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Kann ich mich bei einem Italien-Urlaub mit Dengue anstecken? Diese Frage dürfte zunehmend mehr Reisenden Sorge bereiten. Zwar verläuft die Infektion in den meisten Fällen beschwerdefrei. Eine wiederholte Ansteckung kann in seltenen Fällern aber sogar tödlich sein.

Bislang traten Infektionen vor allem in Asien und Südamerika auf. Doch in den vergangenen Monaten haben auch die Meldungen über Erkrankungen in Italien deutlich zugenommen. In der Nähe des italienischen Gardasees hatten sich im Herbst 2023 erstmals mehrere Menschen vor Ort angesteckt. Im Juni 2024 sorgte eine Infektion jetzt wieder für Sorge, wie „Südtirol News“ meldet.

Doch wächst die Gefahr nicht nur am Gardasee. Wurden in den Vorjahren in ganz Italien nur vereinzelt Dengue-Infektionen gemeldet, waren es im vergangenen Jahr 362 Fälle. Im laufenden Jahr dürfte diese Zahl wohl sogar überschritten werden. Im ersten Halbjahr wurden bereits 259 Dengue-Infektionen registriert, fünf davon Anfang Juni in einem Zeitraum von zehn Tagen in Triest. Um eine Ausbreitung zu verhindern, wurden anschließend in mehreren Stadtvierteln großflächig Insektizide versprüht. Übertragen wird Dengue nämlich nicht direkt von Mensch zu Mensch. Um es zu verbreiten, ist ein winziges Insekt nötig: die Tigermücke.

Wo breitet sich das Dengue-Fieber aus?

„Dengue nimmt massiv zu“, bestätigt Prof. Dr. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf . Ohne ständig die Schlagzeilen zu füllen, hat sich das Dengue-Fieber, wegen seiner schmerzhaften Symptome auch als Knochenbrecher-Fieber bezeichnet, in den vergangenen 20 Jahren zu einer bedrohlichen Pandemie entwickelt.

In Bangladesch wütete 2023 der schlimmste Ausbruch, den es in dem Land je gab. Brasilien zählte ebenfalls Millionen Fälle. Auch in Europa nehmen die lokalen Ausbrüche, bei denen das Virus vor Ort übertragen wird, zu – und das nicht nur in Italien. So kommt es in Frankreich seit 2013 fast jedes Jahr zu neuen Fällen, oft an der Côte d’Azur. Auch in Spanien und Kroatien gab es schon Ansteckungen.

Doch auch wenn die Fallzahlen steigen: Die Gefahr, sich vor Ort anzustecken, ist für Urlauberinnen und Urlauber noch immer minimal. Bei den allermeisten Infizierten handelt es sich um Fernreisende, die sich in einem tropischen Land wie Thailand, Indien oder Brasilien angesteckt haben. Ob das weiterhin so bleibt, ist allerdings ungewiss. So hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im vergangenen Jahr vor einer dramatischen Ausbreitung des Dengue-Fiebers gewarnt – und das auch in Europa.

Gibt es Dengue-Fieber bald in Deutschland?

Die Hauptursache, dass sich Dengue über den Globus verbreitet, ist die weltweite Ausbreitung der Tigermücke. „Die Tiere sind typische Kulturfolger“, sagt Jelinek. Eine kleine Pfütze in einem alten Autoreifen, ein Blumenuntersetzer voll Wasser reichen aus, damit sich die Larven entwickeln können. Auch das zunehmend wärmere Klima behagt den Blutsaugern. Mit Autos, Schiffen, vor allem aber mit Warentransporten gelangen die Mücken von einem Land ins andere.

Die Insekten an sich sind harmlos. Zum Gesundheitsrisiko werden sie erst, wenn sie eine Person stechen, die einen gefährlichen, von Mücken übertragbaren Erreger in sich trägt. Das kann passieren, wenn sich Reisende anstecken und die Viren nach Europa einfliegen. Sind die Mücken vor Ort, nehmen sie beim Stich die Erreger auf und können dann Virusinfektionen wie Dengue-, aber auch Chikungunya- oder das im Amazonas verbreitete Oropouche-Fieber übertragen. Auch diese Krankheiten rücken näher. Im Juni 2024 meldete Italien den allerersten Fall von Oropouche-Fieber in Europa. Die Symptome ähneln denen des Dengue-Fiebers. Angesteckt hatte sich die Person allerdings in der Karibik.

Dass es in naher Zukunft auch in Deutschland zu Ausbrüchen des Dengue-Fiebers wie am Gardasee kommt, hält Jelinek für wahrscheinlich. Anders als in tropischen Ländern werden sich aber sicher keine großen Epidemien mit mehreren Millionen Fällen entwickeln. „Die Infektionsketten werden im Winter immer wieder durchbrochen“, erklärt der Reisemediziner. Zwar gibt es hierzulande bereits feste Populationen der Tigermücke, denen es auch gelingt zu überwintern. Dennoch sterben in der kalten Jahreszeit die Mücken ab. „Die Tiere, die im Frühjahr neu schlüpfen, sind dann nicht infiziert“, sagt Jelinek. Der Dengue-Erreger muss für einen erneuten Ausbruch also erst wieder eingeschleppt werden. Da die Infektionszahlen weltweit sehr hoch liegen, geschieht das aber regelmäßig.

Welche Beschwerden verursacht das Dengue-Fieber?

Nicht alle Infizierten bemerken, dass sie den Erreger in sich tragen. „In mehr als 50 Prozent der Fälle verläuft Dengue ohne Symptome“, sagt Jelinek. Doch kann es auch zu heftigen Beschwerden führen. Typisch sind neben Fieber mit bis zu 40 Grad auch starke Schmerzen. „Wenn sich die Erkrankten bewegen, haben sie Schmerzen, als würden ihnen die Knochen brechen“, beschreibt Jelinek. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Husten und Lymphknotenschwellungen können hinzukommen.

Zu Beginn färbt sich die Haut oft rötlich, später kommt ein juckender Ausschlag hinzu. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben unter anderem Kinder, Menschen mit starkem Übergewicht sowie mit Vorerkrankungen. Doch klingen die Beschwerden meist innerhalb von einer Woche ab. In manchen Fällen kommt es allerdings längerfristig zu chronischer Erschöpfung, dem sogenannten Fatigue-Syndrom.

Wo ist das Risiko für Dengue-Fieber hoch?

Das Dengue-Fieber hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verbreitet. Inzwischen sind viele beliebte Reiseziele betroffen. Ist auch Ihr Urlaubsland betroffen? Wo die Infektionszahlen aktuell hoch liegen, können Sie einer aktuellen Karte entnehmen.

Warum ist eine zweite Dengue-Infektion so gefährlich?

Dengue ist noch auf andere Weise tückisch: Insgesamt existieren vier verschiedene Virus-Typen. Wer sich mit einem davon infiziert, ist danach in der Regel gegen diesen immun – aber nicht gegen die anderen. Bei einer erneuten Infektion verläuft die Erkrankung teils sogar deutlich schwerer als beim ersten Mal. „Der Körper reagiert mit einer überschießenden Abwehrreaktion“, erklärt Jelinek. Es kann dann zu einem sogenannten hämorrhagischen Fieber kommen.

Typisch sind Blutungen in der Haut, auch in Magen, Darm und inneren Organen. Ohne Therapie droht ein lebensgefährliches Kreislaufversagen. „Mithilfe intensivmedizinischer Versorgung kann man die meisten Menschen retten“, sagt Jelinek. Nach ein paar Tagen gehen die Beschwerden in der Regel zurück. In den Ländern, in denen der Dengue-Erreger stark verbreitet ist, ist eine solche Versorgung teils allerdings nicht möglich. Es kommt daher nicht selten zu Todesfällen.

Wer sollte sich gegen Dengue-Fieber impfen lassen?

Inzwischen gibt es mehr Möglicheiten, sich vor Dengue zu schützen: Seit März 2023 ist eine Impfung verfügbar, die bereits ab dem Alter von vier Jahren verabreicht werden kann. „Die Impfung ist ein wirklicher Durchbruch“, sagt Jelinek.

Eine Arbeitsgemeinschaft der Ständigen Impfkommission (Stiko) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit hat die bisher vorliegenden Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs geprüft. Sie empfiehlt Menschen die Impfung, die in der Vergangenheit eine Dengue-Virusinfektion durchgemacht haben und sich erneut länger in Gebieten mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko aufhalten. Denn für sie ist das Risiko, schwer zu erkranken, besonders hoch.

Eine allgemeine Impfempfehlung für Menschen, die keine Dengue-Infektion durchgemacht haben, gibt es derzeit aufgrund der beschränkten Datenlage allerdings nicht.

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Mückenstichen vorbeugen

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Die Impfung bietet einen etwa 80-prozentigen Schutz gegen fieberhafte Verläufe.Weil beim Dengue-Fieber vor allem die zweite Infektion schwerer verlaufen kann, gibt es Befürchtungen, der neue Impfstoff könnte wie eine Erstinfektion wirken. Personen, die vor der Impfung noch keine Infektion durchgemacht haben, hätten dann ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf. Auf Basis der bisher zur neuen Impfung vorliegenden Daten lässt sich das laut Stiko nicht ausschließen. Ärztinnen und Ärzte sind daher gehalten, Menschen die noch keine Dengue-Virus-Infektion hatten und sich trotzdem impfen lassen wollen, darauf hinzuweisen, dass hier möglicherweise ein Risiko besteht. Jelinek hält das jedoch für unwahrscheinlich.

Die einzige Alternative, um sich zu schützen, ist konsequenter Mückenschutz. Doch in der Regel können weder Anti-Mücken-Mittel (Repellents) noch Mückennetze einen hundertprozentigen Schutz garantieren.

Wird die Impfung gegen Dengue-Fieber gut vertragen?

Der Impfstoff gilt als sehr sicher und wird nach Jelineks Erfahrung zudem in der Regel gut vertragen: „Die meisten merken kaum etwas davon.“ In einigen Fällen kommt es allerdings zu leichten grippeartigen Beschwerden und einem Hautausschlag, der nach ein paar Tagen wieder verschwindet.

Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, dürfen bestimmte Menschen nicht geimpft werden, etwa Schwangere und Stillende sowie Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist. Dazu gehören zum Beispiel Patientinnen und Patienten, die infolge einer schweren Erkrankung wie Leukämie oder Lymphdrüsenkrebs eine mangelhafte Abwehr gegen Erreger haben oder die Medikamente einnehmen müssen, die das Immunsystem schwächen, zum Beispiel nach einer Organtransplantation. Wer sich impfen lassen möchte, sollte zunächst mit seinem Arzt oder der Ärztin sprechen, ob das in seinem Fall sinnvoll ist. Für Menschen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben, werden die Kosten von den Kassen erstattet.

Für einen vollständigen Impfschutz sind zwei Dosen im Abstand von drei Monaten nötig. Doch ist man auch nach der ersten Impfung laut Jelinek schon gut geschützt. „Die zweite dient eher dem Langzeitschutz“, sagt der Reisemediziner. Ein Beratung zur Dengue-Impfung kann sich also auch kurz vor einer Reise lohnen.