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Rank und schlank, dazu eine porentief reine, rosige Haut und ein einwandfrei funktionierender Magen-Darm-Trakt? Begibt man sich im Internet auf die Suche, bekommt man den Eindruck, dass nicht wenige Menschen eine Darmspülung für eine Art Allheilmittel halten.

Darmspülung – ein „Lifestyle-Act“?

Die Darmspülungen werden etwa als Teil einer „Grundsanierung“ des Darms angeboten. Dabei sollen „schädliche Bakterien“ hinausgespült werden und so Linderung bei Allergien, Hautproblemen, Reizdarm oder Kopfschmerzen eintreten. Dass manche Darmspülungen auch Nebenwirkungen haben, etwa Erbrechen, Störungen im Salzhaushalt oder Kreislaufbeschwerden hervorrufen können wird dabei häufig nicht weiter thematisiert. „Darmspülungen werden teilweise zu einem ‚Lifestyle-Act‘ erklärt“, bestätigt Dr. Gerald Poschmann, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie aus Darmstadt.

Darmspülung: Was ist das genau?

Bei einer Darmspülung wird Flüssigkeit über den After in den Darm eingebracht. Oft spricht man auch von „Einlauf“. Der Darm soll dadurch entleert werden. Es gibt verschiedene Arten der Darmspülung:

- Klistier: Ein Klistier besteht aus einem Behälter (einer Art Quetschbeutel), der oben einen Art Plastikröhrchen hat, die sogenannte Kanüle. Die Kanüle wird in den After eingeführt und eine Flüssigkeit mit abführender Wirkung hineingedrückt. Die Flüssigkeit läuft in den Enddarm mit dem Ziel, eine Stuhlentleerung herbeizuführen.

Unterschieden wird zwischen Mikroklistier und Makroklistier: Mikroklistiere sind tubenartig und können circa zwei bis zehn Milliliter Flüssigkeit abgeben, Makroklistiere hingegen 50 bis 200 Milliliter.

- Darmeinlauf: Bei einem Darmeinlauf wird ein Einmalbeutel oder ein Einlaufbecher verwendet, der mit einem Darmrohr verbunden ist. Das Behältnis wird mit einer entsprechenden Flüssigkeit gefüllt. Der/die Anwender:in führt dabei den eingefetteten Schlauch in den Anus ein. Die Person, die den Einlauf bekommt liegt dazu auf der linken Seite. Nachdem die Hälfte der Flüssigkeit in den Darm gelaufen ist, dreht sich der/die Anwender:in auf die rechte Seite und füllt nun auch die restliche Flüssigkeit in den Darm. Sie soll mindestens fünf Minuten im Darm gehalten werden, ehe sie ausgeschieden wird. Ein solcher Einlauf soll etwa bei hartnäckiger Verstopfung helfen oder auf die Geburt vorbereiten. Außerdem kann er etwa vor gynäkologischen Eingriffen oder Magen-Darm-Untersuchungen angewandt werden. Zu ayurvedischen Zwecken werden Einlaufbecher zum Teil mit Ölen oder Kräutern gemischt und im Rahmen einer Fastenkur angewandt.

- Colon-Hydro-Therapie: Die Colon-Hydro-Therapie ist eine Darmreinigung mit größeren Flüssigkeitsmengen, üblicherweise durch Heilpraktiker:innen oder Ärzt:innen. Die angeblichen Wirkungen sind nicht wissenschaftlich nachgewiesen und das Verfahren birgt ernsthafte Risiken. Manche Heilpraktiker:innen werben sogar mit Sprüchen wie „Zurück zur Bikinifigur mit Colon-Hydro-Therapie“. Angeblich soll mit der Behandlung auch ein Darmpilz behandelt werden, der für Heißhunger auf Süßigkeiten verantwortlich sein soll.

„Colon-Hydro-Therapien haben an Popularität verloren“, sagt Dr. Rainer Stange, leitender Arzt der Abteilung Naturheilkunde in der Berliner Charité. „Wir können die Wirkung von Colon-Hydro-Therapien wissenschaftlich nicht belegen, klare Indikationen gibt es nicht.“ Die Colon-Hydro-Therapie werde im Liegen durchgeführt. Das Wasser laufe dann mit ganz leichtem Druck in den Darm. Während der Darm mit Wasser gefüllt ist, bekomme der Patient leichte Bauchmassagen. Die abgelassene Flüssigkeit laufe dann praktisch in ein Schauglas. „Diese Methode hat viele Patienten überzeugt, dass sie von etwas befreit werden“, sagt Stange. „Das hat jedoch einen hohen psychologischen Effekt.“ Bei hartnäckigen Verstopfungen findet Stange diese Behandlungsmethode jedoch sinnvoll. Verhärtete Stuhlreste können dadurch hinauslaufen. Wer unter entzündlichen Veränderungen am Dickdarm leidet, müsse jedoch vorsichtig sein: „Das Hineinfüllen mit Wasserdruck, wie das bei einer Colon-Hydro-Therapie geschieht, kann zum Platzen des Darms führen“, warnt Poschmann.

Ursprung: Woher kommt die Darmspülung?

Laut Poschmann haben Darmspülungen ihren Ursprung im Alten Ägypten. Damals gab es die sogenannte Säftelehre: „Man ging davon aus, dass die Säfte des Körpers, gelbe Galle, schwarze Galle, Blut, mit einem Einlauf, einem Aderlass oder mit Erbrechen ins Gleichgewicht gebracht werden können.“ Aus den frühen Methoden der Darmspülung hat sich laut Poschmann eine Art „Wohlfühlindustrie“ gebildet, die die Säftelehre als Vorbild nimmt und das Ziel verfolgt, Menschen zu entschlacken oder Abfallstoffe zu entfernen. Doch gebe es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirkung alternativmedizinischer Darmspülungen. Die alternativmedizinischen Angebote müsse man deshalb von den medizinischen Darmspülungen abgrenzen.

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Wann ist eine Darmspülung medizinisch sinnvoll?

Ein erster Versuch, eine Verstopfung zu beheben, kann mittels Mikroklistier gemacht werden. Klappt dies nicht, kommt gegebenenfalls eine großvolumigere Darmspülung in Frage. „Als therapeutische Maßnahme bei Verstopfung ist sie teilweise die einzige Möglichkeit, wenn die gängigen medikamentösen Behandlungen nicht anschlagen“, sagt Gastroenterologe Poschmann.

Apothekerin Elena Bermudez aus Münster grenzt noch weiter ein: Eine Darmspülung solle man erst dann durchführen, wenn über Tage kein Stuhlgang mehr stattgefunden habe und der Stuhlgang zu fest sei, um von selbst aus dem Darm zu gelangen. „Meistens macht es Sinn, eine solche Darmspülung nur einmalig anzuwenden, damit die größeren Kotmengen, die sich verhärtet haben, abgeführt werden können“.

Der Klistier: Er enthält ein abführendes Mittel, das bei Verstopfungen in den Darm gepumpt wird.

Der Klistier: Er enthält ein abführendes Mittel, das bei Verstopfungen in den Darm gepumpt wird.

Denn jede Darmspülung entziehe dem Körper Wasser und andere Stoffe, die sogenannten Elektrolyte: „Das kann eine Elektrolyt-Verschiebung verursachen, die gefährlich werden kann“, erklärt die Apothekerin. Kreislaufprobleme oder eine Hypokaliämie, also eine Kaliumarmut im Blut, sind mögliche Folgen. Weitere mögliche Risiken bestehen: So kann etwa die Darmwand verletzt oder in ihrer Durchblutung gestört werden. Auch Infektionen und Kreislaufbelastungen sind möglich.

Solche großvolumigen Spülungen sollten nur von Expert:innen durchgeführt werden, wenn eine medizinische Indikation besteht. Das wäre zum Beispiel vor Darmoperationen, vor einer Geburt oder bei medizinischen Notfällen wie einem Leberkoma, also einer Vergiftung des Körpers durch den Ausfall der Leber, der Fall.

Kontraindikationen: Wann kommt ein Einlauf nicht infrage?

Wer etwa unter Erbrechen, Bauchschmerzen, gastrointestinale Blutungen, Tumoren im Bauch, Rektumfisteln oder Scheidenfisteln leidet, sollte keinen Einlauf machen lassen. Auch nach einer Bauch-OP kommt die Behandlung nicht infrage.

Bei akuter Verstopfung bei Kindern kann man laut Poschmann mit Mikroklistieren Abhilfe schaffen. Für den eigenständigen Gebrauch zuhause seien diese recht sicher und unbedenklich. Bei großvolumigen Spülungen von mehreren Litern gebe es nämlich das Risiko einer Darmwandverletzung. Trotzdem sollte man sich vorher vom Kinderarzt oder der Kinderärztin beraten lassen, ob ein Klistier die richtige Lösung ist.

Was bringt die Darmspülung wirklich?

Poschmann sieht Darmspülungen grundsätzlich kritisch. Man könne nach einem Darmeinlauf zum Beispiel an Gewicht verlieren, jedoch sei das lediglich ein kurzzeitiger Effekt: „Man verliert bis zu ein Kilogramm Stuhlmasse, doch verändert das nicht den Fettzellgehalt.“ Bei einem Darmeinlauf entleere man zudem maximal den linksseitigen Teil des Dickdarms. Die Vorstellung, dass man sich damit von der gesamten Stuhlmasse befreit, sei also falsch. „Im besten Fall kann man die Hälfte entleeren.“ Für mehr Energie oder ein verbessertes Hautbild durch Darmspülungen gebe es keinerlei wissenschaftliche Erkenntnis.

Darmspülung: Fazit

Darmspülungen können, wenn richtig und vorsichtig angewandt, akute Verstopfungen lindern. Großvolumige Darmspülungen, also Einläufe, sollten jedoch nur durch Expert:innen und nur bei medizinischer Indikation durchgeführt werden. Die Annahme, Darmspülungen können entschlacken, für ein besseres Hautbild sorgen oder ähnliches, sind wissenschaftlich nicht belegt.

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Sanierungsbedarf?

Spülungen sollen giftige Schlacken aus dem Darm entfernen. Belege für einen Nutzen der sogenannten Colon-Hydro-Therapie gibt es nicht zum Artikel


Quellen: