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Cushing-Syndrom – kurz erklärt

  • Beim Cushing-Syndrom gibt es zu viele Glukokortikoide im Körper – das sind spezielle Botenstoffe im Körper, das bekannteste von ihnen ist Kortisol.
  • Verantwortlich dafür kann eine vermehrte Zufuhr von Kortison "von außen" sein, vor allem im Rahmen einer Behandlung von entzündlichen Krankheiten. Aber auch eine vermehrte Produktion im Körper durch verschiedene, oft ungefährliche Tumore kommt als Ursache infrage.
  • Zu den typischen Anzeichen gehören Stammfettsucht (bauchbetontes Fett), Mondgesicht, der sogenannte Stiernacken (Fettansammlung im Nackenbereich), Diabetes, Bluthochdruck und Osteoporose.

Was ist ein Cushing-Syndrom?

Als Cushing-Syndrom werden verschiedene Beschwerden und Körperveränderungen bezeichnet, die dadurch ausgelöst werden, dass bestimmte Botenstoffe im Körper, die sogenannten Glukokortikoide, über Tage und Wochen in zu hoher Menge im Körper vorhanden sind.

Zu den Glukokortikoiden gehören das körpereigene Hormon Kortisol und verwandte Substanzen. Eine gewisse Menge an Kortisol im Blut ist lebensnotwendig. Im Körper schüttet die Nebennierenrinde Kortisol vor allem bei Stress aus. Mithilfe von Kortisol werden kurzfristige Energiereserven aktiviert, so wird etwa in der Leber die Bildung von Glukose angeregt. Auch wirkt es steigernd auf den Blutdruck und hemmend auf das Immunsystem. Deshalb wird es auch bei vielen Erkrankungen und Entzündungen, bei denen das Immunsystem überreagiert, als Medikament eingesetzt.

Zu einem Cushing-Syndrom kommt es, wenn die Glukokortikoide über mehrere Wochen oder gar Monate deutlich erhöht sind; die Menge liegt dabei höher, als eine "normale" Ausschüttung durch Stress bewirken könnte.

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Welche Ursachen kann ein Cushing-Syndrom haben, was begünstigt seine Entstehung?

Zu einem Zuviel an Glukokortikoiden im Körper kann es aus verschiedenen Gründen kommen.

Der häufigste Grund ist eine Gabe von Kortison in Form von Medikamenten bei einer längerfristigen Therapie, etwa bei rheumatischen Erkrankungen, chronisch-entzündlichen Darmleiden wie Morbus Crohn oder Autoimmunerkrankungen. Man spricht dann von einem exogenen Cushing-Syndrom.

Aber auch eine ungewöhnlich hohe Ausschüttung von Kortisol im Körper kann zu einem Cushing-Syndrom führen. In 80 Prozent der Fälle ist dafür ein kleiner Tumor in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) verantwortlich, der das Hormon ACTH (Adrenocorticotropin) vermehrt ausschüttet, welches wiederum die Nebennierenrinde dazu anregt, vermehrt Kortisol auszuschütten. Es können aber auch kleine Tumore direkt in der Nebenniere oder an anderen Stellen im Körper für eine vermehrte Kortisolbildung verantwortlich sein. Die meisten solcher Tumore sind nicht unmittelbar lebensbedrohlich, oft sind die Folgen durch das entstandene Cushing-Syndrom das Problem. Wenn die körpereigene Produktion von ACTH oder Kortisol erhöht ist, spricht man von einem endogenen Cushing-Syndrom.

Welche Beschwerden treten auf?

Ein über einige Tage und Wochen erhöhter Kortisolspiegel im Körper hat verschiedene Auswirkungen und kann eine Reihe von Symptomen und Beschwerden hervorrufen.
So kann sich etwa das äußere Erscheinungsbild verändern. Am Körperstamm, insbesondere im Bauchraum rund um die Organe, lagert sich vermehrt Fett ab. Dieses Phänomen wird Stammfettsucht genannt und durch eine Umverteilung des Fettgewebes hervorgerufen. Auch im Gesicht kann es zu Veränderungen kommen: Es wird rundlicher, man spricht deshalb auch von einem Vollmondgesicht, häufig sind auch die Wangen dauerhaft gerötet und es liegt ein ausgeprägtes Doppelkinn vor. Des Weiteren ist der sogenannte Stiernacken typisch. An Armen und Beinen hingegen kommt es zu einem leichten Muskelabbau.

Auch der Zuckerhaushalt kann durch den erhöhten Glukokortikoid-Spiegel entgleisen: Die Zellen lassen sich durch Insulin nicht mehr so wirksam dazu anregen, Zucker aus dem Blut aufzunehmen, was den Blutzuckerspiegel erhöht und die Entstehung eines Diabetes begünstigt.

Bluthochdruck gehört ebenfalls zu den typischen Anzeichen für ein Cushing-Syndrom, circa 90 Prozent der Betroffenen kämpfen damit.

Die Haut wird beim Cushing-Syndrom oft dünner, es kommt vermehrt zu blauen Flecken und es können sich rotviolettfarbene, breite Gewebsstreifen bilden, die auch "Striae rubrae" genannt werden.

Weil Kortisol hemmend auf das Immunsystem wirkt, sind auch Wundheilungsstörungen und vermehrte, wiederkehrende Infektionen typische Symptome.

Schließlich kann es auch vermehrt zu Osteoporose kommen: Die Knochensubstanz verliert an Dichte, was dazu führt, dass es eher zu Knochenbrüchen kommen kann.
Professor Sebastian Schmid, Direktor des Institutes für Endokrinologie und Diabetes am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, hat im klinischen Alltag regelmäßig mit dem Cushing-Syndrom zu tun: "Kaum jemand kommt zu uns, weil er oder sie oder der behandelnde Arzt einen konkreten Verdacht für ein Cushing-Syndrom hat." Oft seien die Stoffwechselveränderungen oder der erhöhte Blutdruck das Problem. "Manche Patienten kommen auch mit Gewichtsproblemen zu uns. Hormonelle Ursachen für Übergewicht sind zwar sehr selten, die Kombination mit den anderen Symptomen und das Erscheinungsbild kann dann aber auf ein Cushing-Syndrom hinweisen", so Schmid.

Wie wird ein Cushing-Syndrom festgestellt?

Die Beschwerden und typischen Zeichen liefern dem Endokrinologen oder der Endokrinologin oft schon Hinweise auf ein Cushing-Syndrom. Eine erhöhte Ausscheidung von Kortisol über den Urin, eine Erhöhung des Kortisolspiegels im Blutserum oder Speichel um Mitternacht oder ein sogenannter Dexamethason-Hemmtest (siehe unten) können den Verdacht erhärten.

Anschließend gilt es zunächst, die Quelle auszumachen. Wird das Kortisol von außen zugeführt? "Diese Frage ist recht einfach zu beantworten, ein Blick auf die eingenommenen Medikamente reicht in der Regel", sagt Schmid. Vor allem wenn Erkrankungen aus den Bereichen Lunge und Rheumatologie vorlägen, liege die Ursache oft bei einer längeren Einnahme von Kortison zur Behandlung dieser Leiden. Ein solches "exogenes Cushing-Syndrom" ist die häufigste Form. Allerdings sollte auch gezielt nach Kortison-haltigen Injektionen mit langer Wirksamkeit gefragt werden, die meist nicht im Medikamentenplan aufgeführt sind.

Wenn der Körper selbst zu viel Kortisol produziert, wird die Sache ein wenig komplizierter.

Mit dem sogenannten Dexamethason-Kurztest lässt sich zunächst überprüfen¸ ob der Körper zu viel Kortisol produziert. Bei dem Test wird Dexamethason, ein künstliches Glukokortikoid, eingenommen. Ein gesunder Körper erkennt, dass die Kortisolkonzentrationen im Blut ansteigen und vermindert daraufhin die Bildung von körpereigenem Kortisol. Funktioniert dieser Regelkreis nicht, sollte der Facharzt oder die Fachärztin weiter nach einem endogenen Cushing-Syndrom fahnden.

Hier ist für den Endokrinologen dann die Bestimmung verschiedener regulierender Hormone hilfreich. So deutet etwa eine erhöhte Konzentration des Hormons ACTH darauf hin, dass ein Tumor in der Hirnanhangdrüse oder außerhalb dieser die Produktion von Kortisol in der Nebennierenrinde steigert. In weiteren Tests und Untersuchungen, darunter auch bildgebende Verfahren wie MRT oder CT, lässt sich weiter eingrenzen, wo das Problem liegt.

Wie wird ein Cushing-Syndrom behandelt?

Wird von außen zu viel Kortison zugeführt, ist die Behandlung naheliegend: Die Einnahme des Kortisons in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin verringern. "Bei den meisten Krankheiten stehen hier mittlerweile alternative Medikamente zur Verfügung, sodass man die Behandlung mit Kortison nur kurzfristig benötigt", sagt Schmid. "Wichtig ist jedoch, dass gerade bei länger bestehender Kortison-Therapie diese nicht sofort abgesetzt werden darf, sondern langsam ausgeschlichen werden muss. Nur so ist sichergestellt, dass die Nebennieren das lebensnotwendige Kortisol wieder in ausreichender Menge herstellen."

Ist dagegen ein Tumor dafür verantwortlich, dass der Kortisol-Spiegel im Körper zu hoch ist, ist eine operative Entfernung des Tumors der bestmögliche Behandlungsweg. Kann der Tumor nicht operiert oder vollständig entfernt werden, kann auch mit Medikamenten behandelt werden, die die Bildung von Kortisol hemmen.

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

Quellen:

Kamrath et al. S1-Leitlinie Cushing Syndrom (Hyperkortisolismus) im Kindesalter. Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ). 3/2020. Online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/174-010l_S1_Cushing_Syndrom_Hyperkortisolismus_2020-03.pdf

Herold et al. Innere Medizin. Eigenverlag 2017

Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage Springer 2012

Isidori AM et al. The ectopic  adrenocorticotropin  syndrome:  clinical  features,  diagnosis,  management,  and  long-term  follow-up.  J  Clin  Endocrinol  Metab. 2006;91(2):371-7. Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16303835/

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