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Einen Namen vergessen, die Brille verlegen oder im Gespräch den Faden verlieren – im Alltag lässt das Denkorgan junge wie alte Menschen des Öfteren im Stich. Dabei erfüllt das Vergessen an sich zunächst sogar wichtige Funktionen für die Gedächtnisleistung. Denn das Gehirn filtert aus der Flut der Daten aus, was für einen Menschen wesentlich ist, Unwichtiges wird aussortiert. So entsteht immer wieder Raum für neue Inhalte. Informationen, die das Gehirn lange erhalten möchte, gelangen ins Langzeitgedächtnis. Was nur kurzfristig benötigt wird, wie die Einkaufsliste, speichert es vorübergehend im Kurzzeitgedächtnis.

Die normale Gedächtnisleistung unterliegt je nach Situation und persönlicher Verfassung auch größeren Schwankungen. Zu den häufigen Gedächtnisproblemen zählen das Vergessen von Namen, von Gegenständen, von Vorhaben oder Terminen, von Lerninhalten, von Gesichtern sowie Wortfindungsstörungen oder Orientierungsschwierigkeiten. Erinnerungsverluste betreffen häufig das Kurzzeit-, aber auch das Langzeitgedächtnis.

Vorübergehende Denk- und Gedächtnisschwächen

Schlafmangel, erhöhter Stress, Zeitdruck, psychische Belastungen, aber auch positive Ablenkung, wie etwa Verliebtsein, können die geistige Leistungsfähigkeit kurzzeitig negativ beeinflussen. Auch eine laute Umgebung erschwert vielfach die Konzentration. Auf der anderen Seite lähmen Einsamkeit und mangelnde Anregung ebenso die geistige Wachheit. Denn das Denkorgan funktioniert am besten, wenn es trainiert und gefordert wird. Zudem spielt die körperliche Verfassung eine Rolle. Vor allem bei Senioren kann sich zum Beispiel Flüssigkeitsmangel unmittelbar auf die Denkleistung auswirken.

Besonders schwerwiegende Folgen für die Leistungsfähigkeit des Gehirns haben Alkoholmissbrauch und Drogen. Sie können das Denkvermögen auch nachhaltig schädigen.

Gedächtnis und geistige Leistung im Alter

Im Alter betreffen Gedächtnisstörungen häufiger das Kurzzeitgedächtnis. Auch benötigen ältere Menschen manchmal mehr Zeit, bis sie neue Inhalte gelernt haben und dann auch zuverlässig abrufen können. Die geistige Leistungsfähigkeit muss jedoch nicht zwangsläufig mit den Lebensjahren abnehmen. Hier gibt es große individuelle Unterschiede. Eine aktive, gesunde Lebensweise unterstützt zusätzlich die Gehirnfunktionen.

Damit das Gehirn seinen vielfältigen Aufgaben gut nachkommen kann, braucht es ausreichend Nährstoffe und Sauerstoff. Durchblutungsstörungen, die mit dem Alter häufig zunehmen, wirken daher negativ auch auf die Gedächtnisleistung. Doch kann jeder selbst einiges tun, um einer Arterienverkalkung vorzubeugen, unter anderem durch Nichtrauchen und regelmäßige körperliche Bewegung. Dies hilft zudem gegen Übergewicht und hält die Gefäße und damit auch den Geist fit.

Krankhafte Ursachen von Gedächtnisstörungen

Mediziner bezeichnen auffällige Gedächtniseinbußen als Amnesie. Es geht dabei um die plötzlich oder schleichend einsetzende Unfähigkeit, Neues im Gedächtnis zu verankern sowie Gedächtnisinhalte bei Bedarf wieder abzurufen. Amnesien können zurückliegende Ereignisse (retrograde Amnesie) und aktuelle Informationen (anterograde Amnesie) erfassen. Je nach Ursache gehen sie wieder zurück oder bleiben dauerhaft bestehen.

Zur Liste möglicher krankhafter Auslöser von ernsten, aber meist vorübergehenden Gedächtnisproblemen gehören ein schlecht eingestellter Diabetes sowie Bluthochdruck. Negativ auf die geistige Leistungsfähigkeit können sich außerdem Infektionskrankheiten wie eine Lungenentzündung, Schilddrüsenstörungen oder Mangelerscheinungen, zum Beispiel Vitamin-B12-Mangel, auswirken. Eine Behandlung der Grunderkrankung lässt dann auch meist das Gehirn wieder besser funktionieren (siehe auch Abschnitt "Therapie").

Bestimmte Medikamente können zeitlich begrenzte Gedächtnisstörungen hervorrufen, zum Beispiel bei zu hohen Dosierungen. Dazu gehören Arzneien zur Entwässerung, einige Blutdrucksenker, starke Schmerz- und Beruhigungsmittel. Besonders bei älteren Menschen lassen sich Defizite in der Aufmerksamkeit und der geistigen Reaktionsfähigkeit häufig auf unerwünschte Wirkungen von Schlafmitteln, bestimmten Antidepressiva oder Antihistaminika älteren Typs zurückführen. Wer Zweifel hat, sollte immer mit seinem Arzt darüber sprechen, keinesfalls jedoch das Arzneimittel eigenmächtig und abrupt absetzen.

Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen oder Psychosen beeinflussen Denkvorgänge und Gedächtnis. Bei einer Depression sind häufig Denkabläufe blockiert, die Konzentrationsfähigkeit ist herabgesetzt. Kommen deutliche Gedächtnisprobleme hinzu, haben die Betroffenen oft Sorge, dement zu werden. Besonders in höheren Lebensjahren weisen nachlassende geistige Leistungen nicht immer auf eine Demenz hin, dahinter kann sich auch eine Altersdepression verbergen. Deshalb ist es wichtig, dass ein Facharzt, etwa ein Neurologe oder ein Psychiater, mit Tests und eingehenden Untersuchungen eine depressive Erkrankung gegen eine Demenz abgrenzt. Denn eine Depression und mit ihr verbundene Denkstörungen lassen sich auch im Alter oft erfolgreich therapieren. Erfahren Sie mehr zu Ursachen, Symptomen und Therapien im Ratgeber "Depressionen".

Folgen für die geistige Leistungsfähigkeit haben zudem Störungen, die nach einschneidenden Erlebnissen auftreten, wie posttraumatische Belastungsstörungen oder sogenannte Anpassungsstörungen. Neben bedrohlichen und schmerzlichen Erinnerungen können auch Gedächtnislücken auftreten. Depressionen, Ängste und körperliche Beschwerden kennzeichnen häufig das vielfältige Krankheitsbild. Eingehend informiert der Ratgeber "Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)".

Sonderfall: Transiente globale Amnesie

Plötzlich streikt das Gedächtnis. Für die Betroffenen – meist sind sie über 60 Jahre alt– ist der vorübergehende (transiente) Gedächtnisaussetzer (Amnesie, auch: amnestische Episode) äußerst beunruhigend. Sie können sich neue Eindrücke und Inhalte nur noch für wenige Sekunden merken. Sie wissen nicht mehr, warum sie an einem bestimmten Ort sind und was gerade um sie herum abläuft, aber auch nicht, was kurze Zeit vor dem Gedächtnisausfall geschehen ist. Allerdings wissen die meisten sehr wohl, wer sie sind, und sie wenden früher Erlerntes ganz selbstverständlich an.

Mögliche Auslöser:

  • Ungewohnte körperliche Anstrengung
  • Psychische Belastung
  • Ein Sprung ins kalte Wasser
  • Geschlechtsverkehr
  • Ansonsten: Spontanes Auftreten

Nach höchstens einem Tag und einer Nacht, in der Regel nach drei bis zwölf Stunden – funktioniert das Erinnerungsvermögen dann wieder normal. Nur für die Zeit der Amnesie selbst bleibt eine Gedächtnislücke bestehen. Im Allgemeinen hat das Ereignis keine Folgen für die Gehirnleistung. Manchmal kann jedoch auch eine ernsthafte Ursache dahinter stecken, etwa eine Gehirnerschütterung oder eine Epilepsie (siehe auch weiter unten). Deshalb sollte immer ein Arzt den kurzzeitigen Gedächtnisverlust abklären, um eine eventuell dahinter verborgene Erkrankung auszuschließen.

Gedächtnisstörungen: Beginnende Demenzerkrankung?

Alarmierend wird es, wenn sich deutliche Hirnleistungsstörungen abzeichnen, die Gedächtnisprobleme über Monate anhalten und weitere geistige Ausfälle dazukommen. Zu den am meisten gefürchteten Ursachen zählen dann Demenzerkrankungen aufgrund von Hirnabbauprozessen, wie die Alzheimer Krankheit, oder die sogenannten vaskulären Demenzen, bei denen Durchblutungsstörungen das Gehirn dauerhaft schädigen. Bei einer Demenz gehen nicht nur Erinnerungen und Merkfähigkeiten verloren, sondern auch einmal erlernte komplexe Fähigkeiten und Techniken. Das Denkvermögen nimmt ab. Der Gedächtnisschwund schreitet voran und die Persönlichkeit verändert sich nachhaltig.

Warnzeichen für eine beginnende Demenz können unter anderem sein:

  • Besonders das Kurzzeitgedächtnis lässt auffallend nach. Wortfindungs- und Orientierungsprobleme kommen dazu. Den Betroffenen fallen selbst alltägliche Wörter nicht mehr ein, sie verlaufen sich öfter. Auch wissen sie oft Uhrzeiten oder Tage nicht mehr.
  • Neues zu lernen fällt zunehmend schwer oder gelingt gar nicht mehr.
  • Geistige und praktische Fähigkeiten, die bisher noch problemlos abrufbar waren, bereiten plötzlich Schwierigkeiten: Der Mathematikprofessor schafft einfache Rechenaufgaben nicht mehr, der Hobbykoch lässt ständig den Reis anbrennen.
  • Auch die Persönlichkeit verändert sich: Die Betroffenen sind entweder depressiv verstimmt, antriebslos, erschöpft oder unruhiger und aggressiver als früher. Ihr Urteilsvermögen lässt nach, sie regen sich über unwichtige Begebenheiten auf, bleiben bei erschütternden Ereignissen dagegen völlig ungerührt.
  • Der Alltag wird durch die Gedächtnisschwächen mehr und mehr beeinträchtigt. Angehörige und Freunde bemerken die Probleme eher als die Betroffenen selbst, die sie oft nicht wahrhaben wollen.

Oft kann schon der Hausarzt mit relativ einfachen Tests feststellen, ob Anzeichen für eine Demenz vorhanden sind. Beim Neurologen oder in einer Gedächtnisambulanz folgen weitere umfangreiche Untersuchungen und Tests. Bei Verdacht auf ein psychiatrisches Leiden wird ein Psychiater hinzugezogen.

Umfassend zu Ursachen, Symptomen, Diagnose und Therapien von Demenzerkrankungen informieren die Ratgeber "Alzheimer Krankheit" und "Vaskuläre Demenz".

Gedächtnisabbau: Welche möglichen Ursachen gibt es noch?

Die Fachärzte werden außerdem weiteren möglichen Gründen für eine abnehmende Gehirnleistung nachgehen. Dazu gehören Hirntumore, Hirninfarkte, Entzündungen der Hirngefäße sowie Schädel-Hirn-Verletzungen. Auch ein Schleudertrauma und Verletzungen an der Halswirbelsäule können mitunter chronische Konzentrations- und Gedächtnisprobleme zur Folge haben. Erhält das Gehirn kurzfristig zu wenig Sauerstoff, etwa bei einem Herzstillstand, bei Schockzuständen, durch Erstickungsanfälle oder Badeunfälle, sind je nach Dauer und Ausmaß des Sauerstoffentzugs chronische Schäden mit Gedächtnisproblemen möglich.

Nach einem epileptischen Anfall besteht meist für die Zeit des Anfalls eine Erinnerungslücke. Schwere Epilepsieerkrankungen mit häufigen Anfällen mindern mitunter auch dauerhaft Gedächtnis und geistige Leistungsfähigkeit.

Entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems wie eine Multiple Sklerose können in ihrem Verlauf zu Gedächtnisstörungen führen. Andere Hirnabbauerkrankungen, die das Denkvermögen angreifen, sind die Parkinson Krankheit, die Lewy-Körper-Erkrankung oder eine Chorea Huntington.

Im Zuge einer schweren Alkoholerkrankung und ausgeprägter Mangelzustände, etwa eines Vitamin-B1-Mangels, oder einer Magersucht kann sich ein Wernicke-Korsakow-Syndrom entwickeln. Die Betroffenen haben dann Schwierigkeiten, neue Informationen zu erlernen und zuverlässig abzuspeichern. Typisch ist auch das Konfabulieren, das Erzählen erfundener Erlebnisse und nicht zu einem Gesprächthema passender Geschichten. Dazu kommen Orientierungsprobleme sowie vielfältige Nervenstörungen, insbesondere an Füßen und Beinen.

Therapie von krankhaften Gedächtnisstörungen

Je nach Erkrankungsbild sind unterschiedliche therapeutische Maßnahmen angezeigt. Sind die Gedächtniseinbußen Folge einer inneren Erkrankung, normalisiert sich die geistige Leistungsfähigkeit in der Regel mit einer konsequenten Behandlung.

Bei Bluthochdruck kann eine gute Einstellung der Druckwerte durch die passenden Medikamente helfen, die Entwicklung späterer Hirnleistungsstörungen zu verhindern. Das gilt ebenso für ungünstige Blutfettwerte. Ein gewissenhaftes Blutzucker-Management ist eine wesentliche Vorsorgemaßnahme für Menschen mit Diabetes, um die geistige Leistungsfähigkeit lange zu erhalten. Lesen Sie mehr zu Diagnose und Therapien der unterschiedlichen Krankheiten in den entsprechenden Ratgebern (siehe Links im Text).

Ziel der Behandlung einer Alzheimer Krankheit oder einer anderen fortschreitenden Demenz ist es, die Selbstständigkeit des Patienten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Hier helfen gezieltes Training der Gedächtnisfunktionen und Alltagskompetenzen im Rahmen von psychosozialen Therapien. Für die Angehörigen ist es wichtig, sich umfassend beraten zu lassen. Selbsthilfegruppen bringen zusätzliche Unterstützung (siehe auch Link unten). Medikamente, sogenannte Antidementiva, können für gewisse Zeit die geistigen Fähigkeiten verbessern und den Hirnleistungsabbau hinauszögern, vor allem, wenn die Erkrankten sie in einem noch frühen Krankheitsstadium erhalten.

Aus Angst vor der Diagnose zögern viele Betroffene einen notwendigen Arztbesuch hinaus und versuchen, erste Warnzeichen zu ignorieren. Dabei bringt frühzeitiges Handeln gerade bei Demenzerkrankungen die besten Chancen, die Lebensbedingungen möglichst opitimal zu gestalten.

Anregungen und unterhaltsame Aufgaben, mit denen Sie Ihr Gedächtnis spielerisch trainieren können, finden Sie in unserem Spezial "Gehirnjogging – Lust am Lernen".

Fachliteratur und Fachredaktion

Möller, H-J, Laux G, Deister A: Psychiatrie und Psychotherapie, Stuttgart, Thieme Verlag 2009
Mumenthaler M, Mattle H: Neurologie, Stuttgart, Thieme Verlag 2012
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: Transiente globale Amnesie. Stand: 2012, verlängert bis September 2017. Online: www.dgn.org/leitlinien/2274-II-04-2012-transiente-globale-amnesie
Herold, G und Mitarbeiter: Innere Medizin, Gerd Herold Köln 2016
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wegweiser Demenz. Online: www.wegweiser-demenz.de/ Startseite.html

Fachredaktion: Dr. med. Claudia Osthoff

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.