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Die Aussichten auf die Wechseljahre sind nicht gerade verlockend. Hitzewallungen, Schlafturbulenzen und Stimmungsschwankungen drohen als Begleitsymptome, außerdem Gewichtszunahme inklusive Figurveränderung: Die Taille schwindet, der Bauch schwillt. Als Verursacher werden üblicherweise "die Hormone" verdächtigt.

Zu Recht? "Die meisten Frauen nehmen in dieser Lebensphase zu und klagen über ihren Bauch", sagt Professor Dr. Andreas Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin an der Charité, Campus Benjamin Franklin, Berlin. "Die hormonelle Umstellung ist in diesem Geschehen jedoch nur eine Komponente von vielen." Das zeigt sich auch im Abgleich mit der Hormonersatztherapie (HET): "Es gibt keine gesicherten Forschungsdaten, die belegen, dass Frauen unter dem Einfluss dieser Behandlung ihr Gewicht halten."

Die Muskelmasse nimmt ab

Fest steht: Im Zuge der Wechseljahre stellen die Eierstöcke die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone ein. "Dadurch erhöht sich im Körper der Anteil des männlichen Hormons Testosteron aus den Nebennieren – mit der Folge, dass die Frauen das männliche Fettmuster, also die bauchbetonte Fetteinlagerung, übernehmen", erklärt der Ernährungsmediziner. Diese Entwicklung sei aber nicht zwingend. "Der Bauch entsteht nur, wenn man Gewicht zulegt."

Die meisten Frauen in den Wechseljahren beobachten mit einer gewissen Frustration, dass sie zunehmen, obwohl sie doch kein bisschen mehr essen als früher. Doch da liegt das Problem: "Weil sie genauso viel essen wie früher, nehmen sie zu", sagt Experte Pfeiffer. Der Grund: Bei Frauen – ebenso wie bei den Männern – sinkt mit den Lebensjahren der Nährstoffbedarf des Körpers, als Folge eines altersbedingten Verlusts an Muskelmasse.

Der Grundumsatz sinkt

Muskeln beanspruchen den Hauptteil des Stoffwechsels. Der sogenannte Grundumsatz, also jene Energiemenge, die der Körper im Ruhezustand zur Aufrechterhaltung all seiner Funktionen benötigt, ist bei den Frauen in den Wechseljahren etwa ein Drittel geringer als mit 25 Jahren. "Ihr Grundumsatz liegt im Durchschnitt nur noch bei rund 1200 Kilokalorien am Tag, das ist sehr wenig. Der Appetit aber bleibt gleich groß", sagt der Experte. "Wenn man regelmäßig nur 100 Kalorien mehr isst als man benötigt, kommen im Jahr schnell ein paar Extrakilos zusammen." Ein Kilogramm Fett entspricht 7000 kcal.

Hinzu kommt die Abnahme beim sogenannten Leistungsumsatz, also jener Energie, die der Mensch zusätzlich für körperliche Tätigkeiten und Aktivitäten verbraucht. Mit den Jahren schleicht sich sanfte Trägheit in den Alltag ein, Bewegung kommt zu kurz. Statt Treppensteigen lockt der Lift, zum Brötchenkauf wird das Auto statt der Beine bewegt. Und der früher gelegentlich erfolgte Sprint zur Haltestelle wird möglichst vermieden – lieber wartet man auf den nächsten Bus.

Die Ernährung anpassen

"In jüngeren Jahren verbrauchen wir außerdem einen guten Teil unserer Energie durch Aktivitäten wie Fingertrommeln, Wippen mit den Füßen, eine gewisse Hippeligkeit", erklärt Pfeiffer. Auch diese absichtslosen Bewegungen lassen nach, man wird ruhiger und gesetzter.

Was hilft? Pfeiffer empfiehlt eine ausgewogene und ausreichend proteinhaltige Ernährung. "Frauen neigen dazu, wenig Protein zu essen. Sie benötigen es aber, um die Muskelmasse zu halten." Reich an Proteinen sind zum Beispiel Fisch, Fleisch, Bohnen, Erbsen, Linsen, Milchprodukte, Nüsse und Samen. Vermieden werden sollten Lebensmittel mit hoher Energiedichte – etwa Pizza, Hamburger, Sahnesoße – und solche, die den Blutzucker in die Höhe treiben, zum Beispiel Weißbrot, Reis oder Cornflakes. "Damit man sein Gewicht hält, zählt aber am Ende des Tages die Energiebilanz."

Der Berliner Ernährungsmediziner empfiehlt die regelmäßige Gewichtskontrolle zweimal pro Woche. "Wenn man feststellt, dass man zugelegt hat, sollte man eine gut machbare Maßnahme in petto haben, um das Extragewicht schnell wieder loszuwerden" – etwa indem man vorübergehend eine Mahlzeit am Tag auslässt oder durch zusätzliche sportliche Aktivität.

Mit Sport gegensteuern

Sport sei "essentiell, um das Gewicht in den Wechseljahren zu halten", bestätigt Professor Dr. Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung an der Deutschen Sporthochschule in Köln: "Der Stoffwechsel braucht den Sport als Motor." Er plädiert dafür, nicht nur die Ausdauer und Beweglichkeit zu trainieren, sondern insbesondere auch die großen Muskelgruppen – Oberschenkel, Schulter, Rücken – gezielt zu kräftigen. "Und zwar mit hoher Intensität. Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen. Schonung ist nicht hilfreich. Das gilt für jedes Alter."

Am Zentrum für Gesundheit entwickelt der Sportwissenschaftler und frühere Leistungssportler unter anderem Trainingsprogramme mit hoher Intensität für die Kraft und Ausdauer von Frauen in der Lebensmitte. "Diese Altersklasse gehört gewissermaßen zu unseren ‚Sorgengruppen‘. Die Gruppe der Frauen um die 40 bis 50 ist nach unseren Studien innerhalb der Gesamtbevölkerung die sportlich inaktivste." Viele der Frauen hätten Jahrzehnte keinen Sport mehr betrieben – meist aus Zeitmangel durch Kindererziehung und Beruf.

"Frauen in den Wechseljahren profitieren vom Sport in besonderem Maße", sagt Froböse. Der Stoffwechsel werde angekurbelt, der Grundumsatz erhöht, Übergewicht und seine gesundheitlichen Risiken wie Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen würden reduziert. Auch die stimmungsaufhellende Wirkung des Sports sei in zahlreichen Studien belegt. "Und sie fühlen sich definitiv wohler in ihrem trainierten Körper."

Wichtig: Wer chronisch krank ist, neu oder nach längerer Zeit wieder mit Sport beginnt, sollte sich vor dem ersten Training vorsichtshalber grünes Licht vom Arzt geben lassen.