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Der erste Verdacht kommt vielleicht beim Tasten unter der Dusche auf: Seit wann ist da dieser Knubbel, diese harte Stelle in der Brust? Ist das Brustkrebs? Oder in der Mammographie ist eine Veränderung im Brustgewebe sichtbar. Frauen zwischen 50 und 69 Jahren können diese Röntgenuntersuchung zur Früherkennung in Deutschland alle zwei Jahre wahrnehmen, die monatliche Tastuntersuchung zu Hause wird von Frauenärztinnen und -ärzten empfohlen.

Nicht ohne Grund: Brustkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Etwa jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens, meldet der Krebsinformationsdienst. Doch die Medizin hat den Brustkrebs gut im Griff – und kann Patientinnen in den aller­meisten Fällen eine Heilung in Aussicht stellen. Das liegt auch daran, dass die Diagnose in den vergangenen Jahren immer genauer und ausgefeilter geworden ist.

Brust-Querschnitt (Schematische Darstellung, Sagittalschnitt)

Brustkrebs (Mammakarzinom)

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Informationen zu Anzeichen, Risikofaktoren, Diagnose und aktuellen Therapien. zum Artikel

Exakte Diagnose ist heute möglich

Denn Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Heute lässt sich sehr genau bestimmen, um welche Art es sich handelt – zum Beispiel ob Hormone das Tumorwachstum anregen. Danach wird anschließend die Therapie ausgerichtet. „Wir können mittels Mammographie und Ultraschall-Unter­suchung der Brust schon relativ früh sagen, ob es sich um einen bösartigen Tumor handelt“, erklärt Dr. Kathrin Stewen, Gynäko­login und Oberärztin am Brustzentrum der Universitätsmedizin Mainz. „Aber um die richtige Strategie für die Therapie zu entwickeln, müssen wir den Krebs genau charakterisieren und seine speziellen Eigenschaften kennen.“

Um dies herauszufinden, brauchen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte eine Gewebeprobe. Sie wird in ­einem kleinen Eingriff, Biopsie genannt, unter örtlicher Betäubung entnommen. Mit einer nur 1,5 Millimeter dicken Hohlnadel werden Proben direkt aus dem Tumor oder dem veränderten Gewebe gestanzt. Die Probenentnahme dauert nur wenige Minuten und erfolgt unter Ultraschallkontrolle. „Die Stanzbiopsie ist unerlässlich für die genaue Diagnose und wird bei allen Brustkrebs-­Patientinnen durchgeführt“, sagt Stewen. Unter dem Mikroskop lässt sich das Tumor- gewebe ganz genau untersuchen. Die
Therapie ist nämlich auch deshalb so ziel­gerichtet, weil Medizinerinnen und Medi­ziner heute ganz genau wissen, worin sich bösartige Tumore der Brust unterscheiden.

Anti-Hormontherapie für hormonsensible Tumore

In den allermeisten Fällen wachsen sie hormonabhängig. Verantwortlich dafür sind die weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron. Sie können nicht nur das Wachstum von gesundem Brustgewebe anregen, sondern auch das von Krebszellen. Dafür brauchen die Zellen aber eine Andockstelle, auch Rezeptor genannt. Finden sich in der Gewebeprobe diese Andockstellen für Hormone, gilt der Tumor als „hormonsensibel“: Das trifft auf ungefähr zwei Drittel der Patientinnen zu. Sie bekommen eine Anti-Hormon- oder Hormonentzugstherapie mit Wirkstoffen, die die Hormonrezeptoren blockieren oder die Hormon­bildung unterdrücken. Die Andockstellen sind für die Krebszellen geschlossen.

Gezielte Antikörpertherapie für Tumore mit HER2-Rezeptoren

Manche Krebszellen besitzen dagegen auf ihrer Oberfläche Rezeptoren für „Wachstumsfaktoren“. Der englische Name lautet „human epidermal growth factor receptor 2“, auch „HER2“ genannt. Findet man Andockstellen für diese Wachstumsfaktoren, können diese durch eine Antikörpertherapie gezielt angesteuert werden: So werden die Krebszellen bekämpft. „Zusätzlich können wir bestimmen, wie schnell die Krebszellen wachsen, und so der Patientin sehr genau sagen, in welche Richtung die Therapie gehen wird“, sagt Professorin Dr. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums an der Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Kathrin Stewen ergänzt: „Weil wir die Tumorart mittlerweile so genau bestimmen können, hat sich die Brustkrebstherapie in den vergangenen 20 bis 30 Jahren deutlich verbessert, vor allem hinsichtlich Prognose und Überleben.“

Chemotherapie und Immuntherapie für Triple-negativ-Tumore

Hoffnung auf neue Therapien gibt es auch für eine Tumorart, die Ärztinnen und Ärzten lange Kopfzerbrechen bereitete: In 10 bis 15 Prozent der ­Fälle weisen die Krebszellen nämlich gar keine der drei Andockstellen auf – weder für Östrogen oder Progesteron noch für Wachstumsfaktoren. Diese „triple-negative“ oder dreifach-negative Form betrifft meist Frauen mit genetischem Brustkrebs. Sie sind Trägerinnen einer Genveränderung, die sehr wahrscheinlich zu Brustkrebs führt. Betroffene erkranken meist sehr jung, unter 50 Jahren; häufig gibt es mehrere ­Fälle in einer Familie. „Hier kombinieren wir neuerdings die Chemotherapie mit ­einer Immuntherapie und operieren erst danach“, erklärt Harbeck.

Brustkrebs ist Erkrankung des ganzen Körpers

Die Behandlung mit Medikamenten sei heute oft der erste Schritt – nicht die Operation, erklärt die Expertin. „So sehen wir, wie der Tumor auf die Behandlung anspricht. Auch das ist ein wichtiger Baustein für die Entscheidungsfindung, wie es mit der Therapie weitergeht.“ Etwa ob es bei ­einem hormonabhängigen Tumor noch ­eine Chemotherapie braucht – oder ob die Anti-­Hormon-Behandlung ausreicht. Harbeck betont: „Brustkrebs ist keine Erkrankung der Brust, sondern des ganzen Körpers. Wir müssen verhindern, dass die Krebszellen streuen und sich Metastasen bilden – und das können wir nur mit Medikamenten.


Quellen: