Was leisten Disease-Management-Programme?
Was sind Disease- Management-Programme überhaupt?
Disease-Management-Programme, kurz DMP, sind spezielle Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Die Idee: Betroffene sollen mithilfe dieser Programme ihre Krankheit (englisch: disease) besser „managen“ und im Griff haben. Seit gut 20 Jahren gibt es sie, manchmal werden sie auch „Chronikerprogramme“ genannt und manche Krankenkassen haben eigene Namen dafür eingeführt.
„Anfangs gab es Gegenwind“, erinnert sich Allgemeinmediziner Dr. Lothar Schmittdiel aus München. Mehr Bürokratie und Überwachung befürchteten viele Ärztinnen und Ärzte. Von „Kochbuchmedizin“ war die Rede, weil die Programme einen genauen Rahmen vorgeben, welche Untersuchungen, Labortests und Beratungen in welchem zeittichen Abstand anstehen, basierend auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. Heute sind DMP nicht mehr wegzudenken.
Wer kann teilnehmen und wie funktioniert es?
Teilnehmen kann jede und jeder, die oder der gesetzlich krankenversichert ist und an einer der chronischen Erkrankungen leidet, für die es ein Disease-Management-Programm gibt. Die Teilnahme ist kostenlos, freiwillig und kann jederzeit auch wieder beendet werden. Wenden Sie sich an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt und fragen Sie nach, ob ein passendes DMP für Sie angeboten wird.
Wann kommen die neuen DMP?
Möglicherweise könnten noch dieses Jahr ein oder zwei neue DMP in die Regelversorgung kommen, so das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung. Das Genehmigungsverfahren ist kompliziert und es dauert, bis ein DMP für Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht. Träger der DMP sind die gesetzlichen Krankenkassen. Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt inhaltliche Anforderungen. Das Bundesamt für soziale Sicherung prüft. Dann geht es noch ums Geld: Welche Pauschale bekommen Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser?
Für welche Krankheiten gibt es DMP?
■ Koronare Herzkrankheit (KHK)
■ Asthma bronchiale
■ Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
Welche weiteren DMP sind geplant?
■ Chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
■ Chronischer Rückenschmerz
■ Osteoporose (Knochenschwund)
■ Adipositas (starkes Übergewicht): Die Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) dazu laufen und sollen Ende Juli 2023 abgeschlossen sein. Bis das DMP genutzt werden kann, wird es aber dann noch etwa ein Jahr dauern.
Was bringt mir das?
Ein DMP soll zu viele und auch zu wenige Behandlungen vermeiden. Dafür hat die Ärztin oder der Arzt den gesamten Therapieplan im Blick. „Die Programme helfen uns, einen guten Kontakt zu den Patientinnen und Patienten zu halten“, sagt Hausärztin Dr. Jana Husemann aus Hamburg. „Dadurch merken wir, wenn sich die Krankheit verschlechtert und können schnell gegensteuern.“ Folgeschäden, Notfälle und Krankenhauseinweisungen sollen so vermieden werden.
Meistens koordinieren die Hausärztinnen und -ärzte die DMP. Bei Auffälligkeiten können sie rechtzeitig an Spezialstellen überweisen. Sie dokumentieren Untersuchungsergebnisse und geben sie anonymisiert an die Krankenkasse weiter. „Man bekommt ein Feedback, ob man die Behandlungsziele erreicht hat, auch im Vergleich zu anderen Praxen in der Region“, sagt Schmittdiel. Eine Qualitätsgarantie für die Patientinnen und Patienten.
Was sind die Vorteile für mich?
Die Teilnahme an einem DMP klingt nach noch mehr Arztterminen? Im Gegenteil, sagt Husemann: „Man kann einen DMP-Termin möglicherweise mit einer anderen Vorsorgeuntersuchung verbinden.“ Weiterer Vorteil: „Die Hausärztin kennt die Patienten und weiß, welche Gesundheitsprobleme neben der chronischen Erkrankung noch vorliegen.“ Werden neue Medikamente verschrieben, sind die Wechselwirkungen im Blick.
Wichtig außerdem: DMP beinhalten Patientenschulungen. Wie wende ich die Messmethode an? Was sollte ich über meine Krankheit wissen? Welche Lebensgewohnheiten verschlechtern oder verbessern sie? „Es geht um einen selbstverantwortlichen Umgang mit der Krankheit, darum, selbst dazu beizutragen, dass sie sich nicht verschlechtert“, sagt Mediziner Schmittdiel. Auch die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte müssen sich immer wieder fortbilden, um auf dem aktuellen Stand zu sein. Die DMP werden regelmäßig aktualisiert.
Bin ich mit DMP besser versorgt?
Die Leistungen, die man über ein DMP bekommt, sind fest vorbestimmt und nicht veränderbar. „Es sind keine Untersuchungen enthalten, die wir ohne DMP nicht auch anbieten können“, sagt Schmittdiel. Bei manchen DMP wünscht er sich eine Nachbesserung, weil aus seiner Sicht wichtige Untersuchungen fehlen, zum Beispiel zur Früherkennung von Diabetes-Folgeschäden. „Die Programme sorgen aber dafür, dass wir die Patienten regelmäßig sehen und keine Untersuchungen verschwitzen.“
Welche Pflichten haben Patientinnen und Patienten?
Wer sich in einem Disease-Management-Programm einschreibt, muss regelmäßig Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Wenn die Praxis Sie nicht daran erinnert, denken Sie am besten selbst daran. Natürlich kann es passieren, dass man einen Termin vergisst. Wer zwei Quartale lang seine Kontrolltermine nicht wahrnimmt, kann von seiner Krankenkasse aber aus dem DMP ausgeschrieben werden. Das passiere eher selten, beruhigt Hausärztin Jana Husemann: „Diejenigen, die an den DMP teilnehmen, sind meist die, die ihre Krankheit ernst nehmen.“ Schade findet sie daher vielmehr, dass es Menschen gibt, die keine Hausarztpraxis haben und die ihre Krankheit nicht ernst nehmen: „Die erreichen wir mit dem besten DMP nicht.“
Was mache ich, wenn ich den Arzt wechsle?
Das ist im Normalfall kein Problem. Ihre bisherige Praxis übermittelt die Akte an die neue. Voraussetzung ist natürlich: Die neue Hausärztin oder der neue Hausarzt bietet Ihr Behandlungsprogramm auch an. Am besten vorher auf der Homepage checken. Inzwischen nehmen zwischen 70 und 90 Prozent aller Hausarztpraxen an DMP teil, es gibt regional Unterschiede, so das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung.
Ihre Ärztin oder Ihr Arzt nimmt nicht teil? Fragen Sie nach! Wenn Sie sich gut betreut fühlen, lassen Sie sich einfach weiter dort behandeln. Bei der Suche nach Praxen mit DMP-Angeboten helfen oft die Krankenkassen.