Logo der Apotheken Umschau

Was ist eine akute Leukämie?

"Leukämie" ist zunächst ein Sammelbegriff für verschiedene Krankheiten der Blutzellen. Es gibt akute Leukämien – sie machen sich meist plötzlich bemerkbar und müssen rasch behandelt werden. Daneben gibt es chronische Leukämien, die eher schleichend verlaufen. Mehr Informationen dazu finden Sie am Ende des Textes.

Hintergrund: So setzt sich das Blut zusammen

Das Blut besteht vereinfacht gesagt aus Flüssigkeit und festen Bestandteilen – den Blutzellen oder Blutkörperchen. Zu den Blutkörperchen zählen Blutplättchen (Thrombozyten), rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und weiße Blutkörperchen (Leukozyten).

Die weißen Blutkörperchen lassen sich weiter unterscheiden in Lymphozyten, Granulozyten und Monozyten. Aufgabe der weißen Blutkörperchen ist es, Krankheitserreger zu bekämpfen und Zelltrümmer zu beseitigen.

Gebildet werden die reifen Blutkörperchen aus Stammzellen und Vorläuferzellen, die sich im Knochenmark befinden.

Formen akuter Leukämien

Experten unterscheiden bei akuten Leukämien verschiedene Formen – je nachdem, von welcher Sorte Blutkörperchen die Krankheit ausgeht:

  • Akute myeloische Leukämie (AML): Bei dieser Form entstehen die Krebszellen aus unreifen myeloischen Vorläuferzellen. Zu den myeloischen Zellen gehören rote Blutzellen, Blutplättchen und ein Teil der weißen Blutzellen, die Granulozyten und Monozyten. Die AML ist die häufigste akute Leukämie bei Erwachsenen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwa 60 Jahren.
  • Akute lymphatische Leukämie (ALL): Bei dieser Form der akuten Leukämie bilden sich Krebszellen aus unreifen Vorläuferzellen der Lymphozyten. Die ALL ist die häufigste bösartige Erkrankung im Kindesalter. Sie kommt eher selten bei Erwachsenen vor, dann hauptsächlich nach dem 60. Lebensjahr.

Was passiert bei einer akuten Leukämie?

Bei einer akuten Leukämie entstehen viele unreife Krebszellen im Knochenmark, die sich unkontrolliert teilen. Sie stören die Produktion gesunder Blutzellen und verdrängen sie allmählich. In der Folge kommt es zu einem Mangel an Blutplättchen sowie weißen und roten Blutkörperchen. Die Krebszellen selbst sind keine funktionstüchtigen Blutzellen. Sie gelangen aus dem Knochenmark ins Blut und können verschiedene Organe "befallen".

Müde und abgeschlagen? Das ist meistens harmlos, manchmal aber Zeichen einer ernsten Krankheit

Müde und abgeschlagen? Das ist meistens harmlos, manchmal aber Zeichen einer ernsten Krankheit

Symptome

Bei einer akuten Leukämie entwickeln sich Beschwerden meist innerhalb weniger Wochen. Die ersten Krankheitszeichen sind oft unspezifisch. Sie können auch andere Ursachen haben. Sie müssen auch nicht alle gemeinsam auftreten.

Folgende Symptome kommen vor:

Da die Krebszellen die Produktion gesunder Blutzellen stören, kommt es eventuell zu weiteren Symptomen:

  • Blutarmut: Fehlen rote Blutkörperchen entsteht eine Blutarmut– erkennbar an Symptomen wie Blässe, Schwäche und Atemnot.
  • Blutungen: Bilden sich zu wenig Blutplättchen, kann es zu kleinen Blutungen kommen, vor allem an der Haut und den Schleimhäuten, zum Beispiel in Mund, Nase, Harnblase oder im Enddarm. Die Hautblutungen sind typischerweise punktförmig begrenzt (sogenannte Petechien).
  • Infektanfälligkeit: Die Krebszellen verdrängen funktionsfähige Abwehrzellen, deshalb steigt die Anfälligkeit für Infektionen, insbesondere bakterielle Erkrankungen und Pilzinfektionen. Die Infektionen können überall im Körper auftreten, etwa in der Lunge oder an den Harnwegen. Sie äußern sich unter anderem durch Fieber.

Im weiteren Verlauf der Erkrankung können die Leukämiezellen auf innere Organe übergehen:

In vielen Fällen schwellen die Lymphknoten an. Häufig wird die Milz größer, seltener auch die Leber. Werden die Hirnhäute befallen (Meningeosis leucaemica), kann dies Kopfschmerzen, eine erhöhte Lichtempfindlichkeit, Übelkeit und Erbrechen sowie Sehstörungen oder Gesichtslähmungen verursachen. Insbesondere bei Kindern, kann das Wachstum der Leukämiezellen im Knochenmark Knochenschmerzen hervorrufen – vor allem in Armen und Beinen. Selten befallen die Krebszellen auch die Haut. Es entstehen dann verschiedene Hautveränderungen, beispielsweise Flecken, Verdickungen oder Knötchen, die gegebenenfalls von Juckreiz begleitet sind.

Ursachen und Risikofaktoren

Wie eine akute Leukämie entsteht, konnten Wissenschaftler bisher nicht eindeutig klären.

Normalerweise werden aus den Stammzellen des Knochenmarks über verschiedene Zwischenstufen reife Blutkörperchen gebildet. Eine Leukämie entsteht, wenn dem menschlichen Organismus bei diesen Vorgängen ein Fehler unterläuft. Warum es zu diesem Fehler kommt, ist nicht genau bekannt. Vermutlich müssen verschiedene Veränderungen zusammenkommen.

Zahlreiche Faktoren erhöhen das Risiko für eine Leukämie. Zu diesen zählen beispielsweise einige chemische Substanzen – wie Benzol –, radioaktive Strahlung und Röntgenstrahlen. Auch Zytostatika, die bei der Behandlung von Krebserkrankungen zum Einsatz kommen, können in manchen Fällen zu einer akuten Leukämie führen.

Eine genetische Veranlagung scheint bei der Entstehung einer Leukämie ebenfalls eine Rolle zu spielen: So kommt eine akute myeloische Leukämie zum Beispiel bei Menschen mit dem sogenannten Down-Syndrom (Trisomie 21), einer bestimmten Chromosomenveränderung, häufiger vor.

Für die meisten Betroffenen bleibt die Ursache ihrer Erkrankung jedoch unklar.

Blutabnahme: Eine Blutuntersuchung liefert oft wichtige Hinweise

Blutabnahme: Eine Blutuntersuchung liefert oft wichtige Hinweise

Diagnose

Es gibt keine Früherkennungs-Untersuchungen für eine akute Leukämie. In den meisten Fällen wird die Erkrankung zufällig entdeckt, wenn Betroffene aufgrund unspezifischer Beschwerden zum Arzt gehen.

Besteht der Verdacht auf eine akute Leukämie, tastet der Arzt zunächst unter anderem Lymphknoten, Milz und Leber ab, da diese bei einer Leukämie vergrößert sein können.

Blut-Untersuchung: Bei einer Blut-Untersuchung stellt der Arzt meist eine Blutarmut oder einen Mangel an Blutplättchen fest. Zudem sieht er, ob die Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen erhöht oder vermindert ist. Die Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit (BSG) ist bei einer akuten Leukämie meist stark erhöht.

Wird das Blut unter dem Mikroskop betrachtet, sind häufig typische Leukämiezellen oder sogenannte leukämische Blasten erkennbar. Bei diesen handelt es sich um veränderte unreife Vorläuferzellen.

Mit Hilfe der Blutuntersuchung lässt sich nur der Verdacht auf eine Leukämie stellen. Zur exakten Diagnose und der Bestimmung der Leukämieform muss die Blutuntersuchung in jedem Fall durch eine Knochenmark-Untersuchung ergänzt werden.

Knochenmark-Untersuchung: Um die Diagnose Leukämie zu sichern, entnimmt der Arzt Knochenmark, in der Regel aus dem Beckenkamm. Diese Knochenmarkpunktion erfolgt meist unter örtlicher Betäubung. Bei kleineren Kindern kann gegebenenfalls eine kurze Narkose sinnvoll sein. Bei einer mikroskopischen Untersuchung ist in dieser Knochenmarkprobe in der Regel eine große Anzahl Zellvorstufen ("Blasten") erkennbar. Die Zellen der normalen Blutbildung sind meist stark vermindert.

Durch weitere spezielle Untersuchungen der Leukämiezellen können Mediziner das Rückfallrisiko des Patienten abschätzen und die Behandlungsintensität individuell anpassen.

Weitere Untersuchungen

Um festzustellen, ob die Leukämiezellen bereits innere Organe befallen haben, werden bildgebende Verfahren wie eine Ultraschall-Untersuchung, eine Röntgen-Untersuchung und gegebenenfalls eine Schnittbildgebung (Computertomografie oder Magnetresonanztomografie) durchgeführt.

Ein Befall der Hirnhäute wird durch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) festgestellt. Dazu entnimmt der Arzt wenige Tropfen Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal (Lumbalpunktion). Dieses wird anschließend untersucht.

Der Arzt wird außerdem die Funktion der inneren Organe und die Blutgerinnung überprüfen, auf mögliche Infektionen achten und sie gegebenenfalls behandeln.

Therapie

Häufigste Behandlungsmethode bei einer akuten Leukämie stellt die Chemotherapie dar.

Ziel ist die Heilung. Die Leukämiezellen sollen dauerhaft entfernt und eine normale, gesunde Blutbildung wiederhergestellt werden.

Wichtig ist, dass Behandlung rasch beginnt, da sich der Gesundheitszustand ohne Therapie schnell verschlechtern kann. Wie intensiv die Therapie gestaltet wird, hängt davon ab, wie hoch die Ärzte das Rückfallrisiko einschätzen.

Die Behandlung sollte in einer Klinik stattfinden, die sich mit der Therapie von Leukämien gut auskennt. Für viele Patienten besteht die Möglichkeit, im Rahmen von Therapiestudien behandelt zu werden.

Mehr Informationen dazu finden Sie zum Beispiel hier:

https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/grundlagen/krebsforschung-klinische-studien-index.php

http://www.kompetenznetz-leukaemie.de/content/patienten/behandlung/therapiestudien/

Induktionschemotherapie

Die Behandlung beginnt mit der sogenannten Induktionschemotherapie. Sie soll die Krankheit so weit zurückdrängen, dass im Knochenmark und im Blut keine Leukämiezellen mehr nachweisbar sind. Dann sprechen Experten von einer kompletten Remission. Sie ist noch nicht mit einer Heilung gleichzusetzen.

Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie erhalten vorbeugend eine Behandlung, die auch das Zentralnervensystem erreicht, da die Leukämiezellen bei dieser Leukämieform häufiger das Gehirn befallen. Hierfür werden geringe Dosen der Chemotherapie direkt in die Rückenmarksflüssigkeit verabreicht (intrathekale Chemotherapie) oder eine Strahlentherapie vorgenommen.

Konsolidierungstherapie

Danach schließt sich als zweite Phase eine Intensivierungsbehandlung an – auch Konsolidierungstherapie genannt. Ziel dieser Therapiephase ist es, die erreichte Remission zu erhalten und eventuell im Körper verbliebene, unentdeckte Leukämiezellen zu zerstören.

Erhaltungstherapie

Je nach Form der Leukämie kann sich ein dritter Block der Chemotherapie anschließen, die Erhaltungstherapie.

Weitere Behandlungsmethoden

Zusätzlich zur Chemotherapie ist eine unterstützende (supportive) Behandlung wichtig. Sie kann helfen, Nebenwirkungen und möglichen Komplikationen der Erkrankung und Therapie vorzubeugen oder diese zu behandeln. Dazu gehören beispielsweise Transfusionen von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentrate) und Blutplättchen (Thrombozytenkonzentrate) sowie die Gabe von Antibiotika und Mittel gegen Pilzinfektionen. Ebenso zählt die Gabe von Wachstumsfaktoren dazu. Sie regen nach einer intensiven Chemotherapie die Bildung weißer Blutkörperchen an.

Stammzelltransplantation

Bei bestimmten Patienten kann eine Blutstammzelltransplantation in der Erstbehandlung sinnvoll sein.

Bei einem Rückfall stellt eine Knochenmark- beziehungsweise Blutstammzelltransplantation eine wichtige Behandlungsmöglichkeit dar. Dabei wird zunächst das patienteneigene Knochenmark mithilfe einer sehr intensiven Chemotherapie und eventuell einer Strahlentherapie komplett zerstört. Ziel ist es, möglichst viele Leukämiezellen zu vernichten. Anschließend werden dem Betroffenen gesunde Stammzellen eines Spenders übertragen. Diese sollen die Blutbildung wiederherstellen. Zudem greifen die gesunden Blutzellen des Spenders noch vorhandene Leukämiezellen an und beseitigen sie (Transplantat-versus-Leukämie-Effekt).

Als Knochenmarkspender eignen sich vorzugsweise Geschwister des Krebskranken. Die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender in der Familie zu finden, liegt bei etwa 25 Prozent. Falls sich kein Spender aus der Familie findet, kann in nationalen und internationalen Knochenmarkspender-Registern nach einem Fremdspender mit nahezu identischen Gewebemerkmalen gesucht werden. Mittlerweile enthalten diese Register so viele potenzielle Spender, dass die Suche in über 80 Prozent der Fälle zum Erfolg führt.

In Deutschland werden Spender in einer der regionalen oder überregionalen deutschen Spenderdateien wie beispielsweise der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert. Die Spenderdaten aus ganz Deutschland laufen alle im zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) zusammen. Hier erfolgt auch die Suche nach einem geeigneten nicht-verwandten Spender.

Mögliche Alternativen zu einer Geschwisterspende und einem passenden Fremdspender sind darüber hinaus die Transplantation von Nabelschnurblut aus öffentlichen Nabelschnurblutbanken oder auch die Transplantation von Stammzellen eines zur Hälfte passenden Familienangehörigen (haploidenter Familienspender).

Mehr zu Formen, Ablauf und möglichen Risiken der Therapie lesen Sie im Beitrag: Knochenmarktransplantation

Wie sind die Heilungschancen bei akuter Leukämie?

Die Prognose bei einer akuten Leukämie hängt stark von individuellen Faktoren wie beispielsweise dem Alter der erkrankten Person und den genetischen Eigenschaften der Leukämiezellen ab. Eine komplette Rückbildung der Leukämie (komplette Remission) kann bei erwachsenen Patienten mit akuter myeloischer Leukämie in sechs bis sieben von zehn Fällen erreicht werden. Drei bis vier von zehn Betroffenen werden dauerhaft geheilt.

Von erwachsenen Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie kommen neun von zehn Patienten in eine komplette Remission, aber nur etwa vier von zehn Patienten können mit der zur Zeit zur Verfügung stehenden Behandlung dauerhaft geheilt werden. Bei Kindern sind die Heilungschancen deutlich besser.

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg.

Mehr Informationen zu Leukämien:

Deutsches Krebsinformationszentrum, Krebsinformationsdienst KID

Kostenlose Hotline: 0800 - 420 30 40, täglich von 8 bis 20 Uhr

Internet: www.krebsinformationsdienst.de
und www.facebook.com/krebsinformationsdienst
E-Mail: krebsinformationsdienst@dkfz.de
https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/leukaemien/index.php

Kompetenznetz akute und chronische Leukämien

http://www.kompetenznetz-leukaemie.de/content/patienten/leukaemien/

Mehr Informationen zu Krebs bei Kindern

https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/krebs-bei-kindern.php

Mehr zur chronischen Leukämie und verwandten Themen:

Chronische myeloische Leukämie (CML)

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.