Was bringen Probiotika, Darmreinigung oder Mikrobiomanalyse?
Mit Probiotika das Mikrobiom „aufbauen“
Sie sollen gegen Neurodermitis oder Diabetes helfen: künstlich zugeführte Mikroorganismen, zum Beispiel Milchsäurebakterien oder Hefepilze, die man in Kapselform schlucken kann. Auch manchen Milchprodukten werden sie extra zugesetzt – eine Zeit lang warben diese sogar damit, dass dies die Abwehrkräfte stärke.
So schön einfach das auch wäre, leider helfen Probiotika in vielen Fällen, für die sie angepriesen werden, nicht weiter. Viele Studien zu Fragen, ob etwa die Zuckerwerte bei Menschen mit Typ-2-Diabetes verbessert werden oder sich die Symptome von Reizdarm zurückbilden, wurden mit nur wenig Teilnehmenden durchgeführt oder beobachteten die Einnahme von Probiotika nur über eine kurze Zeit von wenigen Wochen. Allgemein lässt sich daher noch keine Empfehlung für die Einnahme von Probiotika aussprechen. Mit weiterer Forschung und mehr Erkenntnissen über das Darmmikrobiom könnte sich das in Zukunft aber ändern.
Reinigung mit der „Colon-Hydro-Therapie“
Was voll ist mit Bakterien und „Abfall“, muss doch auch manchmal gereinigt werden – oder? Bei einer Darmspülung wird in den Dickdarm (Colon) viel Wasser (Hydro) geleitet und der Darm somit „ausgespült“. Das soll unter anderem „Gift- und Schlackenstoffe“ entfernen. Abgesehen davon, dass „Schlacken“ bei alternativen Heilmethoden zwar immer erwähnt werden, aber nie klar ist, was das genau sein soll, bringt diese Methode keinen nachweisbaren Nutzen. Das hat die Auswertung von verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten dazu gezeigt.
Im Gegenteil: Im schlimmsten Falle kann bei nicht fachgerechter Anwendung die Darmwand verletzt werden. Dies ist eine schwere Komplikation, es muss dann in der Regel sofort operiert werden. In anderen Fällen kam es nach einer Colon-Hydro-Therapie zu blutigen Durchfällen oder einer Verschiebung der Salze im Blut – dies kann wiederum für das Herz gefährlich werden. Daher besser die Finger davon lassen.
„Darmsanierung“ selbst gemacht
Es existieren viele verschiedene Anleitungen mit noch verschiedeneren Varianten von „Darmsanierungen“, die man selbst durchführen kann. Bei manchen werden natürliche Abführmittel wie Rizinusöl und Glaubersalz empfohlen. Andere propagieren Kombinationen aus Ballaststoffen wie Flohsamenschalen, welche den Stuhl lockern, zusammen mit Mineralien und Probiotika.
Da so viele verschiedene Methoden für eine „Sanierung“ beschrieben werden, lässt sich auch nur wenig über ihren tatsächlichen Nutzen sagen. Ein Forschungsteam untersuchte allerdings die Abführmethoden, wie sie vor Darmspiegelungen normalerweise durchgeführt werden. Mit dem Ergebnis: Diese bringen das Mikrobiom für einige Wochen gehörig durcheinander. Allerdings steht bei diesen Abführmaßnahmen auch der saubere Blick auf die Darmschleimhaut im Mittelpunkt. Nur so lässt sich zum Beispiel eine Darmkrebsvorsorge durchführen. „Einfach so“ sollte man Darmsanierungen zu Hause nicht durchführen – dem Mikrobiom schadet es mehr, als dass es nützt.
Huminsäuren als „Dünger“ für den Darm
Als Präparat, welches unser Darmmikrobiom positiv beeinflussen soll, werden seit einiger Zeit auch Huminsäuren angepriesen. Diese Säuren, die normalerweise bei der Zersetzung von Pflanzen entstehen und eben auch in Humus zu finden sind, sollen unter anderem bei Durchfällen helfen. Zwar zeigte sich unter Laborbedingungen durchaus ein positiver Effekt auf Entzündungsstoffe. Belastbare Daten zur Wirkung im menschlichen Verdauungstrakt gibt es aber noch keine. Auch wie genau die Effekte auf das Mikrobiom aussehen, ist bei bisher nicht ausreichend untersucht.
Mikrobiomanalyse
Bis zu 300 Euro kann es kosten, das eigene Mikrobiom genauestens analysieren zu lassen. Dennoch macht uns das kein bisschen schlauer – selbst wenn bei der Analyse teilweise die Bakterienarten genetisch exakt bestimmt werden. Denn welche Bakterien welche Aufgaben übernehmen und wie sich das auf die Gesundheit auswirkt, kann von Mensch zu Mensch variieren. Daher macht auch eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Bakterien des Mikrobioms, wie sie in manchen Analysen vorgenommen wird, keinen Sinn.
Sicher ist nur: Eine ausgewogene Vielfalt der Bakterienarten im Darm erhält man durch eine ballaststoffreiche, ausgewogene Ernährung (siehe auch zu Präbiotika oben).
Mit Präbiotika das Mikrobiom „füttern“
In der Regel macht es keinen Sinn, Bakterien von außen zuzuführen – man kann aber das eigene Darmmikrobiom unterstützen, indem man es mit sogenannten Präbiotika richtig „füttert“. Als Präbiotika werden für uns unverdauliche Kohlenhydrate bezeichnet, auch als Ballaststoffe bekannt. Sie finden sich vor allem in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Inulin ist einer dieser Ballaststoffe, der zum Beispiel in vielen Gemüsen enthalten ist und den etwa Bifidobakterien sehr gerne mögen. Eine ausgewogene, präbiotische Ernährung ist daher sinnvoll und grundsätzlich immer wichtig.
Quellen:
- Julia Harlfinger: Probiotika, Schneller gesund bei Durchfall?. Online: https://medizin-transparent.at/... (Abgerufen am 16.08.2023)
- Gießelmann, Kathrin: Probiotika: Nicht immer von Vorteil. Dtsch Arztebl: https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 16.08.2023)
- IGeL Monitor: Colon-Hydro-Therapie. Online: https://www.igel-monitor.de/... (Abgerufen am 16.08.2023)
- Springer Medizin: Darmreinigung bringt die intestinale Flora nachhaltig aus der Balance. In: MMW - Fortschritte der Medizin 05.11.2015, 6: 6
- Iris Hinneburg: Grummeln im Darm, Helfen Huminsäuren?. Online: https://medizin-transparent.at/... (Abgerufen am 16.08.2023)
- Universitätsspital Zürich: Mythen und Fakten zum Darm. Online: https://www.usz.ch/... (Abgerufen am 16.08.2023)