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Schmerzen quälen, martern, klopfen, pochen oder stechen. Manchmal bohren sie, brennen, drücken oder kribbeln. Viele Wörter eignen sich, um Schmerzen zu beschreiben, denn jeder fühlt und erlebt sie anders. Trotz der Vielfalt der Begriffe findet sich eine Gemeinsamkeit: Schmerz erfüllt eine Funktion. Er signalisiert: "Vorsicht, hier stimmt etwas nicht." Normalerweise schmerzt es, wenn dem Körper Schaden droht – durch äußere Einflüsse oder Erkrankungen.

Was ist Schmerz?

Schmerz ist ein Warnsignal des Körpers. Es nimmt seinen Ausgang in Haut und Organen. Dort verfügt der menschliche Körper über spezielle Schmerzrezeptoren, die Nozizeptoren. Sie senden elektrische Impulse aus, wenn sie Kälte, Hitze, Strom, bestimmten chemischen Stoffen oder hohem Druck ausgesetzt sind. Oder bei Verletzungen. Die Signale der Schmerzrezeptoren werden über spezielle Schmerzfasern ins Rückenmark weitergeleitet und dort verarbeitet.

Über die Schaltstelle im Rückenmark können Reflexe ausgelöst werden: Beispielsweise aktiviert sie jene Muskeln, die die Hand von der heißen Herdplatte ziehen. Dabei nimmt der oder die Betroffene noch keinen bewussten Schmerz wahr. Das geschieht erst, nachdem die Signale vom Rückenmark ins Gehirn gelangt sind und dort mehrere Kontrollinstanzen in Hirnrinde, Zwischenhirn und Hirnstamm angeregt haben.

Je nachdem, an welcher Körperstelle der Schmerz entsteht, können wir seinen Auslöser genauer oder weniger genau bestimmen. Auf der Haut befinden sich zum Beispiel sehr viele Schmerzrezeptoren. Wird sie verletzt, kann der oder die Betroffene oft genau sagen, wo und wie groß die Wunde ist und ob sie durch Hitze oder einen spitzen Gegenstand ausgelöst wurde. Schmerzen an den Organen sind dagegen meist diffuser und weniger genau bestimmbar. Manchmal werden sie sogar an einer anderen Körperstelle wahrgenommen: Bei einem Herzinfarkt kann neben der Brust auch der Arm, Hals oder Kiefer wehtun.

Wie wichtig die Warnfunktion des Schmerzes ist, lässt sich an jenen Menschen erkennen, die Schmerzen gar nicht oder kaum wahrnehmen. Beispiel Diabetes: Schreitet die Zuckerkrankheit voran, können die Nerven in den Füßen geschädigt werden. Eine solche Polyneuropathie kann die Füße schmerzunempfindlich machen, zu deformierten Zehen sowie chronisch infizierten Wunden führen.

Warum nehmen wir Schmerzen unterschiedlich wahr?

Wie wir akute Schmerzen wahrnehmen, wird von den vielen Verschaltungen und Verarbeitungsprozessen in unserem Körper beeinflusst. Dabei spielt zum einen der aktuelle Gemütszustand eine Rolle: Verletzen sich beispielsweise Sportler oder Sportlerinnen während eines Wettkampfs, spüren sie – selbst bei schwerwiegenden Verletzungen – oft keinen Schmerz. Erst nach der Belastung machen sich die Beschwerden bemerkbar.

Von großer Bedeutung sind zum anderen auch bisherige Schmerzerfahrungen. Denn diese Informationen verändern jene Nervenzellen von Gehirn und Rückenmark, die eintreffende Impulse hemmen oder verstärken und damit die Wahrnehmung beeinflussen. Deshalb empfinden Menschen mit ähnlichen Verletzungen teilweise sehr unterschiedlich starke Schmerzen: Für manche ist schon eine kleinere Schnittwunde sehr schmerzhaft, andere finden auch bei einer schweren Verletzung die Schmerzen noch erträglich.

Schmerz kann sich unterschiedlich anfühlen – ja nachdem, welche Ursache er hat. Zum Beispiel[1]:

  • Anfallsartiger einschießender Schmerz (zum Beispiel bei der Trigeminusneuralgie, einer Schmerzerkrankung eines Gesichtsnervs)
  • Brennender, dumpfer Schmerz (zum Beispiel bei Nervenverletzungen)
  • Tiefer, bohrender Schmerz (zum Beispiel durch Schwellungen verursacht wie bei der Krankheit Morbus Sudeck)
  • Dumpfer Schmerz, der dazu neigt auszustrahlen und von vegetativen Erscheinungen begleitet wird (zum Beispiel bei Kopfschmerzen oder Muskelkrämpfen)

Welche Arten von Schmerz gibt es?

Schmerzen werden in verschiedene Arten eingeteilt, je nachdem, auf welche Weise sie entstehen.

Nozizeptorschmerzen

Sie entstehen, wenn eine Verletzung im Gewebe die Schmerzrezeptoren, die Nozizeptoren, reizt. Dies kann durch äußere Einwirkung wie einen Schlag, eine Verbrennung oder eine Quetschung geschehen, aber auch durch eine Entzündung, einen Tumor oder Koliken. Bei Koliken zieht sich die Muskulatur von Organen stark zusammen, die Schmerzrezeptoren werden gereizt. Auch entzündliche Erkrankungen wir die rheumatoide Arthritis, Wund- oder Zahnschmerzen rufen Nozizeptorschmerzen hervor.

Nervenschmerzen

Die sogenannten neuropathischen Schmerzen treten auf, wenn ein Nerv geschädigt ist. Diese Schmerzen beschreiben Betroffene als kribbelnd, brennend oder messerscharf – entweder kurzzeitig einschießend oder anhaltend dumpf. Oft fällt es schwer, den Schmerz exakt zu orten. Denn die beschädigten Nerven liefern falsche Informationen. Das kann zum Beispiel bei Amputationen der Fall sein. Hier empfinden Betroffene Schmerzen in einem Körperteil, das nicht mehr da ist. Außerdem kann die Schädigung durch Viren geschehen, wie es bei der Gürtelrose (Herpes zoster) der Fall ist, durch hohe Blutzuckerkonzentrationen bei Diabetes (diabetische Neuropathie), bei Bandscheibenvorfällen sowie nach einem Schlaganfall.

Reflektorische Schmerzen

Eine weitere Ursache von Schmerzen sind Fehlsteuerungen im Körper. Beispiel Rückenschmerzen: Sie beginnen oft mit der Funktionsstörung eines Muskels, einer Muskelverspannung. Die sorgt für weitere Verspannungen, was die Schmerzen wiederum verstärkt. Ähnlich ist es bei Spannungskopfschmerzen. Auch bei dem Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom (Morbus Sudeck) sowie bei Migräne handelt es sich um reflektorische Schmerzen.

Psychosomatische Schmerzen

Bei dieser Art von Schmerzen liegt zunächst keine körperliche, sondern eine psychische Ursache vor. Starke Gefühle, psychische Belastungen sowie Stress können Schmerzen hervorrufen, zum Beispiel anhaltende Magen-Darm-Beschwerden, Herz- oder auch Kreuzschmerzen. Der Schmerz belastet selbst wiederum die Psyche, was dazu führen kann, das ein sich gegenseitig verstärkender Kreislauf einsetzt.

Viszerale Schmerzen

Liegt die Ursache des Schmerzes in einem innerenOrgan, gelten die Beschwerden als viszerale Schmerzen. Sie fühlen sich meist dumpf an und sind für Betroffene schwer zu lokalisieren. Das Gehirn ordnet die Schmerzen bestimmten Regionen im Körper zu, Head’sche Zonen genannt. Meist stimmt sie ungefähr mit dem betroffenen Organ überein – bei einem Herzinfarkt treten zum Beispiel Schmerzen in der Brust auf. Manchmal jedoch nicht: Eine Head’sche Zone der Gallenblase befindet sich jedoch in der rechten Schultergegend.

Somatische Schmerzen

Verletzungen der Haut oder der Schleimhaut, Muskeltraumen, Prellungen, Knochenbrüche oder auch Operationen aktivieren die Schmerzfühler im Gewebe und erzeugen sogenannte somatische Schmerzen. Stammen sie aus tiefer liegendem Bindegewebe, Knochen, Muskeln oder Gelenken, werden sie auch Tiefenschmerz genannt. Er fühlt sich dumpf an, kann ausstrahlen und von Übelkeit, Zittern oder Schwitzen begleitet werden. Oberflächenschmerzen aufgrund von Verletzungen der Haut oder Schleimhaut sind meist gut lokalisierbar und verschwinden, sobald ihr Auslöser beseitigt ist.

Akuter und chronischer Schmerz

Des Weiteren wird zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterschieden. Akuter Schmerz verschwindet wieder, wenn die Verletzung abgeheilt ist. Halten Schmerzen jedoch an und bestehen unabhängig von der Ursache weiter, sprechen Ärztinnen und Ärzte von Chronifizierung, Betroffene oft vom Schmerzgedächtnis. Der populäre Begriff dient dazu, jene biochemischen und physiologischen Veränderungen an Rezeptoren im Rückenmark und Gehirn zu beschreiben, die Dauerschmerzen hervorrufen. Doch anders als häufig vermutet, geht es bei einer effektiven Schmerztherapie nicht darum, die Veränderungen im Gehirn rückgängig zu machen und damit das angeblich vorhandene Schmerzgedächtnis zu löschen. Vielmehr sollen Betroffene vor allem lernen, mit den Schmerzen zu leben und mit der Angst vor ihnen umzugehen. Als hilfreich hat sich die sogenannte multimodale Schmerztherapie erwiesen.


Quellen:

Thema Schmerz