Schlafapnoe: Welche Therapien helfen
Nachts erschlaffen die Muskeln im Rachenraum, die Zunge fällt zurück, die Luftwege sind blockiert. Der Atem setzt aus, Sekunden, Minuten, wieder und wieder. Die Schlafapnoe ist eine schwere Schlafstörung. Rund jeder Vierte ab 60 Jahren leidet an den nächtlichen Atemaussetzern. Die Betroffenen schnarchen währenddessen in der Regel sehr laut. Das an sich ist kein Problem. Der wiederholte Atemstillstand (Apnoe) hingegen sehr wohl.
Die Schlafstörung äußert sich auf vielfältige Weise: Betroffene fühlen beispielsweise tagsüber eine bleierne Müdigkeit auf sich lasten. Sie kämpfen mit Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und mit Sekundenschlaf. Letzteres ist ein Alarmzeichen. Nachts schwitzen Menschen mit Schlafapnoe stark und müssen häufig zur Toilette. Bleibt die Krankheit unbehandelt, kann das viele weitere böse Folgen haben. Welche das sind, zeigt die Infografik.
Das passiert bei einer Schlafapnoe
Betroffene Personen machen einen wiederholten Kreislauf von Einschlafen, Luftnot und Erwachen durch. Oft bemerken sie von alldem nichts:
Bis zu 400 Mal stockt der Atem im Extremfall pro Nacht. Schlafapnoe ist definiert durch mindestens fünf Atempausen von wenigstens 10 Sekunden pro Stunde.
Zum Glück gibt es einige Gegenmittel. Und seit Kurzem sogar eine Neuerung, von denen einige Patientinnen und Patienten profitieren werden: Individuell angepasste Unterkieferschienen, die die Atemwege offen halten, sind nun Regelleistungen der gesetzlichen Krankenkassen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu später mehr.
Den Atem messen lassen
Die Betroffenen sollen ihre Symptome ihrer Ärztin oder ihrem Arzt möglichst ausführlich beschreiben. Bei Verdacht auf ein Schlafapnoe Syndrom erfolgt in der Regel zunächst ein ambulantes Screening auf diese Erkrankung. Dazu bekommt die Patientin oder der Patient ein tragbares Messgerät mit nach Hause. Das Gerät registriert während des Schlafs die Atmung, die Herzfrequenz, die Sauerstoffsättigung im Blut, das Schnarchen und die Körperlage.
Offenbaren sich hier Auffälligkeiten, folgt gegebenenfalls die Untersuchung in einem Schlaflabor. Bei mindestens fünf Atemaussetzern von wenigstens zehn Sekunden innerhalb einer Stunde stellt die Ärztin oder der Arzt die Diagnose Schlafapnoe. Der Lebensstil hat bei vielen Betroffenen einen großen Einfluss auf die Erkrankung. Die meisten Patientinnen und Patienten profitieren davon, wenn sie daran etwas ändern.
Gewohnheiten verändern
So sollten Menschen mit starkem Übergewicht abnehmen. Das ist für sie die wichtigste Maßnahme. Denn große Mengen an Bauchfett erschweren das Atmen. Und das Fettgewebe im Hals und Rachen verengt den Luftweg. Der Abbau von Pfunden gelingt durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung. Sie enthält viel Gemüse und Obst, keinen zusätzlichen Zucker, möglichst keinerlei Weißmehlprodukte, sondern nur Vollkorn. Gesunde pflanzliche Fette und möglichst kein Alkohol spielen ebenfalls eine Rolle. Zudem sollten sich die Betroffenen ausreichend bewegen.
Allerdings geben viele bald auf, wenn sie merken, dass sie kaum Kilos verlieren. „Es gibt begleitete Abnehmprogramme, die sind sehr sinnvoll“, empfiehlt Dr. Dora Triché, Oberärztin und Leiterin des Schlaflabors und der nichtinvasiven Beatmung am Klinikum Nürnberg. Am besten wenden sich Abnehmwillige zunächst an ihre Ärztin, ihren Arzt oder einen Ernährungsberater. Die Krankenkassen informieren ihre Versicherten darüber, welche Maßnahmen sie unterstützen.
Medikamente überprüfen
Raucherinnen und Raucher wiederum sollten unbedingt vom Glimmstängel loskommen. Denn Substanzen im Tabakrauch lassen die Schleimhäute im Rachen anschwellen und die Muskeln dort erschlaffen. Noch wichtiger: Nikotin ist Gift für die Gefäße. Es erhöht das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Oft gelingt der Rauch-Stopp in angeleiteten Kursen besser.
Auch bestimmte Medikamente begünstigen die Atemaussetzer, indem sie die Muskeln im Rachen entspannen. Zum Beispiel Schlafmittel. „Benzodiazepine sind in der Behandlung von Schlafapnoe nicht sinnvoll“, bekräftigt Professor Wolfgang Galetke, Chefarzt der Klinik für Pneumologie an der Vamed Klinik Hagen-Ambrock. Ärztinnen und Ärzte verordnen sie bei Schlafstörungen allenfalls kurzfristig. Unter anderem deshalb, weil der längere Gebrauch abhängig macht.
Es gibt keine Zahlen darüber, wie viele Betroffene ihr Atemproblem allein durch einen veränderten Lebensstil loswerden. Galetke schätzt den Anteil auf 10 bis 15 Prozent. Es sind vor allem Patientinnen und Patienten mit leichten Beschwerden. Die übrigen Betroffenen benötigen eine gezielte Behandlung.
Therapie mit Atemmaske
Der Standard ist die sogenannte Überdrucktherapie. Die Betroffenen tragen während des Schlafs eine Atemmaske, die an ein Atemgerät angeschlossen ist. Dabei wird Raumluft mit leichtem Überdruck in die Atemwege gepumpt, sodass der Rachen offen bleibt. Die Wirksamkeit der Maskenbeatmung sei am besten gesichert, so die Lungenfachärztin und Schlafmedizinerin Triché. „Wird die Behandlung vertragen, funktioniert sie bei den meisten Patientinnen und Patienten.“
Allerdings toleriert nicht jeder die Therapie, etwa weil die Maske drückt oder undicht ist. Viele dieser Probleme können aber durch Anpassung der Gerätschaften behoben werden. Meist gelingt das mit genug Geduld.
Unterkieferschiene
Führt die Überdrucktherapie nicht zum Erfolg, kommt eine Unterkieferschiene als Alternative infrage. Sie hält die Atemwege offen, indem sie den Unterkiefer und die Zunge etwas nach vorne schiebt. Bislang erstatteten nur einzelne Kassen die Kosten dafür. Doch seit dem 1. Januar ist die Schiene Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Der behandelnde Lungen- und Schlafmediziner verordnet das Hilfsmittel. Eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt stellt es nach den individuellen Bedürfnissen her. Ein Vorteil: Die Unterkieferschiene ist klein, und man kann sie deshalb überallhin mitnehmen.
Die Therapie mit der Kunststoffschiene ist bei leichter bis mittelgradiger Schlafapnoe der Überdruckbehandlung per Schlafmaske nicht unterlegen. So das Fazit des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen in seinem Bericht von 2020. „Doch bei schwereren Formen erreicht man nicht immer so gute Ergebnisse wie mit der Überdrucktherapie“, sagt Triché. Insbesondere wenn die Betroffenen massiv übergewichtig sind. Und sehr selten kann der Gebrauch der Schiene eine Fehlstellung der Zähne verursachen.
In bestimmten Fällen ist ein chirurgischer Eingriff eine aussichtsreiche Option. Sind zum Beispiel vergrößerte Rachenmandeln oder Polypen das Problem, werden diese durch eine Operation entfernt. Manche Patientinnen und Patienten wiederum profitieren davon, wenn ihr weicher Gaumen gestrafft wird. Doch auch damit sind die Therapieoptionen noch nicht ausgeschöpft.
Zungenschrittmacher
Zuletzt besteht noch die Möglichkeit, einen Zungenschrittmacher zu implantieren. Dabei wird der Patientin oder dem Patienten ein Stimulator wie ein Herzschrittmacher unter dem Brustmuskel eingesetzt. Eine Elektrode führt zum Zwerchfell und überwacht die Atmung. Bei jedem Atemaussetzer gibt sie einen Stromstoß ab. Über eine zweite Elektrode stimuliert der Schrittmacher dann den Zungengrundnerv. Dadurch wird der Zungenmuskel angespannt und macht den Atemweg frei.
„Das bietet sich bei Patientinnen und Patienten an, die nicht zu übergewichtig sind“, sagt Galetke und ergänzt: „Bei denen die Schlafapnoe nicht zu schwer ausgeprägt ist und bei denen die Überdrucktherapie und die Unterkieferschiene schon versucht wurden.“ Die Beweislage für einen Nutzen sei bei dieser Patientengruppe sehr gut. Nachteile sind die hohen Kosten von rund 20 000 Euro. In einzelnen Zentren zahlt sie die Krankenkasse.
Wie bei jedem Eingriff sind Komplikationen möglich. Etwa Infektionen oder Blutungen. „Und man muss es als Patientin oder Patient ertragen, dass die Zunge stimuliert und bewegt wird. Die Stimulation kann Kribbelgefühle hervorrufen“, sagt Lungenfacharzt Galetke.
Gleich eine ganze Reihe von Therapien kann also bewirken, dass der Atem nicht mehr aussetzt. Und die bleierne Müdigkeit tagsüber endlich ein Ende hat.