Einlauf, Klistier & Co.: Was bringt die Darmspülung?
Rank und schlank, dazu eine porentief reine, rosige Haut und ein einwandfrei funktionierender Magen-Darm-Trakt? Begibt man sich im Internet auf die Suche, bekommt man den Eindruck, dass nicht wenige Menschen eine Darmspülung für eine Art Allheilmittel halten.
Darmspülung – ein „Lifestyle-Act“?
Die Darmspülungen werden etwa als Teil einer „Grundsanierung“ des Darms angeboten. Dabei sollen „schädliche Bakterien“ hinausgespült werden und so Linderung bei Allergien, Hautproblemen, Reizdarm oder Kopfschmerzen eintreten. Dass manche Darmspülungen auch Nebenwirkungen haben, etwa Erbrechen, Störungen im Salzhaushalt oder Kreislaufbeschwerden hervorrufen können wird dabei häufig nicht weiter thematisiert. „Darmspülungen werden teilweise zu einem ‚Lifestyle-Act‘ erklärt“, bestätigt Dr. Gerald Poschmann, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie aus Darmstadt.
Ursprung: Woher kommt die Darmspülung?
Laut Poschmann haben Darmspülungen ihren Ursprung im Alten Ägypten. Damals gab es die sogenannte Säftelehre: „Man ging davon aus, dass die Säfte des Körpers, gelbe Galle, schwarze Galle, Blut, mit einem Einlauf, einem Aderlass oder mit Erbrechen ins Gleichgewicht gebracht werden können.“ Aus den frühen Methoden der Darmspülung hat sich laut Poschmann eine Art „Wohlfühlindustrie“ gebildet, die die Säftelehre als Vorbild nimmt und das Ziel verfolgt, Menschen zu entschlacken oder Abfallstoffe zu entfernen. Doch gebe es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirkung alternativmedizinischer Darmspülungen. Die alternativmedizinischen Angebote müsse man deshalb von den medizinischen Darmspülungen abgrenzen.
Wann ist eine Darmspülung medizinisch sinnvoll?
Ein erster Versuch, eine Verstopfung zu beheben, kann mittels Mikroklistier gemacht werden. Klappt dies nicht, kommt gegebenenfalls eine großvolumigere Darmspülung in Frage. „Als therapeutische Maßnahme bei Verstopfung ist sie teilweise die einzige Möglichkeit, wenn die gängigen medikamentösen Behandlungen nicht anschlagen“, sagt Gastroenterologe Poschmann.
Apothekerin Elena Bermudez aus Münster grenzt noch weiter ein: Eine Darmspülung solle man erst dann durchführen, wenn über Tage kein Stuhlgang mehr stattgefunden habe und der Stuhlgang zu fest sei, um von selbst aus dem Darm zu gelangen. „Meistens macht es Sinn, eine solche Darmspülung nur einmalig anzuwenden, damit die größeren Kotmengen, die sich verhärtet haben, abgeführt werden können“.
Denn jede Darmspülung entziehe dem Körper Wasser und andere Stoffe, die sogenannten Elektrolyte: „Das kann eine Elektrolyt-Verschiebung verursachen, die gefährlich werden kann“, erklärt die Apothekerin. Kreislaufprobleme oder eine Hypokaliämie, also eine Kaliumarmut im Blut, sind mögliche Folgen. Weitere mögliche Risiken bestehen: So kann etwa die Darmwand verletzt oder in ihrer Durchblutung gestört werden. Auch Infektionen und Kreislaufbelastungen sind möglich.
Solche großvolumigen Spülungen sollten nur von Expert:innen durchgeführt werden, wenn eine medizinische Indikation besteht. Das wäre zum Beispiel vor Darmoperationen, vor einer Geburt oder bei medizinischen Notfällen wie einem Leberkoma, also einer Vergiftung des Körpers durch den Ausfall der Leber, der Fall.
Kontraindikationen: Wann kommt ein Einlauf nicht infrage?
Wer etwa unter Erbrechen, Bauchschmerzen, gastrointestinale Blutungen, Tumoren im Bauch, Rektumfisteln oder Scheidenfisteln leidet, sollte keinen Einlauf machen lassen. Auch nach einer Bauch-OP kommt die Behandlung nicht infrage.
Bei akuter Verstopfung bei Kindern kann man laut Poschmann mit Mikroklistieren Abhilfe schaffen. Für den eigenständigen Gebrauch zuhause seien diese recht sicher und unbedenklich. Bei großvolumigen Spülungen von mehreren Litern gebe es nämlich das Risiko einer Darmwandverletzung. Trotzdem sollte man sich vorher vom Kinderarzt oder der Kinderärztin beraten lassen, ob ein Klistier die richtige Lösung ist.
Was bringt die Darmspülung wirklich?
Poschmann sieht Darmspülungen grundsätzlich kritisch. Man könne nach einem Darmeinlauf zum Beispiel an Gewicht verlieren, jedoch sei das lediglich ein kurzzeitiger Effekt: „Man verliert bis zu ein Kilogramm Stuhlmasse, doch verändert das nicht den Fettzellgehalt.“ Bei einem Darmeinlauf entleere man zudem maximal den linksseitigen Teil des Dickdarms. Die Vorstellung, dass man sich damit von der gesamten Stuhlmasse befreit, sei also falsch. „Im besten Fall kann man die Hälfte entleeren.“ Für mehr Energie oder ein verbessertes Hautbild durch Darmspülungen gebe es keinerlei wissenschaftliche Erkenntnis.
Darmspülung: Fazit
Darmspülungen können, wenn richtig und vorsichtig angewandt, akute Verstopfungen lindern. Großvolumige Darmspülungen, also Einläufe, sollten jedoch nur durch Expert:innen und nur bei medizinischer Indikation durchgeführt werden. Die Annahme, Darmspülungen können entschlacken, für ein besseres Hautbild sorgen oder ähnliches, sind wissenschaftlich nicht belegt.
Quellen:
- Pschyrembel Online: Darmreinigung. Online: https://www.pschyrembel.de/... (Abgerufen am 01.12.2022)
- Pschyrembel Online: Reinigungseinlauf. Online: https://www.pschyrembel.de/... (Abgerufen am 01.12.2022)