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Wie funktionieren Pessare?

Pessare sind medizinische Hilfsmittel. Sie werden in die Vagina eingeführt und stützen von innen Blase und Harnröhre. Gleichzeitig wird die Harnröhre leicht an das Schambein gedrängt. So verhindern Pessare, dass aus Versehen Urin austritt. Durch die Stützfunktion helfen sie bei Beckenbodenproblemen nach einer Geburt, bei einer Gebärmutter- oder Blasensenkung. Allerdings beheben sie nur das Problem, nicht die Ursache – nämlich die fehlende Stütze durch kräftige Beckenbodenmuskeln und Bindegewebe. Zwar regen Pessare selbst ein wenig die Muskeln an, zusätzlich sollte aber ein Beckenbodentraining erfolgen.

Welche Pessarformen gibt es?

Welche Form am besten passt, ist von vielen Faktoren abhängig, daher entscheidet die Gynäkologin oder der Gynäkologe mit der Patientin zusammen, was sich am besten eignet. Dr. Armin Fischer, Urogynäkologe und Mitgründer der Deutschen Gesellschaft für ­Beckenbodengesundheit, beschreibt das so: „Ein Pessar anpassen ist im Grunde wie Schuhe kaufen: Man muss genau schauen, was ist das für eine Senkung, was braucht es für ein Pessar, was für einen Typ und welche Größe. Am Ende sollte die Frau das Gefühl haben: Ach, das sitzt aber gut.“

Diese Pessarformen gibt es:

Schalen-, Ring- oder Donut-Pessar

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Bieten weniger Stützfunktion, daher nur bei ausreichend stabilem Beckenboden geeignet. Geschlechtsverkehr mit Pessar möglich.

Würfelpessar

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Seine Seiten sind leicht nach innen gewölbt, so saugt sich dieser an den Wänden der Vagina fest. Deutliche Stützfunktion, daher geeignet bei weichem, instabilem Beckenboden, muss aber vor dem Geschlechtsverkehr entfernt werden.

Keulen-/Glockenpessar

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Ähnlich wie Schalen-Pessare, mit kleinem, keulenartigem Fortsatz, daher leicht zu entfernen. Sie kommen oft bei schwerer Inkontinenz zum Einsatz und müssen ebenfalls vor dem Geschlechtsverkehr entfernt werden.

Helfen auch spezielle Tampons?

Eine weitere Form der Unterstützung gegen Inkontinenz bieten spezielle Tampons. Sie sind aus weichem, schaumstoffartigem Material. Es handelt sich aber um Einmalprodukte, die nach Gebrauch entsorgt werden. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen nicht immer. Die Tampons verursachen mehr Müll, eventuell Kosten und müssen ebenfalls vor dem ­Geschlechtsverkehr entfernt werden.

Wie setze ich ein Pessar ein und wie entnehme ich es wieder?

Beim Einsetzen des Pessars am besten ein Bein auf Bett oder Badewanne abstellen. Gleit- oder Östrogengele erleichtern das Einführen zusätzlich. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin erklären, an welcher Stelle das Pessar ­genau sitzen soll. Nach dem Einsetzen sollte es nicht drücken. Bei korrektem Sitz spüren die Frauen während des Tragens kaum ­etwas. Würfelpessare verfügen über einen fest verankerten Rückholfaden, bei den anderen Pessaren hakt man den Finger in den Ring oder zieht an der Glocke. Wichtig: vor und nach dem Einsetzen und Entfernen Hände waschen.

Üblicherweise sitzen Pessare vor dem Muttermund. Sie lassen sich wie ein Tampon einführen

Üblicherweise sitzen Pessare vor dem Muttermund. Sie lassen sich wie ein Tampon einführen

Wie reinige ich das Pessar?

Je nach Material können die Pessare verschieden lang in der Vagina verbleiben. Einige lassen sich bis zu 30 Tage am Stück tragen. Besprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder dem Arzt, wie regelmäßig Sie das Pessar entfernen sollen. Oft wird beispielsweise empfohlen, es vor dem Schlafengehen herauszuziehen und unter fließendem Wasser zu reinigen. Vermeiden Sie Desinfektionsmittel, diese können das Material angreifen, rissig machen und so einen Nährboden für Bakterien bieten. Lesen Sie sich die Gebrauchsanweisung für das Pessar genau durch, um zu erfahren, was beim Reinigen erlaubt ist.

Wann sollte man kein Pessar nutzen?

Bei Infektionen der Vulva, Vagina oder Harnwege. Achten Sie bei einer Latexunverträglichkeit auf latexfreie Produkte. Auch wenn sich Fremdkörper im Genitaltrakt befinden, zum Beispiel ein Netz, wie es bei einem Vorfall der Gebärmutter eingesetzt wird, sollte man auf Pessare verzichten. Sind Sie sexuell aktiv, sollten Sie das Pessar eigenständig einsetzen und entfernen können.

Worauf muss ich beim Gebrauch eines Pessars noch achten?

Pessare können die Schleimhaut schädigen und Druckstellen in der Vagina verursachen. Bei Schmerzen oder ­unangenehmem Druckgefühl lassen Sie diese in einer gynäkologischen Praxis abklären. Im Extremfall können sich Fisteln (schmale Verbindungen) zu Darm oder Blase bilden oder Geschwulste der Schleimhaut, die bluten können. Eine häufige Nebenwirkung von Pessaren ist vermehrter Ausfluss. Riecht dieser sehr übel, sollte das ebenfalls ärztlich abgeklärt werden. Eine regelmäßige Reinigung beugt dem vor. Auch ohne Probleme sind regelmäßige gynäkologische Kontrollen des Pessars sinnvoll. So können Arzt oder Ärztin entscheiden, ob zum Beispiel eine Anpassung bei Form oder Größe des Hilfsmittels nötig ist. Wer ein Pessar testen will, sollte sich von den möglichen Problemen nicht abschrecken lassen. Beckenboden-Experte Armin Fischer: „Man darf auch keine Scheu haben, das einfach mal auszuprobieren. Für zwei, drei Wochen testen und wenn es nicht funktioniert, dann kommt man eben wieder in die Praxis und schaut gemeinsam nach einer ­Alternative.“

Was sind die Alternativen?

„Die Pessartherapie steht in der Regel nicht allein“, betont Fischer. „Dazu ­gehört eigentlich immer die Physiotherapie, also Beckenbodengymnastik und eventuell ein Östrogengel, lokal aufgetragen, oder auch eine Elektrostimulation.“ Beim Beckenbodentraining braucht es etwas länger, bis die Übungen einen Effekt zeigen. Fischer hat auch einen Tipp für den Alltag: „Man kann lernen, sich beckenbodenfreundlich zu bewegen. Bevor Sie zum Beispiel etwas Schweres hochheben: ausatmen, Beckenboden anspannen, dann erst hochheben. Dann ist der Beckenboden besser entlastet.“