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In der Corona-Pandemie sind Selbsttests für viele von uns alltäglich geworden. Doch auch für andere Erkrankungen und Analysen gibt es medizinische Tests in Apotheken, im Handel und bei Online-Versendern: Man kann seine Darmbakterien analysieren lassen, Infektionen durch sexuell übertragbare Krankheiten feststellen und nach Schwermetallen im Urin fahnden.

Wir haben nachgefragt, welche Tests zu empfehlen sind – und welche nicht. Beraten haben uns Dr. Johannes Schenkel, ärztlicher Leiter der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), und Dr. Johannes Scholl, niedergelassener Internist in Rüdesheim am Rhein und Vizepräsident der Deutschen Akademie für Präventivmedizin.

Es gibt inzwischen zahlreiche medizinische Selbsttests für zu Hause

Es gibt inzwischen zahlreiche medizinische Selbsttests für zu Hause

Test auf Harnwegsinfektionen

Im Urin lässt sich eine Menge über die Gesundheit ablesen. Beim Verdacht auf einen Harnwegsinfekt bekommt man vom Arzt einen Teststreifen, Urinstix genannt, und wird auf die Toilette geschickt. Farbfelder auf dem Stix zeigen an, ob Nitrit und Leukozytenzahl im Urin erhöht sind – beides Hinweise auf eine Harnwegsinfektion. Die Urinstix gibt es auch zur Selbstanwendung in der Apotheke, sie können bei Verdacht auf eine Blasenentzündung genutzt werden.

Nützlich bei Diabetes sind Tests auf Eiweiß im Urin zur Früherkennung von Nierenschäden. Die meisten Urin-Teststäbchen zeigen jedoch noch viele andere Werte an. „Diese sind aber schwerer zu interpretieren. Wenn sie erhöht sind, kann das ganz harmlose Ursachen haben oder auch Hinweis auf eine Erkrankung sein. Es macht wenig Sinn, dass Laien diese Werte in Eigenregie testen und interpretieren“, sagt Experte Johannes Schenkel.

teilweise empfehlenswert

Tests zur Darmkrebs-Früherkennung

Ab einem Alter von 50 Jahren kann man einmal im Jahr (ab 55 Jahren alle zwei Jahre) bei Ärztin oder Arzt kostenlos einen immunologischen Test erhalten, der Blut im Stuhl anzeigt. Patientin oder Patient nimmt das Zubehör mit nach Hause, entnimmt dort eine Stuhlprobe und gibt diese in der Praxis wieder ab. Im Labor wird die Probe anschließend analysiert.

„Der Test hat sich bewährt und hilft nachweislich, Darmkrebs früh zu erkennen“, sagt Präventionsexperte Johannes Scholl. Deutlich zuverlässiger als der Stuhltest ist jedoch eine Darmspiegelung, die als Vorsorgeuntersuchung ebenfalls von den Krankenkassen bezahlt wird.

empfehlenswert

Blutzucker-Tests

Mehrmals am Tag ein Piks in die Fingerkuppe, um den Blutzucker zu messen – für viele Menschen mit Diabetes gehört das zum Alltag. Und auch wer zur Vorsorge seinen Blutzuckerwert bestimmen möchte, kann mit einem handelsüblichen Analysegerät schnell ein Ergebnis bekommen.

Viele Apotheken vor Ort bieten diesen Service ebenfalls kostengünstig an. Wenn der Nüchternblutzucker – die letzte Mahlzeit sollte acht bis zwölf Stunden her sein – über 100 mg/dl (5,6 mmol/l) liegt, kann dies auf eine Vorstufe eines Diabetes hindeuten. Es ist ratsam, dann die Hausärztin oder den Hausarzt zu kontaktieren, um den Hinweis in weiteren Untersuchungen abzuklären.

empfehlenswert

Tests auf Immunfunktion

Ein „großes Blutbild“ aus dem Labor, wie es Arztpraxen häufig anfordern, liefert einen Überblick über die verschiedenen Zellen im Blut. Auch im Internet werden solche Tests angeboten. Aussagen, wie gut die Immunfunktion ist, lassen sich daraus allerdings nicht einfach so ableiten. „Die Interpretation der Blutwerte ist komplex und gehört in die Hände eines Arztes. Selbsttests machen hier wenig Sinn“, urteilt Experte Schenkel.

nicht empfehlenswert

Tests auf Darm-Mikrobiom (Darmflora)

Ein bis zwei Kilogramm Darmbakterien trägt jeder Mensch mit sich herum. Wie wichtig sie für unsere Gesundheit sind, haben zahllose Studien gezeigt. Wäre es da nicht praktisch, wenn man wüsste, wie es um das eigene Darmmikrobiom aktuell bestellt ist? Tests dafür werden im Internet angeboten, oft für mehr als 100 Euro.

Man schickt eine Stuhlprobe ein und erhält eine Auswertung zur Zusammensetzung des Mikrobioms. Etwas über die Darmgesundheit lasse sich daraus aber kaum herauslesen, sagt Präventivmediziner Scholl: „Dafür ist das komplexe Zusammenspiel der verschiedenen Bakterienstämme noch viel zu wenig untersucht.“ Deshalb sei von derartigen Tests abzuraten.

nicht empfehlenswert

Test auf sexuell übertragbare Krankheiten

Chlamydien, Syphilis, Hepatitis B, HIV: Für viele sexuell übertragbare Erkrankungen gibt es frei verkäufliche Tests. „Bei HIV gibt es mittlerweile sehr gute Selbsttests. Die Qualität anderer Tests ist schwieriger zu beurteilen“, sagt Professor Norbert Brockmeyer, Präsident der Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit in Bochum.

So weisen etwa Syphilis-Tests Antikörper gegen die Krankheit nach. Diese können aber auch von einer früheren, überstandenen Infektion stammen. Wer ungeschützten Sex gehabt habe und sich Sorgen wegen Krankheiten mache, sollte besser zum Arzt gehen, so Brockmeyer. Der könne nicht nur auf HIV, sondern auch auf weit häufigere Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien-Infektionen untersuchen.

teilweise empfehlenswert

Tests auf Schwermetalle

Die Gefahr lauert für sie in alten Wasserrohren, Zahnfüllungen, Waldpilzen: Manche Menschen plagt die Sorge, dass der eigene Körper mit Schwermetallen vergiftet sein könnte. Es gibt Anbieter, die aus diesen Befürchtungen ein Geschäftsmodell gemacht haben: Im Internet kann man für rund 70 Euro Selbsttests bestellen, eine Urinprobe zurückschicken – und nach ein paar Tagen erfahren, ob diese auffällig viel Aluminium, Blei oder Nickel enthält.

„Einfach auf Verdacht testen macht keinen Sinn. Wenn man etwa beruflich tatsächlich einer hohen Belastung mit Schwermetallen ausgesetzt war, sollte man sich ärztlich beraten und testen lassen“, sagt UPD-Arzt Schenkel.

nicht empfehlenswert

Tests auf Krebsrisiko

„Ein Bluttest. Über 40 Krebsarten.“ So wird für ein Produkt geworben, das Blutproben nach Substanzen durchsucht, die auf Krebsleiden hinweisen können. Wer sich im Internet für derartige Tests registriert, wird meist an Arztpraxen in der Umgebung verwiesen, die als Partner für den Testanbieter beim Patienten Blut abnehmen. Einige Tage später liegt das Ergebnis vor.

Das Problem: Die Untersuchungen können sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse liefern. Bei einem falsch positiven Ergebnis weist der Test auf Krebs hin, obwohl keiner vorhanden ist. Nicht nur die Ängste, auch die anschließenden Untersuchungen sind für Patientinnen und Patienten belastend – und stellen sich im Nachhinein womöglich als überflüssig heraus. Bei einem falsch negativen Ergebnis bleibt ein Krebs dagegen unerkannt und kann nicht rechtzeitig behandelt werden. „Diese Tests sind noch nicht ausgereift, davon sollte man die Finger lassen“, sagt Präventivmediziner Scholl.

nicht empfehlenswert

Schwangerschaftstests

Die Frage aller Fragen: schwanger oder nicht? Ein Schwangerschaftstest liefert die Antwort – und das recht zuverlässig mit einer Trefferquote von meist mehr als 95 Prozent. Der Test weist das Schwangerschaftshormon HCG im Urin nach und ist auch in der Apotheke erhältlich. Er liefert bereits zwei Wochen nach der Befruchtung einer Eizelle (etwa fünf Tage nach der ausbleibenden Menstruation) ein sicheres Ergebnis. Ein rundum sinnvoller Selbsttest!

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„Wer viel misst, misst viel Mist“: Dr. Johannes Schenkel ist ärztlicher Leiter der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Berlin

„Wer viel misst, misst viel Mist“: Dr. Johannes Schenkel ist ärztlicher Leiter der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Berlin

Herr Dr. Schenkel, medizinische Selbsttests gehören spätestens seit der Corona-Pandemie zum Alltag. Könnte man Selbsttests nicht auch bei anderen Gesundheitsfragen einsetzen?

Das passiert schon lange, etwa bei Schwangerschaftstests oder der Blutzuckermessung bei Diabetes. Beide Tests sind etabliert und sinnvoll. In letzter Zeit sind aber auch medizinische Selbsttests auf den Markt gekommen, deren Nutzen, gelinde gesagt, zweifelhaft ist. Deshalb kann man nicht pauschal sagen: Selbsttests seien seriös oder Humbug. Grundsätzlich haben sie durchaus Vorteile.

Welche?

Zunächst einmal ist es prinzipiell immer gut, wenn Menschen sich mit ihrer eigenen Gesundheit auseinandersetzen. Selbsttests können dieses Bewusstsein fördern, so zu einem gesünderen Lebensstil führen und helfen, Krankheiten früher zu erkennen.

Außerdem senken sie die Schwelle für die Gesundheitsvorsorge: Man muss dafür nicht extra zum Arzt gehen. Das spart nicht nur Zeit, es beseitigt auch Hürden – insbesondere bei sehr sensiblen Gesundheitsbereichen wie Infektionskrankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden. Aber Selbsttests bergen auch Risiken und Probleme. Das fängt schon bei der Benutzung an.

Sie meinen, dass Tests falsch angewendet werden?

Ja, das kann durchaus passieren. Da kann die Anleitung noch so gut sein, am Ende ist es meist ein Laie, der bei der Anwendung leicht Fehler macht. Die Beurteilung der Messergebnisse ist die nächste Hürde. Laien sind gut beraten, wenn Arzt oder Apothekerin dabei helfen, die Werte richtig einzuordnen.

Wenn zum Beispiel das Cholesterin bestimmt wird, kann ein hoher Wert manch einen erschrecken. Aber das muss im Zusammenhang betrachtet werden. Und wenn Anwender bei einem Test, der angeblich das Krebsrisiko ermittelt – was ohnehin nicht seriös ist –, mit einem beängstigenden Ergebnis alleingelassen werden, kann das dramatisch sein.

Sollte besser doch eine Ärztin oder ein Arzt hinzugezogen werden?

Ja, in den meisten Fällen ist das sinnvoll und wichtig. Am besten vor dem Test, dann kann einen der Arzt vor unnötigen Ausgaben und Sorgen bewahren. Tests auf Schwermetalle etwa sind nur ein Geschäft mit der Angst. Es gibt den wahren Spruch: „Wer viel misst, der misst viel Mist.“ Misstrauisch sollte man auch bei Tests sein, bei denen mit dem Ergebnis gleich die Empfehlung für ein bestimmtes Nahrungsergänzungsmittel geliefert wird.

Wie kann man noch feststellen, ob ein Test sinnvoll ist oder nicht?

Analysen, die von den Krankenkassen bezahlt werden, sind in jedem Fall sinnvoll. Dazu zählt etwa die Darmkrebsvorsorge. Solche erstattungsfähigen Produkte bekommt man aber in der Regel von Ärztinnen und Ärzten, führt sie zu Hause durch und gibt die Probe wieder ab. Ein Qualitätssiegel für Selbsttests gibt es nicht. Wer sichergehen will, holt sich eine ärztliche Einschätzung, bevor er einen Test kauft und nutzt.

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