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Kurz nach der Mahlzeit wird man rot im Gesicht, die Haut juckt, die Nase läuft, der Kopf tut weh. Liegt es am Essen? Eine schnelle Internetrecherche ergibt: Die Symptome könnten zu einer Histaminunverträglichkeit passen. Doch diese Diagnose zu stellen, ist schwierig. Warum ist das so? Welche Lebensmittel enthalten viel Histamin? Und darf man bei Histaminunverträglichkeit wirklich keinen Rotwein mehr trinken? Wir haben die wichtigsten Infos für Sie zusammengefasst.

Histamin, was ist das eigentlich?

Histamin ist ein Botenstoff, er gehört zur Gruppe der biogenen Amine. Nicht nur in vielen Nahrungsmitteln steckt Histamin. Es wird vom Körper auch selbst gebildet und übernimmt wichtige Funktionen, wie etwa den Blutdruck zu regulieren, die Magensaftproduktion anzuregen, die Darmbewegungen zu steigern oder für einen guten Schlaf-wach-Rhythmus zu sorgen.

In welchen Lebensmitteln steckt der Botenstoff?

Histamin entsteht in Lebensmitteln durch mikrobiellen Verderb, Fermentation oder Reifung. Sein Gehalt im Essen schwankt daher stark. So enthalten junge Käsesorten wie Mozzarella wenig Histamin, alte Sorten wie Bergkäse oder Parmesan viel. In fangfrischen Fischen steckt wenig von dem Botenstoff. Ist der Fisch schon ein paar Tage alt, steigt der Histamingehalt. Viel Histamin findet sich auch in Lebensmitteln, die mit Bakterien- oder Hefekulturen hergestellt werden – wie Salami, Sojasoße, Sauerkraut, Bier, Wein oder Sekt. Selbst manche Obstsorten wie Bananen, Ananas oder Birnen enthalten viel Histamin.

Wie macht sich eine Unverträglichkeit bemerkbar?

Neben Bauchkrämpfen oder Durchfall können viele weitere Symptome auftreten – ­etwa Kopfschmerzen, Übelkeit, Fließschnupfen oder Juckreiz. „Histamin ist ein Botenstoff, der im ganzen Körper, an eigentlich allen Organen, eine Reaktion hervorrufen kann“, sagt die Ökotrophologin, Ernährungswissenschaftlerin und -therapeutin Daniela Homoth aus Reutlingen.

Ein Anfangsverdacht besteht oft, wenn Beschwerden nach bestimmten Lebensmittel-Kombinationen auftreten, wie etwa „Rotwein, gereifter Käse und Schokolade“. Lecker, doch in all diesen Produkten steckt viel Histamin. Falls Sie merken, dass es Ihnen nach dem Essen von Lebensmitteln, die viel Histamin enthalten, nicht gut geht, fangen Sie bitte nicht auf ­eigene Faust an, bestimmte Produkte wegzulassen. Kontaktieren Sie zunächst Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Eine eindeutige Diagnose zu stellen, ist schwierig – einerseits, weil die Symptome so vielfältig sind, andererseits, weil die verfügbaren Testverfahren eine Histamin­unverträglichkeit nicht zweifelsfrei nachweisen können. Zunächst ist es wichtig, ein Ernährungs- und Symptomprotokoll zu führen. Hier zeigt sich, ob bestimmte Beschwerden wiederholt auftreten. So erhalten Expertinnen und Experten erste Hinweise darauf, ob im Einzelfall tatsächlich ­eine Histaminunverträglichkeit vorliegen kann.

Denn es könnten auch andere Ur­sachen hinter den Beschwerden stecken, ­etwa Allergien. Das muss ärztlich abgeklärt werden. „Auch chronisch entzündliche Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts kommen als Ursache infrage und müssen ausgeschlossen werden“, sagt Dr. ­Imke Reese, Ökotrophologin und Ernährungstherapeutin aus München. Sie hat als Autorin an der medizinischen Leitlinie zu diesem Thema mitgearbeitet.

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Messungen von Histamin im Stuhl seien nicht aussagekräftig in der Diagnose, so Reese weiter. Auch von Tests, die das Enzym Diaminoxidase im Serum messen, hält sie wenig. Das Enzym hilft, Histamin im Körper abzubauen. Menschen mit ­einer Histaminunverträglichkeit haben hier ein Defizit. Dennoch sei der Test nicht aussagekräftig, so die Expertin. Als Goldstandard der Diagnose gilt nach wie vor die Eliminationsdiät. Hier schaut man im ersten Schritt, ob ein Verzicht auf histaminhaltige Nahrungsmittel die Beschwerden der Betroffenen lindert.

Worauf muss ich verzichten, wenn ich an Histamin-Intoleranz leide?

Bei vielen Menschen sind die Symptome abhängig davon, wie viel Histamin sie mit dem Essen tatsächlich aufnehmen. Daher ergibt es in der Regel keinen Sinn, bestimmte Speisen strikt und auf Dauer zu meiden. Ernährungstherapeutinnen und -therapeuten geben meist individuelle Empfehlungen, je nachdem, wie stark die Unverträglichkeit ausgeprägt ist. Und das herauszufinden, ist aufwendig.

Den Anfang der Therapie macht eine dreistufige Ernährungsumstellung. In der Verzichtsphase von 10 bis 14 Tagen versuchen die Patientinnen und Patienten, Histamin im Essen weitgehend zu meiden. Das Ziel der ersten Therapiestufe: die Beschwerden verringern. In der Testphase, die bis zu sechs Wochen dauert, wird der Speise­plan um Nahrungsmittel erweitert, in denen viel Histamin steckt – wie etwa Fischkonserven, Zitrusfrüchte oder Nüsse. So lässt sich herausfinden, wie viel Histamin die oder der Einzelne gut verträgt und ab welcher Menge Symptome auftreten.

In der dritten Phase geht es darum, einen Weg für eine dauerhafte, gesunde Ernährung zu finden. Er hängt davon ab, wie viel Histamin Betroffene vertragen. Hilfreich ist eine Beratung von Ernährungsfachkräften, die sich mit Unverträglichkeiten auskennen. Die Kosten übernimmt in manchen Fällen die Krankenkasse, wenn eine entsprechende Diagnose vorliegt.

Wichtig: Es kann auch sein, dass die Beschwerden nicht durch histaminreiche Lebensmittel ausgelöst werden, sondern man allergisch auf ein bestimmtes Lebensmittel reagiert und der Körper daher Histamin ausschüttet. In diesem Fall ist es wichtig, die aller­gieauslösenden Lebensmittel dauerhaft zu meiden.

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