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Unsere schwerkranke Mutter besteht darauf, sich weiterhin vom Friseur die Haare färben zu lassen. Ist das nicht übertrieben?

Absolut nicht. „Alle Menschen haben ein Selbstbestimmungsrecht, egal ob jung, alt, krank oder gesund“, sagt Sabine Engel, Professorin für Soziale Gerontologie an der Katholischen Hochschule in Paderborn. „Das gilt auch für das Thema Schönheit, das oft im Hospiz noch wichtig ist“, so die Expertin. „Versuchen Sie, Ihrer Mutter diesen Wunsch weiterhin zu erfüllen. Ist es zeitlich eng, versuchen Sie, einen Kompromiss zu finden: ‚Ich schaffe es leider gerade nicht, Mama. Wir müssen noch ein bisschen warten.‘ Vielleicht gibt es ja auch einen mobilen Friseursalon, der zum Färben zu Ihrer Mutter kommt“, so Engel.

Mein Bruder ist dement, er lebt allein. Mir fällt auf, er hat immer dieselbe Kleidung an, die auch müffelt. Wie spreche ich ihn darauf an?

„Versuchen Sie herauszufinden, warum Ihr Bruder nichts Frisches anzieht“, rät Brita Wellnitz, Expertin für Gerontopsychiatrie aus Kinding im Altmühltal. „Vielleicht meint er nur, er würde sie regelmäßig wechseln – und reagiert erbost auf Ihre Nachfrage. Vielleicht kann Ihr Bruder aber die Waschmaschine nur nicht bedienen und vermeidet Schmutzwäsche? Oft ist ein Trick hilfreich: Sagen Sie ihm, dass er Ihnen in seinem blau karierten Hemd immer so gut gefallen hat – ob er das nicht anziehen möchte? Das nächste Mal ist es eine andere Kombi. Legen Sie ihm ohne viele Worte frische Wäsche raus, und nehmen Sie die Schmutzwäsche mit, wenn das geht.“

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Täglich duschen - muss das sein?

Einige brauchen sie morgens zum Wachwerden, andere abends zum Runterkommen: die Dusche. Doch ist es für Haut und Umwelt überhaupt ratsam, sich jeden Tag unter die Brause zu stellen? zum Artikel

Vater weigert sich, eine barrierefreie Dusche einbauen zu lassen, er lässt sich nur noch Rücken und Füße waschen. Kann ich ihn zwingen?

„Nein, wenn Ihr Vater gegen den Badumbau ist, müssen Sie das als Teil seines selbstbestimmten Lebens respektieren“, sagt Markus Sutorius, Rechtsreferent bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA Pflegeschutzbund) aus Bonn. „Erst wenn Ihr Vater sich selbst durch sein Verhalten gefährden würde, müssten Sie einschreiten.

Als Sohn können Sie dann dennoch nicht einfach über die Wohnung oder das Haus Ihres Vaters bestimmen. Dafür bräuchten Sie eine Vollmacht oder müssten gesetzlicher Betreuer sein. Zudem müsste der Einbau dem geäußerten oder mutmaßlichen Willen Ihres Vaters entsprechen. Beides ist offenbar nicht der Fall. Und: Wohnt Ihr Vater zur Miete, muss auch die Vermieterin, der Vermieter zustimmen. Ist der Einbau der barrierefreien Dusche gewünscht und erforderlich, bezuschusst ihn die Pflegekasse mit bis zu 4000 Euro.“

Perfekt lackierte Fingernägel waren meiner Tante immer wichtig. Jetzt sind sie sehr ungepflegt. Soll ich meine Tante darauf ansprechen?

„Unterscheiden Sie bei so einem Thema stets, ob das etwas ist, das ausschließlich Sie stört oder etwas, das auch die Tante selbst stört“, so Professorin Sabine Engel. „Ist das mit den gepflegten Nägeln also wirklich wichtig? Wenn es nur mein Problem ist, muss ich lernen, dass meine Werte und Schönheitsvorstellungen nicht überall von Bedeutung sind. Um herauszubekommen, wie die Tante es selbst sieht, kann ich sie einfühlsam und bedürfnisorientiert auf das Thema ansprechen, etwa so: ‚Bist du denn zufrieden mit deinen Nägeln? Oder möchtest du sie anders haben? Ich könnte dich unterstützen bei der Pflege.Was denkst du darüber?‘“

Meine bettlägerige Mutter kratzt ständig ihre juckende Kopfhaut. Gerne würde ich ihr öfter die Haare reinigen. Geht das im Bett?

„Besorgen Sie sich etwa ein aufblasbares Haarwaschbecken speziell fürs Krankenbett“, rät Pflegeexpertin Brita Wellnitz. „Die Ärztin oder der Arzt kann dieses Hilfsmittel bei Bedarf auf Rezept ausstellen. Mit dem gehen Sie zu einem Hilfsmittelanbieter, etwa einem Sanitätshaus oder einer Apotheke. Auch weil es anfangs etwas ungewohnt ist, sollten Sie Ihrer Mutter jeden Schritt ankündigen und erklären. Wer sich unsicher ist – ein Pflegekurs für Angehörige vermittelt die wichtigsten Handgriffe. Sowohl Hilfebedürftige als auch Angehörige empfinden diese Art der Haarwäsche mit etwas Übung als sehr praktisch und angenehm!“

Unsere Mutter wird vom Pflegedienst geduscht, an Feiertagen übernehme ich das als Sohn. Ihr ist das unangenehm. Warum?

„Für manche Menschen ist die Schamgrenze einfach überschritten, wenn sie von Angehörigen oder einem gegengeschlechtlichen Menschen gepflegt werden“, weiß die Gerontologin Sabine Engel. „Finden Sie an Feiertagen keinen anderen Pflegedienst, sollten Sie überlegen: Ist es notwendig, dass Ihre Mutter auch heute gewaschen werden muss? Vielleicht reicht es, wenn der Pflegedienst einen Tag später wieder da ist. Wenn sich aber Gerüche bilden, weil beispielsweise die Einlage voll ist, würde ich schon einfühlsam versuchen, sie dazu zu bewegen, sich helfen zu lassen. Sagen Sie: ‚Ich kann verstehen, dass dir das unangenehm ist, aber ich würde dich gerne unterstützen, damit deine Haut gesund bleibt. Wir können das doch gemeinsam machen.‘ Doch auch hier würde ich mich nicht gegen ihre Widerstände durchsetzen, wenn sie sich absolut nicht von mir pflegen lassen möchte.“

Fachliche Beratung:

Prof. Dr. habil Sabine Engel ist Professorin für Soziale Gerontologie an der Katholischen Hochschule NRW. Sie hat eine Schulung für Angehörige von Menschen mit Demenz entwickelt, viele Pflegekassen übernehmen die Kosten für die regional und digital stattfindenden Kurse.

Markus Sutorius ist Rechtsreferent bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA), biva.de.

Britta Wellnitz ist Geschäftsführerin des Vereins Lebensring für Menschen mit besonderen Pflegebedürfnissen und leitet die Demenz-WG des Schwarzachhauses im bayerischen Kinding.

Intimhygiene

Schön gepflegt

Reife Haut verdient ein reichhaltiges Verwöhnprogramm. Worauf es bei der täglichen Routine ankommt zum Artikel