Logo der Apotheken Umschau

Was ist ein Impingement-Syndrom?

Der Schmerz kommt beim Griff nach dem Mantel an der Garderobe und er kommt beim Ausziehen des Pullovers. Bewegungen, bei denen der Arm über Kopfhöhe greifen muss, werden zur Qual, wenn die Schulter streikt. Das passiert leider ziemlich häufig. Befragt, welche Gelenke bei ihnen Beschwerden machen, nannten Erwachsene in Deutschland in einer vom Robert Koch-Institut beauftragten Studie die Schulter am zweithäufigsten – nach dem Knie.

„In den orthopädischen Praxen rangieren Schulterprobleme nach Rückenleiden und Nackenschmerzen an dritter Stelle“, schätzt die Orthopädin und Schulterspezialistin Dr. Alexandra Schöllkopf. Sie ist Oberärztin an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Isar-Klinikum München.

Wenn Menschen klagen, dass ihr Arm nur noch eingeschränkt beweglich ist und beim Heben wehtut, sitzt die Wurzel des Übels meist unter dem knöchernen Schulterdach. Fachleute sprechen dann zusammenfassend von „Impingement“, was so viel wie „Anstoßen“ bedeutet. Alexandra Schöllkopf drückt es vereinfacht aus: „Unter dem Schulterdach klemmt etwas ein.“ Hinter einem Impingement könnten jedoch ganz unterschiedliche Ursachen und damit verschiedene Diagnosen stecken, so die Expertin.

Wie entsteht ein Impingement-Syndrom?

Der Armansatz ist für Probleme so anfällig, weil er eine einzigartige Anatomie hat. Anders als etwa Hüfte, Knie oder Ellenbogen, bei denen Knochenstrukturen die Bewegungsrichtung vorgeben, ist der große Kopf des Oberarmknochens nicht fest in der kleinen Gelenkpfanne verankert, sondern wird nur von einem starken Muskelring und Sehnen in seiner Position gehalten. Deshalb ist die Schulter einerseits gut beweglich, andererseits aber empfindlich für Fehlbelastungen, Überlastung und Verschleiß.

Wenig überraschend, dass Monteure, Malerinnen und andere Berufstätige, die viel über Kopf arbeiten, häufig irgendwann die Schulter spüren. Auch Sportarten wie Tennis, Volleyball oder einseitiges Training im Fitnessstudio setzen dem Gelenk zu, indem sie bestimmte Muskelgruppen übermäßig beanspruchen, während andere verkümmern. Die Balance stimmt nicht mehr – und das kann schmerzhafte Folgen haben.

„Die Schulter ist das am besten bewegliche Gelenk im menschlichen Körper, aber daher auch sehr anfällig“: Dr. Alexandra Schöllkopf, Orthopädin am Isar-Klinikum München

„Die Schulter ist das am besten bewegliche Gelenk im menschlichen Körper, aber daher auch sehr anfällig“: Dr. Alexandra Schöllkopf, Orthopädin am Isar-Klinikum München

„Der Raum unter dem Schulterdach wird zu eng, Sehnen und Schleimbeutel können nicht mehr frei gleiten und entzünden sich“, erklärt Orthopädin Schöllkopf. Einen ähn­lichen Effekt hätten Kalkablagerungen in den Schultersehnen, deren Ursache man nicht genau kenne. „Durch die Kalkdepots entzünden sich Sehne und Schleimbeutel, schwellen an und werden bei jeder Arm­bewegung nach oben eingequetscht.“ Das befeuert die Entzündung noch mehr, der Schmerz wird chronisch.

Wie wird das Impingement-Syndrom diagnostiziert?

Bei Frauen entwickelt sich ein Impingement oft, weil der Schulterbereich zu wenig trainiert ist und die Gelenke deshalb überbeweglich und instabil sind. Und wieder andere Gründe für die Enge sind angeboren – zum Beispiel ein hakenförmig statt gerade geformtes Schulterdach – oder altersbedingt: Sehnen verschleißen, ehemals elastische Strukturen verhärten. Typisch für solche Fälle ist es, dass die Schmerzen nicht nur in der Bewegung, sondern auch im Liegen während der Nacht auftreten.

Um ein Impingement zielgerichtet und wirksam behandeln zu können, gehen Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnostik auf Ursachenforschung. Sie erfragen, wie lange die Schmerzen schon bestehen, wann sie auftreten und ob es in der Vergangenheit vielleicht Verletzungen gab. Neben dieser Anamnese spielt die körperliche Untersuchung eine zentrale Rolle.

Mit verschiedenen, teils sehr spezifischen Tests lässt sich beurteilen, wo genau es hakt. Eine Ultraschalluntersuchung – sie macht Details wie Kalkeinlagerungen oder Sehnenentzündungen sichtbar – hilft bei der weiteren Aufklärung. „In den meisten Fällen kann man danach eine Diagnose stellen“, sagt Alexandra Schöllkopf. Nur selten ist noch ein Röntgenbild oder eine Unter­suchung im Magnetresonanztomographen (MRT) nötig, um die Beschwerden weiter aufzuklären. Je nach Befund verlassen Schulterkranke die Arztpraxis meist mit ­einer auf sie zugeschnittenen Verordnung für Physiotherapie.

Wie werden die Schulterschmerzen behandelt?

Die Sportlerin, die im Fitnessstudio falsch trainiert hat, kuriert ihren entzündeten Schleimbeutel aus, indem sie das Training pausiert und entzündungshemmende Medikamente einnimmt und dann zu einem schulterfreundlichen Training angeleitet wird. Der Büroangestellte mit instabiler Schulter erlernt in der Krankengymnastik, wie er Muskeln aufbauen kann. Kühlpacks und kühlende Salben aus der Apotheke können beim Im­pinge­ment die schmerzlindernde Therapie unterstützen.

Aber entscheidend ist laut Orthopädin Schöllkopf, dass die Kranken mitmachen. In der Physiotherapie bekommen sie quasi Hausaufgaben. Aber nur, wer nach dieser Anleitung zu Hause regelmäßig übt, wird die Beschwerden auch los.

In seltenen Fällen jedoch nützt alles Training nichts, nämlich dann, wenn krank­hafte oder kaputte Strukturen im Gelenk hinter den Schmerzen stecken. Das können zum Beispiel große Kalkablagerungen, Verknöcherungen oder Sehnenanrisse sein. Solchen Patientinnen und Patienten rät Alexandra Schöllkopf zu einer Operation. Ihr Tipp für Betroffene, die vor einem operativen Eingriff zögern: eine zweite Meinung einholen. „Die steht jedem zu“, sagt sie, „und Schulterschmerzen sind ja kein akuter Notfall, sondern man hat genügend Zeit, sich das vorab gut zu überlegen.“

Diese Übungen helfen bei Schulterschmerzen:

Mehr zum Thema:

Zehn Morgenübungen für zu Hause Frau Katzenbuckel Ausstrecken Sport Teppich Matte Sofa Rücken Dunkelhaarig Morgens

Zehn Morgenübungen für zu Hause

Wecker aus, Kaffeemaschine an, Zeitung aus dem Briefkasten holen: Jeder Mensch hat morgens seine eigene Routine. Sport gehört längst nicht bei allen dazu. Dabei bringt hier schon wenig recht viel zum Artikel


Quellen:

  • Garving, C; Jakob, S; Bauer, I et al: Impingement Syndrome of the Shoulder. In: Deutsches Ärzteblatt: 01.01.2017, https://doi.org/...
  • Deutsche Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirugie e.V. und Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V.: Subacromiales Impingement. Leitlinie: 2021. (Abgerufen am 01.05.2022)

  • Orthopädische Gelenk-Klinik Gundelfingen: Schulterschmerzen: Ursachen, Behandlung, Übungen. https://gelenk-klinik.de/... (Abgerufen am 01.05.2022)
  • Schultersprechstunde - Orthopädie, Klinikum Dortmund gGmbH: Das Impingement der Schulter. https://schulterinfo.de/... (Abgerufen am 01.05.2022)
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) : Schulterschmerzen. https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 01.05.2022)