssportlern kann eine operative Versorgung in Betracht gezogen werden. Es bleibt aber auch in diesem Fall eine individuelle Entscheidung[2].

Beim Akutereigniss erfolgt in den ersten Tagen die Therapie vor allem durch Entlasten, Hochlagern und Kühlen des Sprunggelenkes. Durch diese Maßnahmen nimmt die Schwellung des Gelenkes ab und die Schmerzen lassen nach. Unterstützend kann auch eine medikamentöse Therapie durch Schmerzmittelgabe vorübergehend sinnvoll sein. Ist das Sprunggelenk in der Akutphase zu stark geschwollen, so dass noch keine spezielle Gehschiene (Orthese) angepasst werden kann, wird zunächst mit einer gespaltenen Unterschenkel-Gipsschiene oder Castschiene und Gehstützen für einige Tage eine vorübergehende Versorgung erfolgen. Solange keine vollständige Belastung möglich ist, muss eine Thromboseprophylaxe durch die Gabe von niedermolekularem Heparin durch Spritzen erfolgen.

  • Konservative Therapie

In den meisten Fällen ist eine konservative Behandlung der Verletzung gut möglich und ist Standard bei der Versorgung eines Außenbandrisses (Goldstandard)[2]. Der Patient bekommt eine spezielle Gehschiene (Orthese). Sie ermöglicht eine sogenannte frühfunktionelle Behandlung, bei welcher ein normales Abrollen des Fußes beim Gehen möglich ist. Gleichzeitig verhindert sie zuverlässig, dass der Fuß erneut umknickt. Diese Therapie vermeidet Muskel-Abbau und Verklebungen in der Heilungsphase. Auch eine Thromboseprophylaxe ist bei einer Vollbelastung des Beines nicht mehr nötig. Die Schiene muss üblicherweise für eine Dauer von mindestens fünf bis sechs Wochen Tag und Nacht getragen werden[1].

Ein weiterer wichtiger Baustein der konservativen Therapie ist die Physiotherapie. Einerseits können durch die Behandlung abschwellende Maßnahmen wie beispielsweise Lymphdrainage helfen, andererseits wird durch gezielte Übungen der Muskelaufbau und damit die Stabilität im Sprunggelenk gefördert. Auch spezielle Übungen zur Verbesserung der Tiefensensibilität (Propriozeption) sind wichtiger Bestandteil. Langfristig stärken zum Beispiel Balance-Übungen auf einem Therapie-Kreisel (Balance-Board) die Muskeln rund um das Sprunggelenk und verbessern ihr Zusammenspiel.

Wie früh mit einfacher sportlicher Aktivität wieder begonnen werden kann ist individuell mit dem bahandelnden Arzt oder Ärztin abzusprechen und hängt unter anderem von der vorhandenen Verletzung und Begleitverletzungen ab. Auch kann nicht nach einer bestimmten Zeitdauer die Sportfähigkeit bemessen werden, sondern nach der Funktionsfähigkeit und Stabilität des Sprunggelenkes.

  • Operative Therapie

Offene Verletzungen, ein starker Bluterguss und Schwellung mit drohendem Untergang der intakten Haut (Nekrose) oder Nervengewebe, eine begleitende Verletzung des Innenbandes oder bestimmte begleitende Brüche machen eine operative Versorgung notwendig. Auch beim Versagen der oben genannten konservativen Therapie, also wenn nach sechs Wochen weiterhin eine Instabilität besteht, kann eine operative Versorgung sinnvoll sein. Knochen- oder Knorpelverletzungen am Sprunggelenk sind auch ein Grund für eine operative Versorgung. Das gilt vor allem für Patienten mit einem erhöhten Belastungsanspruch, zum Beispiel bei Leistungssportlern. Jede Operation birgt gewisse Risiken, wie beispielsweise Infektionen oder Wundheilungsstörungen. In einem ausführlichen Gespräch werden Vor- und Nachteile einer operativen Versorgung besprochen. Neben der Versorgung zum Beispiel eines Bruches werden die Bänder genäht. Sind sie sehr stark beschädigt, können körpereigene Sehnen an ihre Stelle verpflanzt werden (Bandrekonstruktion). Die Operation kann entweder offen oder arthroskopisch durchgeführt werden.

Auch nach einer operativen Versorgung muss für mindestens sechs Wochen eine Orthese getragen werden, um ein erneutes Umknicken umbedingt zu vermeiden.[3]

Bei unkomplizierten Bänderrissen sind die Langzeitergebnisse nach einer konservativen Behandlung vergleichbar mit denen nach einer Operation.

Prognose: Können Bänderrisse Spätfolgen haben?

Nach einer Umknickverletzung sollte man so bald wie möglich einen Arzt aufsuchen – auch dann, wenn die Schmerzen nach der Erstbehandlung schon wieder deutlich nachgelassen haben. Wird ein Bänderriss nicht angemessen behandelt, drohen bleibende Gelenkprobleme. Wenn das zerrissene Band schlecht ausheilt, kann das Gelenk dauerhaft instabil bleiben. Der Betroffene knickt immer wieder um und das Risiko für neuerliche Bandverletzungen steigt. Für Leistungssportler ist das natürlich von besonderer Bedeutung. Ein instabiles Sprunggelenk kann aber auch den normalen Alltag erheblich beeinträchtigen sowie durch eine Fehlbelastung einen schmerzhaften Gelenkverschleiß (Arthrose) ausbilden.

Bei 60 bis 90 Prozent der Betroffenen ist nach zwölf Wochen die Sportfähigkeit auf dem selben Niveau wie vor dem Unfall. Die Prognose bei einer isolierten Außenbandruptur mit frühfunktioneller Behandlung ist gut.

Vorbeugen: Wie kann man sich vor einem Bänderriss schützen?

Der wirksamste Schutz vor Bandverletzungen am Sprunggelenk ist ein gutes Training der Schienbeinmuskulatur. Sorgfältiges Aufwärmen vor dem Sport dehnt die Wadenmuskulatur und verringert die Verletzungsgefahr. Einen gewissen Schutz bieten auch spezielle Sportschuhe. Wer bereits einen Bänderriss hatte, kann beim Training zur Vorbeugung stützende Bandagen tragen.

Bewährt hat sich auch ein spezielles sensomotorisches Training unter Anleitung eines Physiotherapeuten. Bei so einer Übungsbehandlung muss der Patient verschiedene Übungen gleichzeitig ausführen (zum Beispiel: einen Ball auffangen, während er auf einem Balanceboard balanciert)[2]. Sie hilft mit, wichtige Bewegungsmuster zu automatisieren und macht so das Gelenk stabiler.

Prof. Dr.  Martin Engelhardt

Prof. Dr. Martin Engelhardt

Beratender Experte:

Prof. Dr. Martin Engelhardt, Facharzt für Orthopädie, ist Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie am Klinikum Osnabrück. Er war viele Jahre Präsident der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) und leitender Orthopäde der Deutschen Olympia-Mannschaft. In jüngeren Jahren war Engelhardt selbst aktiver Leistungssportler im Schwimmen und im Triathlon.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.


Quellen:

  • [1] Dr. med. Markus-Johannes Rueth, Prof. Dr. med. Alexander Schuh, Dr. med. Philipp Koehl, MHBA et al.: Sportverletzungen richtig einschätzen und behandeln, Die häufigsten Krankheitsbilder auf einen Blick, Zertifizierte Fortbildung. In: Orthopädie und Rheuma 15.08.2023, 4-23: 36-48
  • [2] Zwipp H:: Conservative functional treatment of acute fibular ligament rupture of the ankle. . In: Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 02.05.2023, https://doi.org/...
  • [3]

    Siewert, Chirurgie, 8. Auflage, Springer-Verlag, S. 878ff