Wundheilung: Narben klein halten
Eine Verletzung, Verbrennung oder Operation hinterlässt meist eine Narbe auf der Haut. Was hilft, damit sie möglichst unauffällig bleibt

Sichtbare Erinnerungen: Im Gesicht fallen auch kleine Narben auf
Der Sturz vom Fahrrad, die Blinddarm-OP, der Hundebiss – jede Narbe erzählt eine Geschichte, macht uns unverwechselbar. Dennoch empfinden wir die Spuren, die das Leben auf unserer Haut hinterlassen hat, oft als Makel.
"Viele Menschen haben heute ein sehr stark ausgeprägtes ästhetisches Empfinden", sagt Dr. Gerd Gauglitz, Leiter der Abteilung für ästhetische Dermatologie und Lasermedizin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Uni München. Dabei sei Narbenbildung eine normale Schutzfunktion des Körpers, mit der er die verletzte Haut schnell verschließt.

Zweckmäßiger Ersatz der verlorenen Haut
Bei dieser Reparaturmaßnahme setzt der Körper mehr auf Zweckmäßigkeit als auf Schönheit. Das neu entstandene Bindegewebe enthält keine Pigmentzellen, Haarfollikel, Talg- oder Schweißdrüsen und unterscheidet sich deshalb optisch von seiner Umgebung. "Wenn alles gut läuft, sind Narben nur minimal verbreitert und heben sich kaum von Hautniveau und -farbe ab", sagt Dermatologe Gauglitz.
Doch je nach Körperstelle, Ursache, Heilungsverlauf und individueller Anlage kann auch zu viel oder zu wenig Narbengewebe gebildet werden. Dann entstehen kraterartig eingesunkene, wulstartig verdickte, in seltenen Fällen sogar über das eigentliche Wundgebiet wuchernde Narben.
Bildergalerie: Gestörte Wundheilung mit zu wenig oder zu viel neuem Bindegewebe


Atrophe Narbe: Kraterartig eingesunkene Narben entstehen durch Entzündungen in der Haut – etwa eine starke Akne

Hypertrophe Narbe: Wulstartige Narben bilden sich, wenn das Wundgebiet unter starkem Zug, Druck, oder großer Spannung steht

Narbenkeloid: Keloide wuchern tumorartig über das Wundgebiet hinaus. Die Neigung dazu ist in der Regel genetisch bedingt
Narben können seelisch belastend sein
Die betroffenen Patienten stehen oft unter enormem Leidensdruck. Das erlebt auch Hautarzt Gauglitz im Klinikalltag häufig: "Trotz moderner Behandlungsmöglichkeiten sind Narben noch immer eine therapeutische Herausforderung."
Zu eingesunkenen Narben etwa kommt es unter anderem durch entzündliche Prozesse, beispielsweise schwere Akne. Zwar lässt sich die Haut durch Laserbehandlungen oder mikroskopisch feine Nadeln zur Neuproduktion von Bindegewebe anregen, dennoch raten Experten zur Vorbeugung. "Die Akne sollte frühzeitig medizinisch behandelt und die Haut mit geeigneten Produkten gepflegt werden", sagt Christian Redmann, Apotheker aus Ebermannstadt. "Auf keinen Fall sollten Betroffene die Pusteln mechanisch bearbeiten."
Was Betroffene selbst tun können
Nach einer Verletzung oder Operation können Patienten ebenfalls viel selbst dazu beitragen, dass die Narben unauffällig bleiben und keine Beschwerden wie Juckreiz, Spannungsgefühl und Schmerzen verursachen. "Sobald die Wunde nach etwa zwei Wochen verschlossen ist, sollte man das Narbengewebe regelmäßig vorsichtig massieren", rät Apotheker Redmann.
Unterstützend wirken spezielle Narbencremes, die das Gewebe mit Feuchtigkeit versorgen und Entzündungen sowie die Neubildung von Narben-gewebe hemmen sollen. Cremes oder Pflaster mit Silikonöl wirken physikalisch, indem sie eine feuchte Kammer auf der Haut bilden und das Gewebe aufweichen. "Wichtig ist zudem ein konsequenter Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor, da das Narbengewebe kein schützendes Melanin mehr bilden kann", sagt Redmann.
Spannung und Druck vermeiden
Auf jeden Fall benötigt man Geduld: "Bis die Narbenbildung abgeschlossen ist, kann ein Jahr vergehen", weiß der Apotheker. In den ersten Wochen sollte der Patient Zug, Druck und Spannung in der betroffenen Region vermeiden – etwa durch Sport oder schweres Heben.
"Sonst meint der Körper, er muss mehr schützendes Narbengewebe produzieren, und es entstehen unschöne Wülste", sagt Dermatologe Gauglitz. Auch er empfiehlt vorsichtige Massagen und Narbengel: "So kann der Patient selbst zur Heilung beitragen und merkt frühzeitig, wenn die Narbe zu wuchern beginnt."
Maßnahmen bei Keloiden
Bei wulstig verdickten Narben und wuchernden Keloiden hilft nur noch der Gang zum Hautarzt. Dieser kann die Stelle mit flüssigem Stickstoff vereisen oder eine Kortisonkristallsuspension ins betroffene Gewebe spritzen. "Kortison wirkt entzündungshemmend und unterdrückt die Vermehrung des Bindegewebes", so Gauglitz. Auch mit verschiedenen Laserarten seien mittlerweile gute Erfolge zu erzielen.
Um die Narbe so weit wie möglich an die umgebende Haut anzugleichen, sind in der Regel mehrere Sitzungen erforderlich, die die Patienten allerdings meist selbst bezahlen müssen. "Mögliche Schmerzen und Juckreiz lassen sich so reduzieren, und optisch erreichen wir häufig sehr zufriedenstellende Ergebnisse", sagt Gauglitz. "Aber Wunder können wir leider keine vollbringen. Eine Narbe wird sich immer von der gesunden Haut unterscheiden."