Schädel-Hirn-Trauma
Was ist ein Schädel-Hirn-Trauma?
Beim Schädel-Hirn-Trauma (SHT) handelt es sich um eine Verletzung des Schädels und des Gehirns infolge eines Traumas. Trauma bedeutet eine körperliche Verletzung durch eine Gewalteinwirkung wie beispielsweise einem Verkehrsunfall, Sturz oder Schlag. Diese Gewalteinwirkung führt zu einer Verletzung des Kopfes und zu einer Funktionsstörung und/oder Verletzung des Gehirns. Wird der Kopf verletzt, das Gehirn jedoch verschont und dessen Funktion bleibt von Anfang an erhalten, dann sprechen Ärzte von einer Schädelprellung.
Ursachen für ein Schädel-Hirn-Trauma
Ursächlich für ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist eine Gewalteinwirkung auf den Kopf. Bei jüngeren Menschen ist häufig ein Verkehrsunfall schuld. Dabei prallt der Kopf beispielsweise mit großer Geschwindigkeit auf das Lenkrad oder gegen die Windschutzscheibe. Bei älteren Menschen finden sich eher Stürze als Verursacher des Schädel-Hirn-Traumas. Auch Unfälle, die während des Sports, der Arbeit und im Haus passieren, können ein Schädel-Hirn-Trauma bedingen. Ein typischer Fall hierfür ist der unbehelmte Radfahrer, welcher auf den Kopf stürzt. Ebenso können Gewaltverbrechen, bei denen es zu Schlägen, Hieben oder Kopfschüssen kommt, zu einem Schädel-Hirn-Trauma führen.
Symptome eines Schädel-Hirn-Traumas
Ein Schädel-Hirn-Trauma kann eine ganze Reihe unterschiedlicher Symptome hervorrufen. Sie hängen davon ab, welche Gehirnregion beeinträchtigt ist und wie groß die Kraft war, die auf das Gehirn eingewirkt hat.
Leichtes gedecktes Schädel-Hirn-Trauma
Ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma (GCS: 13-15 Punkte) – umgangssprachlich als Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) bezeichnet – kann sich allgemein durch Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen äußern. Der Patient kann für kurze Zeit benommen sein oder das Bewusstsein für wenige Minuten (unter fünf Minuten) verlieren. Häufig besteht eine Erinnerungslücke für den Zeitraum vor und nach dem Unfall (retrograde beziehungsweise anterograde Amnesie). Eine komplette Rückbildung aller Symptome tritt meist innerhalb von fünf Tagen ein. Es handelt sich um eine kurzandauernde Störung der Gehirnfunktion.
Mittelschweres gedecktes Schädel-Hirn-Trauma
Liegt ein mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma (GCS: 9 -12 Punkte) treten ähnliche Beschwerden auf. Allerdings ist der Verletzte länger bewusstlos (Bewusstseinsverlust bis zu 30 Minuten) oder verwirrt. Zusätzlich können neurologische Symptome auftreten: Lähmungserscheinungen, Doppelbilder oder Probleme beim Sprechen. Die Verletzungen können sich vollständig zurückbilden, je nach Schwere und Lokalisation der Gehirnverletzung können aber auch Schäden bleiben.
Schweres gedecktes Schädel-Hirn-Trauma
Bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma (GCS: 3 - 8 Punkte) hält die Bewusstlosigkeit länger an (länger als 30 Minuten) und kann sogar über Tage oder gar Wochen bestehen. Das Gehirn weist starke Verletzungen auf. Der Patient kann neurologische Symptome wie Lähmungen oder epileptische Anfälle entwickeln. Des weiteren kann es zu Störungen der Atmung und des Kreislaufes kommen. Ein schweres Schädelhirntrauma ist lebensbedrohlich. Bleibende neurologische Defizite sind sehr viel wahrscheinlicher als beim leichten oder mittelschweren SHT.
Risiken: Welche Folgen kann ein Schädel-Hirn-Trauma haben?
Wer ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat, entwickelt häufig ein sogenanntes posttraumatisches Syndrom, das meist nur für wenige Tage anhält. Dem Patient schmerzen Kopf und Nacken, ihm ist übel und schwindlig, er kann sich schlecht konzentrieren, er ist gereizt und merkt sich Dinge schlechter. Eher selten halten diese Beschwerden für Wochen an. Ein leichtes Trauma klingt im Normalfall ohne Folgen ab.
Bei einem mittelschweren und schwereren Schädel-Hirn-Trauma kann es neben den Verletzungen, die direkt durch die Gehirnprellung ausgelöst werden, zu sekundären Hirnschäden kommen. Ursache dafür kann zum Beispiel ein Hirnödem (Gehirnschwellung) sein. Das Problem dabei: Der knöcherne Schädel kann sich nicht weiten. Damit wird der Platz für das geschwollene Gehirn in Relation zu klein und der Druck im Schädel, ebenso wie im Gehirn, steigt an. Ein gesteigerter intrakranieller Druck kann lebensgefährlich werden. Darüber hinaus können Betroffene infolge eines Schädelhirntraumas epileptische Anfälle bekommen und bleibende neurologische Defizite wie Lähmungen, Sprachstörungen und Bewusstseinsstörungen entwickeln.
Diagnose eines Schädel-Hirn-Traumas
Bei einer Kopfverletzung untersucht der Arzt beziehungsweise Notarzt den Patienten. Er überprüft neben Atmung, Puls, Blutdruck und Pupillenreaktion ob neurologische Ausfälle vorliegen. Daneben fragt er den Verletzten (sofern möglich), was passiert ist, und verschafft sich einen ersten Überblick. Die Befunde der Bewusstseinsprüfung werden anhand der Glasgow Coma Skale (GCS, siehe oben) dokumentiert.
Hat der Patient ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und finden sich neurologische Ausfälle, Erinnerungslücken, eine Bewusstseinstrübung oder gar ein Koma ist der Goldstandard in der Klinik eine Computertomografie (CT) des Schädels. Im Rahmen von Mehrfachverletzungen nach einem Verkehrsunfall wird ein sogenanntes Spiral-CT gemacht, in welchem neben dem Kopf auch der Körper dargestellt werden kann. Bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma kann gegebenenfalls auf eine CT-Untersuchung verzichtet werden. Ob eine CT-Untersuchung notwendig ist, wird in Abhängigkeit von Alter, Krankengeschichte, Medikamentenliste, Unfallhergang und Untersuchungsergebnissen vom Arzt festgelegt. Eine Computertomografie kann Verletzungen des Gehirns, intrakranielle Blutungen und Schädelbrüche sichtbar machen. In seltenen Fällen ist eine ergänzende Magnet-Resonanz-Tomografie nötig.
Therapie eines Schädel-Hirn-Traumas
Behandlung eines leichten Schädel-Hirn-Traumas
Wer ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma hat, muss nicht zwangsläufig in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Es sollte zur Sicherheit eine Vorstellung erfolgen. Je nach Befund entscheidet der Arzt dann von Fall zu Fall ob eine stationäre Überwachung erfolgen sollte. Kommt es zu einem posttraumatischen Syndrom (siehe Kapitel Risiken), lassen sich die Beschwerden je nach Art der Krankheitszeichen behandeln. Gegen Kopfschmerzen kann der Patient nach Rücksprache mit dem Arzt beispielsweise Schmerzmittel einnehmen. Wer Nackenschmerzen hat, dem hilft eine Kombination aus Physiotherapie, Kälte- oder Wärmeanwendungen sowie muskelentspannenden Medikamenten.
Therapie des mittelschweren und schweren Schädel-Hirn-Traumas
Bei einem mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Trauma beginnt der Notarzt bereits am Unfallort beziehungsweise während des Transports mit der Behandlung. Das Wichtigste dabei: Blutdruck stabilisieren und Atmung aufrechterhalten – zur Not durch künstliche Beatmung. Denn zu niedriger Blutdruck und Sauerstoffmangel im Blut gehören zu den wichtigsten Ursachen für sekundäre Hirnschäden (siehe Kapitel Symptome). Im Krankenhaus wird der Verletzte dann gezielt behandelt. Schwellen Bereiche im Gehirn stark an oder treten dort Blutungen auf (intrakranielle Blutung), muss der Patient gegebenenfalls operiert werden.
Neurologische Beschwerden
Kommt es bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma auch zu neurologischen Ausfällen, gehört zur Behandlung auch eine Rehabilitation. Diese beginnt oft direkt nachdem der Patient intensivmedizinisch und neurochirurgisch versorgt wurde (neurologische Frührehabilitation). Wie die Reha im Einzelnen aussieht, richtet sich unter anderem nach den Beschwerden und den neurologischen Ausfallerscheinungen des Patienten. Der Rehabilitations- und Heilungsverlauf kann bis zu zwei Jahre dauern. Je jünger ein Mensch ist, je kürzer er bewusstlos war und je geringer der Schweregrad des Schädelhirntraumas ausfiel, desto höher sind die Heilungschancen. Auch welche Symptome nach dem Trauma aufgetreten sind, spielt dabei eine Rolle.
Beratende Expertin
Privatdozentin Dr. med. Carla Jung ist Fachärztin für Neurochirurgie. Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt am Surgical Neurology Branch der National Institutes of Health, Bethesda, MD, USA, arbeitete sie von 2007 bis April 2018 als Fachärztin, Oberärztin und Geschäftsführende Oberärztin in der Abteilung für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg. Seit Mai 2018 ist sie Chefärztin der Klinik für Neurochirurgie des Agaplesion Bethesda Krankenhauses Wuppertal (Akademisches Lehrkrankenhaus der Uniklinik RWTH Aachen).
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.