Die Entzündung der Prostata (Prostatitis)
Was ist eine Prostataentzündung?
Die Vorsteherdrüse (Prostata) liegt unterhalb der Blase, ist in etwa so groß wie eine Kastanie und wird von der Harnröhre durchzogen. Die Prostata ist aus einzelnen Drüsenkörpern zusammengesetzt, in denen ein flüssiges, leicht trübes Sekret produziert wird. Bei einem Samenerguss wird das Sekret in die Harnröhre gepresst und mischt sich dort mit Flüssigkeit aus den Samendrüsen und den Spermien zum Sperma. Eine Prostataentzündung (Prostatitis) ist eine Entzündung der Vorsteherdrüse. Diese lässt sich unterteilen in
- akute bakterielle Prostatitis
- chronische bakterielle Prostatitis
- entzündliches chronisches Beckenschmerzsyndrom
- nicht entzündliches chronisches Beckenschmerzsyndrom
- die Sonderform asymptomatische Prostatitis
Symptome der unterschiedlichen Prostataentzündungen
Eine Prostataentzündung kann zu unterschiedlichen Beschwerden führen, je nachdem, welche Form vorliegt.
Akute bakterielle Prostatitis
Sie tritt oft plötzlich auf und verursacht ein starkes Krankheitsgefühl. Patienten leiden dann zum Beispiel unter:
- hohem Fieber, eventuell Schüttelfrost
- Muskelschmerzen
- getrübtem Urin
Das Wasserlassen macht Probleme, das kann sich folgendermaßen äußern:
- Schmerzen (Dysurie)
- zu häufig (Pollakisurie)
- starker Harndrang
- ungenügende Blasenentleerung
- Inkontinenz
- Harnverhalt (es kann gar kein Wasser mehr gelassen werden)
Außerdem können Schmerzen auftreten:
- im Becken
- am Damm
- an der Penisspitze
- beim Stuhlgang
Chronische bakterielle Prostatitis
Sie verläuft meist weniger dramatisch, oft tritt nur ein Symptom auf. Dafür bestehen die Beschwerden im Verlauf des letzten halben Jahres für länger als drei Monate. Die Patienten berichten über
- Probleme beim Wasserlassen, ähnlich wie bei einer Blasenentzündung (häufiger, schmerzhaft)
- leichtes Fieber
- Schmerzen im Unterbauch
- Schmerzen im Penis und /oder den Hoden
- schmerzhaften Samenerguss
- manchmal Blutbeimengung im Sperma
- Erektionsstörungen
Chronisches Beckenschmerzsyndrom (CPPS – Chronic Pelvic Pain Syndrome)
Man spricht vom chronischen Beckenschmerzsyndrom, manchmal auch abakterielle chronische Prostatitis genannt, wenn im letzten halben Jahr länger als drei Monate Schmerzen im Beckenbereich (Pelvis) bestanden. Bei beiden Formen des CPPS, dem entzündlichen und nicht entzündlichen, treten Symptome ähnlich wie bei der chronisch bakteriellen Prostatitis auf.
Asymptomatische Prostatitis
Sie verläuft – wie der Name schon sagt - ohne Symptom. Die Patienten sind also beschwerdefrei. Im Sperma finden sich Entzündungszellen, dies fällt oft nur zufällig bei einer anderen Untersuchung auf.
Ursachen und Risikofaktoren
Auch die Ursachen einer Prostataentzündung unterscheiden sich, je nach Art der Entzündung.
Akute bakterielle Prostatitis
Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, sind hier Bakterien der Auslöser für die Entzündung. In den meisten Fällen handelt es sich um Darmbakterien, wie Escherichia coli. Der übliche Weg ist, dass diese Bakterien zunächst die Harnwege befallen und sich dann auf die Prostata ausbreiten. Dort führen sie zu einer Abwehrreaktion des Gewebes (Entzündung). Dabei sammeln sich Zellen des Immunsystems (weiße Blutkörperchen, Leukozyten) in der Prostata an, um die eingedrungenen Erreger zu bekämpfen. Sowohl die Bakterien selbst als auch die Abwehrreaktion schädigen das Gewebe.
Weitere Keime, die oft hinter einer akuten Prostataentzündung stecken sind zum Beispiel:
- Proteus Spezies
- Klebsiellen
- Enterokokken
Selten gelangen Bakterien über das Blut in die Prostata (hämatogene Streuung). Oder werden durch eine Infektion der Genitalien mit Tuberkulose ausgelöst.
Wird an den Harnwegen manipuliert, kann das die Ursache für eine akute Entzündung sein. Zu den Faktoren, die eine akute Entzündung der Prostata begünstigen gehören:
- eine Probeentnahme an der Prostata
- verengte Harnwege
- kürzlich eingelegte oder bereits sehr lang liegende Katheter in der Harnröhre
- Infektion mit HIV
Früher gab es die Vermutung, dass etwa häufiges Fahrradfahren oder Reiten, zu wenig trinken oder Enthaltsamkeit zu einer akuten Prostatitis führten. Das haben Studien inzwischen widerlegt.
Chronische bakterielle Prostatitis
Die Ursachen dieser Entzündungsform sind ähnlich wie bei der akuten Prostatitis. Auch die Keime, die sie verursachen sind häufig die gleichen. Allerdings können bei der chronischen Entzündung auch eher atypische Erreger wie beispielsweise Chlamydien beteiligt sein, diese werden häufig bei sexuellem Kontakt übertragen und steigen zu Prostata auf.
Risikofaktoren, eine chronische Entzündung der Prostata zu entwickeln sind:
- Eine vorher abgelaufene akute Prostatitis, mit nicht ausreichend langer Antibiotika-Gabe
- Prostatasteine
- Faktoren, die auch die akute Entzündung begünstigen
Chronisches Beckenschmerzsyndrom
Das CPPS ist die häufigste Form der Prostatitis. Bei diesen chronischen Prostataentzündungen ohne Beteiligung von Bakterien, kann die Ursache in vielen Fällen nicht nachgewiesen werden (idiopathische Prostatitis). Selten werden auch psychische Faktoren als Hintergrund vermutet.
Untersuchung und Diagnose
Um eine Prostataentzündung und ihre Ursache genau festzustellen, bedarf es einiger Untersuchungen. Eventuell kommen nicht immer alle zum Einsatz, oder die Reihenfolge ändert sich. Hier sind sie im Überblick.
Anamnese
An erster Stelle steht das Patientengespräch, in welchem die Beschwerden und Begleitsymptome – wie Fieber und Schüttelforst – zur Sprache kommen. Um eine chronische Prostatitis oder ein chronisches Beckenschmerzsyndrom festzustellen, ist ein weltweit standardisierter und auch für Deutschland geltender Fragebogen zum Krankheitsbild der Prostatitis gebräuchlich.
Labordiagnostik
Oft folgt die Blutentnahme. Hier betrachtet man besonders die Entzündungswerte und das sogenannte Prostata spezifische Antigen (PSA), welches bei einer Entzündung erhöht ist. Besteht auch Fieber, werden eventuell gleichzeitig sogenannte Blutkulturen abgenommen. In diesen kann das Blut auf Keime untersucht werden, wenn der Verdacht besteht, dass die Entzündung sich schon auf den Blutkreislauf ausgebreitet hat.
Ein sehr wichtiger Bestandteil der Untersuchungen ist die Analyse des Urins, um unterscheiden zu können, ob eine bakterielle Infektion als Ursache der Entzündungs besteht oder nicht. Um dies herauszufinden, findet eine spezielle Uringewinnung statt: die sogenannte 4-Gläserprobe. Hierbei wird der Urin vor und nach einer Massage der Prostata mit Gewinnung von Prostatasekret verglichen. Eine alleinige Untersuchung des Ejakulats (Spermas) reicht nicht aus, findet aber eventuell zusätzlich statt. Sind Bakterien im Probenmaterial zu finden, wird eine Bakterienkultur angelegt. Damit entscheidet sich, welches Antibiotikum zur Behandlung der Prostataentzündung geeignet ist.
Körperliche Untersuchung
Die Prostata muss auch direkt untersucht werden. Bei der Abtastung mit einem Finger über den Enddarm interessieren vor allem Größe und Beschaffenheit der Vorsteherdrüse. Bei einer Entzündung ist die Prostata leicht geschwollen, zum Teil kann die Untersuchung schmerzen.
Ultraschall
Bei einer Ultraschalluntersuchung, die häufig auch vom After aus durchgeführt wird, lässt sich insbesondere die Größe der Vorsteherdrüse erkennen. Wenn Einschmelzungsherde (Abszesse) bestehen, sind sie im Ultraschall in der Regel sichtbar.
Weitere Untersuchungmethoden
Bei einer Prostataentzündung ist der Harnfluss bei der Hälfte der Patienten verringert. Besteht der Verdacht darauf, kann eine Messung des Urinflusses durchgeführt werden. Dabei misst der Urologe die Menge an ausgeschiedenem Urin im zeitlichen Verlauf sowie den maximalen Harnfluss. Mit einer Ultraschalluntersuchung über die Bauchdecke kann man sehen, ob nach der kompletten Blasenentleerung noch Urin zurück bleibt, sogenannter Restharn.
Bei Verdacht auf eine Harnröhrenenge spritzt der Urologe Kontrastmittel in die Harnröhre. Bei der anschließenden Röntgenuntersuchung (Urethrografie) kann er den Verlauf und die Weite der Harnröhre erkennen.
Wie sieht die Therapie bei Prostatitis aus?
Die Behandlung der Prostataentzündung richtet sich nach der Ursache der Erkrankung.
Akute bakterielle Entzündung
Bei den bakteriellen Prostatitisformen sind Antibiotika wirksam. Um den geeigneten Wirkstoff zu finden, wird zunächst eine Bakterienkultur angelegt. Damit lässt sich prüfen, um welchen Erreger es sich handelt und welches Antibiotikum die Erreger wirkungsvoll bekämpft. Ist die Entzündung sehr ausgeprägt, zum Beispiel bei sehr hohem Fieber, oder wenn die Bakterien im Blut nachweisbar sind, kann es sein, dass die Behandlung in einem Krankhaus erfolgen muss. Dann beginnt die Antibiotikatherapie mit der Gabe über eine Vene, da so das Antibiotikum schneller und höher konzentriert wirkt.
Wichtig ist es, die Antibiotika so lange einzunehmen, wie angeordnet. Die Empfehlung ist aktuell mindestens vier Wochen Therapie. Das erscheint sehr lang, ist aber nötig, um einer chronischen bakteriellen Entzündung vorzubeugen.
Besteht ein Harnverhalt, kann also aufgrund der geschwollenen Prostata gar kein Urin mehr gelassen werden, so muss in dieser Notfallsituation häufig ein Urinkatheter durch die Bauchdecke angelegt werden. Dies ist nur vorübergehend. Finden sich Eiterherde – Abszesse – in der Prostata kann man eine Woche warten, ob diese sich unter der Antibiotikatherapie zurückbilden. Ist das nicht der Fall, gibt es Möglichkeiten, diese minimal-invasiv zu punktieren oder zu eröffnen.
Chronische bakterielle Entzündung
Ist es zu einer chronischen Entzündung der Prostata gekommen, muss klar sein, ob sie von Bakterien verursacht ist, oder nicht. Bei Bakterienbefall sollte genau ausgewertet werden, welches Antibiotikum hilft.
Chronisches pelvines Schmerzsyndrom (CPPS)
Bei dem chronischen Beckenschmerzsyndrom ist es wichtig, die individuellen Probleme des Patienten genau zu erfassen. Das Beschwerdebild ist vielseitig und die Behandlung sollte deshalb auf die unterschiedlichen Hauptsymptome abgestimmt sein. Es finden Medikamente gegen Schmerzen und Entzündung und zum leichteren Wasserlassen Anwendung. Warme Kleidung und warme Sitzbäder sind zu empfehlen, um Schmerzen durch Verspannungen zu lindern. Entspannungsmethoden können ebenso das Schmerzempfinden günstig beeinflussen. In fast der Hälfte der Fälle geht ein Beckenschmerzsyndrom mit depressiven Verstimmungen einher. In diesem Fall kann eine psychotherapeutische Unterstützung hilfreich sein. Auch sexuelle Probleme, wie
- Erektionsstörung
- Schmerzen bei der Ejakulation
- oder vorzeitiger Samenerguss
sollten angesprochen und gegebenenfalls behandelt werden.
Eine Prostataentzündung Vorbeugen
Bei Anzeichen für einen Harnwegsinfekt, wie
- Schmerzen beim Wasserlassen
- häufiges Wasserlassen
- plötzliche Inkontinenz
- unzureichende Entleerung der Blase
sollte man sich zügig ärztlich beraten lassen. Es gilt zu verhindern, dass die Bakterien bis in die Prostata oder die Niere aufsteigen. Wer ausreichend trinkt, spült die Keime aus den Harnwegen. Geeignet sind besonders Wasser, Tees und Saftschorlen. Ein Harnwegsinfekt sollte bei Männern immer mit Antibiotika behandelt werden. Grundsätzlich sollte die Ursache für eine bakterielle Prostatitis in der Urologie abgeklärt werden, denn oft findet sich ein Faktor, der Infektionen begünstigt und beseitigt werden sollte.
Beratende Experten:
Dr. med. Giuseppe Magistro studierte in München Medizin und ist seit 2012 an der Urologischen Klinik und Poliklinik der Universität München, LMU, tätig. Seit 2019 ist er leitender Oberarzt der Abteilung Urologische Infektiologie und Leiter der Abteilung für das Benigne Prostatasyndrom. Er ist Vorstand des Arbeitskreises Infektiologie und Hygiene der Deutschen Gesellschaft für Urologie, Mitglied des Arbeitskreises Benignes Protstatasyndrom (BPS) der Deutschen Gesellschaft für Urologie und zahlreicher Leitlinienkomissionen.
Professor Dr. med. Christian Stief ist Facharzt für Urologie. Er habilitierte sich 1991 an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit 2004 steht er als Direktor der Urologischen Klinik des Klinikums der Universität München vor. Er ist Herausgeber mehrerer deutsch- und englischsprachiger wissenschaftlicher Bücher und war von 2006 bis 2012 Mitherausgeber der Fachzeitschrift European Urology.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.