Was tun, wenn der Pflegedienst pfuscht?
Seit fünf Uhr morgens wach und munter – und frustriert, weil der Pflegedienst erst in vier Stunden kommt? Das ist ärgerlich, vielleicht sogar frustrierend. Aber es kann passieren. Denn ambulante Pflegedienste sind vielen Zwängen unterworfen. Zum Beispiel haben sie eine begrenzte Zahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie können nicht gleichzeitig überall nach dem Aufstehen morgens beim Zähneputzen helfen.
„Die Dienste erstellen eine Routenplanung, die wirtschaftlichen Maßstäben unterliegt“, sagt Verena Querling, Pflegejuristin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Uhrzeit, wann die Pflegekraft an der eigenen Tür klingelt, variiert deshalb, je nachdem, wo auf der Strecke man wohnt.
Passt der Termin nicht oder kommt es ständig zu Verspätungen?
Wer gerne einen früheren oder späteren Termin hätte, für den kann es sich dennoch lohnen, das Gespräch mit der Pflegedienstleitung zu suchen. Vielleicht lässt sich die Planung anpassen. Auch bei Verspätungen wäre ein persönliches Gespräch anzuraten, denn die können viele Gründe haben: Vielleicht gab es einen Notfall bei einem anderen Pflegebedürftigen, einen Unfall auf dem Weg oder die Parkplatzsuche gestaltet sich als langwierig? Gegenseitiges Verständnis kann hier helfen, den Frust klein zu halten. Kommt es immer wieder zu stundenlangen Verspätungen, sollte man auf jeden Fall mit der Leitung sprechen. Dann liegt es vielleicht an einer schlechten Routenplanung.
Was tun, wenn das Zwischenmenschliche nicht passt?
Da ist diese eine Pflegerin, die immer unfreundlich ist oder der eine Pfleger, von dem man nicht geduscht werden möchte. Auch in diesem Fall kann man die Pflegedienstleitung fragen, ob vielleicht eine andere Person kommen kann. „Ich denke, Pflegedienste tun, was möglich ist“, sagt Querling. Aber auch hier bestehen gewisse Zwänge, denn leider gibt es keinen unerschöpflichen Pool an Pflegekräften. „Sie können am Ende nur mit dem Personal dienen, das da ist.“
Werden Aufgaben nicht oder nicht ordentlich erledigt?
Und wie verhält es sich, wenn Angehörige oder Betroffene mit der Pflege selbst unzufrieden sind? Wenn zum Beispiel die Mutter bei mehreren Besuchen verfilzte Haare hat, obwohl morgens und abends jemand zur Körperpflege kommt? Zunächst sollte man einen Blick in den Kostenvoranschlag und die Pflegeplanung werfen, die man üblicherweise vor Vertragsschluss mit dem Dienst erstellt hat. Darin ist genau aufgelistet, welche Leistungen erbracht werden und welche Kosten dafür anfallen – etwa das wöchentliche Vollbad mit Haarewaschen und tägliches Duschen, genauso Hauswirtschaftliches wie Einkaufen oder Kochen. Der Pflegedienst hat sich im Vertrag verpflichtet, diese zu erbringen.
Gleichzeitig kann es Gründe geben, warum das in der Praxis doch nicht passiert. Vielleicht war der Mutter am letzten Samstag ein Vollbad zu anstrengend oder sie wollte partout nicht gekämmt werden. Eine Nachfrage bei der Pflegebedürftigen, oder aber ein Blick in die Pflegeakte können weiterhelfen. Sie liegt normalerweise bei der zu pflegenden Person. „Die Pflegekräfte zeichnen mit Kürzel die Leistungen ab“, sagt Raquel Reng, Volljuristin und Beraterin bei der Unabhängigen Patientenberatung (UPD). „Sie müssen auch notieren, wenn das Vollbad auf Wunsch der pflegebedürftigen Person ausgefallen ist.“ So können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sich vergewissern, dass alles mit rechten Dingen zugeht.
Wird richtig abgerechnet?
Auch die monatlichen Abrechnungen geben Aufschluss über die Leistungen des Pflegedienstes. Die Pflegebedürftigen oder ihre Angehörigen müssen sie unterschreiben und haben so eine gewisse Kontrolle. Wer unsicher ist, ob die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht werden, sollte ein eigenes Pflegeprotokoll anlegen. Denn: Kaum jemand erinnert sich daran, ob er am Dienstag vor drei Wochen tatsächlich geduscht wurde. Dieses Protokoll kann man mit dem Kostenvoranschlag und der Pflegeakte abgleichen.
Was jedoch, wenn das nicht zusammenpasst? Bei Verdacht auf Abrechnungsbetrug empfiehlt Juristin Reng, sich an den GKV-Spitzenverband zu wenden, die zentrale Interessensvertretung der Kranken- und Pflegekassen. „Häufig ist ein Abrechnungsbetrug aber auf Anhieb nur erkennbar bei Menschen, die eine Rechnung über die Pflegeleistung erhalten“, sagt sie. Das kann zum Beispiel bei Privatversicherten der Fall sein, die die Rechnung zur Erstattung bei der Pflegekasse einreichen. Übernehmen Pflege- und Krankenkasse, vielleicht noch das Sozialamt die Kosten, sei es viel schwieriger, die Abrechnung einzusehen.
Bekommen demente Angehörige die richtige Pflege?
Besonders herausfordernd kann ein Abgleich von bezahlten und erbrachten Leistungen bei Menschen mit Demenz sein. Reng rät dazu, in diesem Fall als Bevollmächtigte genau darauf zu achten, wie es den Pflegebedürftigen geht: Klagt die Person über Schmerzen oder verändert sich ihre Stimmung? Liegt sie sich wund oder verliert sie Gewicht? Wirkt sie ungepflegt? All das sollten Angehörige beobachten.
Gefährlich kann es laut Reng werden, wenn die pflegebedürftige Person zum Beispiel erzählt, dass sie immer allein ins Bad gehe, während die Pflegekraft das Mittagessen zubereite – obwohl Sturzgefahr besteht. Wer Zweifel an der Qualität der Pflege hat, kann dies auch erstmal mit der Hausärztin oder dem Hausarzt besprechen. Zudem gibt es Beratungsangebote wie die Pflegeberatung von der Pflegekasse oder Pflegestützpunkte. Auch die UPD bietet pflegefachliche Beratung an.
Was tun, wenn definitiv ein Pflegedienst-Wechsel ansteht?
Wenn die Pflege wirklich schlecht ist, sollte man den Dienst wechseln. Da sind die Expertinnen sich einig. Dabei gilt es zu beachten: Auch wenn die pflegebedürftige Person oder ihre Bevollmächtigten den Vertrag fristlos kündigen können, sollten sie sich vorher nach Alternativen umgesehen haben. Sonst entsteht eine Pflegelücke, die häufig massiven Stress verursacht. Stattdessen empfiehlt es sich, verfügbare Dienste vorab anzusehen und ihre Leistungen zu vergleichen. Auch dabei unterstützen Pflegeberatung und Pflegestützpunkte. Bei Portalen wie Pflegelotse findet man Einrichtungen in seiner Nähe.
Man sollte sich im Vorfeld bewusst sein, welche Leistungen man benötigt und in Vorgesprächen auch Sorgen und besondere Wünsche ansprechen. „Wir empfehlen, eine Checkliste zu machen, was einem wichtig ist, und die gemeinsam durchzugehen“, rät Verbraucherschützerin Querling. Zum Beispiel sollte man vorab angeben, wenn man nur von Nichtrauchern gepflegt werden möchte oder auf das Zähneputzen um sieben Uhr morgens nicht verzichten kann. Man müsse sich aber darauf einstellen, dass nicht alles möglich ist, sagt Querling. Denn leider besteht in Deutschland ein Mangel an Pflegefachkräften – und nicht an Pflegebedürftigen.