Divertikulitis: Entzündete Darmdivertikel

Divertikel sind oft harmlos, manchmal führen sie aber auch zu Komplikationen. Beispiele sind in der Grafik dargestellt (um das Bild ganz zu sehen, bitte auf die Lupe klicken!)
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Was ist eine Divertikulose/ Divertikulitis?
Vor allem bei älteren Menschen finden sich häufig Ausstülpungen der Darmschleimhaut; meist durch Lücken in der Darmwand, die eigentlich für durchtretende Darmgefäße gedacht sind. Diese Ausstülpungen bezeichnet man als Darmdivertikel. Sind zahlreiche solcher Darmdivertikel vorhanden, sprechen Mediziner von einer Divertikulose.
Solange die Divertikel keine Beschwerden bereiten – was in über 80 Prozent der Fall ist - handelt es sich um eine asymptomatische Divertikulose. Diese ist harmlos und bedarf keiner Behandlung. Treten jedoch Beschwerden auf, liegt eine songenannte Divertikelkrankheit vor. Die Divertikel können sich entzünden und dann starke Beschwerden und Komplikationen hervorrufen. Dies bezeichnet man als Divertikulitis. Seltener können Divertikel auch ohne Entzündung zu starken Blutungen in den Darm führen.
Divertikel treten in Europa zu über 90 Prozent im vorletzten Dickdarm-Abschnitt (Sigma, Colon sigmoideum) linksseitig auf. Entzündungen dieser Divertikel (Sigmadivertikulitis), bei denen es sich üblicherweise um Pseudodivertikel handelt, äußern sich dementsprechend mit starken Schmerzen im linken Unterbauch (siehe Abschnitt Symptome), die sich aber auch über den gesamten Bauchraum erstrecken können. Im Gegensatz zu den Dickdarm-Divertikeln kommen Divertikel im Dünndarm selten vor und verursachen meist keine Beschwerden.

Bei einem von beiden würden Ärzte wahrscheinlich fündig: Jeder zweite über 70 hat eine Divertikulose
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Ursachen und Risikofaktoren
Weniger als 10 Prozent der unter 40-Jährigen, aber 50 bis 60 Prozent der über 70-Jährigen haben in den westlichen Ländern eine Divertikulose. Diese Altersverteilung hängt unter anderem mit der zunehmenden Schwäche des Bindegewebes im Alter zusammen, die das "Ausleiern" der Darmwand begünstigt. Etwa 10 bis 20 Prozent der Menschen mit Divertikulose bekommen Beschwerden im Sinne einer entzündlichen Divertikelkrankheit (Divertikulitis).
Risikofaktoren, welche die Entstehung von Divertikeln begünstigen, sind zudem ein dauerhaft zu hoher Druck im Darm – vor allem bedingt durch chronische Verstopfung (Obstipation).
Eine ballaststoffarme Ernährung kann zu einer solchen Verstopfung führen und zur Entwicklung von Darmdivertikeln beitragen. Im Gegensatz zu asiatischen und afrikanischen Ländern, in denen Divertikel viel seltener vorkommen (unter zehn Prozent), essen die Deutschen durchschnittlich zu wenig Obst, Gemüse und Vollkornprodukte. Dementsprechend häufig werden in der Bundesrepublik diese Veränderungen beobachtet. Zu viel rotes Fleisch auf dem Speiseplan kann die Ausstülpungen ebenso begünstigen wie eine zu geringe körperliche Aktivität, genetische Faktoren und Übergewicht. Mit zunehmendem Aufkommen eines "westlichen Lebensstils" in asiatischen und afrikanischen Ländern steigt auch dort die Zahl der Menschen mit einer Divertikulose.

Schmerzen im linken Unterbauch können auf eine Divertikulitis hinweisen
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Symptome
In über 80 Prozent der Fälle bereiten Darmdivertikel keine Beschwerden. Entzünden sich die Divertikel jedoch, kommt es zu Symptomen wie:
- Bauchschmerzen, bei der Sigma-Divertikulitis typischerweise im linken Unterbach. Bei der Divertikulitis im Coecum oder einer Entzündung des Meckel-Divertikels im rechten Mittel- oder Unterbauch. Oft bessern sich die Bauchschmerzen nach dem Stuhlgang oder nach dem Abgang von Luft.
- Verdauungsstörungen, wie Verstopfung, Durchfall oder starke Blähungen
- Eine druckschmerzhafte Verhärtung ("Walze") im Bauchraum, bei der Sigmadivertikulitis typischerweise links. Deshalb spricht man auch von einer "linksseitigen Appendizitis"
- eventuell Fieber, allgemeines Krankheitsgefühl
Komplikationen
Treten solche Symptome auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden, denn eine Divertikulitis kann zu schwerwiegenden und sogar lebensbedrohlichen Komplikationen führen:
- Darmdurchbruch (Perforation)
- Bauchfellentzündung (Peritonitis)
- Abszessbildung
- Darmverengung bis hin zum Darmverschluss (Ileus)
- Blutungen in den Darm
- Verbindungsgänge zwischen verschiedenen Darmabschnitten oder dem Darm und benachbarten Organen (Fisteln)
Diagnose
Die typischen Beschwerden und die Vorgeschichte geben dem Arzt erste Hinweise, dass es sich um eine Divertikulitis handeln könnte. Bei der körperlichen Untersuchung werden die Darmgeräusche beurteilt und der Bauch abgetastet. Dabei kann der Arzt den Schmerz des Patienten lokalisieren und eventuell eine Verhärtung im Unterbauch tasten. Zusätzlich misst er die Körpertemperatur und tastet vielleicht den Enddarm ab.
Bei einer Blut-Untersuchungen lassen sich meist Anzeichen für eine Entzündung finden. Dazu zählen zum Beispiel eine erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen, ein erhöhter CRP-Wert oder eine beschleunigte Blutsenkung.
Eine Ultraschall-Untersuchung des Bauchs (Abdomen-Sonografie) oder eine Computertomografie (CT) helfen dann, die entzündeten Divertikel zu lokalisieren und das Stadium der Entzündung festzustellen. Eine Röntgen-Untersuchung kann ebenfalls sinnvoll sein, da sich auf diese Weise relativ rasch ermitteln lässt, ob es bereits zu einem Darmdurchbruch gekommen ist. Bei einem offenen Durchbruch findet sich nämlich Luft außerhalb der Darmschlingen im Bauchraum, was auf den Bildern gut zu erkennen ist. Ist ein solcher Darmdurchbruch eingetreten, muss unverzüglich operiert werden!
Eine Darmspiegelung (Koloskopie) sollte bei Verdacht auf eine Divertikulitis aufgrund des erhöhten Risikos eines Darmdurchbruchs (Perforation) im akuten Stadium nicht erfolgen. Vier bis sechs Wochen nach Abklingen der Entzündung ist eine Darmspiegelung jedoch dringend zu empfehlen, um andere Ursachen der Erkrankung (zum Beispiel Tumore, chronisch entzündliche Darmerkrankungen) auszuschließen.

In schwereren Fällen sind Antibiotika über die Vene notwendig
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Therapie
Divertikel, die keine Beschwerden verursachen, müssen nicht behandelt werden. Die Therapie der Divertikulitis richtet sich nach dem Entzündungsstadium und danach, ob Komplikationen aufgetreten sind. Bei einer leichten Divertikulitis, wenn kein Fieber oder zusätzliche Risikofaktoren wie eine Immunschwäche vorliegen, wird versucht, ob es dem Körper gelingt, die Entzündung im Bauchraum selbst einzudämmen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Patienten ausreichend trinken und genügend leichte oder flüssige Kost zu sich nehmen können. Eine engmaschige ärztliche Kontrolle ist hierbei erforderlich. Eine Antibiotikagabe ist erst bei schwereren Entzündungen notwendig. Die Behandlung kann ambulant durchgeführt werden. Wenn sich die Beschwerden bessern, ist eine leichte, schlackenarme Kost möglich. Ausreichend Flüssigkeit ist sehr wichtig und nach zwei bis vier Tagen darf der Betroffene meist wieder normal (faserreich) essen.
Eine schwere, komplizierte Divertikulitis muss dagegen im Krankenhaus behandelt werden. Die Patienten erhalten Antibiotika und eventuell auch Flüssigkeit über die Vene. Hat sich ein Abszess gebildet, wird dieser über einen Schlauch durch die Haut entleert und gespült. Die Ärzte kontrollieren engmaschig, ob sich der Zustand des Patienten verändert.
Entzündliche Engstellen im Darm erweitern sich meist wieder mit der antibiotischen Therapie. Selbst starke Blutungen kommen in über 80 Prozent der Fälle von selbst zum Stillstand. Bei massiven Blutungen kann aber auch die Blockade des blutenden Gefäßes im Rahmen einer radiologischen Untersuchung oder einer Operation nötig sein.
Eine Operation ist auch dann notwendig, wenn es zu Komplikationen wie zum Beispiel einem Darmdurchbruch, einer starken Verengung des Darms oder Verbindungsgängen (Fisteln) in andere Organe gekommen ist. Außerdem kann eine Operation bei wiederholten Entzündungen mit daraus folgenden Verengungen, nach einer Entzündung mit Komplikationen und wenn andere Behandlungsmaßnahmen nicht angeschlagen haben, sinnvoll sein. Bei dem Eingriff entfernt (reseziert) der Operateur der Darmabschnitt mit den entzündeten Divertikeln und näht den Darm dann wieder zusammen.
Eine Notoperation wird, wann immer möglich, vermieden. Ist sie trotzdem notwendig, wird eine "einzeitige Operation" angestrebt. Es gibt aber auch Situationen, in denen ein "zweizeitiges Vorgehen" notwendig ist. Hier entfernt der Operateur beim ersten Eingriff das entsprechende Darmstück und legt einen künstlicher Darmausgang (Anus praeter) an, um die Stelle, an der der Darm zusammengenäht wurde, zu entlasten. Der künstliche Darmausgang wird dann nach einiger Zeit in einer zweiten Operation wieder verschlossen.

Ballaststoffreich und gesund: Vollkornprodukte
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Vorbeugen
Sie können selbst dazu beitragen, der Entstehung von Darmdivertikeln vorzubeugen:
- Essen Sie mehr Obst und Gemüse: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt täglich fünf Portionen ("5 am Tag")
- Greifen Sie zu Vollkornprodukten wie Vollkornbrot, Körnerbrötchen und Vollkornnudeln. Ziehen Sie diese Weißmehlprodukten (zum Beispiel helles Brötchen oder heller Toast) vor
- Essen Sie nicht zu viel rotes Fleisch
- Achten Sie auf Normalgewicht
- Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit, am besten zwei Liter Wasser pro Tag, sofern aus medizinischen Gründen nichts dagegen spricht
- Bewegen Sie sich regelmäßig. Gehen Sie mindestens eine halbe Stunde am Tag spazieren und betreiben Sie, falls möglich, eine Sportart, die Ihnen Spaß macht – zum Beispiel Joggen, Walking, Radfahren oder Schwimmen

Unser Experte: Dr. Wolfgang Wegerle
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Beratender Experte
Dr. Wolfgang Wegerle ist Internist und Gastroenterologe. Er studierte von 1983 bis 1989 Medizin in Berlin und München. Anschließend war er als AiP und Assistenzarzt am Krankenhaus München Neuperlach angestellt. Von 1997 bis 2002 war er Oberarzt am Krankenhaus München Schwabing. Seit 2003 ist Dr. Wolfgang Wegerle als niedergelassener Gastroenterologe tätig.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.