Tuberkulose (TBC)
Ursachen und Risikofaktoren
Die Tuberkulose wird durch Erreger des Stamms Mycobacterium tuberculosis verursacht, zu dem mehrere Bakterien zählen. In Deutschland kommt praktisch ausschließlich der Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis vor. Er wird üblicherweise über die Luft per Tröpfcheninfektion - also durch Inhalation von in der Luft schwebenden abgehusteten mykobakterienhaltigen Tröpchen - von erkrankten Personen an gesunde weitergegeben.
Eine Infektion mit dem Bakterium bedeutet jedoch nicht, dass die Krankheit auch zwangsläufig ausbricht. In den allermeisten Fällen kommt es nur zu einer versteckten (latenten) Infektion, die den Betroffenen nicht krank macht. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit etwa zwei Milliarden Menschen latent mit Tuberkulose infiziert sind.
Die Zahl der Erkrankungen mit Symptomen ist jedoch weitaus geringer. Bei infizierten Personen mit durchschnittlicher gesundheitlicher Konstitution tritt die Krankheit lediglich in fünf bis zehn Prozent der Fälle auf. Dagegen tritt eine klinisch manifeste TB (also eine TB mit Symptomen) häufig bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf. Zu dieser Gruppe zählen vor allem Personen mit schwerwiegenden und chronischen Erkrankungen sowie ältere Menschen. Bei ihnen besteht im Falle eines Kontaktes mit dem Tuberkulose-Erreger ein Risiko von 20 bis 40 Prozent, die Krankheit zu bekommen.
Unter anderem erhöhen folgende Faktoren die Wahrscheinlichkeit einer Tuberkulose-Erkrankung:
- HIV-Infektion
- Drogenabhängigkeit
- Alkoholismus
- Diabetes mellitus
- Behandlung mit das Immunsystem unterdrückenden (immunsuppressiven) Medikamenten (zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis)
Symptome
Eine Tuberkulose ist eine chronische Infektionskrankheit. In über 80 Prozent der Fälle weltweit manifestiert sie sich als Lungentuberkulose. Die Inkubationszeit, also der Zeitraum, bis nach einer Ansteckung Anzeichen einer Tuberkulose auftreten, beträgt etwa sechs bis acht Wochen.
Zu Beginn einer Lungentuberkulose zeigen sich unspezifische Symptome wie Husten, Nachtschweiß und eine leicht erhöhte Temperatur. Im weiteren Verlauf kann auch höheres Fieber auftreten. Zudem verstärkt sich der Husten, der meist mit grünlichem oder blutigem Auswurf einhergeht. In einigen Fällen bleibt eine Tuberkulose jedoch lange Zeit ohne Symptome.
Wird der Erreger vom Immunsystem erfolgreich bekämpft und unter Kontrolle gehalten, ohne dass Symptome auftreten, spricht man von einer latenten tuberkulösen Infektion. Ist hingegen weiterhin ein isolierter, knötchenförmiger Entzündungsherd nachweisbar (der meist in der Lunge liegt), der sich in der Folge abkapselt, liegt eine Primärtuberkulose vor (Primärstadium der Tuberkulose).
Ist der Tuberkulose-Herd (Primär-Affekt) in der Lunge komplett abkapselt, bezeichnet man dies als "geschlossene" Tuberkulose; eine Ansteckungsgefahr für andere besteht nicht. Bei der "offenen" Tuberkulose hingegen können die Tuberkelbakterien über die Atemwege durch Husten freigesetzt werden. Besonders viele Erreger entstehen bei einer Einschmelzung des Tuberkulose-Herds (Kaverne), wenn dieser Anschluss an die Luftwege bekommt.
Als Komplikation, vor allem bei abwehrgeschwächten Personen, können sich die tuberkulösen Krankheitsherde über die Lymph- oder Blutbahnen weiter auf andere Organe ausbreiten, zum Beispiel auf die Nieren und Nebennieren, das Gehirn und Rückenmark, den Kehlkopf, die Geschlechtsorgane, den Darm, die Lymphknoten, die Knochen und die Gelenke. Bei der sogenannte Miliartuberkulose liegt nicht nur ein schwerer Lungenbefall, sondern auch eine Ausbreitung der Krankheit über das Blut in im Prinzip alle Organe vor. Eine weitere schwerwiegende Komplikation ist die tuberkulöse Meningitis (Hirnhautentzündung).
Durch Reaktivierung einer bisher vom Immunsystem in Schach gehaltenen Tuberkulose kann auch Jahre bis Jahrzehnte nach einer Infektion noch die sogenannte Postprimär-Tuberkulose entstehen. Dies kommt jedoch vor allem bei einer geschwächten körpereigenen Abwehr vor (siehe Ursachen und Risikofaktoren). Auch dann ist meist die Lunge betroffen (in 80 Prozent der Fälle). Aber andere Organe können ebenfalls von der Tuberkulose befallen sein (zum Beispiel als Knochen-, Gelenk- oder Urogenitaltuberkulosen).
Unbehandelt und bei schlechter Abwehrlage, kann eine Tuberkulose zu dauerhaften Organschäden führen. Selten – und oft begünstigt durch eine unzureichende Behandlung oder eine begleitende Immunschwäche, zum Beispiel durch eine HIV-Infektion – endet die Tuberkulose tödlich.
Diagnose
Die Diagnose einer Tuberkulose kann sich wegen der ausbleibenden oder unspezifischen Symptome schwierig gestalten. Lang anhaltender Husten, vor allem in Verbindung mit Nachtschweiß und Auswurf, könnte auf eine Tuberkulose hinweisen – insbesondere falls bestimmte Risikofaktoren vorliegen.
Besteht ein Verdacht auf eine Tuberkulose, kann die Ärztin oder der Arzt diesem durch eine gezielte Befragung der Patientin oder des Patienten (Anamnese) und eine Erhebung eventuell vorliegender Risikofaktoren nachgehen.
Risikofaktoren, die das Auftreten einer Tuberkulose begünstigen oder wahrscheinlicher machen:
- Tuberkulose-Fälle in der näheren Umgebung
- Aufenthalte in Risikogebieten für Tuberkulose
- Infektion mit HIV
- Schwere chronische Krankheiten
- Alkoholismus
- Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten (zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis)
Um die Tuberkulose sicher zu diagnostizieren, sind üblicherweise mehrere Untersuchungsverfahren notwendig.
Zur sicheren Diagnose einer Tuberkulose gehört unbedingt auch eine bakteriologische Untersuchung. In der Regel wird bei dieser Untersuchung das ausgehustete Sekret (Sputum) oder Sekret aus der Luftröhre oder den Bronchien auf Erreger hin untersucht. Für einen mikroskopischen Nachweis der Tuberkulose-Erreger ist allerdings eine größere Menge an Bakterien nötig. Deshalb ist es üblich, parallel zu den mikroskopischen Untersuchungen einen kulturellen Nachweis der Tuberkulose-Erreger durch Anzüchtung auf einem Nährmedium durchzuführen. Hierdurch lässt sich auch bei geringerer Bakterienzahl eine Tuberkulose feststellen, jedoch dauert dieses Verfahren etwa drei bis vier Wochen.
Es gibt allerdings auch schnellere Nachweisverfahren, die ermitteln, ob Bakterien in der Kultur wachsen. Die sogenannten Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken wie die PCR erlauben zwar den Direktnachweis der Tuberkulose-Erreger (beziehungsweise von deren Erbinformation), sagen jedoch nichts darüber aus, ob die Erreger noch lebendig sind, oder ob es sich um alte, abgetötete Bakterien handelt. Moderne Verfahren, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, konnten die Zeit bis zur sicheren Diagnosestellung sehr verkürzen.
Zusätzlich kann eine Röntgenuntersuchung – meist ergänzt durch eine Computertomografie (CT) – für die Diagnose verwendet werden. Auf Röntgenaufnahmen lassen sich vor allem Tuberkulose-Herde in der Lunge gut erkennen, zudem lässt sich das Stadium der Erkrankung ermitteln. Anhand der Art des Lungenbefalls können auch besondere Formen der Tuberkulose bestimmt werden, wie eine Miliartuberkulose (siehe Abschnitt Symptome) oder die tuberkulöse Brustfellentzündung.
Mithilfe des Tuberkulin-Hauttests lässt sich bestimmen, ob eine Infektion mit dem Tuberkulose-Erreger besteht oder – was häufiger der Fall ist – bestanden hat. Er wird vor allem bei Kleinkindern noch eingesetzt. Dieser Test kann den Kontakt zu Mykobakterien bereits feststellen, bevor sich Krankheitssymptome zeigen. Er bietet allerdings keine sichere Diagnose. Der Arzt spritzt dafür eine kleine Menge Tuberkulin (= Bestandteil des Tuberkulose-Erregers) in den Unterarm. Die Reaktion des Körpers wird abgewartet. Der Tuberkulin-Hauttest kann auch positiv ausfallen, wenn die getestete Person einmal eine Impfung gegen Tuberkulose (BCG-Impfung) erhalten hat.
Interferon-Gamma-Tests haben den Tuberkulin-Hauttest bei Erwachsenen weitgehend abgelöst. Sie haben den Vorteil nur bei Mycobakterium tuberculosis zu reagieren und nicht bei anderen Mykobakterienarten, wie dem Stamm, der für die BCG-Impfung verwendet wird. Ansonsten ist ihre Aussagekraft der des Hauttests vergleichbar. Auch sie zeigen nicht an, ob eine aktuelle Tuberkuloseinfektion oder -erkrankung vorliegt.
Hat der Arzt eine behandlungsbedürftige Tuberkulose diagnostiziert, ist er gesetzlich verpflichtet, diese umgehend dem Gesundheitsamt zu melden (Meldepflicht). Dies gilt auch, wenn der endgültige Nachweis durch bakteriologische Untersuchungen noch nicht vorliegt. Das Gesundheitsamt kann dann vorbeugende Maßnahmen treffen und zum Beispiel Kontaktpersonen informieren oder zu Untersuchungen einbestellen. Durch diese Maßnahme soll die Ausbreitung der Tuberkulose verhindert beziehungsweise eingedämmt werden.
Therapie
Eine Tuberkulose lässt sich in der Regel gut medikamentös behandeln. Ärztinnen und Ärzte verordnen eine Kombination unterschiedlicher Antibiotika. Die Behandlung einer "offenen" Tuberkulose erfordert für die Dauer einer akuten Ansteckungsgefahr fast immer einen Krankenhausaufenthalt.
Zur antibiotischen Kombinationsbehandlung werden vorrangig die folgenden vier Wirkstoffe eingesetzt:
- Isoniazid
- Rifampicin
- Ethambutol
- Pyrazinamid
Die Standardtherapie der Tuberkulose ist eine sechsmonatige medikamentöse Behandlung. Begonnen wird sie bei Erwachsenen meist mit den vier Wirkstoffen Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid. Nach zwei Monaten werden Pyrazinamid und Ethambutol abgesetzt und noch vier Monate mit den anderen beiden Wirkstoffen weiterbehandelt. Bei Kindern gibt es abweichende Therapieschemata. Falls Unverträglichkeiten bestehen, gibt es eine Reihe von Reservemedikamenten. Weitere Arzneimittel kommen auch dann zum Einsatz, wenn sich im Verlauf der Behandlung herausstellt, dass die Tuberkulose-Erreger unempfindlich gegen einzelne Präparate sind. Liegen solche Resistenzen vor und können einige oder gar alle der oben aufgeführten sogenannten Erstlinienmedikamente nicht eingesetzt werden, müssen Zweitlinienmedikamente verwendet werden. Diese sind wesentlich schlechter wirksam und viel teurer als die Erstlinienmedikamente. Die Behandlung kann dann über ein Jahr dauern.
Beratender Experte
Professor Dr. med. Dr. PH Timo Ulrichs studierte und promovierte an der Philipps-Universität Marburg. An eine Zeit als Arzt an der Charité in Berlin schloss sich ein Postgraduiertenstipendium an der Harvard Medical School in Boston und am Albert Einstein College of Medicine in New York an. Danach forschte er in Berlin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie zum Thema Immunologie und Mikrobiologie der Tuberkulose. Von 2006 bis 2012 arbeitete er als Referent in der Abteilung für internationale Gesundheitspolitik des deutschen Gesundheitsministeriums. Seit August 2012 ist Timo Ulrichs Professor und Studiengangleiter für Internationale Not- und Katastrophenhilfe an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften. Timo Ulrichs leitet die Tuberkulose-Sektion des Koch-Metschnikow-Forums, einer Nichtregierungsorganisation, die die wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Osteuropa fördert.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten
Quellen:
- Robert Koch-Institut (RKI): Epidemiologisches Bulletin 11/2022 (PDF). https://www.rki.de/... (Abgerufen am 28.03.2022)
- Robert Koch Institut: RKI-Ratgeber Tuberkulose. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 28.03.2022)
- World Health Organization (WHO): Tuberculosis. https://www.who.int/... (Abgerufen am 28.03.2022)