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Das Kind ist von einem Tier gebissen worden. Und jetzt?

Zunächst muss die Wunde erstversorgt werden. Bei stärker blutenden Wunden legen Eltern einen Druckverband an. Kleinere Wunden säubern Sie unter fließendem Wasser und mit etwas Seife. Danach: desinfizieren und mit einem sterilen Verband oder Pflaster abdecken. „Tierbisse gehören immer in ärztliche Behandlung – auch wenn der Biss nur oberflächlich ist“, sagt Prof. Dr. Oliver Muensterer, Direktor der Kinderchirurgie am Dr. von Haunerschen Kinderspital des LMU Klinikums München. Ist die Verletzung tief, groß und blutet stark, insbesondere am Hals, im Gesicht oder an den Händen, wählen Eltern den Notruf (112). Bei weniger schweren Wunden geht’s in die Kinderarztpraxis oder zum Notdienst.

Was passiert in der Arztpraxis oder im Krankenhaus?

„Wir kontrollieren, ob Muskeln und Nerven, Sehnen und Knochen verletzt worden sind“, erklärt Muensterer. „Problematisch sind Handbisse, denn die empfindlichen Sehnen verlaufen unmittelbar unter der Haut.“ Ist keine Operation nötig, wird die Wunde gereinigt und desinfiziert. Die Medizinerinnen und Mediziner checken den Impfstatus des Kindes und des Tieres und entscheiden, ob eine Antibiotikabehandlung oder eine Post-Expositions-Prophy­laxe empfohlen ist. ­Unter Letzterer versteht man ein Medikament oder eine Impfung, die den Ausbruch einer Krankheit verhindern soll. Das kann bei Verdacht auf Tetanus und Tollwut nötig sein.

Ist ein Arztbesuch bei kleinen Wunden nicht übertrieben?

„Nein, denn unabhängig von der Schwere des Bisses besteht die Gefahr, dass sich die Wunde entzündet“, sagt Muensterer. Unbehandelt infiziert sich etwa jeder zweite Katzenbiss, bei Hunde­bissen schwanken die Zahlen zwischen fünf und 25 Prozent.

Warum ist die Gefahr einer Infektion so hoch?

Weil sich im Tiermaul Keime befinden. Über den Speichel gelangen diese dann in die Wunde. Im schlimmsten Fall droht sogar eine Blutvergiftung. Darum verordnen Ärztinnen und Ärzte nach einem Tierbiss meist ein Antibiotikum. Diese Alarmzeichen sprechen für eine Infektion: Röte, Wärme, Schmerzen und Schwellung, aber auch Fieber und Schlappheit. Besteht der Verdacht auf eine Infek­tion, gehört das Kind sofort in ärztliche Behandlung.

Was macht Hunde- und Katzenbisse so gefährlich?

Beißen Hunde zu, sind die Verletzungen oft sehr schwer. „Hunde verbeißen sich, dann schütteln sie ihr Opfer“, erklärt Tierarzt Dr. Carol Felfalusi aus Hamminkeln am Niederrhein. Zudem befinden sich Kinderkopf und Schnauze auf einer Höhe, das Risiko, am Hals und im Gesicht verletzt zu werden, ist bei Babys und Kleinkin­dern hoch.

Katzen beißen meist in die Hand. Ihre spitzen Zähne dringen sehr tief ins Gewebe ein und können Sehnen, Muskeln und Knochen verletzen. Ihr Speichel ist besonders infektiös.

Welche Krankheiten können Tiere übertragen?

Gefürchtet sind vor allem Tollwut und Tetanus, denn beide Erkran­-
kungen verlaufen unbehandelt tödlich. Ist ein Kind nicht gegen Tetanus geimpft, erhält es nach einem Tierbiss zwingend eine Post-Expositions-Prophylaxe in Form einer passiven Immunglo­bulin-Impfung. Tollwut spielt zwar in Deutschland so gut wie keine Rolle mehr. Ein Tier könnte die Krankheit aber aus dem Ausland ein­schleppen. Daher raten Ärztinnen und Ärzte auch bei Bissen durch frei laufende Tiere oder Tiere, die aus dem Urlaub mitgebracht wurden, meist zu einer Post-Expositions-Prophylaxe. Gleiches gilt, wenn sich der Tierbiss im Ausland ereignet.


Weniger bekannt ist die Katzenkratzkrankheit. Die Infektion mit dem Bakterium Bartonella henselae wird von Katzen übertragen, die mit Katzenflöhen befallen sind. „Die Lymphknoten ­schwellen an, manche Kinder bekommen Fieber oder einen Hautausschlag“, erklärt Muensterer. Meist heilt die Infektion von allein ab, bei Symptomen ist eine Antibiotikabehandlung nötig. Wichtig: „Familienkatzen sollten regelmäßig auf Flöhe untersucht und prophy­laktisch gegen Flohbefall behandelt werden“, sagt Felfa­lusi.

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Gegen welche Erkrankungen sollten Tiere geimpft sein?

„Besonders wichtig ist die Impfung gegen Tollwut“, sagt Felfa­lusi. Das gilt speziell für Hunde und alle Freigängerkatzen. Auch alle anderen empfohlenen Impfungen sollten eingehalten und aufgefrischt werden. Tipp: Hat ein fremdes Haustier zugebissen, lassen Sie sich den Impfausweis des Tieres zeigen und fotografieren Sie diesen mit dem Handy ab. „Das hilft dem Arzt zu entscheiden, ob eine Post-Expositions-Prophylaxe notwendig ist“, sagt Muensterer.

Was können Eltern tun, um vorzubeugen?

Der Hauptgrund für einen Hundebiss ist die mangelnde Erziehung des Tieres. „Ein Familienhund muss eine Hundeschule besuchen“, sagt der Tierarzt. Babys und Kleinkinder dürfen nie mit einem
Tier alleine gelassen werden. Ältere Kinder müssen lernen, wie sie mit Tieren umgehen müssen. Kommt ein fremder Hund auf ein Kind zugelaufen, sollte es ruhig stehen bleiben, nicht kreischen und dem Hund nicht direkt in die Augen schauen. „Dann verliert der Hund nach kurzem Schnuppern meist schnell das Interesse“, sagt Felfalusi.

Regeln für den Umgang mit Tieren:

  • Fremde Hunde nie ohne Erlaubnis des Besitzers streicheln
  • Das Tier niemals ärgern (zum Beispiel am Schwanz ziehen)
  • Alarmzeichen kennen und beachten (Knurren beim Hund oder Schwanz­wedeln bei der Katze bedeuten, dass die Tiere sich unwohl fühlen und etwas nicht stimmt)
  • Tiere nicht überraschen oder sich anschleichen
  • Vor einer Berührung Blickkontakt aufnehmen und die (Streichel-)Erlaubnis des Tieres abwarten
  • Das Tier nicht beim Essen stören

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