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Augenblick noch. Wo hab ich nur wieder den Notizblock mit meinen Fragen? Ich glaube, ich habe ihn beim Autoschlüssel gesehen. Aber wo hab ich den hingesteckt?

Wie ich Sie aus Ihren Interviews ­kenne, kommen wir bestimmt auch ohne Fragenkatalog ins Plaudern. Aber sind Sie immer so zerstreut?

Nur wenn ich im Stress bin. ­Dann beginne ich, alles Mögliche zu vergessen.

In Ihrem Job heißt das wahrscheinlich: immer. Aber passen Sie bloß auf! Gerade in Sachen Gesundheit kann Schludrigkeit gefährlich werden.

Ich weiß. Zum Beispiel, wenn man Vorsorge- und Früherkennungs­untersuchungen verschleppt.

Richtig! Es gibt aber ein anderes Problem, das vielleicht noch größer ist. Viele Menschen wissen ja bereits, dass sie krank sind, haben vielleicht Bluthochdruck oder zu hohe Cholesterinwerte. Andere leiden an Diabetes oder grünem Star. Gegen alle diese Erkrankungen gibt es heute wirksame Mittel. Doch muss man sie auch nehmen! Genau hieran hapert es. Stellen Sie sich vor: Etwa die Hälfte der Menschen, die an diesen Krankheiten leiden, nehmen ihre Tabletten nicht oder nicht regelmäßig.

Aber ständig Pillen schlucken. Muss das denn wirklich sein?

Seien Sie froh, dass es heute so viele gute Medikamente gibt. In einigen Fällen, wie etwa bei Bluthochdruck, können diese auf lange Sicht sogar Leben retten. Etwa indem die Tabletten helfen, Folgen wie einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu vermeiden. Sie meinen doch Tabletten, wenn Sie Pillen sagen, oder? Eine Pharmazie­expertin sind Sie ja nicht gerade.

Ich lerne täglich dazu: Gibt es denn da einen Unterschied?

Aber natürlich! Tabletten sind immer fest. Sie werden unter großem Druck aus Pulver oder Granulat hergestellt. Dazu brauchen Sie eine Tablettenpresse. Die Erfindung hat die Medizin Ende des 19. Jahrhunderts revolutioniert. Eine Pille können Sie sich auch selber drehen. Zum Beispiel aus ein paar Heilkräutern mit etwas Fett. So hat man das schon vor Tausenden von Jahren gemacht.

Und gab es damals auch schon Pillendosen?

Sogar wunderhübsche. Italienische Archäologen haben vor einigen Jahren aus einem Schiffswrack im toskanischen Meer eine solche Dose hochgetaucht. Sie ist mehr als 2000 Jahre alt und aus Blech. Meine jüngeren Vorfahren waren oft wahre Kunstwerke, bestanden aus Gold und Silber, ­bemaltem Porzellan oder Perlmutt. Sehr chic, manchmal sogar ein ­wenig protzig, wie ich finde. Zumal sie eines nicht konnten: kranken Menschen dabei helfen, die Medikamente richtig einzunehmen.

Und Sie helfen dabei?

Schauen Sie mich an: Warum sonst die vielen Fächer? Ich schaffe Ordnung. Und die ist bei Krankheiten manchmal das halbe Leben. Stellen Sie sich vor, Sie nehmen eine Tablette gegen Bluthochdruck, dann etwas ­gegen Diabetes und Knochenschwund. Das überfordert nicht nur Ältere. Wenn Sie sich einmal pro Woche hinsetzen und die Medikamente in mich einsortieren, klappt das spielend. Kolleginnen von mir haben auch noch Zusatzfächer, wenn Sie die eine Tablette immer morgens und abends nehmen müssen, die andere mittags.

Aber vergessen kann ich die ­Tabletten ja noch immer.

Für Spezialfälle wie Sie gibt es lautstarke Kollegen. Eine Zeituhr sorgt dafür, dass Ihnen die Ohren klingeln, wenn Sie Ihre Medikamente nehmen müssen. Das dürfte sogar bei Ihnen helfen.

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Quellen: