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Urlaub: Endlich die Beine hochlegen und genießen. Manchmal wird leider auch der Darm träge – und auf dem Klo geht gar nichts mehr. Woran liegt das? Muss ich mir Sorgen machen? Und wie kann man nachhelfen? Prof. Oliver Pech, Leiter der Klinik für Gastroenterologie im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, hat Tipps parat. Zum Beispiel: grüne Kiwis essen. Warum das hilft und psychologische Aspekte „gar nicht ohne“ sind, erklärt er im Interview.

Herr Prof. Pech, warum will es gerade im Urlaub auf dem Klo manchmal nicht klappen?

Oliver Pech: Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Einer ist sicherlich die Anreise. Man ist vielleicht angespannt, bewegt sich oft nicht viel. Wenn man acht Stunden im Auto oder Flieger sitzt, trinkt man oft auch weniger als sonst - da kommt also vieles zusammen.

Sie sagen „angespannt“ – hängt es auch mit der Psyche zusammen?

Pech: Natürlich. Vielleicht möchte man im Flugzeug nicht auf die Toilette gehen oder an der Raststätte. Oder man ist gestresst, weil man im Stau steht, die Kinder schreien …

Und das wirkt sich direkt auf den Darm aus?

Prof. Dr. Oliver Pech leitet die Klinik für Gastroenterologie und interventionelle Endoskopie im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg

Prof. Dr. Oliver Pech leitet die Klinik für Gastroenterologie und interventionelle Endoskopie im Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg

Pech: Ich würde sagen „kann“. Der Darm ist ein sehr gut durchblutetes und durch Nerven versorgtes Organ. Es besteht also eine enge Verbindung zwischen Gehirn und Darm. Durch Stress und Anspannung kann er in Mitleidenschaft gezogen werden. Das ist aber nicht bei allen so. Der eine bekommt bei Stress Rückenschmerzen, der andere eher Verdauungsprobleme.

Wie häufig ist denn so eine Verstopfung auf Reisen?

Pech: Dazu gibt es meines Wissens keine Statistik. Medizinisch gesehen ist es kein wahnsinnig relevantes Problem. Aber wenn man sich ein bisschen umhört, kommt es doch relativ häufig vor.

Sind eher Männer oder Frauen von so einer Verstopfung betroffen?

Pech: Das ist ziemlich durchmischt. Bei Menschen, die ohnehin schon einen etwas trägeren Darm haben, wirkt sich so eine Reise oft stärker aus. Und das sind erfahrungsgemäß häufiger Frauen.

Sind Frauendärme sensibler?

Pech: Gute Frage. Ich kann Ihnen keinen medizinischen Grund dafür nennen. Aber es ist statistisch gesehen nun mal so, dass Frauen eher zu Verstopfung neigen als Männer.

Interessant. Könnte eine reisebedingte Verstopfung vielleicht auch mit den Räumlichkeiten zusammenhängen? Im Süden gibt es ja oft Plumpsklos …

Pech: Absolut. Da spielt vieles mit rein. Wenn es einem unangenehm ist, aufs Plumpsklo zu gehen, wehrt man sich innerlich ein bisschen dagegen. Vielleicht „kann“ man auch nicht, wenn die Trennwände recht niedrig sind.

Oder wenn jemand im Nebenraum ist! Angenommen, ich bin frisch verliebt und fahre mit meinem neuen Freund oder Freundin in den Urlaub. Wie peinlich, wenn er oder sie mitbekommt, dass ich gerade ein Geschäft mache.

Pech: Ja, das hemmt wirklich. Darauf reagiert der Darm.

Aber ich kann das nicht willentlich steuern – oder?

Pech: Willentlich nicht, aber es ist eben ein psychologischer Effekt, der mit hineinspielt. Und der ist nicht ohne.

Haben Sie vielleicht einen Tipp, was man in einer solchen Situation tun kann?

Pech: Man könnte sich überlegen, die Toilette in einem Restaurant oder Café zu benutzen. Aber früher oder später holt einen die Realität sowieso ein. Auf die Toilette zu müssen, ist nun mal ein normales, menschliches Bedürfnis. Da gibt es, glaube ich, keinen guten Tipp. Jeder und jede muss selbst eine Lösung finden, damit umzugehen. Wenn man auf der Toilette war, kann man zum Beispiel ganz realistisch sagen: „Geh da die nächsten 20 Minuten mal besser nicht rein.“

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Ich hatte mal einen Freund, der musste immer morgens um Punkt 8 Uhr zur Toilette. Was, wenn so jemand in ein Land mit Zeitverschiebung reist? Passt sich die Verdauung an die neue Zeit an – oder muss man dann mitten in der Nacht zur Toilette?

Pech: Hm, das ist eine gute Frage. Ich glaube nicht, dass das schon mal systematisch untersucht wurde. Wenn jemand einen so festen Rhythmus hat, ist schon vorstellbar, dass die Zeitverschiebung ihn erst einmal durcheinanderbringt. Und dass er aufwacht, wenn die gewohnte Toilettenzeit dann in der Nacht liegt. Aber das spielt sich wieder ein. Unser Tag-Nacht-Rhythmus orientiert sich ja am Sonnenlicht. Dafür braucht der Körper eine gewisse Zeit, vermutlich ein paar Tage, aber dann sollte es wieder passen.

Wann, beziehungsweise wie oft man Stuhlgang hat, ist ja durchaus unterschiedlich. Was ist denn normal, beziehungsweise: Ab wann ist es nicht mehr normal?

Pech: Ganz grob sagt man: Normal ist dreimal am Tag bis alle drei Tage. Wenn man sonst jeden Tag Stuhlgang hat, ist es sicher ungewöhnlich, wenn man drei, vier Tage lang nicht auf die Toilette muss. Es gibt aber auch Menschen, die haben nur alle drei, vier Tage Stuhlgang. Und für die ist das natürlich in Ordnung. Sorgen muss man sich eigentlich nur dann machen, wenn man Beschwerden hat.

Was meinen Sie mit „Beschwerden“?

Pech: Wenn man Schmerzen hat, der Bauch drückt oder stark aufgebläht ist. Dann sollte man handeln. Aber wenn man sich sonst wohl fühlt und nur nach drei Tagen denkt: Ups, wann war ich eigentlich das letzte Mal auf der Toilette?, ist das noch kein Alarmsymptom.

Also alles weitermachen wie bisher?

Pech: Man sollte schon darauf achten, genügend zu trinken, das heißt eineinhalb bis zwei Liter am Tag, wenn es sehr heiß ist, auch mehr. Und: Bewegung. Auch wenn man im Urlaub ist, nicht nur im Liegestuhl liegen, sondern mal einen Spaziergang machen. Auf langen Autofahrten genügend Pausen einlegen und ein bisschen herumlaufen.

Und wenn das nicht reicht, also immer noch „nix geht“?

Pech: Dann kann man auch mal nachhelfen, zum Beispiel mit Kiwi. Patientinnen und Patienten mit chronischer Verstopfung empfehle ich, jeden Tag zwei grüne Kiwis zu essen. Studien belegen, dass das helfen kann. Neben Quellstoffen, die ähnlich wie Ballaststoffe wirken, enthalten Kiwis einen Stoff, der die Schleimbildung im Darm anregt. Und das fördert im Endeffekt den Stuhlgang und die Verdauung.

Was, wenn es an meinem Urlaubsort keine Kiwis gibt und ich auch keine mitnehmen kann?

Pech: Trockenpflaumen wirken häufig auch ganz gut. Oder Flohsamenschalen. Die kann man nicht nur als Großpackung, sondern auch vorportioniert in der Apotheke kaufen. Diese Päckchen kann man eigentlich ganz unkompliziert überall hin mitnehmen und nimmt dann einmal am Tag eins mit einem großen Glas Wasser. In der Apotheke gibt es auch Präparate in Pulverform, die man in Wasser auflösen und gut unterwegs einnehmen kann. Darin sind verschiedene Substanzen enthalten, die die Verdauung von innen anregen und die Flüssigkeit besser im Darm halten sollen. Dadurch wird der Stuhl weicher.

Wann brauche ich ein „richtiges“ Abführmittel?

Pech: Wenn all die Maßnahmen, die wir eben besprochen haben, nach mehreren Tagen nicht wirken und Sie Beschwerden haben. Man kann dann zum Beispiel mit einem Klistier nachhelfen. Das sind gebrauchsfertige Fläschchen mit einer Flüssigkeit auf Salzbasis. Die kann man rektal, also in den After, hineingeben. Wer das nicht möchte, kann sich in der Apotheke auch Dragees besorgen, zum Beispiel mit dem Wirkstoff Bisacodyl.

Würden Sie empfehlen, das in die Reiseapotheke zu packen?

Pech: Nur, wenn man häufiger Probleme mit der Verdauung hat und weiß, dass man so reagiert. Wenn jemand auf Reisen noch nie Verstopfung hatte, sollte er oder sie bei den genannten Beschwerden besser einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.

Warum?

Pech: Sie können im Einzelfall auch auf einen Darmverschluss hinweisen. Meist wird das nicht durch den Urlaub ausgelöst, sondern es liegt schon vorher irgendwo eine Verwachsung oder eine Engstelle im Darm vor. Wenn das im Urlaub plötzlich Probleme verursacht, ist es eher Zufall. Aber dann muss man schnell ins Krankenhaus.


Quellen:

  • Queiroz Schmidt F M, de Gouveia Santos V L C: Prevalence of Constipation in the General Adult Population, An Integrative Review. In: J Wound Ostomy Continence Nurs 01.01.2014, 41: 70-76
  • Oberhofer E: Chronische Verstopfung, „Versuchen Sie es mit grünen Kiwis!“. In: Obstipation / Springer Medizin 22.05.2024, 1: 1
  • Richard G, Shin F, Giovanni G et al. : Consumption of 2 Green Kiwifruits Daily Improves Constipation and Abdominal Comfort, Results of an International Multicenter Randomized Controlled Trial. In: The American Journal of Gastroenterology 01.06.2023, 118: 1058-1068