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Es ist eine total systematische Sache – zum Glück. Und anfangs ist das mit dem Impfen ziemlich einfach, man ist ja eh ständig in der Kinderarztpraxis. Aber irgendwann: Wo fleddert der Impfpass noch mal herum? Wann war die letzte Auf­frischung? Ende vergangenen Jahres schlugen ein paar Krankenkassen Alarm: Bei Kindern und Jugendlichen seien die Impfquoten stark zurückgegangen, viele Eltern hätten den Besuch bei Kinderarzt oder Kinderärztin pandemiebedingt gescheut oder Termine aus dem Blick verloren. Nur: Was passiert überhaupt, wenn eine Impfung beim Kind fehlt? Die wichtigsten Fragen – samt Antworten.

Impfpass – vollständig oder nicht?

Am besten mit der Kinderärztin oder dem Arzt hin und wieder prüfen: Stimmen die Daten im Praxissystem mit denen im Impfausweis überein? Manchmal reicht ein Piks, und der Impfschutz ist komplett. Manchmal fehlen noch mehr Spritzen, dann sprechen Ärztinnen und Ärzte von „Impfschema“ oder „-zyklus“. Grundsätzlich gilt: Eine vergessene Immunisierung ist kein Anlass zur Panik, sagt Dr. Tanja Brunnert, Ärztin in Göttingen und Sprecherin des Berufsverbands Kinder- und Jugend­ärzte: „Das Immunsystem merkt sich jede Impfung.“ Die gute Nachricht ­also: Ein „Zu spät“ gibt es hier meist nicht.

Dr. Martin Terhardt, Kinder- und Jugendarzt und Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), ergänzt: „Es gibt nur Mindest-, keine Maximalabstände.“ Die Stiko hat ein komplettes Schema für einen möglichst schnellen Impfschutz bei Kindern und Jugendlichen aufgesetzt und aktualisiert es in regelmäßigen Abständen. Los geht’s im Alter von sechs Wochen mit der Impfung gegen Rota­viren und endet mit 18 – im besten Fall – mit einer Auffrischung gegen Keuchhusten und eventuell noch gegen ­Masern. Wurde nun eine Grund­immunisierung, beispielsweise gegen Tetanus und Diphtherie vergessen, dann sollte unbedingt gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin beraten werden, wie man weiter vorgeht. Bis auf wenige Ausnahmen wird wohl einfach losgelegt werden. Jede nachgeholte Impfung ist sinnvoll, auch wenn ein Kind älter ist, als die Stiko empfiehlt, so die Fachleute.

Hilfe, der Impfpass ist unauffindbar! Was tun?

Kein Drama. Wenn Sie alle Immunisierungen in derselben Praxis vorgenommen haben, sind sie dokumentiert und müssen nur übertragen werden. Achtung: Nur dokumentierte Impfungen werden anerkannt. Falls man den Impfstatus nicht lückenlos nachtragen oder und auch keine Anti­körper im Blut nachweisen kann, rät die Stiko, die meisten empfohlenen Impfungen nachzuholen. Dies geht nahezu beliebig oft.

Zahlt irgendwann die ­Krankenkasse nicht mehr?

Das kann in Einzelfällen passieren. Beispiel: Die HPV-Impfung zur Bekämpfung von Gebärmutterhalskrebs ist für Mädchen und Jungen ab neun Jahren empfohlen. Das sind zwei Impfungen in einem Abstand von mindestens fünf Monaten. Fängt man spät an, bekommt aber die erste Spritze noch vor dem 18. Geburtstag, dann übernimmt die Krankenkasse den gesamten Zyklus. Nur wer nach Erreichen der Volljährigkeit beginnt, muss selbst zahlen.

Impfpass

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Wurden tatsächlich weniger Kinder geimpft?

Weder Tanja Brunnert noch Martin Terhardt können die Eindrücke der Krankenkassen bestätigen[1]. Auch das Impfbulletin des Robert Koch-Instituts (RKI) sieht keinen auffälligen Rückgang bei U 18-Impfungen[2]. „Was wir während der Pandemie garantiert nicht ausfallen ließen, waren Impfungen“, stellt Kinderärztin Tanja Brunnert fest. Und Martin Terhardt ergänzt: „Wo es regional vielleicht ­etwas weniger Impfungen gab als sonst, haben wir deutliche Aufhol­tendenzen.“

Warum ist eine hohe Impfquote bei Kindern wichtig?

Eine hohe Quote hilft Gefährdeten – chronisch Kranken, Pflegebedürf­tigen, Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen oder trotz Impfung keinen ausreichenden Immunschutz aufbauen können. Sie sind dann durch den sogenannten Herdenschutz besser vor Erkrankungen geschützt. Dafür jedoch muss die Zahl der Geimpften je nach Krankheitsbild bei etwa 80 bis 90 Prozent liegen.

Erinnerung per Klick

Unter „Vorsorge- und Impf­erinnerung“ können sich Eltern bei ­kinderaerzte-im-netz.de registrieren und werden dann auto­matisch an Impftermine erinnert.

Bei Apps, die anbieten, Impfdaten zu verwalten (teilweise kostenpflichtig!) und an Termine zu er­innern, unbedingt auf vertrauens­würdigen Umgang mit Daten achten! Künftig soll man sie auch in der elektronischen Patientenakte (ePa) speichern können.


Quellen:

  • [1] Dr. Baas, Jens, Techniker Krankenkasse: Hälfte der Klein­kinder bis zum zweiten Geburtstag voll­ständig geimpft , Wie sind Kinder mit Arzneimitteln und Impfstoffen versorgt? Mit dem neuen Report "Kinder und Arzneimittel", nimmt die Techniker Krankenkasse (TK) die jüngsten Versicherten in den Blick. https://www.tk.de/... (Abgerufen am 23.03.2023)
  • [2] Robert Koch-Institut: Impfung bei Kindern und Jugendlichen (Stand: 28.3.2023). https://www.rki.de/... (Abgerufen am 17.04.2023)