Haarausfall bei Krebstherapie: Wann fallen die Haare aus, was kann ich tun?
Wer an Krebs erkrankt, muss sich häufig darauf einstellen, dass durch die Therapie die Haare ausfallen. Das bedeutet oft auch, eine gewisse Zeit mit einer Glatze zu leben. Doch nicht bei jeder Chemotherapie oder Bestrahlung gehen die Haare aus.
Welche Krebsbehandlungen mit Haarausfall verbunden sind, wie man Haarausfall kaschieren kann, was es bei der Pflege zu beachten gilt: Hier finden Sie Antworten auf häufige Fragen.
Fallen bei jeder Krebstherapie die Haare aus?
Chemotherapien, Bestrahlungen und Antihormontherapien sind häufig – aber nicht zwingend – mit Haarausfall verbunden. Selten tritt er bei zielgerichteten Therapien und Immuntherapien auf.
Haarausfall bei Chemotherapie
Typisch ist, dass die Haare bei einer Chemotherapie nach und nach ausfallen, manchmal büschelweise. Mit der Zeit fallen bei den meisten Menschen alle Haare aus und es bildet sich eine Glatze.
Nicht jede Chemotherapie geht mit Haarausfall einher. Ob es dazu kommt, hängt davon ab:
- welches Medikament man genau bekommt
- wie hoch das Medikament dosiert ist
- ob das Medikament über die Vene, als Tablette oder kombiniert mit anderen Wirkstoffen verabreicht wird
Haarausfall bei Bestrahlung
Bei einer Bestrahlung spielt es neben der Strahlendosis eine Rolle, welcher Körperteil bestrahlt wird und in welcher Form. Wenn Haare ausfallen, passiert das nur an den Stellen, die bestrahlt wurden. Im Vergleich zur Chemotherapie ist eine Bestrahlung seltener mit Haarausfall verbunden.
Haarausfall bei Antihormontherapie
Eine Antihormontherapie bei Brustkrebs verändert den Hormonhaushalt. Dies geht oft mit diffusem Haarausfall einher. Dabei können die Haare insgesamt ausdünnen oder brüchig werden. Selten fallen die Haare komplett aus. Bei einer Behandlung mit Aromatasehemmern tritt Haarausfall beispielsweise häufig auf. Die Einnahme von Tamoxifen ist vergleichsweise seltener damit verbunden.
Haarausfall bei zielgerichteter Therapie und Immuntherapie
Bei zielgerichteten Therapien tritt Haarausfall selten und nur teilweise auf. Das Haar kann dünner oder brüchig werden; mitunter ändert sich die Farbe. Bei Männern kann der Bartwuchs nachlassen.
Im Zuge einer Immuntherapie bilden sich bei manchen Menschen kreisrunde haarlose Flecken im Kopfhaar. Manchmal macht sich das erst einige Zeit nach Ende der Behandlung bemerkbar.
Wie schnell fallen die Haare aus?
Bei einer Chemotherapie fallen die Haare üblicherweise ein bis vier Wochen nach Behandlungsbeginn aus. Manchmal fängt der Haarausfall erst nach mehreren Therapie-Sitzungen an. Bei Haarausfall durch eine Bestrahlung verhält es sich ähnlich.
Kommt es im Zuge einer zielgerichteten Therapie zu Haarveränderungen, treten diese indes erst zwei bis drei Monate nach Behandlungsbeginn auf.
Was sind die Ursachen für Haarausfall bei einer Krebstherapie?
Chemotherapie
Eine Krebsbehandlung mit Chemotherapie zielt darauf, die sich schnell teilenden Krebszellen in ihrem Wachstum zu hemmen oder sie zu zerstören. Diese Form der Therapie wirkt auf den ganzen Körper und schädigt auch schnell wachsendes, gesundes Gewebe – wie die Haarwurzel-Zellen. In der Folge hören die Haare auf zu wachsen und fallen aus.
Neben dem Kopfhaar können Augenbrauen, Wimpern, Bart, Achsel- und Schamhaare verloren gehen.
Bestrahlung
Eine Bestrahlung zerstört die Krebszellen um den bestrahlten Bereich herum. Wird etwa der Kopf bestrahlt, kann das die Haarwurzeln schädigen und Haarausfall begünstigen.
Zielgerichtete Therapie
Zielgerichtete Therapien greifen nur ganz bestimmte Strukturen der Krebszellen an. Gesundes Gewebe schädigen sie in der Regel nicht. Es gibt jedoch Wirkstoffe, die sich gegen Strukturen richten, die auch bei gesunden Zellen vorkommen. Betrifft es die Zellen der Haarwurzeln, ist Haarausfall möglich.
Immuntherapie
Immuntherapien dienen dazu, dass Immunsystem zu aktivieren und dieses gezielt gegen die Krebszellen zu richten. Wie es dabei genau zu Haarausfall kommt, ist bisher unklar. Man vermutet, dass Entzündungsprozesse an den Haarwurzeln eine Rolle spielen.
Antihormontherapie
Wie Antihormontherapien mit Haarausfall zusammenhängen, ist ebenfalls noch nicht vollständig geklärt. Was man weiß: Geschlechtshormone beeinflussen das Haarwachstum. Verändert sich der Hormonhaushalt, kann Haarausfall die Folge sein.
Wann wachsen die Haare wieder nach?
Ist die Behandlung abgeschlossen und sind die Medikamente im Körper abgebaut, wachsen die Haare wieder nach. Das passiert meist innerhalb von drei bis sechs Monaten. Bis das Haar vollständig nachgewachsen ist, kann es aber noch länger dauern.
Das nachwachsende Haar ist oft fülliger und lockiger. Zudem kann die Farbe der neuen Haare von der ursprünglichen Haarfarbe abweichen.
Wie kann ich mich auf den Haarausfall vorbereiten?
Ist bei der Therapie mit Haarausfall zu rechnen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten.
Richtige Haarpflege
Einfache Pflege-Maßnahmen helfen, den Haaren und der Kopfhaut etwas Gutes zu tun. Dazu gehört zum Beispiel:
- Haare mit einem milden Shampoo waschen
- Haare trocken drücken und nicht rubbeln
- Haare mit einer weichen Haarbürste kämmen
- auf Styling-Produkte wie Glätteisen, Fön, Haarbänder und Haarspangen verzichten
- möglichst kein Haarspray oder chemische Pflegeprodukte anwenden
- Haare am besten nicht färben
Haare abschneiden oder rasieren
Manche Menschen entscheiden sich dafür, die Haare kurz zu schneiden oder abzurasieren noch bevor die ersten Haare ausfallen. Andere warten den Verlauf ab und entscheiden sich später. Wer lange Haare hat und sich langsam an die Veränderung gewöhnen möchte, kann die Haare stufenweise kürzer schneiden.
Kopfbedeckungen oder Perücke kaufen
Hüte, Tücher, Mützen sind ein hilfreicher Begleiter während der Zeit des Haarausfalls und für die Zeit, wenn die Haare nachwachsen. Fehlt das eine oder andere in der Garderobe, kann man es im Voraus nachkaufen.
Möchte man eine Perücke oder ein Haarteil tragen, ist es sinnvoll, sich vorab darum zu kümmern. So lässt sich zum Beispiel leichter ein Modell finden, das zur ursprünglichen Haarfarbe passt.
Was kann man tun, um den Haarausfall zu kaschieren?
Wer sich mit dem Haarausfall unwohl fühlt und in der Öffentlichkeit keine Glatze tragen möchte, kann ihn auf verschiedene Weise verbergen:
- den Kopf mit einer Mütze, einem Hut oder Tuch bedecken: Das hält außerdem warm. Wichtig ist, dass die Bedeckung gut sitzt und nicht wehtut. Für ein Haarteil oder eine Perücke fragen Sie Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren behandelnden Arzt nach einem entsprechenden Rezept.
- „Streuhaare“ verwenden: Das sind Fasern, die sich elektrostatisch mit dem eigenen Haar verbinden und das Haar so fülliger wirken lassen. Man bekommt sie als Pulver rezeptfrei in der Apotheke.
- Wimpern oder Augenbrauen ersetzen: Wenn Wimpern betroffen sind, künstliche Wimpern tragen. Wenn Augenbrauen ausfallen, künstliche Augenbrauen aufkleben oder mit Schminke nachzeichnen. Eventuell ist Permanent-Make-up eine geeignete Lösung. Viele Selbsthilfegruppen und Kliniken bieten spezielle Kosmetikseminare an.
Was sollte man zu Perücken wissen?
- Es gibt Perücken aus Echt- und Kunsthaar, die verschieden geknüpft sind. Im Tragekomfort unterscheiden sie sich kaum. Perücken aus Echthaar sind jedoch aufwändiger zu pflegen und teurer.
- Die Preise für Perücken sind sehr verschieden. Manche kosten einige hundert Euro, andere mehr als tausend Euro. Erkundigen Sie sich im Zweithaarstudio zu den aktuellen Preisen.
- Bei der Wahl des Zweithaarstudios ist darauf zu achten, dass es von der jeweiligen Krankenkasse als Anbieter zugelassen ist.
- Damit die Krankenkasse die Kosten für eine Perücke trägt oder anteilig übernimmt, muss der Arzt oder die Ärztin den Haarersatz verordnen. Zudem muss die Krankenkasse die Verordnung genehmigen.
- Bei gesetzlich versicherten Frauen, Kindern und Jugendlichen erstatten die Krankenkassen in der Regel die Kosten für eine Perücke. Bei Männern ist es mit der Kostenerstattung schwieriger. Der Grund ist, dass man bei ihnen annimmt, dass sie selten unter dem Haarausfall leiden.
- Ob die Kosten ganz oder teilweise übernommen werden, hängt vom Perücken-Modell ab. Hat die Perücke Eigenschaften, die über die medizinisch notwendige Versorgung hinausgehen, muss man die Mehrkosten selber tragen. Im Allgemeinen ist eine gesetzliche Zuzahlung zu leisten.
- Fragen Sie vor dem Kauf einer Perücke bei Ihrer Krankenkasse nach, welche Konditionen genau für Sie gelten.
Was gibt es bei der Haarpflege zu beachten?
Fallen die Haare aus, ist die Kopfhaut an den haarlosen Stellen sehr empfindlich und benötigt eine spezielle und schonende Pflege.
Allgemeingültige Pflege-Tipps
Solange die Haare ausfallen und nicht vollständig nachgewachsen sind, ist es ratsam:
- den Kopf selten zu waschen und wenn, dann mit lauwarmem Wasser und mildem Shampoo.
- die Haare an der Luft trocknen zu lassen und nur vorsichtig zu rubbeln.
- die Haare mit einer weichen Bürste zu kämmen und am besten nicht zu föhnen und falls doch, nicht zu heiß.
- möglichst kein Haarspray, Spülungen oder Gel anzuwenden.
- auf Style-Prozeduren wie Färben zu verzichten.
Spezielle Pflege für die haarlose Kopfhaut
In dieser Zeit empfiehlt es sich:
- die Kopfhaut mit einer fetthaltigen Creme oder Salbe ohne Duftstoffe einzucremen.
- die Kopfhaut sanft zu massieren.
- Tücher aus Baumwolle, Seide oder Viskose zu tragen. Sie halten besser auf dem Kopf als Tücher aus Kunstfasern. Auch Seidenkopfkissen können hilfreich sein.
- eine weiche Kappe oder Mütze aufzusetzen, um die Kopfhaut warm zu halten. Man kann sie auch nachts beim Schlafen tragen.
- die Kopfhaut vor der Sonne zu schützen, indem man den Kopf bedeckt oder Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor aufträgt.
Wie funktioniert eine Kühlkappe und wie wirksam ist sie?
Kühlkappen sollen helfen, Haarausfall zu vermeiden. Ärztinnen und Ärzte können sie anbieten, wenn mit starkem Haarverlust zu rechnen ist – etwa bei einer Chemotherapie über die Vene.
Man trägt die Kühlkappe einige Minuten vor, während und nach der Medikamentengabe. Das kann mit starkem Kälteempfinden und Kopfschmerzen verbunden sein.
Kälte verringert Wirkung des Medikaments
Die Kälte bewirkt, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen. In der Folge fließt weniger Blut durch die Kopfhaut. Dadurch gelangt auch weniger Chemotherapie-Medikament über das Blut in die Kopfhaut und schließlich in die Haarzellen.
Gleichzeitig drosseln die Haarwurzeln ihren Stoffwechsel und nehmen insgesamt geringere Mengen des Medikaments auf: Die Haare werden weniger geschädigt und können erhalten bleiben.
Nutzen und Risiken sind abzuwägen
Der Einsatz von Kühlkappen eignet sich nicht für jede Krebsform und jede Krebsbehandlung. Zudem sind sie nicht überall verfügbar.
Sprechen Sie mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt, ob eine Kopfhautkühlung infrage kommt. Fragen Sie zudem bei Ihrer Krankenkasse nach, ob die Kosten dafür übernommen werden.
Generell ist vorab der Nutzen von Kühlkappen gegenüber den Risiken abzuwägen. Bei Brustkrebs gibt es die meisten Studien. Sie weisen darauf hin, dass eine Kühlung der Kopfhaut bei manchen Menschen starken Haarausfall verhindern kann. Ihr Nutzen ist bislang aber nicht abschließend geklärt.
An wen kann ich mich wenden, wenn mich der Haarausfall belastet?
Plötzlich und schnell die Haare zu verlieren, ist für viele Menschen ein einschneidendes Erlebnis.
Der Haarverlust kann dazu führen, dass man sich zum Beispiel traurig oder wütend fühlt. Auch fällt es manchmal schwer zu entscheiden, wie man am besten mit dem Haarausfall umgeht.
Dann kann es hilfreich sein:
- sich der Ärztin oder dem Arzt, dem Partner oder der Partnerin, den Freundinnen und Freunden oder Familienangehörigen anzuvertrauen und um Rat zu fragen.
- sich in Selbsthilfegruppen mit Menschen auszutauschen, die in der gleichen Situation sind oder waren.
Ist die emotionale Belastung sehr groß, bieten Psycho-Onkologinnen und Psycho-Onkologen therapeutische Hilfe. Auf der Website vom Krebsinformationsdienst können Sie nach Angeboten in der Nähe Ihres Wohnorts suchen.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.
Quellen:
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., Deutsche Krebsgesellschaft e. V., Stiftung Deutsche Krebshilfe: Supportive Therapie: Vorbeugung und Behandlung von Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung. Leitlinie: 2018. Patientenleitlinie: https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 02.11.2023)
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ). Krebsinformationsdienst. : Haarausfall bei Krebs. https://www.krebsinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 02.11.2023)
- Deutsche Krebsgesellschaft e. V. : Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen. Leitlinie: 2020. S3-Leitlinie. AWMF-Registernummer 032/0540OL: https://register.awmf.org/... (Abgerufen am 02.11.2023)
- Rugo HS, van den Hurk C: Alopecia related to systemic cancer therapy. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 05.10.2023)
- Saleh D, Nassereddin A, Cook C: Anagen Effluvium. [Updated 2023 Aug 16]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-: https://www.statpearls.com/... (Abgerufen am 02.11.2023)
- UpToDate: Patient education: Hair loss from cancer treatment (The Basics). Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc: https://www.uptodate.com/... (Abgerufen am 02.11.2023)